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  • · Fachbeitrag · Formelle und materielle Voraussetzungen

    Leider nicht immer zu vermeiden - Gerichtliche Durchsetzung von Honorarforderungen

    von RA/FAStR/FAErbR Dr. Christoph Goez, Münster

    | Die Situation ist unangenehm: Der Mandant zahlt die Gebührenrechnung nur teilweise oder gar nicht. Rücksprachen des Steuerberaters mit dem Auftraggeber werden verweigert, Gründe für die Nichtzahlung werden nicht angegeben. Es verbleibt nur noch, ein gerichtliches Verfahren einzuleiten - oder auf das Honorar endgültig zu verzichten. Entscheidet sich der Berater für die gerichtliche Durchsetzung, muss er die Formvorgaben beachten, die recht kurze Verjährungsfrist im Blick haben und insbesondere die formellen und materiellen Voraussetzungen eines erfolgreichen Klageverfahrens kennen. |

    Formvorgaben

    Im Regelfall darf der Berater eine Vergütung erst einklagen, wenn er selbst oder ein von ihm beauftragter Rechtsanwalt die Zahlung vorab außergerichtlich angemahnt hat. Nur bei besonderer Eilbedürftigkeit - wie beispielsweise die drohende Verjährung zum Jahresende - kann die Klageerhebung zur Vermeidung von Rechtsverlusten sachgerecht sein. Da allerdings möglicherweise die Verzugssetzung, insbesondere für das Geltendmachen von Verzugszins notwendig, im Einzelfall sogar die Fälligkeit der Forderung noch gar nicht gegeben sein mag, trägt der Berater dann ein (überschaubares) Kostenrisiko, falls der ehemalige Mandant unverzüglich anerkennen würde. Ansonsten gilt bekanntermaßen: Es muss eine formgerechte, persönlich unterzeichnete Vergütungsabrechnung vorliegen, die die Vorgaben von § 9 Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV) beachtet.

     

    MERKE | Das Gericht prüft die entsprechenden Voraussetzungen im Regelfall äußerst pingelig. Spätestens der Anwalt des ehemaligen Mandanten wird die Vorgaben von § 9 StBVV aber bis ins Detail abverlangen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den Angaben, die aus der Kostennote ersichtlich sein müssen, und denjenigen, die später für die Darlegung der Berechtigung und der Angemessenheit der Gebühren und Auslagen dem Gericht übermittelt werden müssen.

     

    Bei der Gebührenrechnung ist gem. § 9 StBVV darauf zu achten, dass eine ausreichende Transparenz für den Mandanten gewährleistet wird, sodass dieser die Berechtigung der Honorarnote in Kurzform prüfen kann. Anzugeben sind:

     

    • Die Beträge der einzelnen Gebühren
    • Eine kurze Bezeichnung des jeweiligen Gebührentatbestands
    • Die angewandten Vorschriften der StBVV
    • Bei Wertgebühren auch der Gegenstandswert, bei Zeitgebühren können diese bei demselben Stundensatz zusammengefasst werden
    • Die Beträge und Bezeichnung der Auslagen

     

    Die gezahlten Vorschüsse müssen abgezogen werden. Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen können zusammengefasst werden.

     

    Die Gebührenrechnung ist nur dann wirksam und von dem Mandanten auszugleichen, wenn sie von dem Steuerberater, der die zivil-, berufs- und ggf. sogar strafrechtliche Verantwortung für die Vergütung trägt, persönlich unterzeichnet wurde. Zudem muss der Mandant die Gebührenrechnung erhalten haben. Oft behaupten ehemalige Auftraggeber später, nie eine entsprechende Gebührenrechnung bekommen zu haben. Zumindest sollte hier ein Zustellungsnachweis wie ein Faxprotokoll vorliegen. Besser noch ist der Rückschein bei Zustellung durch Einschreiben und am besten die formelle Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher.

    Verjährungsfrist

    Die Verjährungsfrist zur Durchsetzung der Vergütung beträgt nur 3 Jahre zum Jahresende (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB). Dies ist unabhängig davon, ob der Berater seinem Mandanten die Rechnung auch erteilt hat (so ausdrücklich § 9 Abs. 1 S. 2 StBVV). Für die Berechnung des Verjährungszeitraums kommt es daher allein auf die Fälligkeit i.S. von § 7 StBVV an, keineswegs aber auf die Übermittlung der Kostennote.

