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  • · Fachbeitrag · Wettbewerbsrecht, Teil 1

    Wettbewerbsverbote für Mitarbeiter ohne Berufsqualifikation gemäß § 3 StBerG

    von Dipl.-Kfm. Wirt.-Ing. Wolfgang Wehmeier

    | Grundsätzlich müssen arbeitsvertragliche Wettbewerbsverbote klar und unmissverständlich formuliert sein, damit für die vertragschließenden Parteien keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Aber was genau bedeutet das? Wie kann sich der Steuerberater wirksam und rechtssicher vor Konkurrenz aus dem eigenen Haus bzw. durch ehemalige Mitarbeiter schützen? Welche Fallstricke bei der Gestaltung von Wettbewerbsverboten für beschäftigte und freie Mitarbeiter ohne Berufsqualifikation gemäß § 3 StBerG lauern und wie Sie diese umgehen können, zeigt dieser Beitrag. |

    Wettbewerbsverbote während des Arbeitsverhältnisses

    Folgende Grundsätze gelten für Wettbewerbsverbote während des Arbeitsverhältnisses:

     

    • Die für Handlungsgehilfen geltenden §§ 60, 61 HGB sind für alle Arbeitsverhältnisse anwendbar, also auch für Mitarbeiter der steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden Berufe (BAG 26.9.07, 10 AZR 511/06, Abruf-Nr. 073700).

     

    • Während des bestehenden Arbeitsverhältnisses ist es dem Arbeitnehmer aufgrund seiner Treuepflicht grundsätzlich untersagt, dem Arbeitgeber im Rahmen einer Nebentätigkeit Konkurrenz zu machen. Bloße Vorbereitungshandlungen, die in die Interessen des Arbeitgebers nicht unmittelbar eingreifen, sind unschädlich (BAG 26.6.08, 2 AZR 190/07, DB 08, 2544).

     

    • Dem Arbeitnehmer kann die Verwendung von rechtswidrig beschafften oder beim Ausscheiden zurückgehaltenen Listen oder sonstigen Informationsträgern untersagt werden. Problematisch ist i.d.R. der Nachweis, dass die Informationen tatsächlich vom Arbeitnehmer verwendet wurden (LAG Köln 18.1.12, 9 Ta 407/11, Urteil unter www.dejure.org).

     

    • Bei fehlendem Wettbewerbsverbot endet mit dem Arbeitsverhältnis auch die Pflicht zur Wettbewerbsenthaltung.

     

    • Es bedarf keiner Abmahnung vor einer verhaltensbedingten Kündigung, wenn die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers so schwerwiegend ist, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist ?(s. dazu den Beitrag „Weiterleitung von Schulungsunterlagen durch Mitarbeiter im Steuerbüro“ in KP 13, 62). Das Wettbewerbsverbot untersagt, einen Wettbewerber des Arbeitgebers zu unterstützen (BAG 21.11.96, 2 AZR 852/95, NZA 97, 713). Ein Verstoß lag auch vor, weil die Mitarbeiterin zwar eine geringfügige, aber nicht genehmigte Tätigkeit bei einem anderen Steuerberater aufgenommen hatte und für diesen allgemeine Verwaltungs- und Bürotätigkeiten erledigte (LAG Rheinland-Pfalz 24.8.12, 9 Sa 80/12, Urteil unterwww.dejure.org; Revision beim BAG anhängig: 2 AZR 945/12).

     

    Musterformulierung ?/ Auftragsschutz/Wettbewerbsverbot

    • 1.„Der Arbeitnehmer stellt der Kanzlei seine volle Arbeitskraft zur Verfügung. Er verpflichtet sich, während des Bestehens des Vertrags keine Aufträge von Mandanten der Kanzlei, mit deren Angelegenheiten er mittelbar oder unmittelbar befasst ist und war, zu übernehmen oder diese Mandanten für sich oder andere Steuerberater abzuwerben.

     

    • 2.Übernimmt der Arbeitnehmer Aufträge von Mandanten der Kanzlei, so wird er der Kanzlei eine Entschädigung in Höhe von 120 %* des in den letzten drei Jahren aus diesem Mandat durchschnittlich erzielten Honorars zahlen. Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer Mandanten für andere abwirbt. Es wird dem Arbeitnehmer gestattet, den Nachweis zu erbringen, dass kein oder nur ein geringerer Schaden entstanden ist.

