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  • · Fachbeitrag · Betriebliche Altersversorgung

    Haftungsfallen für den Steuerberater im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung

    von Sebastian Uckermann und Björn Heilck

    | Immer häufiger sehen sich Steuerberater mit Fragen rund um die betriebliche Altersversorgung (bAV) ihrer Mandanten konfrontiert, die einen „Rund um Service“ erwarten. Im Gegenzug erscheinen in der Presse Überschriften wie „Falsche Beratung kostet Verbraucher Milliarden“. In dieser Zwickmühle muss sich der Steuerberater bewähren. Im Folgenden werden für Steuerberater haftungsrelevante Sachverhalte von der Erstberatung über die Einrichtung bis hin zur laufenden Betreuung der bAV dargestellt. |

    1. Grundsatz

    Die betriebliche Altersversorgung ist ein komplexes und vielschichtiges Rechtsgebiet, in dem die steuerliche Beratung nur einen Teilbereich der Beratung ausmacht. BAV-Beratung betrifft darüber hinaus das Arbeits-, das Sozial- und das Versicherungsrecht. Schnell ist die Grenze zur unzulässigen Rechtsberatung überschritten.

    2. Einrichtung einer bAV für Arbeitnehmer

    Typischerweise legen Mandanten ihren Steuerberatern Angebote bzw. Gruppenverträge für eine Direktversicherung oder Rückdeckungsversicherung zur Prüfung vor. Um eine qualifizierte Beratung durchführen zu können, muss zunächst der Bedarf des Mandanten ermittelt werden, denn die bAV-Beratung beschränkt sich nicht auf Versicherungsprodukte. Es muss geklärt werden, welche Ziele mit der Einführung der betrieblichen Altersversorgung verfolgt werden und welche Rahmenbedingungen vorliegen.

     

    2.1 Motive für die Einführung einer bAV

    Für die Einführung einer bAV kommen insbesondere folgende Motive in Betracht:

     

    • die Umsetzung tariflicher Regelungen,
    • die Schaffung der Rahmenbedingungen zur Erfüllung des in § 1a BetrAVG geregelten Anspruchs auf Entgeltumwandlung,
    • die Bindung und Gewinnung neuer Mitarbeiter oder
    • die soziale Verantwortung des Unternehmens gegenüber den Mitarbeitern.

     

    2.2 Rahmenbedingungen und Rechtsgrundlagen

    Zu den Rahmenbedingungen zählen die Unternehmenskennzahlen, die finanziellen Mittel für die betriebliche Altersversorgung, die Inhalte der individual- und kollektiven arbeitsvertraglichen Regelungen, das Bestehen eines Betriebsrates oder Sprecherausschusses. Bereits bei der Konzeption der betrieblichen Altersversorgung müssen deshalb komplexe rechtliche Sachverhalte analysiert und bewertet werden. Tarifverträge können bereits konkrete Zusagen auf betriebliche Altersversorgung enthalten (Versorgungstarifverträge) oder nur den Rahmen für die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung festlegen, ggf. aber auch einen Anspruch auf arbeitgeberfinanzierte Leistungen beinhalten (Rahmentarifvertrag).

     

    Wird von den tariflichen Regelungen abgewichen, gilt als Kollisionsregel das sog. Günstigkeitsprinzip. Den Arbeitsvertragsparteien ist nach § 4 Abs. 3 TVG ein Abweichen von zwingenden Normen eines Tarifvertrags nur gestattet, wenn entweder der Tarifvertrag selbst eine solche Öffnungsklausel enthält oder die vertragliche Regelung zugunsten des Arbeitnehmers abweicht. Von tariflichen Vorgaben abweichende Versorgungszusagen (Durchführungsweg, Versorgungsträger, Leistungsarten, besondere Hinweispflicht des Arbeitgebers auf den Entgeltumwandlungsanspruch etc.) können individuell betrachtet leicht zu einer Schlechterstellung im Vergleich zu den tariflichen Regelungen führen (geringere Leistungen, höhere Kosten, keine Portabilität etc.). Betroffene können sich dann auf die besseren, tariflichen Regelungen berufen, was für den Arbeitgeber massive Mehrkosten bedeuten kann.

