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  • 03.01.2011 | ErbStG / EStG

    Mit welchen steuerlichen Folgen bei einer Stundung des Pflichtteils zu rechnen ist

    von Prof. Dr. Gerd Brüggemann, Münster

    Der Pflichtteilsanspruch eines Abkömmlings (§§ 2303 ff. BGB) entsteht zivilrechtlich mit dem Erbfall (§ 2317 Abs. 1 BGB). Erbschaftsteuerlich kommt dem bloßen Entstehen des Anspruchs allerdings noch keine Bedeutung zu, denn der entstandene Pflichtteilsanspruch führt erst mit seiner Geltendmachung zu einem Erwerb i.S. des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, für den die Steuer gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1b ErbStG folglich auch erst im Zeitpunkt der Geltendmachung entsteht.  

    1. ErbSt entsteht erst bei Geltendmachung des Pflichtteils

    Der Gesetzgeber will verhindern, dass beim Pflichtteilsberechtigten auch dann ErbSt anfällt, wenn er seinen Anspruch zunächst oder dauerhaft nicht erhebt. Damit korrespondierend kann der Erbe gemäß § 10 Abs. 1 S. 2 i.V. mit Abs. 5 Nr. 2 ErbStG vom Wert des gesamten Vermögensanfalls ebenfalls nur die Verbindlichkeiten aus geltend gemachten Pflichtteilen abziehen. Das bloße Bestehen von Pflichtteilsverbindlichkeiten ist auch insoweit ohne steuerrechtliche Bedeutung (BFH 7.10.98, II R 52/96, BStBl II 99, 23; BFH 19.7.06, II R 1/05, BStBl II 06, 718). Der Verzicht auf die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs bleibt daher nach § 13 Abs. 1 Nr. 11 ErbStG - anders als ein Verzicht nach Geltendmachung - steuerfrei.  

    2. Zinslose Stundung zu Lebzeiten beider Elternteile

    Denkbar ist der Fall, dass der Pflichtteil schon zu Lebzeiten beider Elternteile zinslos gestundet wird.  

     

    Beispiel 1

    Die pflichtteilsberechtigten Kinder S und T werden von ihren Eltern durch gemeinschaftliches Testament gemäß § 2269 Abs. 1 BGB als Schlusserben nach dem Tod des längerlebenden Elternteils eingesetzt. Die Kinder stunden den ihnen nach dem Tod des zuerst versterbenden Elternteils zustehenden Pflichtteilsanspruch gegenüber dem überlebenden Elternteil bis zu dessen Tod. Eine Verzinsung für die Stundung des Anspruchs wird nicht vereinbart. Der Notar weist ausweislich der notariell beurkundeten Vereinbarung darauf hin, dass auch ein Pflichtteilsverzichtsvertrag geschlossen werden könne; einen Pflichtteilsverzichtsvertrag wünschten die Beteiligten jedoch ausdrücklich nicht.  

     

    Ergebnis: Die getroffenen Vereinbarungen bleiben ohne erbschaft- oder schenkungsteuerliche Folgen. Die Kinder müssen den gesamten Nachlass nach dem Tod des länger lebenden Elternteils als von diesem stammend versteuern. Der Abzug einer Pflichtteilsverbindlichkeit ist nicht möglich.  

     

    Da der Pflichtteilsanspruch zivilrechtlich erst mit dem Erbfall entsteht (§ 2317 Abs. 1 BGB) und - vom Fall der Abfindung für einen entstandenen Pflichtteilsanspruch gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG abgesehen - erst mit seiner Geltendmachung zu einem Erwerb führt (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG; § 9 Abs. 1 Nr. 1b ErbStG), sieht der BFH in der zinslosen Stundung eines noch nicht geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs noch kein ernstliches Erfüllungsverlangen (BFH 31.3.10, II R 22/09, BStBl II 10, 806, ErbBstg 10, 173, Abruf-Nr. 102063). Er knüpft damit an seine bisherige Rechtsprechung an, wonach die „Geltendmachung“ des Pflichtteilsanspruchs in dem ernstlichen Verlangen auf Erfüllung des Anspruchs gegenüber dem Erben besteht und der Berechtigte seinen Entschluss, die Erfüllung des Anspruchs zu verlangen, in geeigneter Weise bekunden muss, der Geltendmachung aber andererseits nicht entgegensteht, dass die Höhe des Anspruchs noch nicht beziffert werden kann (BFH 19.7.06, II R 1/05, BStBI II 06, 718).  

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