     

    • 3.Für den Fall, dass er ohne Zustimmung für ein Konkurrenzunternehmen tätig wird, stellt dies einen fristlosen Kündigungsgrund für die Kanzlei dar und verpflichtet den Arbeitnehmer zum Ersatz des nachweisbaren Schadens, der der Kanzlei dadurch entsteht.“
     

    * Es kann sich hier um eine verdeckte Mandantenschutzklausel handeln, wenn keine Karenzentschädigung vereinbart wird. Mandantenschutzklauseln sind unzulässig und unwirksam, wenn sie so ausgestaltet sind, dass die Bearbeitung der Mandate sich wirtschaftlich nicht lohnt. Das ist der Fall, wenn die Vertragsbestimmung zeitlich unbegrenzt ist und die Entschädigung 120 % des Jahresumsatzes beträgt (LAG Köln 14.4.08, 5 Sa 413/08, Abruf-Nr. 090132).

    Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

    Wettbewerbsverbote sind grundsätzlich nur wirksam und verbindlich, wenn

    • sie schriftlich vereinbart wurden,
    • die Dauer von zwei Jahren nicht überschreiten und
    • dem Arbeitnehmer während ihrer Dauer eine Karenzentschädigung von wenigstens der Hälfte der bisherigen vertraglichen Leistungen gezahlt wird.

     

    Soweit vertraglich die „zuletzt“ bezogenen vertragsmäßigen Leistungen zu bemessen sind, werden als Vergütungsbestandteile auch Überstundenvergütungen und Gratifikationen erfasst (LAG Rheinland-Pfalz 12.1.12, 8 Sa 445/11, DRsp Nr. 2012/10447).

     

    Wann sind Wettbewerbsverbote unverbindlich?

    Ein Wettbewerbsverbot ist insoweit unverbindlich, als es nicht zum Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers dient. Ein berechtigtes Interesse besteht, wenn das Wettbewerbsverbot entweder dem Schutz von Betriebsgeheimnissen dient oder den Einbruch eines ausgeschiedenen Mitarbeiters in den bestehenden Kunden- oder Lieferantenkreis unter Ausnutzung besonderer Kenntnisse oder persönlicher Kontakte verhindern soll. Das bloße Interesse, Konkurrenz einzuschränken, genügt nicht (BAG 1.8.95, 9 AZR 884/93, Urteil unter www.dejure.org). Es ist ferner unverbindlich, soweit es unter Berücksichtigung der gewährten Entschädigung nach Ort, Zeit oder Gegenstand eine unbillige Erschwerung des Fortkommens des Arbeitnehmers enthält.

     

    Die Formulierung „der Arbeitnehmer soll für die Dauer des Wettbewerbsverbots die Hälfte der zuletzt gezahlten vertragsgemäßen Leistungen auf der Basis des Durchschnitts der letzten zwölf Monate erhalten” und weiter „im Übrigen gelten die §§ 74 bis 75c des Handelsgesetzbuchs” führt zur Unverbindlichkeit, da sie hinter den gesetzlichen Mindestvoraussetzungen zurückbleibt.

     

    Gem. § 74 HGB hätte „für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von dem Handlungsgehilfen zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen” zugesagt werden müssen, wobei § 74b HGB auf den „Durchschnitt der letzten drei Jahre” abstellt. Da die vertraglich vereinbarte Entschädigung (Durchschnitt der letzten 12 Monate) im Einzelfall geringer ausfallen kann als die gesetzliche Mindestentschädigung (Durchschnitt der letzten 3 Jahre), bleibt die vertragliche Entschädigungsklausel hinter den gesetzlichen Mindestanforderungen zurück. Daran ändert auch der anschließende Verweis auf die Anwendbarkeit der §§ 74 bis 75c HGB „im Übrigen” nichts (LAG Hamm 25.11.08, 14 SaGa 41/08, Urteil unter www.dejure.org).

     

    MERKE | Auch aus einem für ihn unverbindlichen Wettbewerbsverbot hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Karenzentschädigung, wenn er sich an das Wettbewerbsverbot gehalten und seine Verpflichtung hieraus erfüllt hat. Strittig ist, ob es einer (bewussten) Entscheidung für die Einhaltung des Wettbewerbsverbots bereits zu Beginn der Karenzzeit bedarf, die endgültig ist und den gesamten Karenzzeitraum umfasst (nicht erforderlich: LAG Hamm 14.2.12, 14 Sa 1385/11, Abruf-Nr. 122052, Revision beim BAG anhängig, 10 AZR 488/12; abweichend von BAG 22.5.90, 3 AZR 647/88, NZA 91, 263, 14.7.10, 10 AZR 291/09, NZA 11, 413).