     

    Die betriebliche Altersversorgung unterliegt als Teil der betrieblichen Lohngestaltung der Mitbestimmung nach § 87 Nr. 10 BetrVG, soweit sie nicht durch eine Sozialeinrichtung geleistet wird und deshalb das Mitbestimmungsrecht bereits nach § 87 Nr. 8 BetrVG besteht. Verletzungen des Mitbestimmungsrechts führen zur Unwirksamkeit individualrechtlicher Erklärungen und Maßnahmen des Arbeitgebers, die die Rechtsstellung des Arbeitnehmers verschlechtern sollen (BAG 16.9.86, AP Nr. 17 zu § 77 BetrVG).

     

    Zur Erfüllung des Rechtsanspruchs auf Entgeltumwandlung hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, die Durchführung über eine Pensionskasse oder einen Pensionsfonds zu wählen. Macht der Arbeitgeber hiervon keinen Gebrauch und kommt eine Vereinbarung über einen anderen Durchführungsweg nicht zustande, kann der Arbeitnehmer verlangen, dass der Arbeitgeber für ihn eine Direktversicherung abschließt (§ 1a Abs. 1 S. 3 BetrAVG). Sofern ein Arbeitgeber lediglich die Voraussetzungen für die Erfüllung des Rechtsanspruchs auf Entgeltumwandlung schaffen möchte, sollte die Durchführung über eine Pensionskasse oder Direktversicherung erfolgen. Von der Einrichtung komplexer Versorgungswerke wie z.B. über eine pauschaldotierte Unterstützungskasse ist in diesen Fällen dringend abzuraten. Die Wahl des konkreten Versorgungsträgers und die Ausgestaltung der Versorgung sind allein dem Arbeitgeber überlassen. Daher benötigten Unternehmen auch bei der Wahl des richtigen Anbieters und Produktes professionelle Beratung.

     

    Da gerade bei mittelbaren Durchführungswegen in der Versorgungszusage auf die Inhalte der jeweiligen Versicherungsbedingungen verwiesen wird, müssen die Bedingungen BetrAVG-konform sein. Dabei sind folgende Fragen zu klären:

     

    • Erfüllt das Produkt die sozialen Auflagen für eine Haftungsbegrenzung des Arbeitgebers im Sinne des § 2 Abs. 2 und 3 BetrAVG (sog. versicherungsförmige Lösung)?
    • Welche Zusageart wird abgebildet?
    • Entfällt die Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 Abs. 3 BetrAVG?
    • Entspricht das Produkt den tariflichen Vorgaben?

     

    Im Falle eines vorzeitigen Ausscheidens kann die Nichtanwendung der versicherungsförmigen Lösung zu einer Nachschusspflicht des Arbeitgebers führen, wenn die Leistung hinter dem dann nach § 2 Abs. 1 BetrAVG quotierten Anspruch zurückbleibt (Verhältnis von tatsächlicher Dauer der Betriebszugehörigkeit zu möglicher Dauer der Betriebszugehörigkeit (BAG 18.2.14, 3 AZR 499/13). Der gewählte Tarif muss zudem die gewünschte Versorgungszusage abbilden. Nach § 1 BetrAVG sind die Leistungszusage, die beitragsorientierte Leistungszusage, die Beitragszusage mit Mindestleistung, die Entgeltumwandlung und die Umfassungszusage möglich. Wird arbeitsvertraglich eine Leistungszusage erteilt, also eine feste Leistungshöhe vereinbart (z.B. 100 EUR monatliche Rente ab Alter 67), haftet der Arbeitgeber gem. § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG auch dann für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt.

     

    PRAXISHINWEIS | Bleiben die Leistungen des Versorgungsträgers hinter den zugesagten Leistungen zurück, haftet der Arbeitgeber für den Differenzbetrag zur zugesagten Leistung.

