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  • · Fachbeitrag · Berechnung der Testamentsvollstreckung

    Der Steuerberater als Testamentsvollstrecker: Angemessene Vergütung für ein wichtiges Amt

    von RA und Notar a.D., FA für Steuerrecht Jürgen Gemmer, Magdeburg

    | Steuerberater dürfen auch als Testamentsvollstrecker tätig werden, da es sich um eine mit dem Beruf vereinbare Tätigkeit handelt (§ 15 Nr. 8 Berufsordnung i.V. mit § 57 Abs. 3 StBerG). Nach § 2221 BGB kann der als Testamentsvollstrecker eingesetzte Steuerberater eine angemessene Vergütung für seine Arbeit verlangen, wenn der Erblasser nichts anderes bestimmt hat. Was aber ist eine „angemessene“ Vergütung? |

    Welche Gebührentabelle kommt wann zum Einsatz?

    Der Aufwand einer Testamentsvollstreckung mit den grundsätzlichen Abschnitten Konstituierung/Erfassung, Verwaltung und Auseinandersetzung des Nachlasses kann sehr unterschiedlich sein (s. auch KP 00, 100). Deshalb bedarf es bei der Frage nach der angemessenen Vergütung einer auf den Einzelfall bezogenen Differenzierung, bei der auf den konkreten Aufgabenbereich des Testamentsvollstreckers abzustellen ist. In der Praxis kommen verschiedene Gebührentabellen zur Anwendung, die diesen unterschiedlich abbilden. Neben der „Neuen Rheinischen Tabelle“ wurde auch die „Möhringsche Tabelle“ entwickelt. Diese wird in der neueren Praxis häufig verwendet. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass sämtliche Tabellen keine Gesetzeskraft besitzen und für Gerichte daher nicht bindend sind.

    Möhring‘sche Tabelle

    Die Möhring‘sche Tabelle differenziert nicht nach der Art der Testamentsvollstreckung und gilt für normale Verhältnisse sowie eine glatte Abwicklung. Sie vermittelt nur eine Grundvergütung. Zuschläge sind aber erforderlich, wenn der Nachlass ungeordnet und/oder ungewöhnlich vielgestaltig ist, Zahl und Alter der vom Erblasser Bedachten oder sonst am Nachlass Beteiligten vom Normalfall abweichen, die vom Testamentsvollstrecker zu bewältigenden Aufgaben besonders schwierig sind, er den Nachlass über längere Zeit zu verwalten hat oder die Übertragung des Nachlasses auf die Erben mit besonderen Arbeiten verbunden ist. In einfach gelagerten Fällen sind auch Abschläge denkbar.

     

    • Möhring’sche Tabelle, fortentwickelt von Klingelhöffer
    Brutto-Nachlasswert in EUR (Aktivnachlass)
    Vergütung

    Bis zu 12.500

    7,5 %

    Bis zu 25.000

    7 %

    Bis zu 50.000

    6 %

    Bis zu 100.000

    5 %

    Bis zu 200.000

    4,5 %

    Bis zu 500.000

    4 %

    Bis zu 1.000.000

    3 %

    Über 1.000.000

    1 %

     

    Die Vergütung wird bis zu dem unter dem Nachlasswert liegenden Schwellenwert einheitlich ermittelt. Dann wird der Betrag berechnet, der sich aus dem Prozentsatz für den nächsten Schwellenwert ergibt.

     

    • Beispiel

    Bei einem Nachlass von 268.000 EUR ergibt sich die Vergütung durch Ansatz von 4,5 % aus 200.000 EUR zuzüglich 4 % aus 68.000 EUR - also insgesamt 11.720 EUR.

    Neue Rheinische Tabelle

    Die vom Deutschen Notarverein entwickelte „Neue Rheinische Tabelle“ sieht ausdrücklich vor, dass der Vergütungsgrundbetrag nur die einfache Testamentsvollstreckung abdeckt. Von „glatter Abwicklung” - also dem Normalfall - kann nur gesprochen werden, wenn der Nachlass einfach zusammengesetzt ist und die Abwicklung leicht vorgenommen werden kann.

     

    • Beispiel

    Der Nachlass besteht nur aus Bargeld und Wertpapieren, und die Konstituierung erfolgt durch bloßes Einholen von Kontoauszügen. Die Abwicklung ist durch Aufteilen des Bankkontos auf mehrere Erben oder Übergabe von Wertpapieren an die Vermächtnisnehmer möglich.

