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  • · Führung

    Sieben Stellschrauben für eine bessere Kommunikation in der Kanzlei

    Bild: © NAMPIX ‒ stock.adobe.com

    von Zach Davis, Buchholz, www.simple-first.de

    | In Steuerkanzleien wird viel kommuniziert ‒ aber nicht immer wirksam. Zwischen E-Mails, Mandantentelefonaten, kurzen Zurufen und Teamchats geht oft unter, was eigentlich wichtig wäre: klare Erwartungen, verbindliche Absprachen, rechtzeitige Rückmeldung. Kein Wunder, dass viele Kanzleileiter das Gefühl haben, ständig Dinge doppelt sagen zu müssen ‒ oder hinterherzulaufen. Gute Kommunikation spart Zeit, reduziert Reibungsverluste und stärkt die Zusammenarbeit. Schlechte Kommunikation kostet Energie ‒ und manchmal sogar Mandate oder Mitarbeiter. Doch was macht Kommunikation wirklich effektiv? |

    1. Den passenden Kommunikationskanal wählen

    E-Mails, Teams, Zuruf im Vorbeigehen, Post-it auf dem Bildschirm, kurzer Anruf … und dann wundern wir uns, dass niemand mehr durchblickt. Willkommen in der Kommunikationslotterie! In vielen Kanzleien regiert beim „Wie“ des Austauschs das Prinzip Zufall ‒ und der Preis ist hoch: Missverständnisse, unnötige Rückfragen, vergessene To-dos. Dabei wäre eine klare Kommunikationsordnung keine Raketenwissenschaft. Welche Themen gehören zwingend ins Kanzlei-Chat-Tool? Wann ist eine E-Mail angebracht ‒ und was bitte niemals dort hinein? Was muss unbedingt persönlich oder per Videomeeting geklärt werden? Und in welchen Fällen rettet ein kurzes Telefonat Zeit, Nerven und Stimmung?

     

    • Beispiel

    In einer Kanzlei wurde intern definiert, dass Rückfragen zu laufenden Fällen immer per Chat-Tool erfolgen ‒ aber Entscheidungen ausschließlich per E-Mail. Nach zwei Wochen Eingewöhnung reduzierte sich das E-Mail-Volumen um 30 % und es gab deutlich weniger Missverständnisse.

     

    Wer hier klare Leitlinien schafft, entlastet nicht nur sich selbst, sondern auch die anderen. Denn im Zweifel ist nicht die Unzuverlässigkeit das Problem, sondern das Chaos im Kommunikationssystem.

    2. Kommunikation mit Regelterminen erleichtern

    Kommunikation, die nur auf Zuruf stattfindet, ist meist zu spät oder zu viel. Gerade wenn mehrere Personen zusammenarbeiten, helfen feste Termine, die wichtigsten Themen zu bündeln. Das gilt für Teamleiter genauso wie für die Kanzleileitung. Ein kurzer Jour fixe ‒ wöchentlich oder 14-tägig ‒ entlastet das Tagesgeschäft, weil man nicht alles „sofort“ klären muss, sondern weiß: Das wird besprochen.

     

    Wichtig ist, dass diese Termine nicht zu Meeting-Monstern mutieren. Besser 20 Minuten mit echter Relevanz als 60 Minuten Leerlauf. Hilfreich sind klare Strukturen: Was hat sich verändert? Welche Themen stehen an? Wer braucht von wem was bis wann?

     

    Gerade in stressigen Phasen zeigt sich die Qualität solcher Termine. In einer mittelgroßen Kanzlei wurden in der Hochsaison täglich fünf Minuten genutzt, um alle Engpässe und Rückfragen zu sammeln. Die Rückmeldung: „Wir waren deutlich entspannter, weil wir wussten, wann wir ansprechbar sind ‒ und wann nicht.“ Je nach Teamgröße kann auch ein täglicher Kurzabgleich von fünf Minuten sinnvoll sein ‒ etwa als Start in den Tag oder Wochenbeginn. So wird Kommunikation planbar und reduziert den Flurfunk.