     

    Zum Schutz der Betriebsrentenansprüche vor inflationsbedingtem Verfall sind Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden, vgl. § 16 Abs. 1 BetrAVG. Die Pflicht trifft den Arbeitgeber und nicht den Versorgungsträger. Maßstab für die Prüfung des Anpassungsbedarfs ist primär der Verbraucherindex für Deutschland (§ 16 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG). Für die Unternehmen bedeutet dies einen erheblichen finanziellen Mehraufwand. Berater müssen deshalb auf die in § 16 Abs. 3 BetrAVG normierten Möglichkeiten - bei Erfüllung der Ausnahmetatbestände einer Anpassungsprüfungspflicht zu entgehen - hinweisen und die Bedingungen des externen Versorgungsträgers und die entsprechend abgestimmte Versorgungszusage im Hinblick auf die Erfüllung dieser Voraussetzungen prüfen (vgl. Pröbstl, DStR 12, 1281).

     

    Bei Pensionskassenzusagen ist im Rahmen von § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG besonders darauf hinzuweisen, dass zur Berechnung der garantierten Leistung der nach § 65 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a VAG festgesetzte Höchstzinssatz zur Berechnung der Deckungsrückstellung nicht überschritten werden darf. Verwenden regulierte Pensionskassen einen anderen Rechnungszins, kann der Ausnahmetatbestand des § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG nicht erfüllt werden und der Arbeitgeber ist zur Anpassungsprüfung verpflichtet (LAG Hessen 11.4.12, 8 Sa 1514/11).

     

    PRAXISHINWEIS | Der Arbeitgeber ist aufgrund des § 1a BetrAVG nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer von sich aus auf den Anspruch auf Entgeltumwandlung zum Aufbau einer betrieblichen Altersversorgung hinzuweisen (BAG 21.1.14, 3 AZR 807/11). Einem „passiven“ Arbeitgeber, der nur auf Nachfrage der Mitarbeiter eine über Entgeltumwandlung finanzierte betriebliche Altersversorgung einrichtet, ist deshalb von der Durchführung von Marketingmaßnahmen (Informationsveranstaltung, Gehaltsbeileger, Aushang etc.) abzuraten, sofern sich Informationspflichten nicht z.B. aus einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ergeben.

     

    2.3 Steuerrechtliche Beratung

    Vor der Einführung der betrieblichen Altersversorgung zählt zu den Kardinalspflichten des Steuerberaters:

     

    • die Prüfung der steuerrechtlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der zugesagten betrieblichen Versorgungsleistungen bzw. der hierfür zu bildenden Rückstellungen in der Bilanz,
    • die Prüfung der Anerkennung des Betriebsausgabenabzugs für Prämienaufwendungen für z.B. eine Rückdeckungsversicherung oder
    • die Prüfung alternativer Finanzierungsinstrumente (Schrehardt/Gladys, DStR 10, 1051).

     

    Dabei ist auch im Hinblick auf finanzielle Risiken - insbesondere wenn schwer kalkulierbare Invaliden- und/oder Hinterbliebenenleistungen zugesagt wurden - aufzuklären. Bei bestehenden Unsicherheiten ist auf die Möglichkeit der Anrufungsauskunft beim zuständigen Finanzamt hinzuweisen (BGH 8.2.07, IX ZR 188/05, DStR 07, 1098; BGH 15.11.07, IX ZR 34/04, DStR 08, 321). Wünscht das Unternehmen „keinen Bilanzausweis“, ist - entgegen der weit verbreiteten Auffassung - darauf hinzuweisen, dass es auch bei mittelbaren Durchführungswegen zu Deckungslücken kommen kann, die dann nach Art. 28 Abs. 2 EGHGB „in einem Betrag“ aus der Differenz der Summe der Verpflichtungswerte der einzelnen Begünstigten und dem gesamten Kassenvermögen bzw. dem Wert der Deckungsmittel im Anhang der Bilanz anzugeben ist (Höfer, Band II, Rn. 4053, 4060).