     

     

    Reichweite von Wettbewerbsverboten

    Die Reichweite des Verbots muss sowohl sachlich als auch örtlich und zeitlich von einem berechtigten geschäftlichen Interesse des Arbeitgebers gedeckt sein. Sie steht regelmäßig erst zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers fest. Bis dahin können sich die tatsächlichen Verhältnisse zugunsten beider Parteien immer wieder verändern (BAG 21.4.10, 10 AZR 288/09, Urteil unter www.dejure.org). Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist auch wirksam, wenn ein Arbeitsverhältnis zunächst begonnen, aber noch in der Probezeit gelöst wird (BAG 28.6.06, 10 AZR 407/05, Abruf-Nr. 062084). Diese Wirkung kann durch eine eindeutige Vereinbarung der Parteien ausgeschlossen werden.

     

    Zu weit gefasste Wettbewerbsverbote werden nicht in jedem Fall insgesamt unwirksam, sondern können anhand der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls auf das erlaubte Maß zurückgeführt werden. Das Wettbewerbsverbot bleibt dann in dem Umfang wirksam, der dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers dient (LAG Baden-Württemberg 30.1.08, 10 Sa 60/07, Urteil unter www.dejure.org). Überschreitet eine Wettbewerbsklausel ausschließlich die zeitlichen Grenzen, ist im Übrigen aber unbedenklich, kommt eine geltungserhaltende Reduktion in Betracht. Die Überschreitung der gegenständlichen und räumlichen Grenzen dagegen führt zur Nichtigkeit des Verbots.

     

    Örtlich wird man die Grenze für ein Wettbewerbsverbot am Einzugsgebiet der Mandanten orientieren können, die sich vom Leistungsangebot angesprochen fühlen. Mit zunehmender Spezialisierung und realisierter Nachfrage könnte der Umkreis auch den zentralen örtlichen Wirkungskreis überschreiten. Die km-Grenze sollte bei der Vertragsabfassung darauf näher Bezug nehmen.

     

    Musterformulierung ?/ Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

    „Der Arbeitnehmer darf sich für ein Jahr nach dem Ausscheiden nicht als Steuerberater in einer anderen Kanzlei betätigen, sich selbstständig machen oder sich an einer anderen Kanzlei beteiligen. Dieses Wettbewerbsverbot gilt für den Stadtbereich xxx. Für die Dauer dieses nachvertraglichen Wettbewerbsverbots hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 50 % seiner im letzten Jahr gezahlten durchschnittlichen Monatsvergütung, fällig jeweils am Monatsende. Auf die Entschädigung werden Einkünfte des Arbeitnehmers aus selbstständiger, unselbstständiger oder sonstiger Erwerbstätigkeit angerechnet. Die Kanzlei kann durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitnehmer vor Ablauf des Anstellungsvertrags auf die Einhaltung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots verzichten. In diesem Fall endet die Verpflichtung zur Zahlung der Entschädigung mit Ablauf des 12. Monats nach Zugang der Verzichtserklärung beim Arbeitnehmer.“

     

    Hinweis | Aufgrund der arbeitsrechtlichen Komplexität und Verpflichtung zur Karenzentschädigung sind nachvertraglich wirksame Wettbewerbsverbote für Mitarbeiter in Steuerberater-Kanzleien selten anzutreffen. Anwaltliche Beratung ist anzuraten.

    Freie Mitarbeiter ohne Berufsqualifikation gem. § 3 StBerG

    § 17 der Berufsordnung für Steuerberater (BOStB) lässt die Beschäftigung von Mitarbeitern zu, die nicht über die Berufsqualifikation der Personen i.S. des § 56 Abs. 1 StBerG verfügen (StB, WP, vBP, RA), soweit diese weisungsgebunden unter der fachlichen Aufsicht und beruflichen Verantwortung des Steuerberaters tätig werden. An eine bestimmte formale Qualifikation ist der freie Mitarbeiter nicht mehr gebunden. Dadurch kann z.B. mit einem Steuerfachgehilfen, -fachwirt, Buchhalter oder Hochschulabsolventen statt eines Arbeitnehmerverhältnisses auch eine Beschäftigung als freier Mitarbeiter vereinbart werden. Der freie Mitarbeiter tritt nach außen nicht in Erscheinung. Die Rechnungsstellung gegenüber dem Mandanten erfolgt durch den Steuerberater. Der freie Mitarbeiter stellt seine Leistung wiederum dem Steuerberater in Rechnung.

