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  • 07.05.2013 · IWW-Abrufnummer 132287

    Finanzgericht München: Urteil vom 20.02.2013 – 4 K 690/10

    1. Erfolgt die schenkweise monatlichen Einzahlung von Versicherungsbeiträgen auf eine erst aufgrund des Schenkungsangebots
    abgeschlossene fondsgebundene Rentenversicherung des Beschenkten und erhält dieser die zur Beitragszahlung an die Rentenversicherung
    bestimmten Gelder zu keinem Zeitpunkt zur freien Verfügung, besteht die Bereicherung nicht in mit den Nennwert anzusetzenden
    einzelnen monatlichen Geldschenkungen, sondern im Erwerb des jeweiligen monatlichen Wertzuwachses des Rentenversicherungsanspruches,
    der gem. § 12 Abs. 1 ErbStG i. V. m. § 12 Abs. 4 BewG 1991 a. F. wertmäßig nur mit 2/3 der Höhe der einbezahlten Versicherungsbeiträge
    anzusetzen ist.
    2. Wird die freigebige Zuwendung monatlich abschnittweise ausgeführt und bürgerlich-rechtlich nur durch die wiederkehrende
    Ausführung der monatlichen Geldleistungen wirksam, löst jede einzelne monatliche Geldtransferleistung eine eigenständige Zuwendung
    im schenkungsteuerrechtlichen Sinn aus.


    IM NAMEN DES VOLKES
    Urteil
    In der Streitsache
    hat der 4. Senat des Finanzgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht …, die Richterin am Finanzgericht
    … und den Richter am Finanzgericht … sowie den ehrenamtlichen Richter u… und den ehrenamtlichen Richter … auf Grund der mündlichen
    Verhandlung vom 20. Februar 2013 für Recht erkannt:
    1. Der Schenkungsteuerbescheid vom 17. Februar 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Januar 2010 wird dahingehend
    geändert, dass die Schenkungsteuer auf 629,– EUR herabgesetzt wird.
    2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
    3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe
    der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit
    in derselben Höhe leistet.
    Tatbestand:
    Die Beteiligten streiten darüber, ob im Falle der schenkweisen monatlichen Einzahlung von Versicherungsbeiträgen auf eine
    fondsgebundene Rentenversicherung des Empfängers der
    Zuwendungsgegenstand in den einzelnen monatlichen Geldschenkungen oder in dem jeweiligen monatlichen Wertzuwachs des Rentenversicherungsanspruches
    in Höhe seines Rückkaufswertes besteht.
    Der Beklagte erhielt durch den Prüfungsbericht der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts R vom 15. Dezember 2008 Kenntnis von
    folgendem Sachverhalt:
    Der Kläger hatte im November 2004 bei der S Lebensversicherung AG im eigenen Namen eine fondsgebundene Rentenversicherung
    (Versicherungsnummer: …) abgeschlossen. Vertragsbeginn war der 1.
    November 2004 und der Einsatz der Rentenzahlungen an den Kläger war für den 1. November 2021 vorgesehen. Die Höhe der monatlichen
    Versicherungsbeiträge war für den Zeitraum vom November
    2004 bis Dezember 2005 auf 5.000 EUR festgelegt und sollte sich laut Versicherungsvertrag ab Januar 2006 von Jahr zu Jahr
    beginnend ab dem jeweiligen 1. Januar um 5% des monatlichen Vorjahresbeitrages erhöhen.
