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  • · Fachbeitrag · Testamentsgestaltung

    Alleinerbeneinsetzung oder Teilungsanordnung im handschriftlichen Testament gewollt?

    von RA und Notar, StB, FA ErbR Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, Paderborn

    | Das OLG Karlsruhe hatte sich in seinem Beschluss vom 28.9.23 mit der Frage zu beschäftigen, ob die Zuweisung eines Hausgrundstücks in einem handschriftlichen Testament eine Einsetzung zum Alleinerben oder lediglich eine Teilungsanordnung enthält. |

     

    Sachverhalt

    Die Erblasserin ist kinderlos. In einem handschriftlichen Testament bestimmte sie: „Ich (…) setze S (die Schwester der Erblasserin) als Erbin von dem Gebäude ein. Alles steht ihr zur Verfügung. Sie kann bestimmen, wer noch etwas abbekommt. A und B (Nichten der Erblasserin) sollen Anteil haben.“

     

    Zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments verfügte die E über ein Hausgrundstück im Wert von ca. 350.000 EUR. Daneben war sie Eigentümerin von Landwirtschaftsflächen (Wert ca. 6.600 EUR). Die Guthaben auf Konten betrugen ca. 50.000 EUR.

     

    Nach dem Tod der Erblasserin beantragte die S die Erteilung eines Alleinerbscheins. Ihre Einsetzung als Alleinerbin ergebe sich aus der Auslegungsregel des § 2087 Abs. 1 BGB. Die Immobilie mache den wesentlichen Teil des Vermögens der Erblasserin aus. Dem sind A und B entgegengetreten und haben die Erteilung eines Erbscheins „zu jeweils 1/3 für die drei Erben“ beantragt. Aus der Formulierung „A und B sollen Anteil haben“ ergebe sich gemäß der Auslegungsregelung des § 2087 Abs. 1 BGB ihre Erbenstellung. Das Testament sei daher dahin gehend auszulegen, dass die Beteiligten zusammen Erben geworden seien. Die Zuweisung der Immobilie an die S sei als Teilungsanordnung (§ 2048 BGB) zu verstehen.

     

    Entscheidungsgründe

    Das Gericht gibt der S recht. Danach ist sie von der Erblasserin als ihre alleinige Erbin eingesetzt worden. Dem Wortlaut des Testaments lasse sich eine Einsetzung auch von A und B als Erbinnen nicht entnehmen. Ausdrücklich angeordnet sei lediglich die Erbenstellung der S. Zwar erfolge hier eine Zuordnung allein zu der Immobilie. Diese bildete aber das wesentliche Vermö-gen der Erblasserin. Zudem lasse sich der auf die Zuordnung der Immobilie folgende Satz „Alles steht ihr zur Verfügung“ als Erweiterung der Erbenstellung der S auf den gesamten Nachlass verstehen (OLG Karlsruhe 28.9.23, 11 W 42/23, Abruf-Nr. 237861).

     

    Auch die weitere Formulierung „Sie kann bestimmen, wer noch etwas ab bekommt“ ist schwer auf die Immobilie zu beziehen, da diese grundsätzlich nicht teilbar ist. Es liegt daher näher, dass hiermit eine umfassende Entscheidungsbefugnis der S geregelt werden sollte, darüber zu entscheiden, wer Zuwendungen aus dem Nachlass erhalten sollte.

     

    Schließlich liegen nach Auffassung des Gerichts auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Alleinerbeinsetzung der S deswegen unwirksam sein könnte, weil die Vorgabe, dass A und B „Anteil haben“ sollen, zu unbestimmt ist, um als Vermächtnis oder Auflage wirksam zu sein (vgl. § 2156 BGB; § 2193 BGB). Eine Unwirksamkeit der Alleinerbeinsetzung der S würde sich hieraus nur ergeben, wenn die Erblasserin eine rechtliche Verbindlichkeit ihrer Anordnung gewollt hätte und sie bei Kenntnis von der Unverbindlichkeit der Anordnung in Bezug auf A und B von der Einsetzung der S als Alleinerbin hätte absehen wollen (vgl. § 2085 BGB). Hierfür ist nichts ersichtlich.

     

    Relevanz für die Praxis

    Gerade Laientestamente regeln die Erbfolge häufig nur gegenständlich. Nicht selten wird keiner der so Begünstigten ausdrücklich als Erbe benannt, stattdessen werden einzelnen Personen bestimmte Vermögensgegenstände einzeln zugewandt. Eine solche rein gegenständliche Verteilung des Nachlasses erweist sich als höchst streitanfällig.

     

    Ergibt die Auslegung, dass trotz der gegenständlichen Verteilung des Gesamtnachlasses eine der eingesetzten Personen letztlich der Erbe ist, beispielsweise weil ihm wie hier der wertmäßig größte Teil vom Nachlass zugewandt wurde, so ist die Ergebnisfindung noch kostenmäßig erträglich. Ebenso wenn ‒ trotz Erbenstellung mehrerer ‒ nur ein Gegenstand einzeln zugewiesen wird; hier handelt es sich dann meist um ein Vorausvermächtnis, wenn dem so Bedachten ein Sondervorteil gewährt werden sollte.

     

    Ergibt hingegen die Auslegung, dass tatsächlich mehrere Miterben durch die gegenständliche Verteilung bestimmt worden sind, so sind die Erbquoten im Grundsatz anhand der Wertrelation des gegenständlich verteilten Vermögens zu bestimmen. Dies erfordert nicht selten eine Bewertung der einzelnen zugewandten Vermögensgegenstände. Gerade diese Bewertung ist sehr streitanfällig und vor allen Dingen sehr kostenintensiv.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2023 | Seite 281 | ID 49750274

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