     

    PRAXISHINWEIS | Hilfreich ist ein Anerkenntnis des Mandanten, wenn dieser zeitweilig nicht zahlen kann. Zum einen sollte dieses aus Beweisgründen unbedingt schriftlich erfolgen; zum anderen sollte darin klargestellt sein, wann welcher Betrag und welcher Gesamtbetrag gezahlt werden soll. Jedenfalls führt ein solches Anerkenntnis zum Neubeginn der Verjährung (§ 212 BGB). Ein Anerkenntnis ist auch darin zu sehen, wenn der Auftraggeber nach Eingang der Honorarnote Teilzahlungen in maßgeblicher Höhe leistet, ohne irgendeinen Widerspruch gegen die Berechnung zu erheben (OLG Köln 20.6.97, 19 U 236/96, Urteil unter www.dejure.org).

     

    Auch Verhandlungen mit dem Auftraggeber über die Vergütung und insbesondere deren Höhe verlängern den Verjährungszeitraum. Allerdings wird die Verjährung in einem solchen Fall lediglich gehemmt (§ 203 BGB). Dies bedeutet, dass der entsprechende Zeitraum der Hemmung einem regelmäßigen Verjährungszeitraum „angehängt“ wird; zumindest verlängert sich die Verjährungsfrist um 3 Monate.

    Durchführung des Klageverfahrens

    Die Durchführung eines notwendigen Klageverfahrens birgt Risiken - unter Umständen ist hier ein sachkundiger Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Ist das Landgericht - ab einem Gegenstandswert von über 5.000 EUR - zuständig, ist dieses sogar zwingend erforderlich. Ansonsten sind die folgenden Vorgehensweisen zu beachten.

     

    Lohnt sich ein vorheriges Mahnverfahren?

    An sich ist das Mahnverfahren der geeignete Weg, beispielsweise zur Hemmung der Verjährung, schnell und effektiv tätig zu werden. Andererseits ist dann, wenn schon bekannt geworden ist, dass der Mandant aus bestimmten Gründen nicht zahlen will, fast zwingend mit einem Widerspruch zu rechnen, sodass „sowieso“ in das streitige Klageverfahren übergegangen werden muss.

     

    MERKE | Das Mahnverfahren bietet sich nur dann an, wenn der Mandant sich zu den Gründen der Nichtzahlung bislang nicht geäußert hat oder die Gründe (Einwendungen gegen die Höhe der Gebühren, fehlende Beauftragung zu einer in Rechnung gestellten Einzelleistung, angebliche Fehl- oder Schlechtberatung) gegenüber dem Mandanten qualifiziert zurückgewiesen werden konnten.

     

    Wo ist die Klage zu erheben?

    Früher konnte die Klage am Ort der beruflichen Niederlassung des Steuerberaters erhoben werden (so noch BGH 31.1.91, III ZR 150/88, NJW 91, 3095). Der BGH ist jedoch von dieser Rechtsprechung abgewichen und führt aus, dass die Honorarforderung von dem (ehemaligen) Mandanten erfüllt werden muss; dieser handelt von seinem Geschäfts- oder Wohnsitz aus. Damit aber sei der allgemeine Gerichtsstand des Wohnsitzes des beklagten Mandanten i.S. von § 13 ZPO begründet. Dort ist auch dann die Klage zu erheben, wenn der Mandant zwischenzeitlich verzogen ist.

     

    Eine Besonderheit gilt für Honoraransprüche aus der Vertretung in einem gerichtlichen Verfahren. Hier richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort des Gerichts, bei dem das Verfahren stattfand. Auch bei gewährter Prozesskostenhilfe ist der Antrag auf Vergütung an das beiordnende Gericht zu stellen. Eine weitere Besonderheit gibt es, falls der Honoraranspruch für den Mandanten als Schadenersatzanspruch gegen ein Finanzamt geltend gemacht wird. Dabei handelt es sich um einen Anspruch aus Amtspflichtverletzung i.S. von § 839 BGB i.V. mit Artikel 34 Grundgesetz. Hier muss der den Ersatz zusätzlicher Steuerberaterkosten begehrende Mandant die Klage durch einen Rechtsanwalt bei dem für den Sitz der entsprechenden Behörde zuständigen Landgericht einreichen (§ 18 ZPO; § 71 Abs. 2 GVG).