    Die danach jeweils zum Monatsersten fälligen Versicherungsbeiträge des Klägers wurden im Zeitraum von November 2004 bis Dezember
    2007 regelmäßig und in voller Höhe von der in …
    wohnenden A, der Tante des Klägers, bezahlt. Im Einzelnen handelte es sich um folgende Beträge (in EUR):
    Die o.g. monatlichen Zahlungsvorgänge waren durch Einschaltung einer Mittelsperson, namentlich des D, erledigt worden. D betrieb
    in M (Inland) eine Hauptagentur der S Versicherungs AG und war neben B, der Schwester von A und Mutter des Klägers, seinerzeit
    zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Fa. E Vermögensverwaltungs-GmbH mit Sitz in … bestellt. Gesellschafter
    dieser GmbH waren neben B auch der Kläger und seine Schwester C. D transferierte im Zeitraum von November 2004 bis Dezember
    2007 die von einem bei der X Bank in … auf den Namen von A geführten Konto stammenden monatlichen Geldbeträge in bar ins Inland,
    zahlte sie auf ein auf seinen Namen eingerichtetes Konto bei der Y Bank in M ein und überwies sie schließlich von dort weiter
    an die S Versicherungs AG zugunsten des Rentenversicherungsvertrages des Klägers.
    Der Beklagte sah die einzelnen monatlichen Zahlungsvorgänge von November 2004 bis Dezember 2007 als jeweils voneinander unabhängige
    freigebige Zuwendungen von Geldbeträgen durch A an den Kläger an und setzte dementsprechend getrennt für jeden monatlichen
    Zahlungsvorgang Schenkungsteuer gegen den Kläger fest. Den Schenkungsteuerbescheiden lag jeweils der zugewendete einzelne
    Monatsbetrag als Wert des Erwerbes zugrunde, wobei die Zuwendungen der jeweils seit November 2004 vorhergegangenen Monatszuwendungen
    als die steuerrechtliche Bemessungsgrundlage erhöhender Vorerwerb berücksichtigt und die hierauf entfallende Schenkungsteuer
    zum Abzug gebracht war. So verhält es sich auch mit dem den Zahlungsvorgang zum 1. Dezember 2007 betreffenden, klagegegenständlichen
    Schenkungsteuerbescheid vom 17. Februar 2009. Der Beklagte ging hierbei von einem Wert des Erwerbes von 5.512,50 EUR aus und
    berücksichtigte einen Vorerwerb von insgesamt 277.530,50 EUR. Der Wert dieses Vorerwerbes setzte sich aus einer – früheren
    und hier nicht streitigen – Zuwendung vom 30. September 2003 von 83.893 EUR, der Summe der Monatsbeträge für den Zeitraum
    von November 2004 bis Dezember 2005 von 70.000 EUR (d.h. 14 × 5.000 EUR), der Summe der Monatsbeträge für den Zeitraum von
    Januar bis Dezember 2006 von 63.000 EUR (d.h. 12 × 5.250 EUR) und der Summe der Monatsbeträge für den Zeitraum von Januar
    bis November 2007 von 60.637,50 EUR (d.h. 11 × 5.512,50 EUR) zusammen. Nach Abzug des persönlichen Freibetrages von 10.300
    EUR errechnete sich eine steuerrechtliche Bemessungsgrundlage von 272.700 EUR. Bei Anwendung des Steuertarifs von 22% nach
    Steuerklasse II (gemäß der auf den Streitfall anzuwendenden Fassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes – ErbStG
    –) sowie des den Tarifsprung mildernden Härteausgleichs ergab sich eine Schenkungsteuer von 51.870 EUR, von der der Beklagte
    Schenkungsteuer von 49.120 EUR für die Vorerwerbe zum Abzug brachte. Der mit Schreiben vom 19. März 2009 hiergegen eingelegte
    Einspruch des Klägers blieb erfolglos und wurde durch Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 22. Januar 2010 als unbegründet
    zurückgewiesen. Über die Einsprüche, die der Kläger ebenfalls gegen die wegen der Zuwendungen von November 2004 bis November
    2007 erlassenen Schenkungsteuerbescheide eingelegt hatte, hat der Beklagte bislang noch nicht entschieden.