     

    Für freie Mitarbeiter ist charakteristisch, dass Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit frei bestimmbar sind. Aus der in § 7 BOStB geforderten Weisungsgebundenheit kann nicht gefolgert werden, dass der freie Mitarbeiter seine Tätigkeit im Nahbereich des Steuerberaters ausüben muss. Durch moderne Kommunikationsmittel wie E-Mail, Internet und Handy ist eine Erreichbarkeit jederzeit gewährleistet. Daher ist eine kontrollierende bzw. unterstützende Tätigkeit zwischen Steuerberater und freien Mitarbeitern über jede räumliche Distanz möglich. Bilanzbuchhalter und Buchhalter müssen ihre selbstständige Tätigkeit als freier Mitarbeiter bei einer Steuerberatungsgesellschaft deshalb nicht am Ort ihrer beruflichen Niederlassung oder im Nahbereich der bei der Steuerberatungsgesellschaft beschäftigten Berufsträger wahrnehmen (OLG Nürnberg 26.5.09, 3 U 178/09, DStRE 09, 2559). Bei einer räumlichen Beschränkung sieht das OLG Nürnberg die freie Wahl des Arbeitsplatzes gemäß Art. 12 Abs. 1 GG gefährdet.

     

    Wirtschaftlich abhängige freie Mitarbeiter

    Bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten mit einem Arbeitnehmer sind die §§ 74 ff. HGB einzuhalten: „Die Vorschriften des § 74 II HGB ... sind nicht nur entsprechend auf gewerbliche Arbeitnehmer, sondern wegen des mit kaufmännischen Angestellten vergleichbaren Schutzbedürfnisses auch auf wirtschaftlich abhängige freie Mitarbeiter anzuwenden“ (BAG 21.1.97, 9 AZR 778/95, NZA 97, 1284; BGH 10.4.03, III ZR 196/02, Urteil unter www.dejure.org).

     

    Personen, die nicht die Berechtigung zur selbstständigen Hilfeleistung in Steuersachen haben und ihre Leistung in freier Mitarbeit anbieten, werden i.d.R. wirtschaftlich von ihrem zahlenmäßig begrenzten Kreis von Auftraggebern abhängig sein: „Der Leitgedanke des § 74 II HGB ist entsprechend anzuwenden, wenn es um die Beurteilung eines vertraglichen Wettbewerbsverbots zulasten eines freien Mitarbeiters geht, der ausschließlich für ein einziges Unternehmen tätig war (OLG München 18.10.96, 21 U 3748/96, BB 97, 224; LG Darmstadt 22.4.99, 4 O 762/98, n.v.). Das bedeutet, dass insbesondere die Bestimmungen zur Entschädigung anzuwenden sind.

     

    PRAXISHINWEIS | Entschädigungsklauseln sollten nicht von der gesetzlichen Formulierung abweichen. Entweder sollte der Wortlaut der §§ 74 Abs. 2 und 74b Abs. 2 HGB wiedergegeben werden, oder festgehalten werden, dass eine Karenzentschädigung gemäß den §§ 74 Abs. 2 und 74b Abs. 2 HGB gewährt wird.

     

    Unwirksame Wettbewerbsverbote

    Ein Wettbewerbsverbot mit freien Mitarbeitern ist unwirksam, wenn diese zwar sozial bzw. wirtschaftlich abhängig sind, aber keine Karenzentschädigung gemäß §§ 90a, 74, 74b Abs. 2, 75a HGB vereinbart wird (BAG 21.1.97, 9 AZR 778/95, ZIP 97, 1601). Die Rechtsprechung sieht bei einem Tätigkeitsumfang, der keine Gelegenheit mehr lässt, in dieser Zeit anderweitig Aufträge anzunehmen, ein Indiz für eine wirtschaftliche Abhängigkeit. Dies kann auch schon bei einer siebenmonatigen Beschäftigung gelten, sofern diese durch Rahmenvertrag in eine längerfristige Vertragsbeziehung eingebettet werden soll (OLG Dresden 13.9.11, 5 U 236/11, IBR 12, 548). Zu achten ist also darauf, dass in verwendeten Vertragsmustern kein Zeitraum von einem Jahr oder gar eine „Mindestlaufzeit“ vorgegeben wird.

