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  • · Fachbeitrag · Kanzleistrategie

    Die Zukunft gehört dem Team

    von Alexander Jost, Lauf, www.jost-ag.de

    | In der Studie „Nachfolgemanagement in Steuerberaterkanzleien 2019“ haben das Institut für Freie Berufe und die Jost AG rund 700 Kanzleiinhaber befragt. Obwohl heute der überwiegende Teil der selbstständigen Steuerberater in einer Einzelkanzlei tätig ist, glauben nur die wenigsten von ihnen, dass diesem Konstrukt die Zukunft gehört. Außerdem erwarten sie ein Mehr an Beratung und denken, dass der Fachkräftemangel in den Griff zu bekommen ist. Ein Problem stellen für viele eher sinkende Kanzleiwerte dar. |

    Nur 7 % sehen eine Perspektive für Einzelkanzleien

    Die Teilnehmer der Studie räumen den Einzelkanzleien künftig nur wenig Chancen ein. Die Mehrheit der Befragten (57,7 %) antwortet auf die Frage, in welcher Berufsausübungsform sie den Berufsstand zukünftig sähen, mehrköpfige Gesellschaftsformen wie Partnergesellschaften oder Sozietäten. Darauf folgen deutlich weniger, die Netzwerke (17,7 %) und Kooperationen (14,4 %) angeben.

     

    Für nur noch 7,0 % der Teilnehmer stellt das Einzelunternehmen die Berufsausübungsform der Zukunft dar und lediglich 3,1 % gehen von Bürogemeinschaften aus. Gerade letzterer Befund ist überraschend, da er offenbart, dass es den Beratern offenbar nicht nur darum geht, Effizienzsteigerungen oder Vertretungslösungen zu ermöglichen, sondern vielmehr eine Zusammenarbeit im Vordergrund steht.

     

    Ursachen für den Wunsch nach mehr Zusammenarbeit

    Der Grund dafür ist sicherlich in der ständig wachsenden Komplexität der fachlichen Materie zu suchen, der auf Mandanten trifft, deren Lebensrealität zunehmend ausdifferenziert und die daher immer stärker den Wunsch nach einer umfassenden Beratung aus einer Hand verspüren. Diese Trends hat der Berufsstand offenbar erkannt und unmittelbar die Konsequenz in Form einer veränderten Organisation vorgenommen.

     

    In der Hinwendung zu Partnerschaft und Sozietät sind erstaunlicherweise Geschlechterunterschiede feststellbar. Männer halten mehrköpfige Gesellschaftsformen mit 60,4 % und Frauen mit 51,2 % für die zukünftige Berufsausübungsform. Letztere verlangt es offenbar stärker nach Eigenständigkeit und Unabhängigkeit. Über die Gründe dafür lässt sich nur spekulieren. Einer mag sicherlich die bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben in der Einzelkanzlei sein. Denn was paradox klingt, ist tatsächlich Realität: Der Spagat zwischen den Welten scheint in der Einzelkanzlei deutlich besser zu gelingen, da dort die Teilzeitquoten höher sind, wie andere Untersuchungen belegen.

    Zwei Fünftel befürchten sinkende Kanzleiwerte

    Ein feines Gespür scheinen die Berater für die Marktentwicklungen zu haben, die das eigene Segment unmittelbar betreffen. Kanzleivermittler beobachten bereits seit einigen Jahren leicht sinkende Kanzleiwerte und rechnen damit, dass sich dieser Trend in Zukunft verstärken wird. Das glauben auch die Berater selbst.

     

     

    Im Rahmen der Studie baten wir die Befragten um die Einschätzung der Werthaltigkeit von Steuerkanzleien in den kommenden fünf Jahren. Die Mehrheit der Teilnehmenden (48,7 %) ging dabei zwar von einem gleichbleibenden Kanzleiwert aus. Allerdings glauben 40,5 %, dass die Werte künftig fallen werden. Lediglich eine Minderheit von 10,8 % der Antwortenden prognostiziert einen steigenden Wert der Steuerkanzleien. Bei diesen Einschätzungen spielen im Übrigen weder Alter noch Geschlecht der Befragten eine Rolle. Aktuell liegt der angenommene Wert der Teilnehmer für die eigene Kanzlei im Durchschnitt bei 101 % des Netto-Jahresumsatzes.

    Weitreichende Veränderungen durch Digitalisierung

    Einer der Treiber, die den Wandel auf dem Kanzleimarkt beschleunigen kann, ist zweifelsohne die digitale Transformation. Ihr billigen die Teilnehmenden großes Veränderungspotenzial zu. Nur ein einziges Prozent der Befragten glaubt, dass die Digitalisierung keinen Einfluss auf die Aufgaben in der Kanzlei haben wird.