    Die vorliegende, mit Schriftsatz des Klägers vom 26. Februar 2010 erhobene Klage richtet sich gegen den Schenkungsteuerbescheid
    vom 17. Februar 2009 und wird wie folgt begründet:
    Der Beklagte sei sowohl bei der Zuwendung im Dezember 2007 als auch bei den als Vorerwerbe erfassten Zuwendungen aus den Monaten
    November 2004 bis November 2007 zu Unrecht von monatlichen Bargeldschenkungen ausgegangen. Vielmehr sollte der Kläger nach
    dem Willen seiner Tante kein Geld sondern einen Versicherungsanspruch geschenkt erhalten. Der Kläger sei auch zu keinem Zeitpunkt
    imstande gewesen, über die monatlichen Geldbeträge frei zu verfügen. Entsprechend den Grundsätzen über die mittelbare Schenkung
    sei als Zuwendungsgegenstand nicht der jeweilige Geldbetrag anzusehen, sondern dasjenige, was der Kläger hierfür erworben
    habe. Die Geldbeträge hätten zweckgebunden nur der Finanzierung der Rentenversicherung dienen dürfen. Die Einhaltung dieser
    Zweckbindung sei durch die Einschaltung von D auch gesichert gewesen. Deswegen sei der Kläger auch nicht in Höhe der bezahlten
    Geldbeträge sondern nur in Höhe des jeweils anwachsenden Versicherungsanspruches bereichert worden. Der Versicherungsanspruch
    des Klägers dürfe nach den auf den Streitfall anzuwendenden bewertungsrechtlichen Vorschriften nur mit ? der eingezahlten
    Kapitalbeiträge angesetzt werden. Hierdurch ergebe sich für den klagegegenständlichen Schenkungsteuerbescheid ein Wert des
    Erwerbes von 3.675 EUR und ein Wert des Vorerwerbes in Höhe der Summe aus dem Vorerwerb des Jahres 2003 von 83.893 EUR und
    den Vorerwerbstatbeständen aus dem Zeitraum von November 2004 bis November 2007 von 129.091,67 EUR.
    Der Kläger beantragt,
    den Schenkungsteuerbescheid vom 17. Februar 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Januar 2010 dahingehend zu
    ändern, dass die Schenkungsteuer auf 629,– EUR herabgesetzt wird.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Nach seiner Ansicht seien die Wertansätze nicht zu beanstanden. Die Grundsätze über die sogenannte mittelbare Schenkung würden
    auf den Streitfall keine Anwendung finden. Der Gegenstand der Zuwendungen sei nach bürgerlich-rechtlichen Vorschriften zu
    bestimmen. Der Kläger habe sich selbständig gegenüber der Versicherungsgesellschaft zur Zahlung der monatlichen Beiträge verpflichtet.
    Diese Verpflichtung hätte auch bestanden, wenn die regelmäßigen monatlichen Zuwendungen aus welchen Gründen auch immer unterblieben
    wären. Der Kläger hätte nicht zuletzt die Rentenversicherung jederzeit kündigen können. Zuwendungsgegenstand sei demnach die
    Begleichung der monatlichen Zahlungsverpflichtung des Klägers gegenüber der Versicherungsgesellschaft von dritter Seite durch
    seine Tante gewesen. Bei Erfüllung eines Zahlungsanspruches durch einen Dritten bestehe die Bereicherung des Zahlungsverpflichteten
    in der Befreiung von dieser Verpflichtung. Anzusetzen sei deswegen der Nominalbetrag der Geldzahlungen.
    Mit Beschluss des Senates vom 23. Januar 2013 wurde durch Einvernahme von D als Zeuge in der mündlichen Verhandlung über die
    Umstände des Abschlusses des Rentenversicherungsvertrages des Klägers vom November 2004 mit der S Lebensversicherungs AG und
    des monatlichen Geldtransfers Beweis erhoben.
    Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 105 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Schriftsätze der Beteiligten,
    auf die den Kläger betreffenden Behördenakten und auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 20. Februar 2013
    Bezug genommen.