     

    Für über die einfache Testamentsvollstreckung hinausgehende Tätigkeiten wird eine gesonderte Vergütung vorgesehen.

     

    • Neue Rheinische Tabelle
    Brutto-Nachlasswert in EUR
    Vergütung

    Bis zu 250.000

    4,0 %

    Bis zu 500.000

    3,0 %

    Bis 2.500.000

     2,5 %

    Bis 5.000.000

    t 2,0 %

    Über 5.000.000

    1,5 %

     

    Die Vergütung kann grundsätzlich direkt aus der Tabelle abgelesen werden. Damit sie aber bei Überschreiten einer Wertstufe aufgrund der dann eintretenden Degression nicht niedriger ausfällt als bei Ansatz des Nachlasses unterhalb dieser Wertstufe, ist mindestens der höchste Betrag der vorigen Stufe maßgebend.

     

    • Beispiel

    Bei einem Nachlass von 260.000 EUR beträgt der Grundbetrag nicht 7.800 EUR (= 3 % aus 260.000 EUR) sondern 10.000 EUR (= 4 % aus 250.000 EUR).

     

    Hinweis | Die Vergütungsempfehlungen des Deutschen Notarvereins wurden mittlerweile in einigen Gerichtsentscheidungen als Mittel zur Bestimmung der Angemessenheit der Vergütung gebilligt (vgl. OLG Schleswig 25.8.09, 3 U 46/08, ZEV 09, 625; LG Köln 2.5.07, 2 U 126/06, RNotZ 07, 40; von OLG Köln 19.3.07, 2 U 126/06, ZEV 08, 335 gebilligt).

    Zuschläge/Abschläge der Neuen Rheinischen Tabelle

    Bei Abwicklungsvollstreckungen sind Zu- und Abschläge auf den Vergütungsgrundbetrag vorgesehen - und zwar für: aufwendige Grundtätigkeit, Auseinandersetzung, komplexe Nachlassverwaltung, aufwendige oder schwierige Gestaltungsaufgaben sowie Steuerangelegenheiten. Welche Zuschläge in welcher Höhe für welche Aufgaben im Detail anzusetzen sind, können Sie einer Tabelle auf kp.iww.de - zu finden unter „Downloads“ --> „Checklisten“ --> „Kanzleiorganisation“ - entnehmen.

     

    Hinweis | Die Entlastung des Testamentsvollstreckers durch die Hinzuziehung externer Sachverständiger - z.B. eines anderen Steuerberaters als Fachexperte für Auslandsbeziehungen oder eines Rechtsanwalts - ist bei Bemessung der Zuschläge angemessen zu berücksichtigen. Die Zuschläge sind, wenn zu den einzelnen Bereichen nichts anderes vorgesehen ist, jeweils fällig, wenn die betreffende Tätigkeit beendet ist. Bei der Bemessung der Zuschläge ist mangels besonderer Anhaltspunkte vom Mittelwert der Spanne auszugehen. Die Gesamtvergütung soll in der Regel insgesamt das Dreifache des Vergütungsgrundbetrages nicht überschreiten.

     

    Dauervollstreckung

    Bei Dauervollstreckungen ist die Vergütung anders zu berechnen. Zusätzlich zu dem Vergütungsgrundbetrag und etwaigen Zuschlägen (Grundvergütung) ergeben sich folgende Zuschläge für die Dauertestamentsvollstreckung:

     

    • Im Normalfall der Verwaltung über den Zeitpunkt der Erbschaftsteuerveranlagung hinaus gilt: pro Jahr 1/3 bis 1/2 % des in diesem Jahr gegebenen Nachlassbruttowerts oder - wenn höher - 2 bis 4 % des jährlichen Nachlassbruttoertrags. Die Grundvergütung (samt etwaigen Zuschlägen) ist in Teilbeträgen, die Dauer und Ausmaß der Tätigkeit entsprechen, fällig. Der Zusatzbetrag ist nach Ablauf des üblichen Rechnungslegungszyklus fällig - in der Regel also jährlich.

     

    • Bei Übernahme und Ausübung der Unternehmerstellung bei Personengesellschaften gilt: 10 % des jährlichen Reingewinns. Entsprechendes hat aber auch für Kapitalgesellschaften zu gelten, auch wenn diese nicht ausdrücklich in der Tabelle genannt sind. Es gibt nämlich - außer bei großen, meist börsennotierten Aktiengesellschaften - keine substanziellen Unterschiede, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen würden.