     

    Worauf ist bei der Klagebegründung zu achten?

    Die Klagebegründung muss sehr genau ausgearbeitet werden. Der Steuerberater hat substanziiert und unter Angabe konkreter Tatsachen folgendes vorzutragen:

     

    • Der Rechtsgrund des Anspruchs (z.B. aus Steuerberatervertrag oder ungerechtfertigter Bereicherung) ist aufzuzeigen. Zwar müssen keine Rechtsgrundlagen aus dem BGB angegeben werden; der Kläger muss aber die beiderseitigen schriftlichen oder mündlichen Willenserklärungen darlegen, aus denen sich das Zustandekommen des Vertrags oder der Beauftragung ableitet.

     

    • Die Art der Tätigkeit, für die die Vergütung beansprucht wird, muss dezidiert dargelegt werden. Sollte sich nicht schon aus dem Rechtsgrund des Anspruchs ergeben, wofür die Vergütung verlangt wird, ist dies ergänzend auszuführen. Werden die Notwendigkeit oder die Beauftragung entsprechender Tätigkeiten bestritten, muss Beweis angeboten werden - beispielsweise durch Vorlage von Urkunden oder durch Mitarbeiter, die als Zeugen die Beauftragung und die Durchführung des Auftrags bestätigen können.

     

    • Die Fälligkeit des Anspruchs ist anzugeben (Erledigung der Angelegenheit gem. § 7 StBVV oder zwischenzeitliche Beendigung nach Erfüllungsbeginn gem. § 12 Abs. 4 StBVV).

     

    • Die Gebührenrechnung ist der Klagebegründung in Ablichtung beizufügen. Hierzu gehört auch der Hinweis, wie ein Zustellungsnachweis erbracht werden kann.

     

    • Schriftlich getroffene Vereinbarungen über eine höhere Vergütung oder über Pauschalvereinbarungen i.S. der §§ 4 und 14 StBVV sind in Ablichtung beizufügen.

     

    • Kurz ist anzumerken, dass ein Rechtsschutzbedürfnis wegen Nichtzahlung des Honorars trotz Berechnung und Mahnung oder wegen der Gefahr des Eintritts der Verjährung besteht.

     

    PRAXISHINWEIS | Es ist darauf zu achten, dass möglichst alle relevanten Umstände im ersten Schriftsatz unter Angabe der jeweiligen Beweismittel vorgetragen werden. Ein Zivilgericht kann späteres Vorbringen - insbesondere auch zu der Angemessenheit der Gebührenansätze - unter Umständen ohne besondere Fristsetzung als verspätet zurückweisen (§§ 287, 296 ZPO). Daher ist immer dann, wenn mehr als die Mittelgebühr abverlangt wird, ausführlich mitzuteilen, wieso ein höherer Ansatz im Rahmen des dem Steuerberater zustehenden Gläubigerbestimmungsrechts (§ 315 BGB) gewählt worden ist.

     

    Hinweis | Zumindest im Bereich des OLG Hamm, das in der neuesten Rechtsprechung auf die Mittelgebühr abstellt (vgl. ausführlich Goez, „Wiedergeburt der ‚Mittelgebühr‘?“, KP 12, 6 f. unter Bezugnahme auf OLG Hamm, 25 U 33/09 und 25 U 27/11), ist für das Begehren nach einer niedrigeren Gebühr als der Mittelgebühr regelmäßig der ehemalige Mandant darlegungs- und beweispflichtig.

     

    Zeitgebühren, die in der Honorarnote noch zusammengefasst werden konnten, sind nunmehr dezidiert unter Angabe des Zeitpunkts der Leistung und des Inhalts aufzuschlüsseln. Die Darstellung sollte möglichst mit der Benennung von Personen (insbesondere Mitarbeiter) untermauert werden, die als Beweismittel (Zeugenbeweis) zur Verfügung stehen.

