Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Vermächtnis

    Vorausvermächtnis, Verjährung und Vormerkung

    von RA Notar StB Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, FA ErbR, Paderborn

    | Das OLG München hat mit Urteil vom 26.7.17 entschieden, dass die Ausschlagungsfiktion des § 2307 Abs. 2 S. 2 BGB im Falle eines Vorausvermächtnisses nicht eintreten kann, wenn der mit dem Vorausvermächtnis bedachte Miterbe die Erbschaft bereits angenommen hat. |

     

    Sachverhalt

    Der Kläger K und seine beiden Brüder sind Erben zu gleichen Teilen nach ihrer in 2006 verstorbenen Mutter. Dem K wurde durch Vorausvermächtnis zusätzlich ein Grundstück zugewendet. Die Brüder des K verkauften und übertrugen ihre Erbteile an die Beklagte. K und die Beklagte sind als Eigentümer des Grundstücks in ungeteilter Erbengemeinschaft im Grundbuch eingetragen. Die Beklagte betreibt die Teilungsversteigerung des Grundstücks. Diesbezüglich ist ein Teilungsversteigerungsvermerk ins Grundbuch eingetragen.

     

    Mit Schreiben vom 23.12.11 forderte die Beklagte den K auf, das Vermächtnis bis spätestens 15.1.12 geltend zu machen. Eine Reaktion des Klägers erfolgte nicht. Danach hat der Kläger beantragt, eine einstweilige Verfügung zu erlassen mit dem Inhalt, dass im Grundbuch eine Vormerkung zur Sicherung seines Anspruchs aus dem Vorausvermächtnis auf Auflassung und Eintragung zu Alleineigentum eingetragen wird. Die Beklagte ist der Auffassung, das Vermächtnis sei entsprechend der Fiktion des § 2307 Abs. 2 S. 2 BGB ausgeschlagen.

     

    Entscheidungsgründe

    Das OLG München hat dem K Recht gegeben (OLG München 26.7.17, 7 U 302/17, Abruf-Nr. 196740). Er hat aus dem Vorausvermächtnis einen Anspruch auf Übereignung des vermachten Grundstücks. Dieser Anspruch kann durch eine Vormerkung gesichert werden (§ 883 Abs. 1 BGB). Dabei kann sich die Beklagte nicht auf die Ausschlagungsfiktion des § 2307 Abs. 2 BGB berufen. Diese Vorschrift sei zwar vom Wortlaut her einschlägig, gelte jedoch nach ihrem Sinn und Zweck nicht für Fälle der vorliegenden Art. Im gesetzlichen Normalfall steht es im Belieben des Vermächtnisnehmers, ob und wann er den Anspruch geltend macht; mit dieser Unsicherheit muss der Beschwerte ‒ bis zum Eintritt der Verjährung ‒ leben.

     

    § 2307 Abs. 2 BGB stellt von diesem Grundsatz eine Ausnahme dar. § 2307 Abs. 2 BGB hat den Zweck, dem mit einem Vermächtnis beschwerten Erben Klarheit darüber zu verschaffen, ob er dem mit einem Vermächtnis bedachten Pflichtteilsberechtigten das Vermächtnis oder den Pflichtteil schuldet. Dieser Zweck ist hier nicht einschlägig. Denn selbst wenn der K das Vermächtnis ausgeschlagen hätte bzw. dies fingiert würde, bliebe er Erbe. Die Erbschaft gilt hier längst, zumindest durch Zeitablauf, als angenommen und konnte nicht mehr ausgeschlagen werden (§§ 1943, 1944 BGB).

     

    K hat damit keinen Pflichtteilsanspruch. Für die Beklagte bestand daher im Zeitpunkt ihrer Fristsetzung nicht die Ungewissheit, ob sie ‒ bzw. die Erbengemeinschaft ‒ dem K das Vermächtnis oder den Pflichtteil schuldet. Für sie bestand allein die Ungewissheit, ob und wann der K seinen Vermächtnisanspruch geltend machen werde. Diese allgemeine Unsicherheit muss der Beschwerte, also die Beklagte, hinnehmen, weil eine gesetzliche Frist für die Ausschlagung des Vermächtnisses nicht vorgesehen ist.

     

    Relevanz für die Praxis

    Der Anspruch entstand hier mit dem Erbfall im Jahr 2006. Die Verjährungsfrist für den gegenständlichen Vermächtnisanspruch, der auf Übereignung eines Grundstücks gerichtet ist, beträgt zehn Jahre (§ 196 BGB).

     

    Der Vermächtnisanspruch richtet sich gegen den Beschwerten (§ 2174 BGB), also mangels anderer Bestimmung durch den Erblasser gegen die Erben (§ 2147 S. 2 BGB). Zu beachten ist, dass der Anspruch aus dem Vorausvermächtnis nicht allein gegen den anderen, in Erbengemeinschaft eingetragenen Miteigentümer geltend zu machen ist, sondern gegen die Erbengemeinschaft. Hier also gegen die Erbengemeinschaft, bestehend aus dem K und der Beklagten.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Slabon, Das Hausratsvorausvermächtnis bei der Vor- und Nacherbfolge, ErbBstg 17, 117 ff.
    Quelle: Ausgabe 10 / 2017 | Seite 250 | ID 44884772

    Karrierechancen

    Zu TaxTalents