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  • 26.09.2012 · IWW-Abrufnummer 122923

    Oberlandesgericht Zweibrücken: Beschluss vom 19.06.2012 – 3 W 50/11

    Nach einer Abschichtungsvereinbarung ist Rechtsgrund des Eigentumserwerbs eine Erbschaft (§ 1922 BGB). Die Eintragung des Erben im Grundbuch ist deshalb unter den Voraussetzungen des § 60 Abs. 4 KostO gebührenfrei.


    3 W 50/11

    Tenor:

    Auf die Beschwerde wird die Kostenrechnung der Landesjustizkasse vom ... 2011, Kassenzeichen ..... aufgehoben.
    Gründe

    I. Der Beteiligte zu 1) war zusammen mit Frau A.... G.............. zu einem Anteil von 1/2 testamentarischer Miterbe nach der am 16. April 2010 gestorbenen Frau S........... G.......... In den Nachlass fiel das vorbezeichnete Grundstück.

    Mit notariell beurkundeter Abschichtungsvereinbarung vom 14. Dezember 2010 schied die Miterbin aus der Erbengemeinschaft aus. Gemeinsam mit dem Beteiligten zu 1) beantragte und bewilligte sie die entsprechende Grundbuchberichtigung durch Eintragung des Beteiligten zu 1) als Alleineigentümer des Grundstücks im Grundbuch, in dem bislang noch die Erblasserin eingetragen war. Auf ihre Voreintragung verzichtete die Miterbin.

    Das Grundbuchamt nahm die beantragte Eintragung vor.

    Mit Kostenrechnung vom ..... 2011 machte die Landesjustizkasse hierfür eine halbe Gebühr aus dem zutreffend angenommenen Geschäftswert in Höhe von 100.000 € nach § 60 Abs. 2 KostO in Höhe von 51,75 € geltend.

    Die hiergegen eingelegte Erinnerung wies der Rechtspfleger bei dem Amtsgericht zurück. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Vorschrift des § 60 Abs. 4 KostO, wonach Kosten bei der Eintragung von Erben innerhalb von zwei Jahren seit dem Erbfall nicht erhoben würden, fände hier keine Anwendung. Die Abschichtung sei wie eine Erbauseinandersetzung zu behandeln und daher nicht kostenbefreit.

    Hiergegen richtet sich die von dem Rechtspfleger zugelassene Beschwerde des Kostenschuldners.

    II. Die gemäß § 14 Abs. 4 und 5 KostO i.V.m. § 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG infolge der Zulassung durch das Amtsgericht statthafte Beschwerde ist zulässig. Nach der Übertragung des Beschwerdeverfahrens durch den Einzelrichter auf den Senat (§ 14 Abs. 7 Satz 2 KostO) hat dieser in voller Besetzung hierüber zu entscheiden.

    Die Beschwerde ist begründet.

    Die Eintragung des Beteiligten zu 1) als (Allein-)Eigentümer des Grundstücks hat nach § 60 Abs. 4 KostO gebührenfrei zu erfolgen. Der Beteiligte zu 1) ist, wie es diese Bestimmung voraussetzt, "Erbe des eingetragenen Eigentümers". Im Einzelnen gilt folgendes:

    Die beiden Miterben haben zunächst eine Erbengemeinschaft gebildet und sind als solche mit dem Erbfall Eigentümer des Grundstücks geworden. Eine solche Erbengemeinschaft kann im Weiteren nicht nur durch Teilung oder Veräußerung der Nachlassgegenstände oder durch Übertragung von Erbteilen auseinandergesetzt werden. Ein Miterbe kann auch durch formfreien Vertrag mit den anderen Miterben aus der Erbengemeinschaft ausscheiden, indem er seine Mitgliedschaftsrechte an der Erbengemeinschaft aufgibt, so dass sein Erbteil den verbleibenden Miterben kraft Gesetzes durch Erhöhung seines Erbanteiles (Jünemann, ZEV 2012, 65) anwächst (BGH NJW 1998, 1557 [BGH 21.01.1998 - IV ZR 346/96]). Gehört ein Grundstück oder ein Miteigentumsanteil hieran zum Erbe, so vollzieht sich der Eigentumsübergang nach Abschluss eines solchen Abschichtungsvertrages deshalb außerhalb des Grundbuches, welches entsprechend zu berichtigen ist. Eine Auflassungserklärung der Erben bedarf es in diesem Fall zum Eigentumsübergang nicht. Dies unterscheidet die Abschichtung maßgeblich von anderen Formen der Erbauseinandersetzung, in denen der Eigentumsübergang eine Auflassung voraussetzt und die nach vorherrschender Auffassung in der Rechtsprechung deshalb nicht gebührenbefreit ist (Senat, Rpfleger 1982, 200; OLG Celle, NdsRPfl 2011, 425; OLG Frankfurt, FamRZ 2004, 286; OLG Hamm, PRfleger 1987, 302; a.A. OLG München, NJW-RR 2006, 288). Ist die Miterbin hier indes durch einen solchen Abschichtungsvertrag aus der Erbengemeinschaft ausgeschieden, so ist ihr Miteigentumsanteil dem Beteiligten zu 1) außerhalb des Grundbuches angewachsen, was im Grundbuch durch Berichtigung einzutragen ist.

    Rechtsgrund der Eintragung des Beteiligten zu 1) ist demnach der Eigentumserwerb aufgrund Erbschaft (§ 1922 BGB) und nicht etwa ein rechtsgeschäftlicher Erwerb von der Miterbin. Diesen Fall erfasst § 60 Abs. 4 KostO, weshalb die Eintragung gebührenfrei zu erfolgen hat.

    Die Gebührenfreiheit der hier vorzunehmenden Eintragung entspricht im Weiteren auch Sinn und Zweck der Vorschrift des § 60 Abs. 4 KostO. Durch die Gebührenfreiheit soll für den außerhalb der Grundbuchs kraft Erbfalls zum Eigentümer gewordenen Erben ein Anreiz zur Stellung des Berichtigungsantrags geschaffen werden, um das durch den Erbfall unrichtig gewordene Grundbuch möglichst alsbald mit der wirklichen Rechtslage in Einklang zu bringen (vgl. LG Detmold, FamRZ 2009, 246). Ein Erbe hat nämlich aufgrund seines Eigentumserwerbs außerhalb des Grundbuchs häufig kein Interesse an der Richtigstellung des Grundbuchs. An die unzutreffend gewordene Eintragung des früheren Eigentümers kann sich nach dessen Tod ein gutgläubiger Erwerb grundsätzlich nicht mehr anschließen. Hingegen ist beim rechtsgeschäftlichen Erwerb eines Grundstücks die Grundbucheintragung konstitutiv. Der Erwerber wird erst mit seiner Eintragung Grundstückseigentümer. Er hat deshalb ein eigenes Interesse an der Stellung des Eintragungsantrages, ohne dass es hierfür eines gebührenrechtlichen Anreizes bedürfte. Das gilt auch in den Fällen der Erbauseinandersetzung, wenn und soweit hierbei rechtliche Gestaltungen gewählt werden, die zu ihrem Vollzug eine Auflassung des Eigentums von einem Miterben auf einen anderen erfordern. Auch hier erwirbt der hinzugewinnende Erbe das Eigentum weitergehend nicht außerhalb des Grundbuches, sondern erst durch seine Eintragung im Grundbuch.

    Der Erbe, der hingegen weitergehend Eigentum in der Folge einer Abschichtungsvereinbarung erwirbt, erlangt dieses, wie ausgeführt, aufgrund seiner Stellung als Erbe außerhalb des Grundbuches. Ist, wie hier, der Erblasser noch im Grundbuch eingetragen, befindet sich dieser Erbe mithin in der von § 60 Abs. 4 KostO mit dem Anreiz der Gebührenbefreiung begünstigten Situation, weshalb die Vorschrift auch in diesem Fall anzuwenden ist. Ob dies auch dann zu gelten hat, wenn zwischenzeitlich die Erbengemeinschaft ins Grundbuch eingetragen worden ist, kann offen bleiben.

    RechtsgebietKostOVorschriften§ 60 Abs. 4 KostO

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