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  • 29.08.2016 · IWW-Abrufnummer 188274

    Oberlandesgericht Koblenz: Beschluss vom 22.06.2016 – 14 W 295/16

    § 1 Abs. 1 S. 1 LJVwKostG i.V.m. Nr. 1401 KVJVKostG stellt keine taugliche Grundlage für die Erhebung einer Auskunftsgebühr in Höhe von 15 € dar, wenn auf ein Auskunftsersuchen nach §§ 13, 357 FamFG mitgeteilt wird, dass kein Nachlassvorgang vorhanden ist. Hinweis: Die Entscheidung ist im Verfahren nach § 66 Abs. 4 S. 1 GKG ergangen, so dass kein weiteres Rechtsmittel statthaft ist. Die Entscheidung ist rechtskräftig.


    Oberlandesgericht Koblenz

    Beschl. v. 22.06.2016

    Az.: 14 W 295/16

    In Sachen
    ...
    - Gläubigerin und Beschwerdeführerin -
    Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...
    gegen
    die Erben des ...
    - Schuldner, im Beschwerdeverfahren nicht beteiligt -
    an dem weiter beteiligt ist:
    der Bezirksrevisor bei dem Landgericht ...
    - Vertreter der Staatskasse und Beschwerdegegner -

    wegen Auskunft über ein Nachlassverfahren
    hier: weitere Kostenansatzbeschwerde

    hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Goebel, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Menzel und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Walter am 22.06.2016 beschlossen:

    Tenor:

    1. Auf die weitere Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 27.05.2016 werden der Beschluss des Landgerichtes Trier vom 04.05.2016 (4 T 44/16), der Beschluss des Amtsgerichtes Trier vom 23.03.2016, (26 VI 321/15) sowie die Kostenansatzrechnung vom 23.03.2015 (KaZ/ReZ 08152588142869) aufgehoben.
    2. Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
    Gründe

    I.

    Die Gläubigerin hat am 15.06.2015 das AG Trier - Nachlassgericht um Auskunft über den Erbfall und die Feststellung der Erben sowie die Übersendung der hierauf bezogenen Unterlagen ersucht (Bl. 2 GA). Hierauf wurde ihr ausweislich der Verfügung in den Akten eine dort nicht niedergelegte Negativbescheinigung erteilt. Am 23.03.2015 wurde darauf ein Kostenansatz von 15 € nach Nr. 1401 KVJVKostG erhoben (Bl. 4 GA).

    Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin und macht geltend, dass das JVKostG nicht anwendbar und keine taugliche Grundlage für den Kostenansatz sei.

    Ohne sich mit § 1 Abs. 2 JVKostG im Einzelnen auseinanderzusetzen, sind der Vertreter der Staatskasse sowie - im Wege der Erinnerung und zugelassenen Beschwerde - das Amts- und Landgericht in den im Tenor genannten Entscheidungen dieser Sicht entgegengetreten. Da kein Nachlassvorgang vorhanden sei, handele es sich nicht um eine gerichtliche Auskunft, sondern um eine solche in einer Justizverwaltungsangelegenheit.

    Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das Landgericht die weitere Beschwerde nach § 22 Abs. 1 S. 2 JVKostG iVm. § 66 Abs. 4 S. 1 GKG zugelassen, die die Beschwerdeführerin unter Wiederholung ihres Vortrages erhoben hat.

    II.

    Die weitere Beschwerde ist nach § 22 Abs. 1 S. 2 JVKostG iVm. § 66 Abs. 4 S. 1 GKG statthaft, da das Landgericht sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen hat. Sie ist auch im Übrigen zulässig und hat in der Sache Erfolg. § 1 Abs. 1 S. 1 LJVwKostG iVm. Nr. 1401 KV JVKostG stellt keine taugliche Grundlage für die angesetzte Auskunftsgebühr in Höhe von 15 € dar.

    In Justizverwaltungsangelegenheiten erheben die Justizbehörden des Landes nach § 1 LJVwKostG (GVBl. 1992, 99) Kosten (Gebühren und Auslagen) nach dem Justizverwaltungskostengesetz (JVKostG) vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 2586 - 2655 -) in der jeweils geltenden Fassung.

    Der Kostenansatz stützt sich insoweit auf Nr. 1401 JVKostG. Danach wird für Bescheinigungen und schriftliche Auskünfte aus Akten und Büchern eine Gebühr von 15 € erhoben. Die Gebühr wird nach der Anmerkung auch für eine Bescheinigung erhoben, aus der sich ergibt, dass entsprechende Akten nicht geführt werden oder ein entsprechendes Verfahren nicht anhängig ist.

