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  • · Fachbeitrag · Erstes Quartal 2013

    FG-Rechtsprechung kompakt: Die „Top 10“ für die Gestaltungsberatung

    von RiFG Prof. Dr. Volker Kreft, Dipl.-Finanzwirt, Bielefeld

    | Auch im ersten Quartal des Jahres 2013 hat die FG-Rechtsprechung wieder mit einer Vielzahl interessanter Entscheidungen aufgewartet, die die steuerliche Beratung beeinflussen. Die für die Gestaltungspraxis wichtigsten Entscheidungen haben wir für Sie zusammengestellt und kurz kommentiert. Aufgrund noch ausstehender Revisions-, Bundesverfassungsgerichts- oder EuGH-Entscheidungen sollten Sie die Rechtsentwicklung in diesen Bereichen unbedingt im Auge behalten. |

    1. Abziehbarkeit von Mietaufwendungen und Fahrtkosten bei vom Arbeitgeber ins Ausland entsandten „Expatriates“

    Entsendet der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zu einer ausländischen Tochtergesellschaft und wird dort alleine in Folge der Entsendung und unabhängig vom Vorliegen eines Arbeitsvertrages mit der Tochtergesellschaft eine regelmäßige Arbeitsstätte begründet, sind die Fahrten des Steuerpflichtigen zwischen seiner Wohnung im Ausland und der betrieblichen Einrichtung der Tochtergesellschaft Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte. Der Steuerpflichtige kann seine Fahrtkosten nur begrenzt auf die Entfernungspauschale als Werbungskosten abziehen.

     

    Unterkunftskosten für die Wohnung des Steuerpflichtigen im Ausland können nicht nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung berücksichtigt werden, wenn der Lebensmittelpunkt des Steuerpflichtigen im Ausland am Beschäftigungsort gelegen hat (FG Düsseldorf 14.1.13, 11 K 3180/11 E, EFG 13, 429, Rev. BFH: VI R 11/13).

     

    PRAXISHINWEIS | Setzt sich die Auffassung des FG im Revisionsverfahren durch, sollten betreute Unternehmen darauf hingewiesen werden, dass sich bei Bezug einer familiengerechten Wohnung im Ausland der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Arbeitnehmers an den Beschäftigungsort verlagert. Allein das Beibehalten der bisherigen Familienwohnung in Deutschland steht dem nicht entgegen. Dies hätte zur Folge, dass weder eine Auswärtstätigkeit noch eine doppelte Haushaltsführung vorliegt (vgl. auch FG Niedersachsen 22.8.12, 3 K 293/11, Rev. BFH: VI R 72/12 betr. regelmäßige Arbeitsstätte bei einer befristeten Abordnung oder Versetzung für 3 Jahre).

     

    2. Steuerliche Behandlung sog. Dreiecksfahrten

    Fahrten, die ein Steuerberater im Anschluss an oder vor einem Mandantenbesuch zwischen Wohnung und Betriebsstätte durchführt, können begrenzt auf die Höhe der sich nach Anwendung der Entfernungspauschale ergebenden Fahrtkosten als Betriebsausgaben abgezogen werden. Ein vorheriger oder nachgelagerter Mandantenbesuch hebt die Eigenschaft einer Fahrt als eine zwischen Wohnung und Betriebsstätte nicht automatisch auf (FG Münster 19.12.12, 11 K 1785/11 F, EFG 13, 419, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VIII R 12/13).

     

    Beachten Sie | Das Urteil betrifft alle Unternehmer und Freiberufler, die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte durchführen und dies mit einem Mandanten oder Kundenbesuch kombinieren. Im Revisionsverfahren wird geklärt werden, ob der Kostenansatz auf die ganze (FG Münster) oder die halbe Entfernungspauschale (Finanzverwaltung) begrenzt ist oder ob für diese Dreiecksfahrten die tatsächlichen Aufwendungen laut Fahrtenbuch angesetzt werden können.

