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  • 05.07.2011 | Gemeinschaftliches Testament

    Enkel macht Pflichtteilsansprüche geltend

    von RA StB Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, FA ErbR, Paderborn

    1. Ein gesetzliches Erbrecht des entfernteren Abkömmlings besteht auch dann, wenn der nähere Abkömmling durch Verfügung von Todes wegen enterbt wurde.  
    2. § 2309 BGB setzt eine Pflichtteilsberechtigung des entfernteren Abkömmlings voraus, beschränkt diese aber zur Vermeidung einer Vervielfältigung der Pflichtteilslast.  
    (BGH 13.4.11, IV ZR 204/09, Abruf-Nr. 111673)

     

    Sachverhalt

    Großvater und Großmutter setzten sich mit notariellem Testament gegenseitig zu Alleinerben des Erstversterbenden ein. Ihr Sohn, Vater zweier Söhne wurde zunächst zum alleinigen Erben des Längstlebenden bestimmt. Nach dem Tod des Großvaters errichtete die Großmutter ein notarielles Testament, in dem sie ihren Sohn - es lag ein Grund zur Pflichtteilsentziehung vor - enterbte und einen ihrer Enkel zum Alleinerben bestimmte. Sein Bruder machte Pflichtteilsansprüche geltend. Der enterbte Vater lebt noch.  

     

    Entscheidungsgründe

    Der Kläger kann nach § 2303 Abs. 1 S. 1 BGB als Abkömmling der Erblasserin vom Beklagten den Pflichtteil verlangen, da er durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen wurde. Er wäre infolge der Enterbung seines Vaters - neben dem Beklagten - deren nächstberufener gesetzlicher Erbe gewesen. Nach § 1924 Abs. 2 BGB schließt ein zur Zeit des Erbfalls lebender Abkömmling zwar diejenigen von der Erbfolge aus, die durch ihn mit dem Erblasser verwandt sind. Dies gilt jedoch nur für den Fall, dass der nähere Abkömmling auch zur Erbfolge gelangt. Die herrschende Meinung bejaht den Eintritt des entfernteren Abkömmlings in das gesetzliche Erbrecht infolge einer letztwilligen Ausschließung des näheren Abkömmlings (MünchKomm-BGB/Lange, 5. Aufl., § 2309 Rn. 12; a.A. Staudinger/Haas, BGB, 2006, § 2309 Rn. 16).  

     

    Für vergleichbare Fallkonstellationen der Ausschlagung (§ 1953 Abs. 2 BGB), der Erbunwürdigkeit (§ 2344 Abs. 2 BGB) sowie des beschränkten Erbverzichts (§ 2346 Abs. 1 S. 2 BGB, § 2349 BGB) hat der Gesetzgeber zwar eine Regelung dahingehend getroffen, dass die Erbschaft demjenigen anfällt, welcher berufen sein würde, wenn der Weggefallene zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte. Dass eine solche Bestimmung für die Ausschließung eines Abkömmlings von der Erbfolge durch Verfügung von Todes wegen fehlt, rechtfertigt jedoch nicht den Schluss, dass es in dieser Konstellation nicht zum Eintreten des Abkömmlings nach § 1924 Abs. 3 BGB kommen kann.  

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