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  • 25.04.2006 · IWW-Abrufnummer 060615

    Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 16.11.2005 – 3 K 47/04

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    NIEDERSÄCHSISCHES FINANZGERICHT

    URTEIL

    vom 16.11.2005
    Az.: 3 K 47/04

    Orientierungssatz: Erbschaftsteuerliche Berücksichtigung von Zahlungen aus einer Risikolebensversicherung
    rechtskräftig


    Tatbestand

    Zwischen den Parteien ist streitig, ob eine Zahlung aus einer Risikolebensversicherung erbschaftssteuerlich zu berücksichtigen ist.
    Am 14. Juli 2001 verstarb der zuletzt in B wohnhaft gewesene A. Der Erblasser hatte unter anderem eine Risikolebensversicherung bei der L Lebensversicherungs AG abgeschlossen. Begünstigter dieser Risikolebensversicherung war nach dem Versicherungsschein der Kläger. Der Kläger allerdings war widerruflich als Begünstigter auf den Todesfall eingesetzt.

    Das Finanzamt unterwarf den Erwerb von Todeswegen (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 Erbschaftsteuergesetz) mit dem vollen Auszahlungsbetrag der Erbschaftsbesteuerung.

    Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren die Klage.

    Der Kläger trägt vor, der Abschluss der streitigen Risikolebensversicherung durch den Erblasser stehe in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Finanzierung einer von ihm im Jahr 1995 erworbenen Immobilie. Wirtschaftlich betrachtet sei er als Versicherungsnehmer anzusehen, da er bereits vom 1. März 1998 bis einschließlich 1. April 2002 die monatlichen Versicherungsprämien gezahlt habe.

    Er habe zudem für das im Jahr 1995 erworbene Reihenhaus bei der X-Bank mehrere Kredite aufgenommen. Auch die streitige Risikolebensversicherung habe dann im unmittelbaren Zusammenhang mit der Hausfinanzierung gestanden. Da er keinerlei weitere Sicherheiten habe beibringen können, habe die X-Bank neben einer Grundbuchabsicherung auch auf einer Absicherung der für die Finanzierung notwendigen Mieteinnahmen bestanden. Dieses sei durch die Abtretung der Risikolebensversicherung erfolgt.

    Versicherungsbeginn der Risikolebensversicherung sei der 1. April 1995 gewesen. Am 7. April 1995 habe er mit dem Erblasser einen Mietvertrag abgeschlossen, der der X-Bank bereits am 13. April 1995 vorgelegen habe. Die Miete sei in die Kapitaldienstrechnung für die Finanzierung des Erwerbes einbezogen worden. Durch Abschluss der Risikolebensversicherung habe gewährleistet werden sollen, dass er auch im Falle des Ablebens von Herrn A habe in der Lage sein sollen, die Kredite zu bedienen. Da der Versicherungsnehmer / Erblasser selbst keine Angehörigen gehabt habe, habe er selbst keinerlei Interesse am Abschluss einer solchen Risikolebensversicherung gehabt. Allein aus diesem Grunde müsse er deshalb wirtschaftlich als Versicherungsnehmer angesehen werden.

    Der Kläger beantragt,

    den Erbschaftsteuerbescheid vom 19. Mai 2003 sowie den Einspruchsbescheid vom 15. Dezember 2003 ersatzlos aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Kläger habe als Sicherheit für die ihm von der X-Bank gewährten Kredite lediglich die Risikolebensversicherung mit der Nr. xxx abgetreten. Eine Abtretung der hier streitigen Versicherung mit der Endziffer.. 0xx sei nicht erfolgt.

    Dass der Kläger bereits seit 1. März 1998 die monatlichen Prämien geleistet habe, sei erbschaftssteuerlich ohne Bedeutung. Es liege insoweit hinsichtlich der Beitragszahlung durch den Kläger eine freigiebige Zuwendung an den Erblasser vor, die allerdings steuerfrei bleibe. Entscheidend allerdings sei, dass der Kläger in der Risikolebensversicherung lediglich widerruflich als Begünstigter eingetragen gewesen sei. Er habe im Innenverhältnis nicht die Stellung des Versicherungsnehmers erlangt.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist nicht begründet.

    Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG gilt als Erwerb von Todeswegen unter anderen der Erwerb von Vermögensvorteilen, der aufgrund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrages unter Lebenden von einem Dritten mit dem Tode des Erblassers unmittelbar erworben wird.

    Damit unterliegt der Erwerb des Klägers aufgrund der Risikolebensversicherung ..0xx in vollem Umfang der Erbschaftsteuer. Der Kläger hat mit dem Tod des Versicherungsnehmers aufgrund des von dem Versicherungsnehmers zu Lebzeiten geschlossenen Vertrages unmittelbar von dem Versicherer einen Vermögensvorteil im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG erworben. Dieses gilt unabhängig davon, wer die Versicherungsprämien gezahlt hat.

    1.Nach § 166 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) ist bei einer Kapitalversicherung im Zweifel anzunehmen, dass dem Versicherungsnehmer die Befugnis vorbehalten ist, ohne Zustimmung des Versicherers einen Dritten als Bezugsberechtigten zu bezeichnen sowie an die Stelle des so bezeichneten Dritten einen anderen zu setzen. Nach § 166 Abs. 1 Satz 2 VVG gilt die Befugnis des Versicherungsnehmers, an die Stelle des bezugsberechtigten Dritten einen anderen zu setzen, im Zweifel auch dann als vorbehalten, wenn die Bezeichnung des Dritten im Vertrag erfolgt ist.

    Nach § 166 Abs. 2 VVG erwirbt ein als bezugsberechtigt bezeichneter Dritter, wenn der Versicherungsnehmer nichts Abweichendes bestimmt, das Recht auf die Leistung des Versicherers erst mit dem Eintritt des Versicherungsfalls.

    Im Streitfall war der Kläger nicht unwiderruflich als Bezugsberechtigter der Risikolebensversicherung mit der Endziffer ..0xx eingetragen. Aufgrund des abgeschlossenen Versicherungsvertrages hätte deshalb der Versicherungsnehmer A jederzeit einen Dritten als Bezugsberechtigten bestimmen können. Es hat hier für den Kläger keine Möglichkeit bestanden, den Versicherungsnehmer von seiner Verfügungsbefugnis auszuschließen. Der Kläger ist deshalb lediglich widerruflich als Bezugsberechtigter der Risikolebensversicherung anzusehen. Daraus folgt allerdings nach der Vorschrift des § 166 Abs. 2 VVG, dass, da im Streitfall auch keine andere Bestimmung getroffen worden ist, der Kläger als Bezugsberechtigter das Recht auf die Leistung des Versicherers erst mit dem Eintritt des Versicherungsfalles erlangt hat. Dabei ist weiter zu berücksichtigen, dass der Versicherungsnehmer nach § 165 VVG jederzeit für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode das Versicherungsverhältnis hat kündigen können.

    Der Versicherungsnehmer A hätte deshalb jederzeit bis zu seinem Ableben entweder das Versicherungsverhältnis kündigen oder aber einen anderen als den Kläger als Begünstigten einsetzen können.
    2. Unter solchen Bedingungen kann deshalb die Stellung des Klägers vor Eintritt des Versicherungsfalls auch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht als die eines Versicherungsnehmers angesehen werden.

    Dabei gibt es insbesondere auch keinen Rechtssatz, nach dem der Erwerb des Anspruchs auf Auskehrung der Risikolebensversicherung durch einen Bezugsberechtigten, der die Versicherungsprämien anstelle des Versicherungsnehmers ganz oder teilweise getragen hat, stets ganz oder teilweise nicht der Erbschaftsteuer unterliegt. Es sind vielmehr nach der Systematik des Erbschaftsteuergesetzes Zuwendungen an den Erblasser und der Rückfall des zugewendeten Gegenstandes an den Zuwendenden zu unterscheiden. Es handelt sich dabei um getrennte steuerliche Vorgänge.

