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  • Gebührenrecht

    Wechsel der Gewinnermittlungsart und Betriebsaufgabe: Welche Gebühren kann der Steuerberater abrechnen?

    von StB Horst Meyer, Lüneburg

    Frage: Wie habe ich meine Gebühren zu berechnen, wenn bei einem Mandanten die Gewinnermittlungsart gewechselt wird? Welches Honorar kann ich für die Erstellung einer Schlussbilanz bei Betriebsaufgabe sowie für die Ermittlung des Aufgabegewinns verlangen?

    Antwort:

    1. Zum „Wechsel der Gewinnermittlungsart“

    Ein Wechsel der Gewinnermittlungsart ist denkbar

    • von der Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG (im Folgenden Überschussrechnung genannt) zum Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG und
    • umgekehrt vom Bestandsvergleich zur Überschussrechnung.

    In der Praxis ist der Wechsel von der Überschussrechnung zum Bestandsvergleich weitaus häufiger anzutreffen; der sehr selten vorkommende umgekehrte Fall wird daher bei den folgenden Ausführungen vernachlässigt.

    1.1 Wann ist der Wechsel zum Bestandsvergleich sinnvoll oder notwendig?

    Eine Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ist möglich für Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen und dieses auch nicht tun. Sie kommt vor allem in Betracht für Freiberufler und kleinere Gewerbetreibende (wegen der Sonderprobleme wird auf den Bereich der Land- und Forstwirtschaft einschließlich der Ermittlung des Gewinns nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a EStG hier nicht eingegangen). Die Vorteile der Überschussrechnung im Überblick:

    • Aufzeichnungen über Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben genügen als Grundlage, Forderungen und Verbindlichkeiten spielen keine Rolle. Es gelten Zu- und Abflussprinzip. Steuerlicher Gewinn ist der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, durchlaufende Posten scheiden aus. Damit sind Gewinnverlagerungen relativ leicht zu bewerkstelligen.
    • Das Anlagevermögen ist in einem gesonderten Verzeichnis zu erfassen und unterliegt den allgemeinen Vorschriften über die Absetzung für Abnutzung und Substanzverringerung.
    • Die Versteuerung des Gewinns wird teilweise dauerhaft bis zum Ende des Bestehens des Betriebes hinausgeschoben; und zwar immer dann, wenn die Forderungen zusammen mit den Vorräten höher sind als die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen.
    • Bewertungsvorschriften spielen kaum eine Rolle.
    • Die Buchführung ist billiger zu erstellen, und auch die Überschussrechnung ist kos-tengünstiger als ein Jahresabschluss.

    Allerdings können sich bereits bei Betriebseröffnung oder im Laufe der Folgejahre auch Nachteile ergeben, die zu der Entscheidung führen, zum Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG überzugehen. Es sind dies:

    • Bei Sozietäten mit wechselnden Partnern ist die Ermittlung der Gewinnanteile in der Überschussrechnung nur durch komplizierte Nebenrechnungen möglich, welche beim Bestandsvergleich entfallen (vgl. dazu auch Meyer, „Abrechnungsprobleme bei Freiberuflern“, KP 00, 1-4);
    • Geldinstitute fordern kaufmännische Buchführung und Jahresabschlüsse, bevor sie einer notwendigen oder gewünschten Kreditfinanzierung zustimmen; dieses ist immer häufiger zu beobachten (Basel II);
    • Verluste, z.B. in den Anlaufjahren, sollen vermindert oder vermieden werden;
    • Vorräte und Forderungen sind niedriger als die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen;
    • die Schaffung von gewillkürtem Betriebsvermögen ist wirtschaftlich oder steuerlich sinnvoll.

    Darüber hinaus muss bei Gewerbetreibenden der Wechsel von der Überschussrechnung zum Bestandsvergleich erfolgen, wenn

    • sie in die handelsrechtliche Kaufmannseigenschaft hineinwachsen,
    • die Grenzen des § 141 AO überschritten werden und das Finanzamt zur kaufmännischen Buchführung und zur Erstellung von Abschlüssen auffordert (ab Folgejahr),
    • eine freiwillige Eintragung in das Handelsregister erfolgt.