    Diese Bezugnahme lässt allerdings den Anwendungsbereich des JVKostG außer Betracht. Nach § 1 Abs. 1 JVKostG gilt das Gesetz zunächst für die Erhebung von Kosten (Gebühren und Auslagen) durch die Justizbehörden des Bundes in Justizverwaltungsangelegenheiten. Das Amtsgericht - Nachlassgericht - ist aber keine Justizbehörde des Bundes, sondern eine solche des Landes. Nach § 1 Abs. 2 JVKostG gilt es allerdings auch für die Justizbehörden der Länder in Justizverwaltungsangelegenheiten in den im Einzelnen aufgeführten Verfahren. Auch dessen Voraussetzungen liegen aber nicht vor. Das Nachlassverfahren ist kein dort aufgeführtes Verfahren. Auch die allgemeine Auskunft über Aktenvorgänge und Verfahren hat keinen Eingang in die Regelung gefunden.

    Die Einsichtnahme in die Nachlassakte und ein entsprechendes Auskunftsverlangen sind schon keine Justizverwaltungsangelegenheiten, sondern folgen §§ 13, 357 FamFG. Sie sind damit Teil der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Dass es keinen Nachlassvorgang gibt, ist Teil dieser Auskunft. Soweit eine Kostenpflicht bestehen sollte, könnte sich diese nur aus dem FamGKG oder dem GNotKG ergeben, nicht aber aus dem JVKostG. Dem kann nicht mit dem Argument entgegengetreten werden, dass - jedenfalls im Zeitpunkt der Auskunftserteilung - keine Nachlassakte vorhandenen gewesen sei, weshalb auch kein Auskunftsverlangen gegenüber dem Nachlassgericht vorliege. Ausweislich des Auskunftsverlangens in der Gerichtsakte ist dieser ausdrücklich an das Nachlassgericht gerichtet (Bl. 2 GA). Maßgeblich für die Zielrichtung des Auskunftsverlangens ist allein der Antrag. Er war auf Auskunft nach §§ 13, 357 FamFG gerichtet und ist nicht auslegungs- oder umdeutungsfähig. Dass inzwischen ein Nachlassvorgang vorliegt, bleibt deshalb ohne Bedeutung.

    Selbst wenn man dem nicht folgen wollte, fehlt es an einer Grundlage für den Kostenansatz. Nachlassverfahren bzw. die Einsichtnahme in die Nachlassakten und auch allgemein die Negativauskunft zur Aktenführung sind nicht als von diesem Gesetz betroffene Angelegenheiten in § 1 Abs. 2 JVKostG aufgeführt. Der Katalog ist abschließend. So hat das AG Frankfurt für die vergleichbare Einsichtnahme in das Schuldnerverzeichnis bereits entschieden, dass die Erhebung von Kosten für eine Negativauskunft aus einem nach altem Recht geführten Schuldnerverzeichnis im Landesrecht keine Rechtsgrundlage findet, da die Vorschriften des JVKostG für die Kostenerhebung durch die Länder nach § 1 Abs. 2 JVKostG nur für einen enumerativ aufgeführten Bereich Anwendung finden, zu dem die Erteilung von Auskünften aus dem Schuldnerverzeichnis nicht gehört (AG Frankfurt v. 21.11.2014, 75 AR 5/14). Dem ist zuzustimmen. Keine der Katalogziffern in § 1 Abs. 2 JVKostG bietet eine Grundlage für eine Gebührenerhebung nach dem JVKostG bei Negativauskünften zu Nachlassverfahren. Obwohl der Antragsteller und Beschwerdeführer auf diesen Umstand von Anfang an hingewiesen hat, haben sich weder der Vertreter der Staatskasse noch das Amts- und das Landgericht mit diesem Umstand auseinandergesetzt. Es obliegt allein dem Gesetzgeber im formalisierten Kostenrecht eindeutige und klare Kostentatbestände zu schaffen. Der Justiz kommt kein eigenes Gebührenerfindungsrecht zu.

    Das LJVwKostG enthält lediglich eine dynamische Verweisung auf das JVKostG des Bundes, ohne dieses zu erweitern. Insbesondere erweitert es den Katalog nach § 1 Abs. 2 JVKostG nicht auf Nachlassangelegenheiten.

    Der Senat hatte nicht zu entscheiden, ob ein Kostenansatz nach dem FamGKG oder dem GNotKG gerechtfertigt ist.

    Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 22 Abs. 1 S. 2 JVKostG, § 66 Abs. 8 GKG.

    RechtsgebieteJVKostG, GKG, KVJVKostG, LJVwKostGVorschriftenJVKostG § 1; JVKostG § 22; GKG § 66; KVJVKostG Nr. 1401; LJVwKostG RLP § 1

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