     

    Am häufigsten erwarten die Berufsträger indes mit 88,3 % den Ausbau digitaler Kommunikationswege mit den Mandanten und der Finanzverwaltung. An zweiter Stelle nehmen 77,2 % eine effizientere Erledigung der Aufgaben an und 68,2 % der Steuerberater vermuten, dass die Aufgaben innerhalb der Kanzlei neu verteilt werden. 65,5 % der Teilnehmenden gehen zudem von einem Ausbau der Beratungstätigkeiten aus. 78,0 % glauben, dass das Controlling etwa durch eine automatisierte Buchhaltung verstärkt werden wird.

    Schulungsbedarf bei Fachkräften

    Dass die Veränderungen insbesondere das Kanzleiteam betreffen werden, glaubt eine überwiegende Mehrheit der Befragten. Auch in diesem Bereich denken wieder lediglich 1,3 % der Antwortenden, dass das Berufsbild der Fachkräfte gleich bleiben wird. 86,7 % der Befragten glauben hingegen, dass die Fachkräfte technisch geschult werden sollten. 41,3 % vermuten, dass künftig mehr betriebswirtschaftlich ausgebildete Kräfte wie Controller in den Kanzleien benötigt werden.

     

     

    Auch eine speziellere Ausbildung der Fachkräfte wird von 72,5 % der Berufsträger für notwendig erachtet. Ob die Reformbemühungen seitens der Bundessteuerberaterkammer in diesem Bereich zeitnah greifen und ausreichend sein werden, ist zweifelhaft.

     

    In Bezug auf die eigene Kanzleiorganisation erwarten die Befragten weitreichende Veränderungen durch die Digitalisierung: Rund 60 % der Befragungsteilnehmer gehen von der Einführung digitaler Personalakten aus; 37,2 % glauben, dass sich der Verwaltungsaufwand erhöhen wird. Diese Einschätzung ist sicherlich den Erfahrungen der Vergangenheit geschuldet, in der Veränderungen stets mit mehr Bürokratie einhergingen.

    Fachkräfte sollen selbst ausgebildet werden

    Dass die Kanzleien durch die zunehmende Möglichkeit zur Automatisierung von Routineaufgaben insgesamt auf weniger Fachkräfte angewiesen sein werden, können sich derzeit nur 18,6 % der Steuerberater vorstellen. In der Konsequenz gehen sie von einem sich nicht abschwächenden Fachkräftemangel in der Zukunft aus ‒ was allerdings ein lösbares Problem darstellt. Vom Gegenteil zeigten sich nur 4,1 % überzeugt.

     

     

    Für die Hälfte der Antwortenden (57,4 %) ist die mögliche Lösung für den Fachkräftemangel die Ausbildung. Hierfür schlugen die Berater vor, verstärkt selbst die eigenen Fachkräfte auszubilden und auch einen Appell an die zuständigen Gremien zu adressieren, die Ausbildung zu reformieren und zu modernisieren. In diesem Zusammenhang führten die Befragten öfter auch das duale Studium im Steuerbereich an.

     

    Ein Licht am Ende des Tunnels könne die Digitalisierung darstellen, durch die bestimmte freie Stellen ersetzt werden könnten und keine Arbeitsplätze wegfallen. Daran glaubt allerdings nur ein Viertel der Steuerberater. Weitere 13,7 % denken, dass das angestaubte Image des Berufsstands aufpoliert und die Attraktivität der steuerberatenden Berufe insgesamt erhöht werden sollte, um mehr Fachkräfte für die Branche zu gewinnen.

     

    Erforderlich dafür seien mehr Marketing, Werbung und Öffentlichkeitsarbeit c‒ auch bereits schon in den Schulen. Gefordert seien sowohl die Berater selbst und auch die Berufsorganisationen.

     

    Bei vielen Lösungsvorschlägen ging es darüber hinaus um die Steigerung der Attraktivität des Arbeitsplatzes beziehungsweise der Arbeitgeber. Dies könne durch höhere Gehälter, die Möglichkeit zu flexiblem Arbeiten, eine gute Arbeitsplatzausstattung oder auch durch Kanzleimarketing erreicht werden. Rund ein Viertel der Befragten glaubt, dass derartige Maßnahmen erforderlich seien, um dem Fachkräftemangel nachhaltig zu begegnen.

     

    Lediglich 8,3 % der Berater sehen in der Einstellung und Qualifizierung von Branchenfremden, Quer- und Wiedereinsteigern einen Weg.

     

    Die Teilnehmer führten Spezialisierung, Outsourcing oder Kooperationen mit Anteilen von jeweils unter 3 % nur noch äußerst selten an.

    Verteilung der Befragten nach Alter und Geschlecht

    In der Stichprobe liegt der Anteil der Frauen bei knapp einem Drittel. Auch in der Stichprobe fällt auf, was insgesamt für den Berufsstand gilt: Das Gros der Beraterschaft ist deutlich jenseits der 45.

     

     

    Quelle: Ausgabe 01 / 2020 | Seite 2 | ID 46252832

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