    Entscheidungsgründe:
    1.) Die fristgerecht erhobene, und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet. Der klagegegenständliche Schenkungsteuerbescheid
    ist nach Maßgabe der nachfolgenden Gründe rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
    a) Der Schenkungsteuer unterliegen als steuerpflichtige Vorgänge Schenkungen unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 des Erbschaftsteuer-
    und Schenkungsteuergesetzes in der auf den Streitfall anzuwendenden Fassung – ErbStG –). Als eine solche gilt u.a. jede freigebige
    Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert ist (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
    ErbStG). Die Bestimmung des Zuwendungsgegenstandes richtet sich nach bürgerlichem Recht (vgl. Bundesfinanzhof – BFH – Urteil
    vom 7. April 1976 II R 87/70, II R 88/70, II R 89/70, BFHE 119, 300, BStBl II 1976, 632; Meincke ErbStG 15. Auflage 2009 §
    7 Rdn. 14). Deshalb ist zunächst auf den erklärten Willen des Zuwendenden und des Empfängers abzustellen (BFH-Urteil vom 15.
    November 1978 II R 69/72, BFHE 126, 318, BStBl II 1979, 201). Die Klärung dieser Frage ist Gegenstand tatrichterlicher Würdigung
    (vgl. Bundesgerichtshof – BGH-Urteil vom 29. Mai 1952 IV ZR 167/51, NJW 1952, 1171). Die Besteuerung richtet sich danach,
    wie sich die Vermögensmehrung im Zeitpunkt der Zuwendung beim Beschenkten darstellt. Dementsprechend bestimmt sich der steuerpflichtige
    Erwerb nach der Bereicherung des Erwerbers (§ 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG). Die Wertermittlung knüpft deswegen an den Gegenstand
    an, über den der Beschenkte endgültig verfügen kann (BFH-Urteil vom 17. Juni 1998 II R 51/96, BFH/NV 1998, 1378 m.w.N.). Es
    ist bei einer Schenkung nicht erforderlich, dass der Gegenstand, um den der Beschenkte bereichert wird, sich vorher in derselben
    Gestalt im Vermögen des Schenkers befunden hat und wesensgleich übergeht. „Entreicherungsgegenstand” und „Bereicherungsgegenstand”
    brauchen nicht identisch zu sein (BFH-Urteil vom 13. März 1996 II R 51/95, BFHE 180, 174, BStBl II 1996, 548). Es handelt
    sich in einem solchen Fall um eine sogenannte mittelbare Schenkung (vgl. Fischer in Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter ErbStG
    4. Auflage 2012 § 7 Rz. 55). Die Grundsätze der mittelbaren Schenkung sind auch nicht auf die Zuwendung bestimmter Gegenstände,
    wie beispielsweise Grundstücke begrenzt, sondern bei allen als Zuwendungsobjekt in Betracht kommenden Gegenständen oder Rechten
    anwendbar (BFH-Urteil vom 17. Juni 1998 II R 51/96, BFH/NV 1998, 1378). Der Wert des Erwerbes bestimmt sich im allgemeinen
    – vorbehaltlich der vorrangigen Regelungen in § 12 Abs. 2 bis 6 ErbStG – nach den Vorschriften des Ersten Teiles des Bewertungsgesetzes
    in der auf den Streitfall anzuwendenden Fassung – BewG – (§ 12 Abs. 1 ErbStG, §§ 1 – 16 BewG). Die Schenkungsteuer entsteht
    erst im Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG), nicht schon im Zeitpunkt der Abgabe des Schenkungsversprechens.