     

    • Bei der Tätigkeit als Organ einer Kapitalgesellschaft, GmbH & Co. KG, Stiftung & Co, bei Ermächtigungstreuhand oder Handeln als Bevollmächtigter der in ihre Rechte Eingesetzten gilt: branchenübliches Geschäftsführer- bzw. Vorstandsgehalt und branchenübliche Tantieme.

     

    • Bei lediglich beaufsichtigender Tätigkeit (Aufsichtsrat, Beirat, Beteiligung mit Zwerganteil und der Bestimmung, dass der Testamentsvollstrecker nicht überstimmt werden darf, Weisungsunterwerfung der in ihre Rechte eingesetzten Erben) gilt: branchenübliche Vergütung eines Aufsichtsrats- bzw. Beiratsvorsitzenden bzw. Beiratsmitglieds. Die Vergütung ist mit branchenüblicher Fälligkeit solcher Zahlungen auszuzahlen.

     

    Fälligkeit der Vergütung

    Für die Grundvergütung wird vorgeschlagen, dass die Hälfte nach Abschluss der Konstituierung fällig wird, die andere Hälfte mit Abschluss der Erbschaftsteuerveranlagung oder bei Abschluss der Tätigkeit des Testamentsvollstreckers. Die zweite Variante - Fälligkeit der weiteren Hälfte bei Abschluss der Tätigkeiten des Testamentsvollstreckers - wird vorrangig dann in Betracht kommen, wenn das Ende der Testamentsvollstreckung bereits absehbar ist.

     

    Allgemeine Geschäftskosten

    Mit der Vergütung sind die allgemeinen Geschäftskosten abgegolten. Unberührt bleibt jedoch das Recht des Verwalters, für besondere Aufgaben im Rahmen der Verwaltung Dienst- oder Werkverträge abzuschließen. Besondere Kosten, die dem Verwalter im Einzelfall tatsächlich entstehen, sind als Auslagen zu erstatten. Mit der Vergütung sind aber die Kosten einer Haftpflichtversicherung abgegolten - es sei denn, die Verwaltung ist mit einem besonderen Haftungsrisiko verbunden, das eine angemessene zusätzliche Versicherung erfordert. In diesem Fall sind die dafür entstehenden Kosten als weitere Auslagen zu erstatten.

     

    Berufsdienste

    Steuerberater oder Inhaber einer anderen besonderen Qualifikation erhalten für Tätigkeiten, die ansonsten einem Berufsträger dieser Art übertragen würden, eine zusätzliche Vergütung nach Maßgabe der entsprechenden Gebührenordnung. Für Steuerberater ist also die StBGebV einschlägig.

     

    Umsatzsteuer

    Die Umsatzsteuer ist in den vorgenannten Beträgen nicht enthalten.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Berechnung der Testamentsvollstreckung wird trotz der Tabellen problematisch bleiben. Der dem Erblasser nahestehende Berater sollte diesem unbedingt empfehlen, die Vergütung für die Testamentsvollstreckung selbst festzusetzen. Bei der Festsetzung bietet sich an, die Neue Rheinische Tabelle als Orientierungsgrundlage zu wählen. Alternativ kann der Erblasser diese Tabelle als Berechnungsgrundlage ausdrücklich im Testament bestimmen, muss dann allerdings auch bei Zuschlägen einen konkreten Aufschlag (im Zweifel den Mittelwert der Spanne) aus dem vorgesehenen Rahmen benennen. Geschieht dies nicht, muss regelmäßig auf die in der Literatur (u.a. auch Tabelle von Tschischgale [siehe: JurBüro 65, 89, 93]; Tabelle „Berliner Praxis“ [siehe: Gerold/Schmidt/Madert 14. Aufl.,99, § 1 BRAGO Rn 25]) angebotenen Berechnungstabellen und strukturellen Vorgaben zurückgegriffen werden. Die Abrechnung darf keinesfalls schematisch erfolgen, denn die genannten Vergütungsrichtlinien haben insbesondere die Aufgabe, den Berechnungsvorgang transparent und nachvollziehbar zu gestalten. Die Vergütung darf, wenn sie einer gerichtlichen Nachprüfung standhalten soll, nicht offensichtlich unangemessen sein.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2012 | Seite 129 | ID 32542160

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