    3. Klare Absprachen für Verbindlichkeit

    Viele Reibungsverluste in der Kommunikation entstehen nicht durch fehlende Information ‒ sondern durch fehlende Verbindlichkeit. Ein „Könntest du mal …?“ ist keine Absprache. Ein „Ich schaue mal, ob ich das schaffe“, ist kein Versprechen. In der Hektik des Alltags bleibt vieles vage. Doch wer verbindlich arbeiten will, muss verbindlich kommunizieren. Die drei „W“ helfen: Wer macht was bis wann? Diese Formel klingt simpel, wird aber erstaunlich selten konsequent genutzt. Dabei ist sie nicht nur in Teams mit mehreren Personen sinnvoll, sondern auch in Zweierkonstellationen. Je klarer die Absprachen sind, desto weniger Missverständnisse entstehen. Und desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand enttäuscht oder genervt nachhakt. Gerade neue Kollegen profitieren von dieser Klarheit. In einer Kanzlei war es Routine, Aufgaben mit „Mach das bitte zeitnah“ zu übergeben. Seitdem konkrete Daten genannt werden („bis Mittwochmittag“), ist der Anteil offener Aufgaben deutlich gesunken.

     

    PRAXISTIPP | Fassen Sie Absprachen kurz zusammen („Ich notiere: Ich übernehme den Punkt bis Dienstag und du hast den anderen Punkt auf dem Zettel bis Ende der Woche.“). Das klingt zunächst ungewohnt, sorgt aber für klare Erwartungen ‒ auf beiden Seiten.

     

    4. Die Kunst der kurzen Rückmeldung beherrschen

    Rückmeldung wird oft mit „Feedbackgespräch“ oder „Jahresgespräch“ gleichgesetzt ‒ dabei geht es häufig gar nicht um große Themen, sondern um kleine Bestätigungen im Alltag. Wer regelmäßig kurze Rückmeldungen gibt, spart sich viele Rückfragen, Irritationen und unnötiges Nachhaken und stärkt nebenbei das Gefühl von Verlässlichkeit im Team. Ein kurzes „Gesehen ‒ danke!“ auf eine erledigte Aufgabe. Ein Haken in einer To-do-Liste. Ein „Ja, passt so!“ unter einer Nachricht. All das sind Rückmeldungen, die zeigen: Ich nehme wahr, was du tust. Und ich gebe dir Orientierung. Gerade bei zunehmender Digitalisierung sind solche Signale umso wichtiger, damit nicht der zwischenmenschliche Austausch und das Persönliche zu kurz kommen.

     

    Viele unterschätzen, wie viel Energie Ungewissheit kostet. Ein Kollege wartet auf Rückmeldung ‒ bekommt aber keine. Also fragt er doch noch mal. Oder lässt es. Und im Zweifel bleibt etwas liegen. Diese Unsicherheit lässt sich mit wenigen Sekunden Kommunikation vermeiden. Die Folge sonst: Unsicherheit. Muss ich noch mal erinnern? Ist das untergegangen? Kümmert sich jemand?

     

    PRAXISTIPP | Wer Rückmeldung erwartet, sollte sie selbst auch geben. Und: Man muss nicht alles kommentieren ‒ aber da, wo ein Kollege Zeit investiert hat oder eine Entscheidung braucht, hilft eine kurze Reaktion enorm. Übrigens: Auch ein „Danke, erledigt“ gegenüber Mandanten wirkt oft mehr als eine ausführlich formulierte E-Mail.

     

    5. Störungen erkennen ‒ Konflikte früh ansprechen

    Schiefe Blicke, sarkastische Bemerkungen oder plötzliche Zurückhaltung ‒ wer im Alltag genau hinschaut, merkt oft früh, wenn etwas im Team nicht stimmt. Ein Kollege wird still. Eine Mitarbeiterin wirkt gereizt. Zwei im Team sprechen plötzlich kaum noch miteinander. Viele Konflikte beginnen leise ‒ und wachsen, wenn niemand hinschaut. In Kanzleien, in denen „bloß kein Stress“ die oberste Regel ist, wird oft zu spät reagiert. Dabei entstehen die wenigsten Konflikte aus heiterem Himmel. Meist gibt es vorher Signale: ein sarkastischer Kommentar, ein auffällig ruhiges Verhalten, ein genervter Blick. Wer diese Zeichen ignoriert, riskiert, dass sich Spannungen aufbauen ‒ bis sie entweder explodieren oder schleichend die Zusammenarbeit belasten.

     

    PRAXISTIPP | In einer Kanzlei hat sich etabliert, dass man Störungen früh anspricht ‒ sogar mit einem Signalwort: „Stoppzeichen“. Wer das sagt, signalisiert: Ich merke gerade, hier läuft was schief. Lass uns kurz reden.

     

    Führungskräfte sollten Störungen nicht unter den Teppich kehren. Schon eine einfache Formulierung wie „Ich habe den Eindruck, dass da gerade etwas in der Luft liegt ‒ stimmt das?“ kann ein Gespräch in Gang bringen. Es geht nicht darum, jedes kleine Unwohlsein zu problematisieren. Aber wer gar nicht hinschaut, verpasst oft den Moment, in dem man noch unkompliziert hätte gegensteuern können.