    Damit bildet die Erfüllung des schuldrechtlichen Schenkungsversprechens (§ 362 Abs. 1 BGB) überhaupt erst den schenkungsteuerrechtlichen
    Tatbestand (vgl. Meincke ErbStG 15. Auflage 2009 § 7 Rdn. 46; Fischer in Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter ErbStG 4. Auflage
    2012 § 9 Rz. 97).
    b) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall hat die Klage in der Sache Erfolg.
    aa) Der erkennende Senat hat keinen Zweifel daran, dass die dem Kläger von November 2004 bis einschließlich Dezember 2007
    durch A monatlich zugewendeten Vermögenswerte als freigebige Zuwendungen, das heißt ohne Gewährung einer Gegenleistung durch
    den Kläger, erfolgt und deshalb gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG der Schenkungsteuer zu unterwerfen sind. Nach dem Ergebnis der
    Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung, insbesondere aufgrund der Aussage des Zeugen D steht fest, dass sich A im November
    2004 entschlossen hatte, aus ihrem, seinerzeit in der Schweiz bei der X Bank in … angelegten Kapitalvermögen für den Kläger
    eine Rentenversicherung zu finanzieren. Des Weiteren steht fest, dass der Kläger nach Vermittlung durch den Zeugen D die Rentenversicherung
    mit der S Lebensversicherung AG im eigenen Namen abgeschlossen und die Verpflichtung zur Leistung der monatlichen Versicherungsbeiträge
    selbst und allein übernommen hat. Jedenfalls ergeben weder die vorgelegten Behördenakten noch der Sachvortrag der Beteiligten
    einen Anhaltspunkt dafür, dass A der monatlichen Zahlungsverpflichtung des Klägers gegenüber der Rentenversicherung vertraglich
    beigetreten wäre. Dies entspricht auch der Aussage des Zeugen D in der mündlichen Verhandlung. Ihre Zusage, die regelmäßige
    finanzielle Verpflichtung des Klägers gegenüber der Rentenversicherung zu erfüllen, hat A – wie der Zeuge D bestätigt – lediglich
    in mündlicher Form abgegeben. Somit hat es sich nur um ein formloses, und daher bürgerlich-rechtlich mit Wirkung für die Zukunft
    nicht bindendes Schenkungsversprechen gehandelt (§ 516 Abs. 1, § 518 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB –).
    Hinweise auf eine formwirksame, das heißt notariell beurkundete Schenkungsverpflichtung sind weder der Behördenakte noch dem
    Ergebnis der Beweisaufnahme zu entnehmen. Der Formmangel der bürgerlich-rechtlich unwirksamen Schenkungszusage (§ 125 BGB)
    ist schließlich erst durch den abschnittsweisen Vollzug der monatlichen Geldtransferleistungen geheilt worden (§ 518 Abs.
    2 BGB). Schließlich hat die Einvernahme des Zeugen D zweifelsfrei ergeben, dass der Kläger seinen Entschluss zum Abschluss
    der Rentenversicherung überhaupt erst im Zusammenhang und auf Veranlassung des Schenkungsangebotes seiner Tante gefasst hatte.
    Seine Zahlungsverpflichtung ist er schließlich erst mit der finanziellen „Rückendeckung” der schenkweisen Unterstützung durch
    A eingegangen. Die vom Zeugen D in der mündlichen Verhandlung geschilderte mündliche Absprache zwischen A und dem Kläger,
    dass dieser im Falle eines Meinungswandels bei der Schenkerin die erworbenen Versicherungsansprüche wieder rückabtreten müsste,
    ändert an dem schenkungsteuerrechtlichen Tatbestand der freigebigen Zuwendung nichts. Zum einen ist nur der Kläger aus der
    Lebensversicherung berechtigt gewesen und zum anderen hat diese „Rückgabeverpflichtung” des Klägers nur in „moralischer” nicht
    hingegen in rechtlicher Hinsicht bestanden.
    bb) Aus alldem ergibt sich ein deutliches Bild des Zuwendungsgegenstandes im Streitfall.
