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  • · Fachbeitrag · KMU-Definition

    EU sucht nach neuer Definition für kleine und mittlere Unternehmen (KMU)

    | Wer weniger als 250 Mitarbeiter, einen Jahresumsatz bis 50 Mio. EUR oder eine Bilanzsumme von höchstens 43 Mio. EUR hat, fällt in der Europäischen Union (EU) derzeit in die Kategorie der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Die KMU-Definition erfasst aktuell bereits 99,8 % aller Firmen im europäischen Raum und dennoch ist sie der Industrie zu eng gefasst. Sie soll erweitert werden, damit weiterhin das Gros der Unternehmen des Mittelstands von ihr erfasst werden und damit sowohl von bürokratischen Lasten verschont werden als auch bestimmte KMU-Förderungen bekommen (JTW). |

    1. Regelmäßige Überprüfung der KMU-Definition

    Regelmäßig überprüft die EU-Kommission die KMU-Definition. Die jüngste Überprüfung startete 2017 und dauert bis jetzt an. Die EU-Kommission will bis Mai 2019, dem Ende der Legislaturperiode, einen Bericht mit Empfehlungen für eine neue Definition vorlegen. In diesem Jahr haben bereits das Europäische Parlament bzw. der zuständige Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie einen Entschließungsantrag dafür angenommen, der eine klare und angemessene KMU-Definition fordert. Das Plenum des Europäischen Parlaments hat diesen Entschließungsantrag ebenfalls verabschiedet.

    2. Industrie und Handwerk uneins

    Nun geht es an die Klärung der Details und vor allem um die Schwellenwerte, die eventuell angepasst werden sollten ‒ zumindest fordert das die Industrie. Damit ist sie sich jedoch uneins mit dem Handwerk, das keinen Bedarf an neuen Festlegungen hat. „Auch wenn die Produktivität stark gestiegen ist, sind die Schwellenwerte für unsere Betriebe noch immer weit entfernt und es gibt keinen Anlass, sie noch weiter auszudehnen“, sagt Tim Krögel, Leiter der ZDH-Vertretung bei der EU in Brüssel.

     

    Anders sehen das sowohl der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) als auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK), die eine Reform der KMU-Definition als dringend nötig erachten. „Innovative und international aktive Unternehmen wachsen immer öfter über die vor 15 Jahren festgelegten EU-Schwellenwerte hinaus“.

     

    „Damit die finanzielle Förderung und regulatorische Entlastung der EU den industriellen Mittelstand in Deutschland besser erreicht, sollten die finanziellen und personellen Schwellenwerte verdoppelt oder die Kriterien zumindest entkoppelt werden“, erklärt dazu Holger Lösch, der Stellvertretende Hauptgeschäftsführer des BDI. Sinnvoll wäre es aus seiner Sicht, den Umsatz auf 100 Mio. EUR, die Bilanzsumme auf 80 Mio. EUR sowie die Anzahl der Beschäftigten auf mindestens 499 auszuweiten.

     

    Der BDI zeigt sich jedoch insofern kompromissbereit, dass er für den Fall, dass derart hohe Schwellenwerte nicht durchzusetzen seien, die Option vorschlägt, eine neue Definition der sogenannten „small MidCaps“ zu schaffen. Diese Option einer separaten „MidCap-Definition“ sieht auch der ZDH als mögliche Variante.

     

    Konkrete Vorstellungen hat dabei auch der DIHK, der neue Grenzen fordert, die sich an den Preissteigerungen und Produktivitätsfortschritten der vergangenen Jahre orientieren sollten. Als besonders wichtig sieht er die Ausweitung der Beschäftigtenschwelle an.