    3. Verpflegungsmehraufwand bei doppelter Haushaltsführung in Wegverlegungsfällen

    Während der ersten drei Monate nach Begründung einer doppelten Haushaltsführung sind Verpflegungsmehraufwendungen auch in den Fällen anzuerkennen, in denen die doppelte Haushaltsführung durch die Wegverlegung des Lebensmittelpunktes vom Beschäftigungsort unter Beibehaltung 
der Wohnung am Beschäftigungsort entstanden ist (FG Düsseldorf 9.1.13, 
15 K 318/12 E, EFG 13, 417, Rev. BFH: VI R 7/13).

     

    PRAXISHINWEIS | Der Abzug von Mehraufwendungen für Verpflegung während der Dreimonatsfrist ist generell von der konkreten Verpflegungssituation am Beschäftigungsort und den Kenntnissen des Steuerpflichtigen unabhängig (BFH 8.7.10, VI R 15/09, BStBl II 11, 47). Die Dauer eines unmittelbar der Begründung des Zweithaushaltes am Beschäftigungsort vorausgegangenen Aufenthalts am Ort des Zweithaushalts ist nach Auffassung des FG Düsseldorf nicht auf die Dreimonatsfrist anzurechnen (entgegen R 9.11 Abs. 7 S. 5 LStR).

     

    4. Aufstockung eines Investitionsabzugsbetrages

    Der für ein Wirtschaftsgut gebildete Investitionsabzugsbetrag kann in einem nachfolgenden Wirtschaftsjahr erhöht werden (a.A. BMF 8.5.09, IV C 6 - S 2139-b/07/10002 - 2009/0294464, BStBl I 09, 633, Tz. 6). Der Umstand, dass bereits im Vorjahr für ein Wirtschaftsgut ein Investitionsabzugsbetrag in Anspruch genommen wurde, steht der Aufstockung dieses Betrages auf den 40 % der geplanten Investitionskosten noch unterschreitenden absoluten Höchstbetrag von 200.000 EUR nicht entgegen (FG Niedersachsen 19.12.12, 2 K 189/12, BB 13, 750, Rev. BFH: X R 4/13).

     

    PRAXISHINWEIS | Setzt sich die Auffassung des FG durch, kann der Berater den Einsatz des Investitionsabzugsbetrags zur Steueroptimierung weiter verfeinern. Ob die Erhöhung aber auch noch im dritten Wirtschaftsjahr nach der erstmaligen Bildung zulässig ist, ist zweifelhaft. Nach Auffassung des FG Düsseldorf ist ebenso die Aufstockung einer Ansparrücklage gemäß § 7g EStG a.F. in VZ ab 2007 zulässig (FG Düsseldorf 2.5.12, 15 K 453/10 E, EFG 12, 1335). Zu weiteren praxisbezogenen Handlungsempfehlungen siehe Heß, BB 13, 752.

     

    5. Verfassungswidrigkeit des Abzugsverbots für Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen

    Die Regelung in § 32d Abs. 6 S. 1 EStG ist verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die tatsächlich entstandenen Werbungskosten jedenfalls dann abzugsfähig sind, wenn der individuelle Steuersatz bereits unter Berücksichtigung nur des Sparer-Pauschbetrags unter 25 % liegt. Ein absolutes und unumkehrbares Abzugsverbot von Werbungskosten wäre in diesen Fällen verfassungswidrig (FG Baden-Württemberg 17.12.12, 9 K 1637/10, Rev. BFH: VIII R 13/13).

     

    PRAXISHINWEIS | Die Problematik hat insbesondere Bedeutung für Gewerbetreibende und Freiberufler, die nach Aufgabe der aktiven Tätigkeit ihren „Ruhestand“ aus im Erwerbsleben angesammelten Kapitalvermögen bestreiten, was von einer Bank aktiv verwaltet wird. Hier fallen in der Regel höhere Management- und Depotgebühren an, die sich seit Einführung der Abgeltungsteuer bei optionaler Veranlagung nicht auswirken. Bis zur Klärung der Rechtslage - vermutlich erst durch das BVerfG - sollten die Kosten spätestens im Einspruchsverfahren gegen den Einkommensteuerbescheid geltend gemacht und im Hinblick auf das anhängige Revisionsverfahren das Ruhen des Verfahrens beantragt werden.