    Dem Beklagten ist zwar einzuräumen, dass die durch den Geldtransfer bei der Schenkerin eingetretene Entreicherung in Form
    von Geldabflüssen erfolgt ist. Wie oben ausgeführt, bestimmt sich das schenkungsteuerrechtliche Zuwendungsobjekt aber nicht
    in erster Linie durch den Gegenstand und die Art und Weise der Entreicherung beim Schenker sondern vornehmlich durch den Gegenstand
    und die Art und Weise der Bereicherung beim Empfänger. Nach Aussage des Zeugen D ist über den gesamten Zeitraum von November
    2004 bis Dezember 2007 aufgrund seiner Bevollmächtigung durch die Schenkerin sicher gestellt gewesen, dass der Kläger die
    transferierten Geldbeträge zu keinem Zeitpunkt zu seiner freien Verfügung erhalten hat. Nach der insoweit glaubhaften Darstellung
    durch den Zeugen D in der mündlichen Verhandlung hat A im Zeitraum von November 2004 bis Mai 2006 die monatlichen Geldbeträge
    von ihrem Konto bei der X Bank in … auf ein ebenfalls auf ihren Namen sowie den Namen ihrer Schwester B, lautendes Konto bei
    der Z Bank (Schweiz) überwiesen, von dem der Zeuge D dann aufgrund seiner Bankvollmacht die benötigten Geldbeträge in bar
    abheben und auf sein Konto bei der Y Bank in M zum Zweck der weiteren Überweisung an die S Lebensversicherungs AG einzahlen
    hat können. Für den Zeitraum von Juni 2006 bis Dezember 2007 hat D – nach seiner Aussage in der mündlichen Verhandlung – den
    Geldtransfer auf Wunsch der Z Bank in der Weise abgeändert, dass er dort auf seinen Namen ein Konto eröffnete, auf das A die
    Geldbeträge zur weiteren bestimmungsgemäßen Verwendung nach der bisherigen Verfahrensweise überweisen konnte. In den Verfügungsbereich
    des Klägers sind die geschenkten Vermögenswerte erst durch Einzahlung auf seiner Rentenversicherung gelangt. Bis dahin hat
    die Schenkerin den monatlichen Geldtransfer mittels des Zeugen D als Mittelsperson lückenlos durch ihre Anweisungen organisiert.
    Zudem hat zwischen der Schenkerin und dem Kläger von Anfang an dahingehend eine Übereinkunft bestanden, dass die Geldzahlungen
    ausschließlich für dessen Rentenversicherung bestimmt gewesen sind. Es handelt sich somit auch im Streitfall um eine sogenannte
    mittelbare Schenkung. Zuwendungsgegenstand ist demnach jeweils nicht ein Geldbetrag sondern ein Versicherungsanspruch gewesen.
    Die Rechtsansicht des Beklagten, die Bereicherung des Klägers habe in der Befreiung von seiner eigenen schuldrechtlichen Verpflichtung
    zur Zahlung der Versicherungsbeiträge bestanden, hält der schenkungsteuerrechtlichen Prüfung nicht stand. Es ist zwar zutreffend,
    dass eine Schenkung auch in der Weise erfolgen kann, dass der Schenker eine (Geldzahlungs-)Schuld des Beschenkten tilgt. Der
    Schenker erfüllt in einem solchen Fall die Schuld als dritte Person im Sinne des § 267 Abs. 1 Satz 1 BGB unter Verzicht auf
    einen Rückgriffsanspruch im Verhältnis zum Beschenkten (vgl. Fischer in Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter ErbStG 4. Auflage 2012
    § 7 Rz. 46). Die Bereicherung des Beschenkten besteht dann in der endgültigen Befreiung von seiner Schuld, im Regelfall in
    Höhe des Nennwertes der durch die Drittleistung erloschenen Forderung. Dies gilt aber nur dann, wenn es sich um eine von der
    Schenkungszusage unabhängige, bereits zuvor bestehende Schuldverpflichtung des Empfängers gehandelt hat und die Erfüllung
    der Geldzahlungsverpflichtung bei ihm auch in demselben Umfang als Bereicherung ankommt. Im Streitfall hat die Schenkerin
    den Kläger nicht von seiner unabhängig von ihr begründeten Zahlungsverpflichtung gegenüber der Versicherungsgesellschaft befreien,
    sondern ihm gerade den Rentenversicherungsanspruch gegen die S Lebensversicherung AG zuwenden wollen. Die Bestimmung des Zuwendungsgegenstandes
    entscheidet schließlich über die Wertbestimmung der Bereicherung beim Kläger. So wird eine – z.B. durch Drittleistung erfüllte
    – Forderung mit ihrem Nennwert (§ 12 Abs. 1 ErbStG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Satz 1 BewG), ein noch nicht fälliger Anspruch
    aus einer Rentenversicherung hingegen – nach Maßgabe der auf den Streitfall anzuwendenden Fassung der bewertungsrechtlichen
    Vorschriften – in Höhe von zwei Dritteln der eingezahlten Prämien und Kapitalbeiträge bewertet (§ 12 Abs. 1 ErbStG, § 12 Abs.
