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  • · Fachbeitrag · Vorsorgevollmacht

    Genehmigungsvorbehalt keine Einschränkung, sondern Regelung zum Schutz des Betroffenen

    von RA und Notar StB Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, FA ErbR, Paderborn

    Das Anbringen von Bettgittern sowie die Fixierung im Stuhl mittels eines Beckengurts, stellen freiheitsentziehende Maßnahmen i.S. des § 1906 Abs. 4 BGB dar, wenn der Betroffene durch sie in seiner körperlichen Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird. Das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen wird nicht dadurch verletzt, dass die Einwilligung eines von ihm Bevollmächtigten in eine freiheitsentziehende Maßnahme der gerichtlichen Genehmigung bedarf (BGH 27.6.12, XII ZB 24/12, Abruf-Nr. 122337).

    Sachverhalt

    Die 1922 geborene Mutter erteilte ihrem Sohn und ihrer Tochter eine notarielle General- und Vorsorgevollmacht. Die Vollmacht beinhaltet insbesondere die Befugnis zu Unterbringungsmaßnahmen und zwar auch zu solchen, die mit einer Freiheitsentziehung z.B. durch mechanische Vorrichtungen oder Medikamente verbunden sind. In Ausübung der Vollmacht hat der Sohn eingewilligt, Bettgitter am Bett der Mutter anzubringen und sie tagsüber im Stuhl mittels eines Beckengurts zu fixieren, nachdem sie mehrfach gestürzt war und sich dabei auch einen Kieferbruch zugezogen hatte. Fraglich war hier, ob diese Maßnahme der betreuungsgerichtlichen Genehmigung bedarf.

     

    Entscheidungsgründe

    Gemäß § 1906 Abs. 5 S. 1 BGB sind die Unterbringung und die Einwilligung in freiheitsentziehende Maßnahmen durch einen Bevollmächtigten zulässig, wenn die Vollmacht schriftlich erteilt ist und die genannten Maßnahmen ausdrücklich umfasst. Für den Fall ordnet jedoch § 1906 Abs. 5 S. 2 i.V. mit Abs. 4 BGB an, dass § 1906 Abs. 2 BGB entsprechend gilt. Darin ist bestimmt, dass die Maßnahme nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts zulässig ist. Das Betreuungsgericht hat daher - zum Schutz des Betroffenen - nicht nur zu überprüfen, ob die Vorsorgevollmacht rechtswirksam erteilt ist, ob sie die Einwilligung in freiheitsentziehende Maßnahmen umfasst und auch nicht zwischenzeitlich wiederrufen ist, sondern insbesondere, ob die Vollmacht dadurch in Kraft gesetzt ist, dass eine Gefährdungslage nach § 1906 Abs. 1 BGB vorliegt. Unter die Kontrolle des Betreuungsgerichts ist damit nicht die in Ausübung des Selbstbestimmungsrechts erfolgte Entscheidung des Betroffenen gestellt, sondern die gesetzmäßige Handhabung der Vorsorgevollmacht durch den Bevollmächtigten.

     

    Praxishinweis

    Der Genehmigungsvorbehalt des § 1906 Abs. 5 i.V. mit Abs. 2 BGB dient dem Schutz des Betroffenen. Einerseits sah der Gesetzgeber darin eine Stärkung der Fähigkeit des Betroffenen, in voller geistiger Klarheit durch die Vorsorgevollmacht über sein künftiges Wohl und Wehe entscheiden zu können. Andererseits wollte er sicherstellen, dass einschneidende Maßnahmen, in die der Bevollmächtigte einwilligt, vom Vormundschaftsgericht kontrolliert werden.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2012 | Seite 213 | ID 35004740

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