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  • · Fachbeitrag · Erbscheinsverfahren

    Erteilung des Erbscheins bei Erbunwürdigkeit

    von RA und Notar StB Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, FA ErbR, Paderborn

    § 21 FamFG begründet für das entscheidende Gericht ein Recht, das Verfahren nach pflichtgemäßem Ermessen auszusetzen, jedoch keine Aussetzungspflicht. Eine Erbunwürdigkeitsklage kann bei pflichtgemäßer Ermessensausübung nur dann die Aussetzung des Verfahrens zur Feststellung der Erben rechtfertigen, wenn ihr nach dem Klagevorbringen eine gewisse Erfolgsaussicht zuzubilligen ist (OLG Rostock 31.8.11, 3 W 58/11, Abruf-Nr. 120805).

    Sachverhalt

    Die Erblasserin hatte in einem gemeinschaftlichen Testament mit ihrem vorverstorbenen Ehemann, in dem beide sich gegenseitig als befreite Vorerben eingesetzt hatten, ihre gemeinsamen drei Kinder zu gleichen Teilen zu Nacherben eingesetzt. Die beiden älteren Kinder beantragten einen entsprechenden Erbschein, danach sollte jedes Kind Erbe zu 1/3 sein. Die jüngste Tochter wandte hiergegen ein, dass die beiden älteren Geschwister am Tod der Erblasserin schuld seien. Sie erhob Erbunwürdigkeitsklage und beantragte das Erbscheinsverfahren bis zur Entscheidung über die Erbunwürdigkeitsklage auszusetzen.

     

    Entscheidungsgründe

    Gemäß § 21 FamFG kann das Verfahren ausgesetzt werden, wenn hierfür ein wichtiger Grund vorliegt. Das ist der Fall, wenn eine Entscheidung in einem anderen Verfahren für die Entscheidung in dem auszusetzenden Verfahren vorgreiflich ist. Da eine rechtskräftige Gestaltungsklage, welche die Erbunwürdigkeit bestätigt, gemäß § 2344 BGB dazu führt, dass die Erbschaftsinhaberschaft des Betroffenen rückwirkend entfällt und er demgemäß nicht mehr als Erbe festzustellen ist, ist das angestrengte Klageverfahren gegenüber dem Erbscheinverfahren im Grundsatz vorgreiflich.

     

    Jedoch kann eine Erbunwürdigkeitsklage bei pflichtgemäßer Ermessensausübung nur dann die Aussetzung des Erbscheinsverfahrens rechtfertigen, wenn ihr nach dem Klagevorbringen eine gewisse Erfolgsaussicht zuzubilligen ist. Dann nämlich ist vorhersehbar, dass zumindest eine Änderung in der Erbenstellung durch rechtskräftiges Urteil und seine rückwirkende Wirkung mit gewisser Wahrscheinlichkeit eintreten wird. Im Ergebnis kam hier keine Aussetzung in Betracht, da es der Erbunwürdigkeitsklage an jedwedem Sachvortrag fehlte, der geeignet wäre, einen der Erbunwürdigkeitsgründe des § 2339 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BGB, dessen Aufzählung abschließend ist, zu belegen.

     

    Praxishinweis

    Für die Aussetzung des Verfahrens nach § 21 FamFG genügt es, wenn das weitere Verfahren, dessen Entscheidung vorgreiflich ist, anhängig und seinerseits nicht ausgesetzt ist. Eine Rechtshängigkeit ist nicht erforderlich.

    Quelle: Ausgabe 04 / 2012 | Seite 98 | ID 32437610

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