     

    Ein unzulässiges bedingtes Wettbewerbsverbot liegt vor, wenn der Arbeitnehmer auf Wunsch des Arbeitgebers verpflichtet ist, erst zu einem späteren, nicht festgelegten Zeitpunkt ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot abzuschließen. Der Arbeitnehmer kann sich dann von sich aus für ein Wettbewerbsverbot entscheiden und die Karenzentschädigung fordern (BAG 14.7.10, 10 AZR 291/09, DB 10, 2399).

     

    Soweit im Einzelfall tatsächlich oder rechtlich unklar geblieben sein könnte, ob ein Arbeitsverhältnis oder eine freie Mitarbeit vereinbart und durchgeführt wird, ist zu beachten, dass auch eine Vereinbarung mit einer arbeitnehmer-ähnlichen Person, nach der sich diese verpflichtet, bis zu zwei Jahre nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem Auftraggeber nicht für den Kunden des Auftraggebers tätig zu werden, bei dem sie eingesetzt wurde, unverbindlich ist, wenn keine Karenzentschädigung (§ 74 Abs. 2 HGB) vereinbart wurde (LAG Düsseldorf 26.4.99, 18 Sa 1941/98, Urteil unter www.dejure.org; OLG Köln 23.2.05, 27 U 19/04, Urteil unter www.dejure.org).

     

    MERKE | Auch (wirtschaftlich abhängigen) freien Mitarbeitern ist eine Karenzentschädigung zu zahlen. Die häufig anzutreffenden Musterverträge sehen zwar nachvertragliche Wettbewerbsverbote vor, deren Wirksamkeit ist aber i.d.R. anzuzweifeln, weil in der Realität keine Karenzzahlungen erfolgen sollen.

     

     

    Musterformulierung?/ Mandantenschutz

    Unter ausdrücklicher Berücksichtigung gegenseitiger Interessenwahrung vereinbaren die Vertragsparteien nachfolgende individuell getroffene Regelungen zur Wahrung des Mandantenschutzes als Übernahmeklauseln bzw. als Vertragsstrafe bei einem Verstoß:

     

    • 1. Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich, während der Vertragslaufzeit und für die Dauer von zwei Jahren ab dessen Beendigung nur mit vorheriger Genehmigung des Auftraggebers Aufträge von den Mandanten zu übernehmen, mit deren Angelegenheiten er beruflich betraut war.

     

    • 2. Erteilt der Auftraggeber die Genehmigung, so hat der freie Mitarbeiter ihm eine Entschädigung in Höhe von 20 % des durchschnittlichen Netto-Honorars der letzten drei Jahre zu zahlen, das der Auftraggeber mit diesen Mandanten erzielt hat.

     

    • 3. Übernimmt der freie Mitarbeiter Aufträge ohne Genehmigung des Auftraggebers während der Vertragslaufzeit, ist eine Vertragsstrafe in Höhe von 100 %, bei einem Verstoß während der Dauer von 2 Jahren ab Beendigung der Vertragslaufzeit in Höhe von 20 % des durchschnittlichen Honorars der letzten drei Jahre fällig, das der Auftraggeber mit diesen Mandanten erzielt hat*.

     

    • 4. Dem Auftraggeber ist es unbenommen, weitergehende Schäden geltend zu machen.

     

    • 5. Der freie Mitarbeiter bestätigt ausdrücklich, dass keine soziale bzw. wirtschaftliche Abhängigkeit zum Auftraggeber besteht und verzichtet deshalb unwiderruflich auf eine Anfechtung dieser Vereinbarung und insoweit auch auf einen Anspruch auf Karenzentschädigung.
     

     

    * Achtung: Die arbeitsvertragliche Verpflichtung einer Steuerassistentin, im Falle des Ausscheidens an ihren ehemaligen Arbeitgeber für fünf Jahre 20 % des Jahresumsatzes mit solchen Mandanten als Entschädigung abzuführen, die sie von diesem übernommen hat, kann als verdeckte Mandantenschutzklausel eine Umgehung i.S. von § 75d S. 2 HGB darstellen. Der ehemalige Arbeitgeber kann dann aus einer solchen Vereinbarung keine Ansprüche herleiten (BAG 7.8.02, 10 AZR 586/01, DB 02, 2224).

    Quelle: Ausgabe 06 / 2013 | Seite 107 | ID 37837830

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