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  • · Fachbeitrag · Unternehmensfinanzierung

    Finanzierung bei Zinserhöhungsgefahren

    von Prof. Dr. Peter Hoberg, Worms

    | Mit steigenden Zinssätzen stellt sich die Frage, wie die Finanzierung für einen langen Zeitraum zu erträglichen Zinssätzen gesichert werden soll. Diese Fragestellung soll anhand von Immobilienfinanzierungen analysiert werden. Diese laufen i. d. R. in mindestens zwei Phasen. Nach einer ersten Phase mit einer Zinsfestschreibungsdauer von z. B. zehn Jahren muss eine Anschlussfinanzierung gestemmt werden, für welche wesentlich höhere Zinssätze drohen. In diesem Beitrag werden die Grundlagen dieser Finanzierung dargestellt und dann anhand leicht anwendbarer Tabellen verallgemeinert. |

    1. Grundlagen Finanzierungskalkulation

    Immobilienkredite starten in Phase 1 mit einer bestimmten Dauer der Zinssatzfestschreibung, welche z. B. darin besteht, dass der Zinssatz von 2 % für zehn Jahre festgeschrieben wird. Aus diesen Daten ist dann zu ermitteln, wie hoch die Restschulden am Ende der zehn Jahre sein werden. Es wird also nach dem Restbetrag der Schulden gefragt, was finanzmathematisch dem Endwert entspricht.

     

    1.1 Ermittlung der Restschulden für Phase 1

    Die finanzmathematische Aufgabe besteht bei der Endwertkalkulation darin, aus dem zu finanzierenden Kreditbetrag KB, dem Effektivzinssatz i, der Laufzeit und der Monatsrate zu ermitteln, wie hoch die Restschulden (der Endwert) nach zehn Jahren sind.

     

    Unter der Voraussetzung, dass es sich bei den Monatsraten um viele gleichmäßige Zahlungen (gleiche zeitliche Abstände, gleiche Höhe) handelt (vgl. zur Auswahl der Faktoren Hoberg [2020], S. 1 ff.), können sogenannte finanzmathematische Faktoren eingesetzt werden. Der Endwertfaktor entspricht dem aufgezinsten Barwertfaktor und zeigt den Wert aller gezahlten Monatsraten MR am Ende der ersten Laufzeit.

     

    Der nachschüssige Endwertfaktor EWF ist wie folgt definiert (vgl. z. B. Götze, S. 76 ff.):

     

    EWF = (qtn × i) ÷ I

    in EURtn ÷ EUR1;tn

     

    EWF

    Endwertfaktor für nachschüssige Zahlungen, in EURtn ÷ EUR1;tn

    i

    Kalkulationszinssatz pro Periode, hier monatlich

    q

    Periodenzinsfaktor 1 + i, hier monatlich

    tn

    Anzahl Perioden, hier Monate

     

    Zur höheren Präzision werden alle Größen mit erweiterten Einheiten versehen. Danach hat eine Zahlung zum Zeitpunkt t nicht nur die Einheit EUR, sondern EURt (vgl. zu dieser neuen Schreibweise Hoberg [2018], S. 468 ff.). Eine Zahlung über 1.000 EUR, welche in t = 5 anfällt, erhält somit die Einheit EUR5.

     

    Die für den EWF verwendete Einheit „in EURtn ÷ EUR1;tn“ bedeutet, dass für jeden EUR, der von t = 1 bis t = tn als Monatsrate gezahlt wird, in t = tn ein Betrag in Höhe des EWF anfällt. Der Endwert EW ergibt sich, indem der Endwertfaktor EWF mit den gleichmäßigen Monatsraten multipliziert wird.

