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  • 26.09.2022 · IWW-Abrufnummer 231429

    Oberlandesgericht Brandenburg: Beschluss vom 09.08.2022 – 3 W 17/22

    Diese Entscheidung enhält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.



    Tenor:

        1.

        Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Schwedt/Oder vom 07.12.2021, Az. 8 VI 262/21, wird zurückgewiesen.
        2.

        Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
        3.

        Beschwerdewert: 5.000 €

    Gründe

    I.

    Die Erblasserin und der Beteiligte zu 2 waren verheiratet. Der Beteiligte zu 1 ist ihr gemeinsamer Sohn. Die Erblasserin und der Beteiligte zu 2 hatten zwei weitere gemeinsame Kinder, C... und A...

    Mit Beschluss des Amtsgerichts Eberswalde - Betreuungsgericht - vom 23.10.2020 wurde aufgrund einer Hirnblutung der Erblasserin der Beteiligte zu 1 zum vorläufigen Betreuer der Erblasserin bestellt. Mit Beschluss des Amtsgerichts Schwedt - Betreuungsgericht - vom 01.12.2020 wurde der Beteiligte zu 1 als Betreuer entlassen und die Mutter der Erblasserin, Frau ..., zur Betreuerin für den Aufgabenkreis "Gesundheitsfürsorge einschließlich hiermit verbundener Aufenthaltsbestimmung" bestellt. Mit Beschluss des Betreuungsgerichts vom 22.12.2020 wurde die Betreuung um die Aufgabenkreise "Vermögenssorge" und "Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post im Rahmen der übertragenen Aufgabenkreise" erweitert.

    Am 12.11.2020 ging beim Amtsgericht Schwedt ein Scheidungsantrag ein, gestellt durch den Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1 im hiesigen Verfahren als Verfahrensbevollmächtigter der Erblasserin. Dem Antrag lag eine Vollmacht der Erblasserin zugrunde, die diese dem Bevollmächtigten am 24.08.2018 für die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung in Sachen "... ./. ..." erteilt hatte. Im Laufe des Ehescheidungsverfahren (4 F ...) reichte der Verfahrensbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 07.05.2021 eine weitere Vollmacht der Betreuerin der Erblasserin vom 19.04.2021 in Sachen ... ./. ..., wegen "Ehescheidung Amtsgericht Schwedt 4 F ..." ein.

    Auf Antrag des Beteiligten zu 2 erteilte das Amtsgericht Schwedt/Oder - Nachlassgericht - einen Erbschein, der den Beteiligten zu 2 als Erben zu 1/2 und den Beteiligten zu 1 sowie seine beiden Schwestern als Erben zu je 1/6 ausweist.

    Im vorliegenden Verfahren begehrt der Beteiligte zu 1 die Einziehung des Erbscheins. Er meint, der Erbschein sei unrichtig, da der Beteiligte zu 2 nicht Erbe geworden sei. Die Voraussetzungen des § 1933 BGB, wonach das Ehegattenerbrecht ausgeschlossen sei, lägen vor.

    Das Nachlassgericht hat mit Beschluss vom 07.12.2021 den Einziehungsantrag zurückgewiesen. Die Voraussetzungen des § 1933 BGB lägen nicht vor. Zwar hätten die Ehegatten mehr als ein Jahr getrennt gelebt. Der Beteiligte zu 2 habe der Scheidung aber nicht zugestimmt, so dass die Voraussetzung für eine Scheidung nach § 1565 Abs. 1 BGB nicht gegeben gewesen sei.

    Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 1 mit seiner Beschwerde. Er meint, der Scheidungsantrag sei wirksam gestellt worden. Zudem hätten die Ehegatten mehr als drei Jahre getrennt gelebt, so dass es auf die Zustimmung des Beteiligten nicht angekommen sei, sondern die Voraussetzung der Scheidung nach § 1566 Abs. 2 BGB vorgelegen hätten.

    Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Zur weiteren Begründung hat es ausgeführt, dass es auch deshalb an den Voraussetzungen des § 1933 BGB fehle, weil bereits kein wirksamer Scheidungsantrag vorliege.

    Der Senat hat im Beschwerdeverfahren die Akten des Amtsgerichts Schwedt zum Scheidungsverfahren 4 F ... und die Betreuungsakte 15 XVII ... beigezogen.

    II.

    Die nach §§ 58 ff FamFG zulässige Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrags auf Einziehung des Erbscheins ist unbegründet.

    Gesetzliche Erben der Erblasserin sind ihr Ehegatte zu 1/2 und die drei gemeinsamen Kinder zu je 1/6 (§§ 1924 Abs. 1 BGB, 1931 Abs. 1 BGB, 1371 BGB).

    Die Voraussetzungen des § 1933 BGB liegen nicht vor, so dass das Ehegattenerbrecht nicht ausgeschlossen ist.

    1.

    Nach § 1933 BGB ist das Erbrecht des überlebenden Ehegatten ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hat.

    Es fehlt hier bereits an der Stellung eines wirksamen Scheidungsantrages nach § 1564 BGB.

    a)

    Soweit sich der Beschwerdeführer darauf beruft, dass die Erblasserin selbst noch vor ihrer Erkrankung den für sie im Scheidungsverfahren handelnden Rechtsanwalt wirksam mit der Durchführung des Scheidungsverfahrens beauftragt habe, so folgt der Senat dem nicht.

    Wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, bedarf der Bevollmächtigte einer besonderen, auf das Verfahren gerichteten Vollmacht (§ 114 Abs. 5 FamFG). Eine Generalvollmacht oder eine allgemeine Prozessvollmacht, genügen nicht. Die Vollmacht in Ehesachen muss neben der Partei auch die Ehesache genau bezeichnen, auf die sie sich bezieht. Die Bestimmung soll sicherstellen, dass eine Ehesache nur auf Grund einer persönlichen Entscheidung jedes Ehegatten über die Erhaltung oder Auflösung der Ehe betrieben wird (MüKoFamFG/C. Fischer, 3. Aufl. 2018, FamFG § 114 Rn. 18). Sie muss auf das konkrete Verfahrensziel bezogen sein (KG, Beschluss vom 13.02.2014, 25 WF 105/13).

    Diesen Anforderungen genügt die von der Erblasserin ausgestellte Vollmacht nicht. Die Vollmacht bezeichnet allgemein ein Verfahren ..../. ..., ohne dass erkennbar ist, dass und auf welche Ehesache es sich bezieht und welches Ziel das Verfahren verfolgt. Dass die Erblasserin rechtsunkundig gewesen sei, wie der Beschwerdeführer meint, ändert hieran nichts. Im Übrigen hat die Erblasserin im Jahr 2018, wie sich aus der beigezogenen Betreuungsakte ergibt, ein Gewaltschutzverfahren eingeleitet, so dass sich die Vollmacht auch auf dieses bezogen haben könnte.

    b)

    Auch soweit die Betreuerin der Erblasserin dem Verfahrensbevollmächtigten im Scheidungsverfahren am 19.04.2021 eine Vollmacht ausgestellt hat, die sich ausdrücklich auf das Ehescheidungsverfahren vor dem Amtsgericht Schwedt bezog, liegt darin keine wirksame Bevollmächtigung des vor dem Amtsgericht im Scheidungsverfahren aufgetretenen Rechtsanwalts. Die Betreuerin konnte weder eine - unwirksame - Bevollmächtigung durch die Erblasserin selbst genehmigen, noch selbst eine wirksame Vollmacht erteilen.

    Ausweislich des Beschlusses des Amtsgerichts Schwedt/Oder vom 22.12.2020 (Blatt 105 der beigezogenen Betreuungsakte 15 XVII 173/20) wurde die Mutter der Erblasserin, Frau ... zwar als Betreuerin der Erblasserin bestellt. Die Betreuerin der Erblasserin, ihre Mutter, war dennoch nicht dazu befugt, den Rechtsanwalt damit zu beauftragen, die Erblasserin in einem Ehescheidungsverfahren zu vertreten und für diese einen Scheidungsantrag zu stellen.

    Der Aufgabenkreis des Betreuers ist vom Betreuungsgericht im Beschluss zur Betreuerbestellung ausdrücklich festzulegen, § 286 Abs. 1 Nr. 1 FamFG. Die Festlegung muss in einer verständlichen und klaren Weise formuliert sein. Es ist dabei so konkret wie möglich zu formulieren (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 12.04.2011 - 2 WF 166/10, BeckRS 2011, 14629).

    Als Aufgabenkreise im Beschluss des Amtsgerichts genannt sind nur die Gesundheitsfürsorge, die Vermögenssorge und die Entgegennahme, Anhalten und Öffnen der Post im Rahmen der übertragenen Aufgabenkreise. Nur in diesen Aufgabenkreisen konnte die Betreuerin die Betroffene gerichtlich und außergerichtlich vertreten, § 1902 BGB.

    Die Vermögenssorge umfasst im Wesentlichen die Verwaltung vorhandenen Vermögens, das Veräußern, Erwerben und Verwalten von Sachen, Sachgesamtheiten, Forderungen und Rechten, also auch die Beantragung/Verwaltung von Renten, das Abwehren von gegen die betroffene Person gerichteten Ansprüchen und auch das Nutzen von Steuervorteilen für die betreute Person (BeckOGK/Schmidt-Recla, 01.02.2022, BGB § 1896 Rn. 211). Die Gesundheitssorge erfasst im Wesentlichen medizinische Angelegenheiten.

    Keiner dieser Aufgabenkreise hat auch nur ansatzweise Bezug zu der Vertretung in einem gerichtlichen Ehescheidungsverfahren, so dass die Vertretungsbefugnis der Betreuerin davon nicht umfasst war (vgl. zu den - engen - Voraussetzungen einer wirksamen Vertretung in Scheidungsangelegenheiten und zur notwendigen Konkretisierung des Aufgabenkreises insbesondere OLG Celle, Beschl. v. 11.07.2013 - 6 W 106/13, BeckRS 2013, 201343; OLG Brandenburg, Beschl. v. 20.12.2011 - 10 UF 217/10, BeckRS 2012, 15562; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 12.04.2011 - 2 WF 166/10, BeckRS 20).

    Darüber hinaus fehlte es auch an der betreuungsrechtlichen Genehmigung nach § 125 Abs. 2 FamFG.

    Die Beschwerde kann damit keinen Erfolg haben.

    2.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

    Mangels anderweitiger Erkenntnisse über die Werthaltigkeit des Nachlasses orientiert sich die Festsetzung des Beschwerdewerts am Auffangwert des § 36 GNotKG.