     

    PRAXISHINWEIS | Ein Kanzlei-Organisationsprogramm mit Zeitauflistung ist sehr hilfreich und belegt im Regelfall die Berechtigung der Zeitgebührenansätze.

     

    Wie ist mit Gegenargumenten des Beklagten umzugehen?

    Bei schon bekannten Einwendungen des ehemaligen Mandanten sollten diese kurz im Voraus angesprochen werden, um insofern einer Klageerwiderung „den Wind aus den Segeln zu nehmen“, wenn gleichzeitig auch diese Einlassung widerlegt werden kann. Grundsätzlich kann ein Mandant die Zahlung der Vergütung zu Recht verweigern, wenn die Leistung von dem Berater nicht oder mangelhaft erbracht wurde. Hierfür ist allerdings nunmehr der Mandant darlegungs- und im Bestreitensfall durch den Steuerberater beweisverpflichtet.

     

    Ein Nachbesserungsrecht steht einem Steuerberater nur bis zur Beendigung des Mandats zu (BGH 11.5.06, IX ZR 63/05, DStRE 06, 957). Der ehemalige Auftraggeber kann aber unter Umständen auch die Einrede der mangelhaften Leistung verwirkt haben, weil er sie nach Treu und Glauben oder auch insbesondere nach den vereinbarten Auftragsbedingungen hätte sofort geltend machen müssen (vgl. AG Viersen 29.9.99, 2 C 136/96, DStRE 00, 447).

     

    Was ist mit fehlerhaften Rechnungen?

    Hilfreich ist die Rechtsprechung insofern, als bei fehlerhaften Vergütungsabrechnungen noch im Klageverfahren eine „Nachbesserung“ erfolgen kann (OLG Frankfurt 15.2.93, 22 U 183/91, Stbg 94, 7). Allerdings trägt der Steuerberater dabei ein kleines Kostenrisiko, falls - was aber eher unwahrscheinlich ist - der beklagte ehemalige Auftraggeber unverzüglich anerkennt.

     

    PRAXISHINWEIS | Darauf zu achten ist, dass die Übermittlung der abgeänderten Gebührenrechnung im Regelfall an den (ehemaligen) Auftraggeber selbst erfolgen muss und nicht schon durch die Anlage zu einem Schriftsatz über das Gericht an den ehemaligen Auftraggeber gelangt. Regelmäßig genügt auch nicht die Übergabe an den Prozessbevollmächtigten des Auftraggebers, sondern die Übermittlung muss an diesen direkt erfolgen.

     

    Jedenfalls aber können fehlerhafte Einzelangaben in einer Rechnung wie beispielsweise Fehler bei den Gebührenansätzen durch entsprechende Darlegungen im Gerichtsverfahren ergänzt werden (OLG Düsseldorf, 10.12.98, 13 U 231/97, KP 99, 18).

     

    FAZIT | Ein Klageverfahren bedarf der sorgfältigen Vorbereitung und zumeist der Hilfestellung durch einen mit dem Zivilprozess und dem spezifischen Vergütungsrecht der Steuerberater vertrauten Anwalt. Scheuen Sie sich nicht, einen solchen Anwalt einzuschalten. Das ist wesentlich sicherer, als Schiffbruch bei den teilweise diffizilen Vorgaben der Zivilprozessordnung zu erleiden. Dann wird die Durchsetzung Ihres berechtigten Honoraranspruchs gelingen!

     

    Weiterführende Hinweise

    Zum Autor | Dr. Goez, Gesellschafter in der Kanzlei Alpmann Fröhlich RA-GmbH, Münster, Vizepräsident des Deutschen Unternehmenssteuer Verbands, vormals Geschäftsführer der Steuerberaterkammer Westfalen-Lippe (1989 - 1998)

    • „Unvollständige oder fehlerhafte Rechnungen dürfen im Prozess ergänzt bzw. berichtigt werden“ in KP 99, 18
    • „Diese aktuellen Entwicklungen im Steuerberatergebührenrecht sollten Sie kennen!“ in KP 13, 32
    Quelle: Ausgabe 03 / 2013 | Seite 47 | ID 37249170

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