Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 01.07.2006 | Erbverzicht

    Zur Sittenwidrigkeit eines Erbverzichtsvertrages

    von RA / StB Dipl.-Kfm. Gerhard Slabon, Paderborn
    Wird bei einem Erbverzichtsvertrag der geschäftlich unerfahrene Verzichtende über die Vermögensverhältnisse des künftigen Erblassers getäuscht oder bewusst im Unklaren gelassen, ist der Erbverzichtsvertrag sittenwidrig und damit nach § 138 BGB nichtig (OLG München, 25.01.06, 15 U 4751/04, Abruf-Nr. 061526).

     

    Sachverhalt

    Der Kläger ist der nichteheliche Sohn des Beklagten, einem vermögenden Großgastronom. Im Jahre 1980 – damals war der Kläger 19 Jahre alt – schloss er mit seinem Vater gegen eine Abfindung i.H. von 19.500 DM einen notariellen Erbverzichtsvertrag. Im Vorfeld war der Kläger von einem durch den Beklagten instruierten Anwalt „beraten“ worden, dessen Marschroute vom Beklagten festgelegt war und der die wahren Vermögensverhältnisse des Beklagten nicht kannte. Der Kläger begehrt die Feststellung der Nichtigkeit des Erbverzichtsvertrags. 

     

    Entscheidungsgründe

    Der Erbverzichts- und Abfindungsvertrag ist nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts kann sich auch aus seiner Gesamtwürdigung ergeben, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist (BGHZ 86, 82, 88; BGHZ 107, 92, 97; Palandt-Heinrichs, § 138, Rn. 8). Hierbei ist weder das Bewusstsein der Sittenwidrigkeit noch eine Schädigungsabsicht erforderlich, es genügt vielmehr, wenn der Handelnde die Tatsachen kennt, aus denen die Sittenwidrigkeit folgt (BGH NJW 01, 1127). 

     

    Hier wurde dem Kläger Glauben gemacht, die Abfindung entspreche dem am Vermögen orientierten Erbersatzanspruch (§ 1934a BGB a.F.). Die Einschaltung des RA musste in den Augen des Klägers mangels Offenlegung des gebundenen Marschroute – der Beklagte hatte den Abfindungsbetrag von 19.500 DM verbindlich vorgegeben, dabei gerade keinen Auftrag zur Beratung des Sohnes erteilt – den Eindruck einer fachkundigen und neutralen, auch die Interessen und Risiken des Klägers einbeziehenden Beratung vermitteln, der man vertrauen durfte. 

    Karrierechancen

    Zu TaxTalents