    Allein entscheidend ist, ob der Begünstigte die versicherungsvertraglichen Rechte schon vor der Zahlung der Versicherungssumme erworben hat oder nicht. Entscheidend bleibt, ob der Erwerb der Versicherungssumme aufgrund der Zuwendung des Erblassers erfolgt, mit anderen Worten, ob sich dieser Erwerb tatsächlich aufgrund der zwischen dem Erblasser und dem Begünstigten bestehenden Rechtsbeziehungen vollzogen hat. Dem durch eine Todesfallversicherung begünstigten Dritten fällt deshalb grundsätzlich der Erwerb in Gestalt des vollen Wertes der Versicherungssumme auch dann erst mit dem Tode des Versicherungsnehmers an, wenn dieser die Zahlung der Prämien übernommen hat (BFH Urteil vom 12. Juni 1953 III 19/52 S BStBl. III 1953, 247; Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 11. April 1989 X 182-183/82, EFG 1989, 518).

    Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn der Versicherungsnehmer lediglich formal als Vertragspartner des Versicherers auftritt, während die Position des Versicherungsnehmers nach Maßgabe des Valutaverhältnisses wirtschaftlich dem Prämienzahler zukommt. Dann nämlich würden alle aus dem Versicherungsvertrag resultierenden Vermögenswerte von vornherein zum Vermögen des Prämienzahlers gehören; für einen Erwerb von Todes wegen bliebe dann kein Raum. Voraussetzung hierfür allerdings ist regelmäßig, dass die Bezugsberechtigung sowohl für den Erlebens- als auch für den Todesfall nach dem Valutaverhältnis unwiderruflich dem Prämienzahler zusteht. Die bloße Einräumung einer widerruflichen Bezugsberechtigung für den Todesfall, wie im Streitfall, genügt diesen Anforderungen nicht (Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 11. April 1989 aaO).
    Damit hat im Streitfall der Kläger durch die monatlichen Prämienzahlungen ab 1. März 1998 nicht die Stellung eines Versicherungsnehmers erlangt. Das zwischen dem Erblasser A bestehende Versicherungsverhältnis bei der L Versicherung ist getrennt zu sehen von den durch den Kläger geleisteten Prämienzahlungen. Diese Prämienzahlungen hat der Kläger für den Versicherungsnehmer A geleistet. Nach dem Vertrag sollte auch ab dem Zeitpunkt des Beginns der Prämienzahlungen der Erblasser A weiter Versicherungsnehmer bleiben. Auch die Rechtsposition des Klägers wurde nach Übernahme der Prämienzahlungen ab März 1998 nicht geändert oder angepasst. Der Kläger ist weiterhin lediglich widerruflich Begünstigter aus der Risikolebensversicherung gewesen. Versicherungsfall war hier weiterhin der Tod des Versicherungsnehmers A.

    Damit hat der Kläger einen Anspruch auf Leistung aus der Risikolebensversicherung erst mit dem Tod des Versicherungsnehmers erlangt.

    Eine andere rechtliche Erwägung ergibt sich auch nicht dadurch, dass der Kläger vorgetragen hat, die von Herrn A vereinnahmten Mieten sollten der Finanzierung seines im Jahr 1995 erworbenen Hauses dienen. Die streitige Risikolebensversicherung ist gerade nicht als Sicherheit für die Hausfinanzierung durch X-Bank hingegeben worden. Es gibt auch keine weiteren privatschriftlichen Vereinbarungen zwischen dem Kläger und dem Erblasser, wonach dem Kläger ab Beginn der Prämienzahlungen eine unwiderrufliche Rechtsposition gegenüber der L Versicherung eingeräumt worden ist.

    Die Leistungen aus dem Versicherungsverhältnis sind deshalb in vollem Umfang der Erbschaftsteuer zugrunde zu legen.

    Die Klage war mit der Kostenfolge des § 135 FGO abzuweisen.

    RechtsgebietErbschaftsteuerVorschriftenErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 4

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