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  • · Immobilien

    Grundstücksschenkung wird zur Steuerfalle: Vorsicht bei vorschnellen Veräußerungen geboten

    Bild: © Andrii Yalanskyi - stock.adobe.com

    von Dipl.-Finw. Karl-Heinz Günther, Übach-Palenberg

    | Unentgeltliche oder teilentgeltliche Grundstücksübertragungen erfolgen in der Regel infolge eines Erbfalls oder einer vorweggenommenen Erbfolgeregelung. Sofern der neue Eigentümer beabsichtigt, das erhaltene Grundstück zu veräußern, sollte er aber vorab prüfen, ob er damit nicht eine Veräußerungsgewinnbesteuerung nach § 23 EStG auslöst. Gehört das Grundstück zum Betriebsvermögen, führt dies nicht nur zur Aufdeckung stiller Reserven, sondern der nachfolgende Grundstücksverkauf durch den Übernehmer kann auch noch die Besteuerung nach § 23 EStG auslösen. Grund genug, vor Abschluss entsprechender Übertragungsverträge die möglichen Steuerfallen genau „abzuklopfen“. |

    1. Schenkung eines Grundstücks des Privatvermögens

    1.1 Privatnutzung und nachfolgende Veräußerung

    Die schenkweise und damit unentgeltliche Übertragung eines Grundstücks führt beim Beschenkten mangels Anschaffungskosten nicht zu einer Anschaffung i. S. d. § 23 EStG. Vorsicht ist jedoch dann geboten, wenn der Grundstücksübernehmer das unentgeltlich erhaltene Grundstück veräußern will. Hier kommt § 23 Abs. 1 S. 3 EStG ins Spiel, wonach bei unentgeltlichem Erwerb dem Einzelrechtsnachfolger die Anschaffung des Wirtschaftsguts durch den Rechtsvorgänger zuzurechnen ist. Ist also zum Zeitpunkt des geplanten Grundstücksverkaufs die zehnjährige Veräußerungsfrist, berechnet von der Anschaffung oder Herstellung durch den Rechtsvorgänger, noch nicht abgelaufen, greift grundsätzlich die Veräußerungsgewinnbesteuerung des § 23 EStG. Entsprechendes gilt im Fall der Gesamtrechtsnachfolge (BFH 12.7.88, IX R 143/83, BStBl II 1988, 942).

     

    • Beispiel

    A erwirbt zum 1.1.18 eine Eigentumswohnung für insgesamt 300.000 EUR, die er seiner Mutter unentgeltlich zu Wohnzwecken überlässt. Nach dem Tod der Mutter im November 2020 überträgt A die Eigentumswohnung zum 1.2.21 unentgeltlich auf seine Tochter B, die die Wohnung zunächst zu eigenen Wohnzwecken nutzt, sie jedoch zum 31.10.22 für 400.000 EUR veräußert, da sie aus beruflichen Gründen ins Ausland zieht.

     

    In diesem Fall kommt § 23 EStG zur Anwendung, da die Veräußerung innerhalb der zehnjährigen Veräußerungsfrist erfolgt, die am 1.7.18 (Anschaffung durch den Rechtsvorgänger A) beginnt und am 31.12.22 noch nicht abgelaufen ist.

     

    Leider kommt auch die Ausnahme von der Besteuerung nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG hier nicht zur Anwendung. Danach sind Wirtschaftsgüter ausgenommen, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden.

     

    Die unentgeltliche Überlassung durch A an seine Mutter ist jedoch keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken. Denn eine solche läge nur bei unentgeltlicher Überlassung an ein Kind des Steuerpflichtigen vor, für das er Anspruch auf Kindergeld oder Freibeträge für Kinder hat (BMF 5.10.00, IV C 3 ‒ S 2256 ‒ 263/00, BStBl I 00, 1383, Rn. 23). Auch die vor der Veräußerung stattgefundene Nutzung zu eigenen Wohnzwecken durch B reicht nicht aus, da hierfür ein zusammenhängender Zeitraum innerhalb der letzten drei Kalenderjahre erforderlich ist, B das Objekt jedoch nur in zwei Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat.

