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  • · Fachbeitrag · Honorar

    Welchen Streitwert hat eine Klage auf Herausgabe von Mandantenunterlagen?

    von Simon Beyme, StB/Syndikus-RA/FA SteuerR, Geschäftsführer Steuerberaterverband Berlin-Brandenburg e.V.

    | Streit über die Herausgabe von Mandantenunterlagen gibt es immer wieder, v. a. wenn sich Steuerberater (oder Rechtsanwälte) wegen offener Forderungen auf ihr Zurückbehaltungsrecht (§ 66 Abs. 2 StBerG bzw. § 50 Abs. 3 BRAO) berufen und Mandanten damit nicht einverstanden sind. Wie aber ist der Streitwert einer Klage auf Herausgabe von Unterlagen zu bestimmen? |

     

    Unterschiedliche Ansichten zur Bemessung des Streitwerts

    Einer Ansicht nach ist der Streitwert mit dem (zu schätzenden) Aufwand zu bemessen, den der Mandant für die Neuerstellung der Unterlagen bzw. die Ermittlung der benötigten Informationen aus anderen Unterlagen aufwenden müsste (OLG Hamburg 18.2.05, 12 W 3/04). Teilweise wird auf den möglichen steuerlichen Nachteil wegen fehlender Unterlagen und dadurch verspätet abgegebener Steuererklärungen abgestellt (OLG Düsseldorf 21.12.04, I-23 U 36/04). Einer weiteren Ansicht nach wird auf den Wert des Zurückbehaltungsrechts abgestellt (OLG München 15.2.17, 20 U 3317/16).

     

    Keine schematische Betrachtung

    Das LG Bremen (24.11.21, 4 T 431/21, Beschluss) ist der Auffassung, dass sich hierzu eine schematische Betrachtung verbietet. Vielmehr sei im Einzelfall zu schauen, worin der Schwerpunkt des Streits liegt, um daraus das wirtschaftliche Interesse der klagenden Partei ableiten zu können. Im Fall beim LG Bremen bestand kein Streit darüber, dass die Unterlagen beim Steuerberater vorhanden waren. Der Streit bestand um die vom Steuerberater verweigerte Herausgabe der Unterlagen wegen des noch offenen Honorars in Höhe von rund 4.160 EUR. Diese Summe entsprach demnach dem Aufwand, den der auf Herausgabe klagende Mandant (vor-)leisten müsste, um an die begehrten Unterlagen zu kommen. Das wirtschaftliche Interesse des klagenden Mandanten bestand also darin, die Unterlagen ohne Vorleistung der (streitigen) Honoraransprüche zu erlangen. Daher nahm das LG Bremen diesen Betrag als Streitwert an.

     

    PRAXISTIPP | Der Vorschlag des LG Bremen zur Streitwertbemessung bei Klagen auf Herausgabe von Unterlagen ist nicht nur gut nachvollziehbar, sondern auch in der Praxis einfach zu berechnen, da das offene bzw. das geforderte Honorar in der Regel bekannt ist. Andere Ansätze, wie der zu ermittelnde „Wiederherstellungsaufwand“ oder die Ermittlung möglicher steuerlicher Nachteile, laufen auf grobe Schätzungen hinaus, die dann wiederum streitanfällig sind. Allerdings ist dem LG Bremen darin zuzustimmen, dass im Einzelfall auch andere Streitwertansätze gerechtfertigt sein können, z. B. wenn Unterlagen (oder Daten) abhanden gekommen sind. Für eine erste Einschätzung des Kostenrisikos ist die Auffassung des LG Bremen in vielen Fällen gut geeignet.

     
    Quelle: Ausgabe 07 / 2022 | Seite 124 | ID 47985973

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