     

    Bei einer Zusage über eine Unterstützungskasse ist auch die steuerliche Anerkennung der Unterstützungskasse selbst zu prüfen. Insbesondere bei pauschaldotierten Unterstützungskassen muss zumindest anhand des Leistungsplans und der Satzung die Voraussetzung für eine Körperschaftssteuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG überprüft werden. Werden von einer Gruppenunterstützungskasse nicht zweckgebundene Auskehrungen von Vermögen an ein Trägerunternehmen durchgeführt, kann dies bereits zu einem Verlust der Körperschaftssteuerbefreiung führen (FG Münster 4.7.13, 9 K 1013/11 K, anhängig beim BFH I R 66/13).

     

    Dadurch reduziert sich das zur Finanzierung der von den Trägerunternehmen zugesagten Leistungen vorhandene Kassenvermögen ganz erheblich. Ein noch größerer Schaden droht dann, wenn der Vorstand der Unterstützungskasse das Kassenvermögen nicht zweckgebunden verwendet (Der Fall „Adkura U-Kasse“).

     

    Obwohl es teilweise um beträchtliche Summen geht, zeigt die Praxis, dass Trägerunternehmen häufig nicht über die Verwaltung des Kassenvermögens informiert sind und diese in vielen Fällen intransparent ist. Kommt es zu einer Insolvenz der Unterstützungskasse, sind die Ansprüche nicht über den Pensionssicherungsverein a.G. (PSVaG) geschützt, da der Schutz nur bei Insolvenz des Arbeitgebers besteht, vgl. § 7 Abs. 1 BetrAVG (BAG 14.12.93, 3 AZR 618/93, BB 94, 652.). Fällt eine Unterstützungskasse in die Insolvenz, so ist der Arbeitgeber unmittelbar zur Erfüllung der zugesagten Leistungen nach § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG verpflichtet.

    3. Einrichtung einer betrieblichen Altersversorgung

    Die Begründung von betrieblichen Versorgungswerken kann individualrechtlich (Einzelzusage, vertragliche Einheitsregelung, Gesamtzusage, betriebliche Übung und Gleichbehandlungsgrundsätze) oder kollektivrechtlich (Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag und Sprecherausschussgesetz) erfolgen.

     

    Aufgabe des Beraters ist deshalb die eingehende Prüfung, welches dieser Instrumentarien im konkreten Einzelfall zur Begründung der betrieblichen Altersversorgung herangezogen werden soll bzw. kann. Die jeweiligen Vor- und Nachteile sowie die rechtlichen Risiken sind genau zu prüfen, da die Entscheidung für einen bestimmten Rechtsbegründungsakt den Arbeitgeber und seine Arbeitnehmer in der Regel für einen langen Zeitraum binden (Ausführlich zu den Rechtsbegründungsakten der bAV: Uckermann/Fuhrmanns, NZA 2011, 138).

     

    Im Praxisalltag werden jedoch oftmals Muster für eine Einzelzusage, Versorgungsordnung oder eine Betriebsvereinbarung vorgelegt und ohne Prüfung oder Anpassung durch den Berater übernommen. Da sich Versorgungsverpflichtungen nach § 1b Abs. 1 S. 4 BetrAVG auch aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung ergeben können, müssen bei arbeitgeber- oder mischfinanzierten Versorgungszusagen dringend auf das Unternehmen abgestimmte Regelungen getroffen werden.

     

    Wichtig sind Regelungen zu den Leistungsvoraussetzungen wie

     

    • begünstigter Personenkreis, Erfüllung von Wartezeiten, Höchsteintrittsalter bzw. sonstige Voraussetzungen usw.,
    • Endalter für die Inanspruchnahme der Leistungen, Abschläge im Falle einer vorzeitigen Inanspruchnahme der Leistungen gem. § 6 BetrAVG,
    • Unverfallbarkeitsfristen,
    • Beiträge in entgeltlosen Dienstzeiten oder
    • Verfahren bei vorzeitigem Ausscheiden.

     

    Geschieht dies nicht, können Ansprüche begründet werden, die so von dem Mandanten/Unternehmen nie gewollt waren.