     

    MERKE | An diesem Beispiel wird deutlich, wie wichtig es ist, vor entsprechenden Veräußerungsentscheidungen eine mögliche Steuerpflicht nach § 23 EStG zu prüfen. Hätte B die Wohnung im Januar 2023 veräußert, wäre der Dreijahreszeitraum des § 23 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG gewahrt und die Besteuerung nach § 23 EStG somit vermieden worden.

     

    1.2 Betriebliche Nutzung und nachfolgende Veräußerung

    Nutzt der Beschenkte das Grundstück zu betrieblichen Zwecken, muss es mit dem Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG) in das Betriebsvermögen eingelegt werden. Plant er nun nachfolgend den Verkauf des Grundstücks, ist auch in diesem Fall zu beachten, dass bei unentgeltlichem Erwerb dem Einzelrechtsnachfolger die Anschaffung des Wirtschaftsguts durch den Rechtsvorgänger zuzurechnen ist (§ 23 Abs. 1 S. 3 EStG). Ist die zehnjährige Veräußerungsfrist des § 23 EStG, berechnet ab Anschaffung/Herstellung durch den Rechtsvorgänger, noch nicht abgelaufen, kommt § 23 EStG zur Anwendung.

     

    Zu beachten ist jedoch zunächst, dass die Veräußerung aus dem Betriebsvermögen in jedem Fall zur steuerpflichtigen Auflösung der nach Einlage in das Betriebsvermögen angesammelten stillen Reserven führt. § 23 EStG greift dann insoweit, als nach § 23 Abs. 1 S. 5 Nr. 1 EStG die Einlage eines Wirtschaftsguts in das Betriebsvermögen als Veräußerung gilt, wenn die Veräußerung aus dem Betriebsvermögen innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren seit Anschaffung des Wirtschaftsguts (hier: durch den Rechtsvorgänger) erfolgt.

     

    • Beispiel

    C erwirbt zum 1.7.15 ein unbebautes Grundstück für 150.000 EUR. Zum 1.1.19 überträgt er das Grundstück schenkweise auf seinen Sohn D, der es zum Teilwert von 200.000 EUR in sein Betriebsvermögen einlegt. D veräußert das Grundstück zum 1.7.23 für 280.000 EUR.

     

    Die Veräußerung des Grundstücks löst bei diesem Sachverhalt eine Besteuerung in zweifacher Hinsicht aus, was in der Praxis gerne übersehen wird:

     

    • D erzielt einen betrieblichen Erlös i. H. v. 80.000 EUR aus der Differenz zwischen Veräußerungserlös (280.000 EUR) und Einlagewert (200.000 EUR).

     

    • Zusätzlich hat D einen Veräußerungsgewinn nach § 23 EStG zu versteuern, da er das Grundstück vor Ablauf der zehnjährigen, am 1.7.15 beginnenden Veräußerungsfrist veräußert und damit die Rechtsfolgen des § 23 Abs. 1 S. 5 Nr. 1 EStG auslöst, wonach die Einlage zum 1.1.19 als Veräußerung gilt. Nach Abzug der Anschaffungskosten des C (150.000 EUR) vom fiktiven Veräußerungspreis (Einlagewert 200.000 EUR) ergibt sich somit zusätzlich noch ein nach § 23 EStG zu versteuernder Gewinn von 50.000 EUR.

    2. Schenkung eines betrieblichen Grundstücks

    Die Schenkung eines zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücks löst beim Schenker regelmäßig eine die stillen Reserven realisierende Entnahme aus. Veräußert nun der Beschenkte das Grundstück wieder mit Gewinn, kann sich hieraus ein nach § 23 EStG steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn ergeben. Denn als Anschaffung i. S. d. § 23 EStG gilt auch die Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen durch Entnahme oder Betriebsaufgabe (§ 23 Abs. 1 S. 2 EStG). Und bei unentgeltlichem Erwerb ist dem Einzelrechtsnachfolger nicht nur die Anschaffung, sondern auch die Überführung des Wirtschaftsguts in das Privatvermögen durch den Rechtsvorgänger zuzurechnen (§ 23 Abs. 1 S. 3 EStG).