     

    MERKE | Zuhören ohne Bewertung. Nachfragen ohne Vorwurf. Und wenn man selbst Teil des Problems ist, hilft eine Ich-Botschaft deutlich mehr als eine Du-Botschaft. Wer Konflikte früh anspricht, löst sie oft, bevor sie wirklich entstehen ‒ und schafft ein Klima, in dem man sich traut, Dinge offen zu benennen.

     

    6. Verständlich kommunizieren mit Azubis und neuen Kollegen

    „Das ist doch klar“ ‒ oder: „Das ist doch logisch“. Sätze, die selten stimmen. Vor allem nicht für neue Kollegen oder Azubis. Was für die alten Hasen im Team logisch erscheint, ist für Neue oft ein Rätsel. Und wer sich nicht traut nachzufragen, macht lieber nichts ‒ oder das Falsche. Das ist nicht Faulheit, sondern Unsicherheit. Wer will, dass neue Leute schnell mitarbeiten können, muss klar und verständlich kommunizieren. Keine internen Abkürzungen, keine halben Erklärungen, keine Floskeln wie „Das hat doch der Kollege auch so gemacht“. Besser: in einfachen Worten erklären, mitdenken, Rückfragen aktiv einladen. Und auch mal sagen: „Wenn du es nicht verstanden hast, ist das nicht dein Fehler.“

     

    PRAXISTIPP | Wer ein paar Abläufe kurz dokumentiert oder mit dem Handy oder per Screen Recording aufzeichnet, spart sich später doppelte Erklärungen. Das ist oft effizienter als jeder Leitfaden. Und führt zu zufriedeneren Neueinsteigern ‒ statt stiller Verzweiflung hinterm Bildschirm.

     

    7. Hinterherlauf-Aufwand bei Mandanten reduzieren

    Kaum etwas kostet mehr Zeit und Nerven als das ständige Erinnern an fehlende Unterlagen, Rückfragen oder versprochene Rückmeldungen. Viele Kanzleien kennen das Spiel: Man bittet freundlich, dann nochmal, dann deutlicher ‒ und am Ende bleibt der Vorgang liegen, weil die Zuarbeit ausbleibt und später erneut angefasst werden muss. Was als Ausnahme beginnt, wird schnell zur Erwartung. Das Problem: Wer regelmäßig hinterherläuft, verstärkt dieses Verhalten oft ungewollt.

     

    Die bessere Strategie beginnt mit einem Perspektivwechsel. Statt still zu hoffen, dass es „nächstes Mal besser läuft“, braucht es klare Kommunikation und verbindliche Fristen: „Wir benötigen die Unterlagen bis Mittwoch, 15 Uhr ‒ ist das für Sie machbar?“ Wenn das nicht klappt: „Was hat diesmal nicht funktioniert?“ So entsteht Schritt für Schritt eine neue Verbindlichkeitskultur ‒ nicht aus Härte, sondern aus Klarheit.

     

    Manche Kanzleien setzen ergänzend auf abgestufte Konsequenzen: ein Eilzuschlag, wenn Unterlagen zu spät kommen, oder eine Honorarerhöhung, wenn ständiges Erinnern zur Regel wird. Entscheidend ist, nicht alles hinzunehmen, sondern Haltung zu zeigen ‒ sachlich, aber bestimmt. Denn wenn immer nur die Kanzlei nachhakt, wird der Aufwand zum Standard. Ziel ist: mehr Eigenverantwortung auf Mandantenseite ‒ und mehr Fokus in der Kanzlei. Natürlich ist das kein Zauberknopf, sondern ein schrittweiser Prozess. Aber einer, der sich lohnt.

     

    FAZIT | Kommunikation ist kein Selbstzweck, sondern ein Hebel für bessere Zusammenarbeit, klarere Prozesse und mehr Ruhe im Kanzleialltag. Wer an den richtigen Stellen nachjustiert, reduziert nicht nur Missverständnisse, sondern spart auch Zeit und Nerven ‒ bei sich selbst und im Team. Es muss nicht alles auf einmal passieren. Schon kleine Veränderungen zeigen Wirkung, wenn sie konsequent umgesetzt werden. Entscheidend ist nicht, ob jede Formulierung perfekt ist ‒ sondern ob Klarheit, Verlässlichkeit und Rückmeldung zur gemeinsamen Praxis werden. Und genau dafür bieten die sieben Stellschrauben eine gute Grundlage.

     
    Quelle: Ausgabe 09 / 2025 | Seite 152 | ID 50459979