     

    3.1 Einbeziehung von Invalidenleistungen

    Sollen im Versorgungsfall auch Invalidenleistungen erbracht werden, ist bei der Gestaltung der Versorgungszusage besonders auf die Definition des Invaliditätsbegriffs zu achten. Besteht gar keine Rückdeckung oder wird in Versorgungszusagen beim Invaliditätsbegriff auf eine sozialrechtliche Definition der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit abgestellt, während in der korrespondierenden Rückdeckungsversicherung bzw. die vertraglich vereinbarten Versicherungsbedingungen zur Berufs- oder Erwerbsunfähigkeits-(Zusatz-)Versicherung bindend sind, drohen im Leistungsfall gewaltige Deckungslücken (Schrehardt/Gladys, DStR 10,1051). Sofern die Versorgungszusage keine Definition der Invalidität bzw. der Leistungsvoraussetzungen für die Auszahlung einer Invaliditätsrente enthält, ist regelmäßig von einer Auslegung im sozialrechtlichen Sinne auszugehen (BAG 29.7.03, 3 AZR 425/02, NZA 05, 712).

     

    3.2 Spezielle Anforderungen bei der Einrichtung einer Versorgung an Gesellschafter-Geschäftsführer

    Aufgrund der weitgehenden Gestaltungsfreiheit bei Versorgungszusagen an nicht dem Anwendungsbereich des BetrAVG unterliegende, beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer stellen Finanzverwaltung und Rechtsprechung hohe Anforderungen an die steuerliche Anerkennung derartiger Versorgungszusagen (s. Uckermann, NZA 13, 186; Siebert, DB 14, 326). Steuerberater müssen daher auch auf Folgen einer möglichen Nichtanerkennung von Pensionsrückstellungen und dem damit verbundenen Risiko einer verdeckten Gewinnausschüttung hinweisen (BGH 20.10.05, IX ZR 127/04, BGH Report 06, 161).

     

    3.2.1 Zweistufiges Prüfverfahren

    In einem zweistufigen Prüfverfahren sind auf der ersten Stufe die einschlägigen Voraussetzungen des § 6a EStG zu prüfen. Dies setzt voraus, dass die Versorgungszusage zivilrechtlich wirksam erteilt wurde (Hinweis 36 KStH 2008, zivilrechtliche Wirksamkeit), die Versorgungsleistung unabhängig von künftigen gewinnabhängigen Bezügen ist, ohne steuerschädlichen Widerrufsvorbehalt gestaltet ist (R 6a (3) EStR 2005) und zu keiner Überversorgung (BMF 3.11.04, IV B 2 - S 2176 - 13/04) führt. Fatalerweise sind in der Praxis häufig Versorgungszusagen anzutreffen, die den formalen Anforderungen an eine zivilrechtlich wirksame Erteilung nicht genügen.

     

    Auf der zweiten Stufe sind die speziellen Voraussetzungen einer betrieblichen Veranlassung zur Vermeidung einer verdeckten Gewinnausschüttung zu prüfen. Dabei ist besonders auf die Erfordernis einer personen- und unternehmensbezogenen Probezeit (ausführlich: Eversloh/Heilck, StBV Köln, Verbandsnachrichten 1/2014, 48) und die Prüfung der Erdien- und Finanzierbarkeit von Pensionszusagen (BFH 21.12.94, I R 98/93, DStR 95, 600) hinzuweisen. Bei Missachtung der Probezeit ist die steuerliche Anerkennung dauerhaft versagt, sodass hier auch noch Jahre nach der Einrichtung der Versorgungszusage enorme finanzielle Risiken schlummern.

     

    3.2.2 Privatrechtliche Insolvenzsicherung

    Unabhängig von der komplexen steuerrechtlichen Betrachtung, ist für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer, die nicht dem Anwendungsbereich des BetrAVG unterliegen, auch immer die Möglichkeit einer privatrechtlichen Insolvenzsicherung der Versorgungsansprüche für den Fall einer Unternehmensinsolvenz zu prüfen und soweit möglich herzustellen. Werden hier die in der Praxis häufig anzutreffenden formalen Wirksamkeitsanforderungen an eine Verpfändung (Verpfändungsvereinbarung, wirksamer Gesellschafterbeschluss, Anzeige der Verpfändung) nicht eingehalten oder wurde bei einer Direktversicherung oder Pensionskasse das Bezugsrecht widerruflich zugunsten des Geschäftsführers gestaltet, verliert der Unternehmer im Insolvenzfall ggf. seine gesamte Altersversorgung.