     

    • Beispiel

    E überträgt ein zu seinem Betriebsvermögen gehörendes, von ihm 1990 angeschafftes unbebautes Grundstück zum 1.1.19 unentgeltlich auf seine Tochter F. Der Teilwert zum 1.1.19 beträgt 180.000 EUR. F will das Grundstück mit einem eigenen Wohnzwecken dienenden Einfamilienhaus bebauen. Hierzu kommt es jedoch nicht, da F aus beruflichen Gründen den Wohnort wechselt. Sie veräußert das Grundstück zum 1.7.25 für 250.000 EUR.

     

    Hier führt der Grundstücksverkauf durch F zu einem steuerpflichtigen Vorgang nach § 23 EStG, da nicht auf den Zeitpunkt der Anschaffung des Objekts durch A im Jahr 1990, sondern auf den 1.1.19 abzustellen ist. Denn zu dem Zeitpunkt hat E das Objekt entnommen und damit die Anschaffungsfiktion des § 23 Abs. 1 S. 2 EStG ausgelöst. F ist nach § 23 Abs. 1 S. 3 EStG als unentgeltlicher Einzelrechtsnachfolgerin die Überführung des Grundstücks in das Privatvermögen durch Rechtsvorgänger E zuzurechnen. Somit erfolgt die Veräußerung zum 1.7.25 innerhalb der am 1.1.19 beginnenden zehnjährigen Veräußerungsfrist des § 23 EStG und führt zu einem steuerpflichtigen Gewinn i. H. v. 70.000 EUR.

     

    Wird das schenkweise erhaltene Grundstück zunächst in das Betriebsvermögen des Beschenkten eingelegt, von diesem nachfolgend entnommen und dann im Privatvermögen mit Gewinn veräußert, kann sich auch hieraus ein nach § 23 EStG steuerpflichtiger Vorgang ergeben.

     

    • Beispiel

    G überträgt ein zu seinem Betriebsvermögen gehörendes unbebautes Grundstück, das er im Jahr 1995 für umgerechnet 130.000 EUR angeschafft hat, zum 1.1.17 unentgeltlich auf seinen als Unternehmer tätigen Sohn H, der es in sein Betriebsvermögen einlegt. Der Entnahme- und gleichzeitige Einlagewert des Grundstücks beträgt zu diesem Zeitpunkt 200.000 EUR.

    Da H auf dem Grundstück ein privates Wohnhaus (geplante Nutzung zu eigenen Wohnzwecken) errichten will, entnimmt er das Grundstück zum 1.1.22 zum Teilwert von 280.000 EUR. Es kommt jedoch aus finanziellen Gründen nicht zum Hausbau. H veräußert das Grundstück zum 1.7.24 für 310.000 EUR.

     

    Die Entnahme des Grundstücks zum 1.1.17 löst bei G durch Aufdeckung der stillen Reserven einen zu versteuernden betrieblichen Erlös von 70.000 EUR aus. Die Entnahme des Grundstücks durch H zum 1.1.22 führt zur Aufdeckung von stillen Reserven i. H. v. 80.000 EUR. Die Veräußerung des nunmehr privatisierten Grundstücks zum 1.7.24 löst wiederum eine Veräußerungsgewinnbesteuerung nach § 23 EStG aus, da H das Grundstück zum 1.1.22 entnommen hat und die Entnahme als Anschaffung gilt (§ 23 Abs. 1 S. 2 EStG). Da die Veräußerung somit innerhalb der am 1.1.22 beginnenden zehnjährigen Veräußerungsfrist erfolgt, ist der sich durch Vergleich von Veräußerungserlös und Entnahmewert (§ 23 Abs. 3 S. 3 EStG) ergebende Veräußerungsgewinn i. H. v. 30.000 EUR zusätzlich noch nach § 23 EStG zu erfassen.

    3. Gestaltungsmissbrauch

    Bei einer unentgeltlichen Übertragung ist die Annahme von Gestaltungsmissbrauch i. S. d. § 42 AO ausgeschlossen (BFH 23.4.21, IX R 8/20, BStBl II 21, 743). Denn die unentgeltliche oder teilentgeltliche Übertragung des Grundstücks an einen Dritten, der das Grundstück sodann innerhalb der Veräußerungsfrist des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1 EStG veräußert, unterfällt dem Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 S. 3 EStG und stellt daher ungeachtet der zeitlichen Nähe zwischen Übertragung und Weiterveräußerung grundsätzlich keinen Gestaltungsmissbrauch i. S. d. § 42 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 AO dar.