    4 BewG). Letzteres ist auch im Streitfall in Bezug auf den durch die Geldzahlungen von A in der Person des Klägers entstandenen
    Rentenversicherungsanspruch anzunehmen. Mithin ist der Beklagte zu Unrecht von einer Bereicherung des Klägers in Höhe der
    von A bezahlten Nennbeträge ausgegangen. Die Bereicherung des Klägers hat schließlich im Erwerb des Rentenversicherungsanspruches
    bestanden, der wertmäßig nur mit ? der Höhe der einbezahlten Versicherungsbeiträge anzusetzen gewesen ist.
    cc) Aufgrund der Art und Weise der Durchführung der freigebigen Zuwendungen an den Kläger ist der Beklagte aber zu Recht von
    einzelnen monatlichen und voneinander unabhängigen Schenkungsvorgängen ausgegangen.
    Da die Schenkerin weder einen bestehenden eigenen Rentenversicherungsanspruch an den Kläger abgetreten noch sich selbst aufgrund
    eines formwirksamen Schenkungsversprechens gegenüber der Versicherungsgesellschaft zur Zahlung verpflichtet hat, hat es sich
    nicht etwa um eine einmalige Zuwendung des gesamten Versicherungsanspruches gehandelt. Schließlich hätte die Schenkerin auch
    jederzeit ohne Angabe von Gründen die monatlichen Geldzahlungen einstellen bzw. unterbinden können. Die freigebigen Zuwendungen
    sind monatlich abschnittsweise ausgeführt worden, ebenso wie die Schenkungszusagen im bürgerlichrechtlichen Sinne nur durch
    wiederkehrende Ausführung der monatlichen Geldleistungen wirksam geworden sind. Mithin hat jede einzelne monatliche Geldtransferleistung
    eine eigenständige Zuwendung im schenkungsteuerrechtlichen Sinne ausgelöst. Der Beklagte hat – zumindest dem Grunde nach –
    zu Recht im klagegegenständlichen Schenkungsteuerbescheid allein die Zuwendung vom November 2007 als Erwerbsvorgang besteuert,
    die in den Vorjahren erfolgten einzelnen Zuwendungen als berücksichtigungspflichtige Vorerwerbstatbestände (§ 14 Abs. 1 Satz
    1 ErbStG) erfasst und die hierauf rechnerisch entfallenden Schenkungsteuerbeträge zum Abzug gebracht.
    c) Die Schenkungsteuer ist demnach folgendermaßen neu zu berechnen gewesen:
    2.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
    3.) Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und des Vollstreckungsschutzes folgt aus §
    151 Abs. 1 Satz 1, Halbsatz 1, Abs. 3 FGO in Verbindung mit der sinngemäß anzuwendenden Vorschrift des § 708 Nr. 10, § 711
    Zivilprozessordnung.

    VorschriftenErbStG § 12 Abs. 1, BewG 1991 a.F. § 12 Abs. 1 S. 1, BewG 1991 a.F. § 12 Abs. 4, ErbStG § 10 Abs. 1 S. 1, ErbStG § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, ErbStG § 14, BGB 267 Abs. 1 S. 1, BGB § 362 Abs. 1, BGB § 516, BGB § 518, BGB § 125

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