     

    6. Keine AfaA von vermieteten Gebäuden trotz eklatantem Mietpreisverfall

    Grundsätzlich erforderlich für die Annahme einer außergewöhnlichen Abnutzung ist eine Beeinträchtigung der Substanz oder zumindest der Nutzungsmöglichkeiten des Wirtschaftsgutes. Ein von außen kommendes Ereignis muss unmittelbar körperlich auf das Wirtschaftsgut einwirken, die Nutzungsmöglichkeit eines Wirtschaftsguts muss durch Einwirken im Zusammenhang mit seiner steuerbaren Nutzung eingeschränkt werden (FG Münster 24.1.13, 1 K 4248/10 E, BB 13, 688, Rev. zugelassen).

     

    PRAXISHINWEIS |  

    Baumängel und Rentabilitätsminderungen, die z.B. aufgrund eines entsprechenden Überangebotes eintreten, rechtfertigen nach Auffassung des FG grundsätzlich keine AfaA, selbst wenn dadurch - infolge der Bewertung einer Mietimmobilie nach Ertragswertgesichtspunkten - eine Wertänderung eintritt (anders als in den Fällen einer Teilwertabschreibung).

     

    Höchstrichterlich noch nicht geklärt ist die Frage, ob und ggf. zu welchem Zeitpunkt eine durch verschiedene Faktoren (z.B. besonderer Zuschnitt des Objekts, Standortfaktoren wie das Umfeld) bedingte erhebliche Rentabilitätsminderung eines Mietobjektes eine AfaA rechtfertigen kann (vgl. hierzu auch van Kerkom, BB 13, 690).

    7. Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen

    Das FG Düsseldorf (12.5.11, VI R 42/10, BStBl II 11, 1015) hat aktuell - als Folge der Rechtsprechungsänderung des BFH - zu drei verschiedenen Fallkonstellationen Stellung genommen:

     

    7.1 Durch Vergleich verursachte Anwalts- und Gerichtskosten

    Nach der neuen Rechtsprechung des BFH, die die Zwangsläufigkeit von Prozesskosten aus dem staatlichen Gewaltmonopol zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche ableitet, kommt es auf die näheren Umstände der Beendigung des Zivilprozesses und der Regelung der Kostenverteilung nicht an. Entscheidend ist allein, ob der Steuerpflichtige, der die Kosten letztlich zu tragen hat, das Prozesskostenrisiko aus ex ante Sicht mutwillig oder leichtfertig eingegangen ist (FG Düsseldorf 20.2.13, 15 K 2052/12 E, StE 13, 214, Rev. BFH: VI R 14/13).

     

    7.2 Ehescheidungskosten

    Im Zusammenhang mit der Ehescheidung erwachsene Gerichts- und Anwaltskosten sind als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig. Dies gilt auch für Prozesskosten, die im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung des Vermögens bzw. mit dem Streit über den Zugewinnausgleich entstehen (FG Düsseldorf 19.2.13, 10 K 2392/12 E, Rev. BFH: VI R 16/13).

     

    7.3 Prozesskosten zur Erlangung eines Studienplatzes des Kindes

    Das vom BFH betonte staatliche Gewaltmonopol, nach dem strittige Ansprüche nur mit Hilfe der Gerichte durchzusetzen oder abzuwehren sind, gilt auch bei der Durchsetzung von Ansprüchen im öffentlich-rechtlichen Bereich. Erstreiten die Eltern im Rechtswege die Zulassung ihres Kindes zum Studium, ist ein Abzug von Prozesskosten zur Erlangung des Studienplatzes des Kindes als außergewöhnliche Belastung im Rahmen des § 33 EStG allerdings nach § 33a Abs. 4 EStG ausgeschlossen, weil es sich dabei um Aufwendungen für die Berufsausbildung des Kindes i.S. von § 33a Abs. 1 EStG handelt (FG Düsseldorf 14.1.13, 11 K 1633/12 E, StE 13, 214, Rev. BFH: VI R 9/13).