    4. Teilentgeltliche Übertragung und nachfolgende Veräußerung

    Wird ein Grundstück teilentgeltlich übertragen, war in der Finanzgerichtsrechtsprechung eine Zeit lang umstritten, ob § 23 EStG bei derartigen Übertragungen überhaupt greift. Denn das FG Niedersachsen (29.5.24, 3 K 36/24) hatte entschieden, dass § 23 EStG bei einer teilentgeltlichen Übertragung keine Anwendung finden dürfe. Dem ist der BFH jedoch aktuell mit Urteil vom 11.3.25 (IX R 17/24) entgegengetreten und hat die bislang von der Finanzverwaltung praktizierte Besteuerung teilentgeltlicher Übertragungen eindeutig bestätigt (vgl. Uphues, GStB 25, 272 ff.).

     

    Erfolgt eine Grundstücksübertragung unentgeltlich oder teilentgeltlich, ist daher bei Prüfung der Besteuerung nach § 23 EStG wie folgt vorzugehen:

     

    • Bei voll unentgeltlicher Übertragung ergibt sich beim Übertragenden schon mangels Gegenleistung keine steuerpflichtige Veräußerung nach § 23 EStG. Der Grundstücksübernehmer muss jedoch beachten, dass ihm die Anschaffung oder Überführung ins Privatvermögen durch den Rechtsvorgänger zuzurechnen ist (§ 23 Abs. 1 S. 3 EStG).

     

    • Bei teilentgeltlicher Übertragung kann sich ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft hinsichtlich des entgeltlich erworbenen Teils ergeben. Hier gilt die sog. Trennungstheorie (BFH 29.6.11 X R 28/12, BStBl II 11, 873).

     

    Bei einer teilentgeltlichen Übertragung können sich sowohl Fallgestaltungen ergeben, in denen sich beim Übertragenden ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn ergibt, als auch Konstellationen, in denen neben dem Übertragenden auch der Grundstücksübernehmer unter die Steuerpflicht des § 23 EStG fällt.

     

    4.1 Steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn für den Übertragenden

     

    • Beispiel

    L ist Eigentümer eines zum 1.1.16 für 800.000 EUR erworbenen, vermieteten Mehrfamilienhauses. Er überträgt das Grundstück zum 1.1.22 auf seinen Sohn M, der das Objekt weiterhin durch Vermietung nutzt. Das Grundstück hat zum Übertragungszeitpunkt einen Verkehrswert i. H. v. 900.000 EUR (darin enthaltener Grund-und-Boden-Anteil: 180.000 EUR). Der Sohn leistet entsprechend der vertraglichen Regelung ein Gleichstellungsgeld i. H. v. 450.000 EUR an seine Schwester N. L hat das Mehrfamilienhaus im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG von einer AfA-Bemessungsgrundlage i. H. v. 620.000 EUR mit jährlich 2 % = 12.400 EUR abgeschrieben.

     

    Hier löst die Grundstücksübertragung bei L eine Veräußerungsgewinnbesteuerung nach § 23 EStG aus, da die Übertragung auf M innerhalb des zehnjährigen Veräußerungszeitraums des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG erfolgt und M mit der Auszahlung an seine Schwester N ein Teilentgelt i. H. v. 50 % des Verkehrswerts des Grundstücks zum Zeitpunkt der Übertragung erbringt, sodass insoweit eine entgeltliche Grundstücksübertragung erfolgt ist.