    Praxishinweis: Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Steuerberater die Entwicklung seiner Einnahmen-Überschuss-Mandate permanent beobachten muss, um einen notwendigen oder zweckmäßigen Wechsel in der Gewinnermittlungsart zu erkennen und zum Gegenstand einer Beratung machen zu können.

    1.2 Wie ist der Wechsel der Gewinnermittlungsart abzurechnen?

    1.2.1 Wechsel von der Überschussrechnung zum Bestandsvergleich

    Für die üblicherweise zu erstellende Überschussrechnung vom 1. Januar bis zum Zeitpunkt des Wechsels der Gewinnermittlungsart ergeben sich die Gebühren nach § 25 StBGebV. Dazu kommt eine weitere Gebühr nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 StBGebV für die Aufstellung der notwendigen Eröffnungsbilanz.

    Praxistipps

    •  Wenn Sie auch mit der Erstellung der Buchführung beauftragt sind, wird sich die bisherige Gebühr erhöhen müssen. Denn die kaufmännische Buchführung ist durch das Kontokorrent schwieriger und umfangreicher als die Führung von Aufzeichnungen im Sinne einer Überschussrechnung.
    • Es ist einfacher und für den Mandanten kostengünstiger, den Wechsel der Gewinnermittlungsart zum Jahresende vorzunehmen. Sie sollten daher aktiv auf die betroffenen Mandanten zugehen und sie auf die Möglichkeit der Gebührenersparnis hinweisen. Ein solches Verhalten kommt gut an und trägt zur Mandatsbindung bei.

    1.2.2 Wechsel vom Bestandsvergleich zur Überschussrechnung

    Beim Übergang vom Bestandsvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG) zur Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ergibt sich zunächst die Gebühr für den normalen Abschluss zum Übergangszeitpunkt nach § 35 Abs. 1 Nr. 1a StBGebV. Ab Neubeginn der Einnahmen-Überschussrechnung entstehen für die Gewinnermittlung Gebühren nach § 25 StBGebV. Beim Gegenstandswert erhöhen Hinzurechnungen die Einnahmen, Abrechnungen sind den Betriebsausgaben zuzusetzen.

    2. Gebühren für die Erstellung einer Schlussbilanz bei Betriebsaufgabe und für die Ermittlung des Aufgabegewinns

    2.1 Bisherige Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich

    Bei Mandanten, die ihren Gewinn nach Bestandsvergleich gemäß § 4 Abs. 1 oder 5 EStG freiwillig oder pflichtgemäß ermittelt haben, ist die Sache einfach:

    • Zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe oder Betriebsveräußerung ist der übliche Jahresabschluss aufzustellen und gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 a-c und ggf. Nr. 6 StBGebV wie bisher abzurechnen. Der sich ergebende Gewinn unterliegt dem normalen Steuersatz.
    • Daneben ist eine Auseinandersetzungsbilanz  zu erstellen, wenn mehrere Gesellschafter vorhanden sind. Die Gebühr dafür ergibt sich aus § 35 Abs. 1 Nr. 5 StBGebV. Der Rahmensatz von 5/10 bis 20/10 einer vollen Gebühr nach Tabelle B ist deutlich höher als bei einer Eröffnungsbilanz, weil die notwendige Ermittlung und Verteilung des nach § 34 EStG zu behandelnden Gewinns kompliziert sein kann. Bei Gesellschaften gibt es kaum „Normalfälle“, so dass der Rahmensatz gewöhnlich im oberen Bereich zu bestimmen ist. 