     

    „Wenn die EU den Mitgliedern stärker ermöglichen will, ein wachstumsstarkes Mittelstandssegment zu schaffen, dann sollte sie auch die Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern in den Blick nehmen“, sagt DIHK-Mittelstands-experte Marc Evers und erläutert, dass die Erfahrung aus Deutschland und anderen Ländern zeige, dass diese Unternehmen große Wachstumschancen haben, etwa aufgrund ihrer Marktreichweite. Gleichzeitig weisen sie noch die Eigenschaften typischer Mittelständler auf. So fehlen häufig Rechts- oder Personalabteilungen, die den Inhabern Bürokratie abnehmen. „Könnten auch diese Unternehmen zu den vereinfachten KMU-Bedingungen an Förderprogrammen oder Bürokratieerleichterungen teilhaben, so würden Potenziale für mehr Wachstum und Innovationen freigesetzt“, sagt Evers.

    3. Verbundene und Partner-Unternehmen

    Eine Neufassung der KMU-Definition bringt jedoch nicht nur die Schwellenwerte selbst in die Diskussion, sondern auch die Frage, ob bei der Berechnung auch verbundene und Partner-Unternehmen mit einzurechnen sind bzw. unter welchen Bedingungen. Dies wird derzeit auch aktuell, da das Gericht der Europäischen Union im Jahr 2016 in zwei Fällen genau dies entscheiden musste und Urteile zur Gültigkeit der KMU-Definition (EuGH 15.9.16, T-675/13 sowie T-587/14) bei hochverschachtelten Beteiligungsverhältnissen zwischen Unternehmen fällen musste.

     

    Fest steht seitdem, dass die aktuelle Definition keine eindeutige Klarheit schafft und die Lücken dazu führen könnten, dass gezielt Unternehmensstrukturen eigens dafür geschaffen werden, um unter die KMU-Definition zu fallen. So könnten Tochterunternehmen gegründet werden, die dann die Erleichterungen der KMU in Anspruch nehmen, befürchtet der ZDH.

     

    Derzeit ist es so, dass die Mitarbeiterzahl und der Umsatz bei verbundenen Unternehmen ganz und bei Partnerunternehmen anteilig bei der Berechnung der Schwellenwerte miteingerechnet werden. So können diese nur in ganz bestimmten Fällen unter die KMU-Definition fallen.

     

    Marc Evers vom DIHK sieht wiederum ganz genau dies als Problem an, denn so fallen manches Mal einzelne Projektbereiche von Unternehmen aus dem Förderfokus der EU. „Nicht sinnvoll ist es, solche Unternehmen zusammenzurechnen, bei denen trotz formaler Verbindung faktisch kein Einfluss ausgeübt wird und die Förderung bzw. Sonderregelung für einen Unternehmensteil einem anderen nicht zugutekommt“, erklärt er. Zumindest für das Beihilferecht mache es daher eher Sinn, nur solche Unternehmen als „verbunden“ zu betrachten, die tatsächlich auch von der konkreten Förderung profitieren. Aus seiner Sicht sollte im Rahmen der KMU-Definition ein klares Regel-Ausnahme-Verhältnis geschaffen werden.

     

    FAZIT | Bisher gelten als „verbundene Unternehmen“ die Betriebe ab einer Beteiligung von anderen ab 50 %. Als „Partnerunternehmen“ gelten die Betriebe ab einer Beteiligung ab 25 %. Die Debatte, ob dies so bleibt, ist nun genauso eröffnet wie bei den Schwellenwerten der KMU-Definition. Eine Entscheidung über die Anpassung der KMU-Definition wird wohl erst die nächste EU-Kommission treffen ‒ es bleibt spannend, welche Kompromisse die Interessenvertreter erzielen können.

     

    4. Anteil des Mittelstands an den EU-Volkswirtschaften

    Kleine und mittlere Unternehmen dominieren die EU-Volkswirtschaften ‒ sie stellen 99,8 % aller Unternehmen. Die allermeisten davon sind Kleinstbetriebe:

     

    Quelle | https://www.iwd.de/artikel/die-eu-vernachlaessigt-den-mittelstand-342416/

    Quelle: Ausgabe 12 / 2018 | Seite 315 | ID 45548628

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