     

    • Berechnung des bei L entstehenden Veräußerungsgewinns

    Veräußerungserlös

    450.000 EUR

    abzgl. Anschaffungskosten 800.000 EUR × 50 % =

    400.000 EUR

    abzgl. bisher in Anspruch genommene AfA (§ 23 Abs. 3 S. 4 EStG) 6.200 EUR × 6 Jahre =

    ‒ 37.200 EUR

    362.800 EUR

    ‒ 362.800 EUR

    Veräußerungsgewinn

    87.200 EUR

     

    4.2 Steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn für den Übertragenden und den Grundstücksübernehmer

     

    • Beispiel

    P gibt im Jahr 2019 seinen im Aachener Umland belegenen Betrieb auf. Zum Betriebsvermögen gehörte ein 1975 angeschafftes unbebautes Grundstück (Bauland), das im Rahmen der Betriebsaufgabe (§ 16 Abs. 3 EStG) mit einem gemeinen Wert von 200.000 EUR angesetzt wurde. P überträgt das Grundstück im Jahr 2023 auf seine Tochter R, die auf der Basis des Verkehrswerts zum Zeitpunkt der Übertragung (250.000 EUR) ihren Bruder S mit 125.000 EUR auszahlen muss. R hatte ursprünglich vor, das Grundstück mit einer Privatimmobilie zu bebauen. Aufgrund einer beruflich erforderlichen Wohnsitzverlegung veräußert sie das Grundstück in 2025 für 300.000 EUR.

     

    Hier ergibt sich sowohl für P als auch für R jeweils ein nach § 23 EStG steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn.

     

    • Veräußerungsgewinn P: Bei P hat die Betriebsaufgabe im Jahr 2019 zu einem fiktiven Anschaffungsvorgang i. S. d. § 23 EStG geführt (§ 23 Abs. 1 S. 2 EStG). Entsprechend hat die im Jahr 2023 und damit innerhalb des zehnjährigen Veräußerungszeitraums des § 23 EStG erfolgte teilentgeltliche Grundstücksübertragung eine Veräußerungsgewinnbesteuerung in folgender Höhe ausgelöst:

     

    • Teilentgelt (Auszahlungsbetrag)

      125.000 EUR

      abzüglich Entnahmewert 100.000 EUR, davon 50 % =

      100.000 EUR

      steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn nach § 23 EStG

      25.000 EUR

       
    • Veräußerungsgewinn R: Bei R löst die Veräußerung im Jahr 2025 eine Veräußerungsgewinnbesteuerung in zweierlei Hinsicht aus:

     

      • Bezüglich des zur Hälfte entgeltlich erworbenen Teils sind dem anteiligen Veräußerungsentgelt von 150.000 EUR die Anschaffungskosten i. H. v. 125.000 EUR gegenüberzustellen, sodass sich ein Gewinn von 25.000 EUR ergibt.

     

      • Bezüglich des unentgeltlich erworbenen hälftigen Teils sind dem anteiligen Veräußerungserlös i. H. v. 150.000 EUR die anteiligen (fiktiven) Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers P in Höhe des anteiligen Entnahmewerts von 100.000 EUR gegenüberzustellen, sodass sich ein Veräußerungsgewinn i. H. v. 50.000 EUR ergibt. Denn bei einem unentgeltlichen Erwerb ist der Einzelrechtsnachfolgerin R die Überführung des Wirtschaftsguts in das Privatvermögen durch den Rechtsvorgänger P zuzurechnen (§ 23 Abs. 1 S. 3 EStG). Da die Entnahme durch P im Jahr 2019 erfolgte, findet die Veräußerung in 2025 innerhalb der zehnjährigen Veräußerungsfrist statt.

     

    FAZIT | Die vorstehenden Erläuterungen machen deutlich, dass die Frage, ob sich bei einer anstehenden Grundstücksübertragung ggf. auch eine Steuerpflicht nach § 23 EStG ergeben kann, in jedem Fall vor Vertragsabschluss von einer steuerlich fachkundigen Person geprüft werden sollte, um keine unliebsamen Überraschungen zu erleben. Dies gilt auch, wie die vorstehenden Beispiele zeigen, bei unentgeltlichen oder teilentgeltlichen Übertragungen. Wird die sich möglicherweise ergebende Steuerpflicht bei Durchführung der geplanten Übertragung erkannt, kann hierauf durch entsprechende zeitliche Verschiebungen (Zehnjahresfrist) reagiert und eine Besteuerung vermieden werden.

     
    Quelle: Ausgabe 10 / 2025 | Seite 255 | ID 50510049