     

    EW = EWF × MR

    in EUR1;tn

     

    EW

    Endwert in EURtn

    MR

    Nachschüssige Monatsrate in EUR1;tn

     

    Während sich die Monatsraten aufzinsen, erhöht sich aber auch der Wert der Schulden, sodass sich die Restschulden RStn wie folgt ergeben:

     

    RStn = KB0 × (1 + i)tn ‒ EW

     

    RStn

    Restschulden am Ende von Phase 1 in EURtn

    KB0

    Kreditbetrag in t = 0

     

    Die Kalkulationen sollen anhand eines Beispiels gezeigt werden. Die Kredithöhe wird auf 100 TEUR normiert, damit die Ergebnisse einfach auf andere Beträge umgerechnet werden können. Für eine nachschüssige Monatsrate von 200 EUR1;120 und einem effektiven Jahreszinssatz von 1 % (= Monatszinssatz von 0,083 %) sollen die Restschulden nach zehn Jahren = 120 Monate berechnet werden.

     

    EWF (i = 0,00083; tn =120) = (1,00083120 ‒ 1) ÷ 0,00083 = 126,12

    in EUR120 ÷ EUR1;120

     

    Die relative Rate beträgt 200/100.000 = 0,002. Damit erhält man den Endwert EW wie folgt:

     

    EW = 126,12 × 0,002 = 0,2522 = 25,22 %

     

    Da sich der Kreditbetrag in den zehn Jahren auf 110,46 % erhöht hat, betragen die Restschulden 110,46 % ‒ 25,22 % = 85,24 %. Wenn sich der Kreditbetrag auf 400 TEUR0 beliefe, wären noch über 340 TEUR120 nach 120 Monatsraten von 800 EUR1;120 offen. Somit ist nur ein kleiner Teil des anfänglichen Kreditbetrags getilgt, was die hohe Gefährdung der Finanzierenden zeigt. Wenn jetzt die Zinssätze kräftig steigen, können die Finanzierenden schnell an die Grenze ihrer Möglichkeiten kommen. Wer dieser Gefahr entgehen will und die finanziellen Mittel hat, kann die Monatsrate z. B. auf 0,4 % der Kreditsumme verdoppeln. Bei wieder 400 TEUR0 wären dann monatlich 1.600 EUR1;120 zu bezahlen. Dieser Kraftakt würde dann mit viel niedrigen Restschulden von 60,0 % belohnt.

     

    1.2 Tabelle für die Restschulden

    Das obige Beispiel für die Ermittlung der Restschulden soll nun für weitere Parameterkonstellationen aufgebohrt werden, was mittels einer Tabelle geschieht. Die Restschulden von 85,2 % finden sich auch fett gedruckt in der folgenden Tabelle, welche auch für andere Kombinationen von relativer Rate und Jahreszinssatz die prozentualen Restschulden ausweist: Auch die Zahlung von 0,5 % = 2000 EUR1;120 ist mit ihren prozentualen Restschulden von 47,4 % in der Tabelle aufgeführt. Für Zwischenwerte können Interpolationen vorgenommen werden.

     

    • Abb. 1: Prozentuale Restschulden bei zehn Jahren Laufzeit

    Zinsfestschreibungsdauer 10 Jahre

    Effektivzinssatz p. a.
    0,75 %
    1,00 %
    1,25 %
    1,50 %
    1,75 %
    2,00 %
    2,25 %
    2,50 %
    2,75 %
    3,00 %
    Monatsrate in % des alten Kredits

