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  • · Fachbeitrag · Mandatsumfang

    Beratung verbundener Unternehmen: Schadensberechnung bei BGB-Gesellschaft

    von Oberstaatsanwalt Raimund Weyand, St. Ingbert

    Hat die steuerliche Beratung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach dem Inhalt des Vertrags auch die Interessen der Gesellschafter zum Gegenstand, ist der Schaden unter Einbeziehung der Vermögenslagen der Gesellschafter zu berechnen (BGH 8.9.16, IX ZR 255/13, Abruf-Nr. 190552).

     

    Sachverhalt

    Die klagende GbR, die eine physiotherapeutische Praxis betreibt, verlangte von ihrem früheren Steuerberater Schadenersatz wegen angeblicher Falschberatung. Das LG hatte die Forderungen teils anerkannt, teils abgelehnt. Aufgrund der Berufungen der Beteiligten hat der BGH die Sache jetzt zurückverwiesen.

    Entscheidungsgründe

    Wie bereits die Vorinstanz hält der BGH die Schadenersatzforderung grundsätzlich für berechtigt. Bei der Schadensberechnung sind aber nach Auffassung des Senats auch die Vermögensinteressen der Gesellschafter der GbR mit zu beachten.

     

    Ausgangspunkt ist hier die sogenannte Differenzhypothese: Ob und inwieweit ein nach §§ 249 ff. BGB zu ersetzender Vermögensschaden vorliegt, beurteilt sich regelmäßig nach einem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre (ständige Rechtsprechung; zuletzt BGH 18.2.16, IX ZR 191/13, Abruf-Nr. 185044). Nötig ist hier ein Gesamtvermögensvergleich, also die Gegenüberstellung der hypothetischen und der tatsächlichen Vermögenslage.

     

    Grundlage ist grundsätzlich das Vermögen des Geschädigten, nicht aber dasjenige Dritter. Daher kann aufgrund eines Vertrags regelmäßig nur derjenige Schadenersatz verlangen, bei dem der Schaden tatsächlich eingetreten ist und dem er rechtlich zur Last fällt. Der Berater haftet mithin prinzipiell nur für den Schaden seines Mandanten. Das konkrete Mandat kann aber Ausnahmen von diesem Prinzip gebieten, wenn der Mandant die Interessen eines Dritten im Rahmen einer Gestaltungsberatung zum Gegenstand der Beratungsleistung gemacht hat. Dann ist die Schadensberechnung auch unter Einbeziehung dieser Drittinteressen vorzunehmen.

     

    So liegt die Sache hier: Weil aufgrund des steuerrechtlichen Transparenzprinzips (BFH 31.7.91, VIII R 23/89, BStBl II 92, 375) der von der GbR als Personengesellschaft erwirtschaftete Gewinn anteilig bei den Gesellschaftern zu erfassen war, schloss die steuerliche Beratung der GbR auch einkommensteuerliche Fragen sowie die Anfertigung der Einkommensteuererklärungen der Gesellschafter ein. Der beklagte Berater hätte daher die wirtschaftlichen Folgen einer (hier nicht erfolgten und für die Nachforderungen des FA verantwortlichen) Ausgliederung von reinen Wellnessleistungen aus der physiotherapeutischen Praxis in eine neue Gesellschaft sowohl im Hinblick auf das Vermögen der GbR als auch das ihrer Gesellschafter prüfen müssen.

     

    Gegenzurechnen sind aber Vorteile, die den Gesellschaftern selbst durch ESt-Ermäßigung aufgrund des § 35 Abs. 1 EStG zufließen:

     

    Wird die Haftung des Steuerberaters durch die Einbeziehung der Vermögensinteressen Dritter in das steuerliche Beratungsmandat erweitert, darf er sich auf die infolge der fehlerhaften Beratung entstandenen Vorteile dieser Dritten berufen. Die Anrechnung von Steuervorteilen scheidet regelmäßig aus, wenn die dem Geschädigten zufließende Schadenersatzleistung ihrerseits zu versteuern ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Schädiger Umstände darlegt, auf deren Grundlage dem Geschädigten auch unter Berücksichtigung der Ersatzleistung außergewöhnliche Steuervorteile verbleiben (BGH 28.1.14, XI ZR 495/12, Abruf-Nr. 140685).

     

    Hierbei besteht nach Meinung des BGH noch weiterer Aufklärungsbedarf, weswegen das LG - ebenso wie zur Frage eines möglichen Mitverschuldens der GbR (§ 254 Abs. 2 BGB) - weitere Feststellungen treffen muss.

     

    PRAXISHINWEIS | Der beklagte Berufsangehörige drang nicht mit seinem Einwand durch, auch mögliche Fehler des später mandatierten neuen Beraters seien für die Nachforderungen des FA mit ursächlich. Denn das Verhalten Dritter entlastet regelmäßig nicht den Erstschädiger, sondern begründet zum Schutz des Geschädigten allenfalls eine eigene zusätzliche Haftung dieser Person. Die Haftungsverpflichtung eines Steuerberaters wird also nicht unterbrochen, wenn später eine andere rechtskundige Person mit der Angelegenheit befasst worden ist, die noch in der Lage gewesen wäre, den Schadenseintritt zu verhindern, dies aber unterlassen hat (grundlegend BGH 7.4.05, IX ZR 132/01, Abruf-Nr. 051506).

     

    Rechtsanwälte oder Steuerberater, die nacheinander demselben Auftraggeber Schaden zugefügt haben, haften diesem regelmäßig als Gesamtschuldner, ohne dass sich der Geschädigte bei der Inanspruchnahme eines der ersatzpflichtigen Berater den Schadensbeitrag des anderen als Mitverschulden entgegenhalten lassen muss.

     

    Weiterführender Hinweis

    • „Schadenersatzanspruch bei Beratung verbundener Unternehmen“ in KP 16, 92
    Quelle: Ausgabe 03 / 2017 | Seite 43 | ID 44436224

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