    Die Beendigung eines Betriebes erfolgt normalerweise durch Verkauf und/oder Entnahme des Betriebsvermögens. Werden Gegenstände des Betriebsvermögens veräußert, so sind Verkaufserlöse den Buchwerten lt. Normalbilanz gegenüberzustellen; bei Entnahme von Betriebsvermögen treten an die Stelle der Verkaufserlöse die Teilwerte. Auseinandersetzungsbilanz, Aufgabebilanz und Veräußerungsbilanz sind in ihrem Charakter sehr ähnlich und kommen in der Praxis häufig gemischt vor. D.h., bei einer Betriebsbeendigung werden teilweise Gegenstände veräußert und teilweise entnommen bzw. verteilt. Alles das fließt in die zweite Bilanz ein und erfordert umfangreiche Erläuterungen.

    Hinweis: Scheuen Sie sich deshalb nicht, neben der Gebühr nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 StBGebV auch die Nr. 6 (schriftlicher Erläuterungsbericht) anzusetzen.

    2.2 Bisherige Gewinnermittlung durch Überschussrechnung

    Bei Mandanten, die ihren Gewinn zulässigerweise durch Überschussrechnung ermittelt haben, ist die Gebührenabrechnung etwas komplizierter:

    • Zunächst einmal muss festgestellt werden, welche Tätigkeiten vom Steuerberater bei Betriebsende auszuführen sind. Der BFH hat entschieden, dass die Aufstellung von Schlussbilanz und Auseinandersetzungsbilanz nicht gefordert werden darf (Urteil vom 3.7.91, BStBl II, 802, 805; Abschn. 16, Ziff. 131 a EStR). Der Steuerpflichtige ist aber so zu behandeln, als wäre er im Augenblick der Veräußerung bzw. Aufgabe seines Betriebes zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG übergegangen (Abschnitt 16 Ziff. 131 EStR). Dieses geschieht durch Zu- und Abrechnungen, wie beim Wechsel der Gewinnermittlungsart (s. dazu Abschn. 16, 17 EStR, insbesondere Ziff. 140).
    • Erstellen Sie von sich aus ohne ausdrücklichen Auftrag eine Schlussbilanz und eine Auseinandersetzungsbilanz, so haben sie dafür keinen Anspruch auf Vergütung, auch wenn sie diese Tätigkeiten für sinnvoll gehalten haben, z.B. beim Vorhandensein mehrerer Gesellschafter! Gebühren stehen ihnen nur zu gemäß § 25 StBGebV für die Ermittlung des „normalen“ Gewinns durch die Überschussrechnung.
    • Die notwendigen Tätigkeiten zur Ermittlung der Zu- und Abrechnungen und der Veräußerungs- und Entnahme-Gewinne bzw. Verluste sind nicht mit der Gebühr für die Überschussrechnung abgegolten. Es handelt sich vielmehr um Vorarbeiten, die über das übliche Maß erheblich hinausgehen. Nach § 25 Abs. 2 StBGebV erhalten Sie dafür zusätzlich die Zeitgebühr. Wenn Ihnen das z.B. wegen der Kompliziertheit der Materie nicht ausreicht, müssen Sie mit ihrem Mandanten eine höhere Vergütung nach § 4 Abs. 1 StBGebV vereinbaren, und zwar unter Beachtung der Formvorschriften (gesonderte schriftliche Erklärung des Auftraggebers mit seiner Unterschrift).

    Praxistipps

    • Erstellen Sie bei Überschussrechnern nur dann eine Schluss- und Auseinandersetzungsbilanz, wenn sie dafür einen gesonderten Auftrag erhalten haben. Zu empfehlen ist dies besonders bei Gesellschaften von Freiberuflern.

    • Vereinbaren Sie bei komplizierten Sachverhalten rechtzeitig angemessene höhere Gebühren nach § 4 Abs. 1 StBGebV.

    • Bei der Erstellung der Überschussrechnung nach § 25 Abs. 1 StBGebV sind die Zu- und Abrechnungen in den Gegenstandswert einzubeziehen.

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    Quelle: Kanzleiführung professionell - Ausgabe 06/2002, Seite 93

    Quelle: Ausgabe 06 / 2002 | Seite 93 | ID 104373

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