    4. Laufende Verwaltung von Versorgungswerken

    Der steuerliche Berater eines Unternehmens ist meist auch in die laufende Verwaltung der betrieblichen Altersversorgung in Unternehmen einbezogen.

    Am haftungsträchtigsten ist dabei sicher die Verwaltung und laufende Anpassung von Direktzusagen.

     

    Bei Direktzusagen ist regelmäßig die Finanzierbarkeit der Versorgungsverpflichtungen, das Vorliegen der besonderen Voraussetzungen für die Rückstellungsbildung und speziell bei Versorgungszusagen an Geschäftsführer die Höhe der Gesamtbezüge zu prüfen. Kommt es, z.B. infolge einer Reduzierung der Geschäftsführerbezüge, zu einer Überversorgung des Geschäftsführers, kann eine gebildete Pensionsrückstellung nach § 6a EStG nur insoweit berücksichtigt werden, wie die durch die Pensionsrückstellung abgebildete Versorgungsanwartschaft die 75 %-Grenze nicht überschreitet, was bei dem betroffenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Schaden verursachen kann.

     

    Bei Neueintritten mit bestehender betrieblicher Altersversorgung stellt sich immer wieder die Frage der Übernahme dieser Versorgungszusage. Je nach Durchführungsweg sind hier unterschiedliche arbeits- und steuerrechtliche Regelungen zu beachten, die negative finanzielle Auswirkungen auf das Unternehmen und den neuen Mitarbeiter haben können. Durch eine ungeprüfte Eins-zu-eins-Übernahme einer Versorgungszusage haftet das Unternehmen - zumindest subsidiär - für die Erfüllung der zugesagten Leistungen aus der ursprünglichen Zusage, teilweise ohne hierfür einen angemessenen finanziellen Ausgleich von dem bisherigen Versorgungsschuldner zu erhalten.

    5. Unerlaubte Rechtsberatung

    Die betriebliche Altersversorgung hat wesentliche finanzielle Auswirkungen und damit steuerrechtliche Aspekte zu berücksichtigen. Ob damit im Einzelfall die Tatbestandsvoraussetzungen einer für Steuerberater erlaubten Rechtsdienstleistung gemäß RDG § 5 Abs. 1 RDG bejaht werden können, ist zweifelhaft (Uckermann/Pradl, BB 09, 1896).

     

    Eine unerlaubte Rechtsberatung hat folgende Auswirkungen:

    • die Nichtigkeit des Auftragsverhältnisses gem. § 134 BGB,
    • den Verlust des Honoraranspruchs,
    • ggf. Schadenersatzansprüche aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 RDG,
    • die fehlende Deckung durch die Berufshaftpflichtversicherung des Anbieters und
    • u.U. eine Ahndung als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu 5.000 EUR (§ 20 Abs. 2 RDG).

    6. Fazit

    In der Beratung zur betrieblichen Altersversorgung steckt eine Menge Haftungspotenzial. Nur eine strikte Kompetenzverteilung kann den Berater vor Regressansprüchen schützen und dem Mandanten die erforderliche Professionalität und nötige Sicherheit bieten.

     

    Zu den Autoren |

    • Sebastian Uckermann: gerichtlich zugelassener Rentenberater für die betriebliche Altersversorgung; Geschäftsführer der Kenston Pension GmbH und Leiter der KENSTON Unternehmensgruppe (www.kenston.de); Vorsitzender des Bundesverbandes der Rechtsberater für betriebliche Altersversorgung und Zeitwertkonten e.V. (BRBZ)
    • Björn Heilck: Rechtsanwalt; Leiter Rechtsberatung der Kenston Pension GmbH und der KENSTON Unternehmensgruppe (www.kenston.de); Mitglied im Kuratorium des BRBZ
    Quelle: Ausgabe 09 / 2014 | Seite 236 | ID 42845832

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