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  • · Fachbeitrag · Grunderwerbsteuer


    Erbengemeinschaft als Rechtsträger


    von WP StB Dipl.-Kfm. Gerrit Grewe, Berlin


    Zur Beurteilung, ob eine Anteilsvereinigung gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG vorliegt, ist eine Erbengemeinschaft als selbstständiger Rechtsträger i.S. des GrEStG anzusehen. Es ist nicht auf den einzelnen Erben dieser Gemeinschaft abzustellen (FG Düsseldorf 29.8.12, 7 K 3691/11 GE, Abruf-Nr. 130623, Rev. BFH II R 46/12).

    Sachverhalt


    Die Kläger sind in ungeteilter Erbengemeinschaft zu gleichen Teilen Miterben des am 24.8.07 verstorbenen C. Dieser war mit 85 % an einer Grundbesitz haltenden GmbH beteiligt, deren Stammkapital 100.000 EUR betrug. Die übrigen 15 % der Anteile hielt E. Am 10.9.07 beschlossen die GmbH-Gesellschafter eine Kapitalerhöhung auf 500.000 EUR. Da E an der Kapitalerhöhung nicht teilnahm, entfielen auf die Kläger nunmehr 97 % der Anteile. 


    Das FA setzte GrESt fest, da eine Erbengemeinschaft als selbstständiger Rechtsträger i.S. von § 1 Abs. 3 GrEStG anzusehen sei. Nach Ansicht der Kläger sei nicht auf die Erbengemeinschaft abzustellen, sondern auf die einzelnen Erben, sodass die gesetzliche Schwelle von 95 % bei keinem der Erben überschritten worden sei.


    Entscheidungsgründe


    Die Klage ist unbegründet. Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, unterliegt nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG der Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft der GrESt, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt werden. Durch die Kapitalerhöhung erwarb die Miterbengemeinschaft einen Anspruch auf Übernahme von insgesamt 97 % der Anteile an der GmbH.


    Nach ständiger BFH-Rechtsprechung ist eine Erbengemeinschaft, soweit sie nach außen ein Grundstück aus dem Nachlass veräußert oder für denselben erwirbt, selbstständiger Rechtsträger i.S. des GrEStG (BFH 13.11.74, II R 26/74, BStBl II 75, 249). Die Erbengemeinschaft ist zwar nur eine gesamthänderisch verbundene Personenmehrheit, der mit dem Nachlass ein Sondervermögen zugeordnet ist (BGH 17.10.06, VIII ZB 94/05, NJW 06, 3715; BFH 17.7.75 II R 141/74, BStBl II 76, 159). Aus der bürgerlich-rechtlichen Selbstständigkeit der Erbengemeinschaft als Zurechnungssubjekt des gesamthänderisch gebundenen Sondervermögens folgt aber deren grunderwerbsteuerrechtliche Selbstständigkeit (BFH 29.11.72, II R 42/67, BStBl II 73, 372). 


    Es ist nicht erkennbar, warum dies nur für den Erwerb von Grundstücken und nicht auch im Rahmen des § 1 Abs. 3 GrEStG für den Erwerb von Ansprüchen auf Anteile an einer Kapitalgesellschaft gelten soll. Außerdem ist der Kapitalanteil des C auf die Miterben ungeteilt übergegangen, was gegen die Annahme spricht, es sei auf die einzelnen Erben abzustellen.


    Praxishinweis


    Wird ein Erbteil verkauft, sieht der BFH die Erbengemeinschaft dagegen nicht als selbstständigen Rechtsträger an (BFH 4.2.04, II B 147/02, BFH/NV 04, 813): Die Übertragung eines Anteils an einem Nachlass, zu dem ein Grundstück gehört, führt daher zu einem Übergang von Eigentum an einem Grundstück i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG. Diese Beurteilung weicht somit von dem für Gesamthandsgemeinschaften geltenden Grundsatz ab, dass der Wechsel im Personenbestand (weniger als 95 %) als solcher grundsätzlich keine GrESt auslöst. Die Abweichung rechtfertigt der BFH mit der rechtlichen Struktur der Erbengemeinschaft, die auf Auseinandersetzung gerichtet ist (§ 2042 BGB). Zudem könne ein Erbteilsinhaber über seinen Anteil am Nachlass verfügen (§ 2033 Abs. 1 S. 1 BGB), sodass die Gesamthandsbindung bei der Erbengemeinschaft im Gegensatz zu anderen Gesamthandsgemeinschaften (§ 719 Abs. 1 BGB) gelockert sei.

    Quelle: Ausgabe 04 / 2013 | Seite 97 | ID 37772950

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