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  • 01.01.2005 | Erbschaftsteuergesetz

    Keine echte Rückwirkung in 1996

    Die rückwirkende Anwendung des ErbStG i.d.F. des JStG 1997 auf Erwerbsvorgänge ab 1.1.96 ist nicht verfassungswidrig (BFH 20.10.04, II R 74/00, Abruf-Nr. 043138).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der Kläger war der Auffassung, die rückwirkende Anwendung des erst am 28.12.96 in Kraft getretenen ErbStG i.d.F. des JStG 1997 vom 20.12.96 (BStBl I 96, 1523) auf Erwerbe ab 1.1.96 sei verfassungswidrig. Nach alter Rechtslage hätte sich im Streitfall wegen der früher maßgeblichen niedrigeren Einheitswerte eine niedrigere Steuerbelastung ergeben. Der BFH wies die Klage ab. Das Rückwirkungsverbot gelte hier ausnahmsweise nicht, weil das Vertrauen der Steuerpflichtigen auf den Fortbestand der früheren Rechtslage nach dem Ergehen des Beschlusses des BVerfG vom 22.6.95, 2 BvR 552/91 (BStBl II 95, 671) nicht mehr schutzwürdig und deswegen sachlich nicht mehr gerechtfertigt war. Dem steht auch die Rechtsprechung des BVerfG zur sog. „echten Rückwirkung“ nicht entgegen.  

     

    Denn die „echte Rückwirkung“ eines Gesetzes, die dann vorliegt, wenn nachträglich ändernd in bereits abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingegriffen wird, ist nicht ausnahmslos unzulässig. Sie ist u.a. zulässig, wenn die bestehende Rechtslage keine ausreichende Vertrauensgrundlage darstellte und deshalb das Vertrauen des Steuerbürgers in den Fortbestand des geltenden Rechts nicht schutzbedürftig ist. Das BVerfG hat deshalb auch in Fällen „echter Rückwirkung“ rückwirkend belastende Regelungen als verfassungsgemäß beurteilt, wenn es die bisherige Regelung für ungültig oder nicht mehr anwendbar erklärt hatte und der Steuerbürger deswegen mit einer Neuregelung rechnen musste (BVerfG 16.11.65, 2 BvL 8/64, BVerfGE 19, 187, 197 und 19.12.61, 2 BvL 6/59, BVerfGE 13, 261, 272).(GG) 

     

    Praxishinweis

    Über die Verfassungsmäßigkeit des derzeitigen ErbSt-Rechts wird das BVerfG voraussichtlich in 2005 entscheiden (Normenkontrollverfahren, BVerfG 1 BvL 10/02). Nach der überwiegenden Meinung in der Literatur (vgl. Kessler/Märkle/Offerhaus, DB Beilage Nr. 2/2003) dürfte nicht mit einer rückwirkenden Entscheidung des BVerfG für Stichtage vor Urteilsverkündung zu rechnen sein. Dies gilt uneingeschränkt für die Fälle, in denen vor Urteilsverkündung bereits Erbschaft- oder Schenkungsteuerbescheide vorliegen, auch wenn diese vorläufig erteilt wurden (Vertrauensschutz nach § 176 AO). Vor Urteilsverkündung wird auch nicht mit dem Abschluss eines Gesetzgebungsverfahrens zu rechnen sein, auch wenn im Bundesrat das Land Schleswig-Holstein bereits im Juni 2004 einen Gesetzentwurf eingebracht hat. Dieser Entwurf liegt zur Zeit im Finanzausschuss des Bundesrates „auf Eis“. Wir werden in der ErbBstg zeitnah zu Beginn dieses Jahres über den aktuellen Stand der Diskussion zum neuen Erbschaftsteuerrecht berichten. (HGC) 

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