     

    PRAXISHINWEIS |  

    Bis auf das FG Hamburg (24.9.12, 1 K 195/11, EFG 13, 41, Rev. BFH: X R 34/12) betr. einen Sonderfall des freiwilligen Erwerbs eines Anspruchs mit dem Ziel seiner Durchsetzung (auch) mit gerichtlicher Hilfe) sind bislang alle anderen FG dem BFH gefolgt. Danach gilt nach aktueller Rechtslage: Will ein Steuerpflichtiger Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung geltend machen, muss er (nur) darlegen, dass seine Rechtsverfolgung nicht von vornherein aussichtslos und ebenso wenig mutwillig gewesen ist, im Übrigen genügt als genereller Rechtfertigungsgrund für den Abzug das bloße Bestehen des staatlichen Gewaltmonopols (so zu Recht: Steinhauff, jurisPR-SteuerR 33/2011 Anm. 5).

     

    Die Finanzverwaltung wendet die geänderte BFH-Rechtsprechung dagegen weiterhin über den Einzelfall hinaus nicht an (vgl. BMF 20.12.11, IV C 4 - 
S 2284/07/0031:002, 2011/1025909, BStBl I 11, 1286). Einspruch und Klage sind daher geboten.

    8. Grunderwerbsteuer als sofort abziehbarer Aufwand

    Bei einer wegen Änderung des Gesellschafterbestands nach § 1 Abs. 2a GrEStG angefallener Grunderwerbsteuer handelt es sich um sofort abzugsfähige Betriebsausgaben und nicht um Anschaffungsnebenkosten der Grundstücke (FG Münster 14.2.13, 2 K 2838/10 G,F, StE 13, 230, Rev. BFH: IV R 10/13).

     

    PRAXISHINWEIS | Die Rechtsfrage ist höchstrichterlich noch nicht geklärt. Für die Auffassung des FG spricht, dass sich weder zivilrechtlich noch handelsbilanziell die Zuordnung der betreffenden Grundstücke durch eine qualifizierte Veränderung im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft verändert und ein Erwerb lediglich für Zwecke der Grunderwerbsteuer fingiert wird.

     

    9. Handwerkerleistungen im Rahmen von Altenteilsverträgen

    Für empfangene Sachleistungen, die ein Altenteiler als wiederkehrende Bezüge versteuert, kann er die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen im Haushalt geltend machen, soweit sie auf seinen Haushalt entfallen und in der Person des die Sachleistungen erbringenden Altenteilsverpflichteten alle Voraussetzungen der Steuerermäßigung vorliegen (FG Niedersachsen 16.1.13, 2 K 239/12).

     

    PRAXISHINWEIS | Das zunächst unter dem Az. VI R 8/13 beim BFH geführte Revisionsverfahren wurde nach Rücknahme der Revision eingestellt (BFH-Beschluss vom 15.4.13, VI R 8/13). Die Finanzverwaltung dürfte die Urteilsgrundsätze somit akzeptiert haben. Steuerliche Berater sollten also künftig die im Rahmen der Altenteilsverträge geleisteten Sachleistungen daraufhin überprüfen, ob Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen enthalten sind, für die der Altenteiler/Übergeber dann die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 EStG geltend machen kann.

     

    10. Fahrten zwischen Wohnung und Einrichtung eines Kunden

    Fahrten eines Unternehmers zwischen der Wohnung und der Einrichtung eines (ggf. einzigen) Kunden sind nur dann Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte im Sinne des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 EStG, wenn der Unternehmer in der Einrichtung des Kunden eine eigene Betriebsstätte i.S. von § 12 AO unterhält. Eine solche Betriebsstätte wird nicht schon dadurch begründet, dass dem Unternehmer irgendein geeigneter Raum zur ständigen Nutzung zur Verfügung gestellt wird. Zu einer Betriebsstätte wird dieser nur dann, wenn der Unternehmer eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht über die von ihm genutzte Einrichtung hat (FG Düsseldorf 19.2.13, 10 K 829/11 E, Rev. BFH: X R 13/13).

     

    Beachten Sie | Den sich aus der Rechtsprechung des VI. BFH-Senats ergebenden Grundsatz, dass die betriebliche Einrichtung eines Kunden des Arbeitgebers keine regelmäßige Arbeitsstätte des Arbeitnehmers i.S. von § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG darstellt, hat das FG konsequent auf Aufwendungen im betrieblichen Bereich übertragen. Es bleibt abzuwarten, ob auch der nun zuständige X. Senat die Auffassung des Lohnsteuersenats des BFH teilt oder den Großen Senat anruft.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2013 | Seite 225 | ID 40174970

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