    0,20 %

    82,8 %

    85,2 %

    87,7 %

    90,2 %

    92,8 %

    95,4 %

    98,1 %

    100,8 %

    103,6 %

    106,5 %

    0,25 %

    76,6 %

    78,9 %

    81,3 %

    83,7 %

    86,2 %

    88,8 %

    91,4 %

    94,0 %

    96,7 %

    99,5 %

    0,30 %

    70,4 %

    72,6 %

    74,9 %

    77,3 %

    79,7 %

    82,1 %

    84,6 %

    87,2 %

    89,9 %

    92,6 %

    0,35 %

    64,2 %

    66,3 %

    68,5 %

    70,8 %

    73,1 %

    75,5 %

    77,9 %

    80,4 %

    83,0 %

    85,6 %

    0,40 %

    57,9 %

    60,0 %

    62,1 %

    64,3 %

    66,6 %

    68,9 %

    71,2 %

    73,6 %

    76,1 %

    78,6 %

    0,45 %

    51,7 %

    53,7 %

    55,8 %

    57,9 %

    60,0 %

    62,2 %

    64,5 %

    66,8 %

    69,2 %

    71,6 %

    0,50 %

    45,5 %

    47,4 %

    49,4 %

    51,4 %

    53,5 %

    55,6 %

    57,8 %

    60,0 %

    62,3 %

    64,7 %

    0,55 %

    39,3 %

    41,1 %

    43,0 %

    44,9 %

    46,9 %

    49,0 %

    51,1 %

    53,2 %

    55,4 %

    57,7 %

    0,60 %

    33,0 %

    34,8 %

    36,6 %

    38,5 %

    40,4 %

    42,3 %

    44,4 %

    46,4 %

    48,5 %

    50,7 %

    0,65 %

    26,8 %

    28,5 %

    30,2 %

    32,0 %

    33,8 %

    35,7 %

    37,6 %

    39,6 %

    41,7 %

    43,8 %

    0,70 %

    20,6 %

    22,2 %

    23,8 %

    25,5 %

    27,3 %

    29,1 %

    30,9 %

    32,8 %

    34,8 %

    36,8 %

    0,75 %

    14,3 %

    15,9 %

    17,4 %

    19,1 %

    20,7 %

    22,5 %

    24,2 %

    26,0 %

    27,9 %

    29,8 %

    0,80 %

    8,1 %

    9,6 %

    11,1 %

    12,6 %

    14,2 %

    15,8 %

    17,5 %

    19,2 %

    21,0 %

    22,8 %

    0,85 %

    1,9 %

    3,3 %

    4,7 %

    6,1 %

    7,6 %

    9,2 %

    10,8 %

    12,4 %

    14,1 %

    15,9 %

    0,90 %

    ‒ 4,3 %

    ‒ 3,0 %

    ‒ 1,7 %

    ‒ 0,3 %

    1,1 %

    2,6 %

    4,1 %

    5,6 %

    7,2 %

    8,9 %

    0,95 %

    ‒ 10,6 %

    ‒ 9,4 %

    ‒ 8,1 %

    ‒ 6,8 %

    ‒ 5,5 %

    ‒ 4,1 %

    ‒ 2,6 %

    ‒ 1,2 %

    0,4 %

    1,9 %

    1,00 %

    ‒ 16,8 %

    ‒ 15,7 %

    ‒ 14,5 %

    ‒ 13,3 %

    ‒ 12,0 %

    ‒ 10,7 %

    ‒ 9,4 %

    ‒ 8,0 %

    ‒ 6,5 %

    ‒ 5,1 %

     

    Trotz der zurzeit hohen Kaufpreise für Immobilien, wozu auch die vom Staat getriebenen Nebenkosten beitragen, muss somit überlegt werden, ob die Tilgung nicht erhöht werden soll, was natürlich zu einer höheren relativen Monatsrate führen würde.

     

    Die Abb. 1 zeigt, dass dabei dann die Restschulden geringer werden. Allerdings müssen sich die Finanzierenden vor einer Überforderung schützen. Dies gilt umso mehr, als die Nettogehälter in den nächsten Jahren wohl sinken werden, weil die hohe Schuldenaufnahme des Staates irgendwann in höheren Steuern enden wird. Dazu kommt noch die hohe Inflation, welche immer größere Anteile des Monatsbudgets für Energie, Lebensmittel usw. erfordert (vgl. zu der verhängnisvollen Doppelbelastung durch Inflation und kalten Progression Hoberg [2022], S. 402 ff.).

     

    Insofern ist bereits fraglich, ob die Haushalte die heutigen Monatsraten werden halten können. Als Gegenmaßnahme gegen drohende Zinssatzerhöhungen kann eine Verlängerung der Zinsfestschreibungsphase diskutiert werden, was allerdings zu höheren Effektivverzinsungen führt. In der folgenden Abb. 2 sind nun 15 Jahre angenommen, in denen der Finanzierende vor Zinssatzerhöhungen geschützt ist.

     

    Erwähnt sei, dass der Finanzierende jedoch die Möglichkeit hat, nach zehn Jahren mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten zu kündigen. Dies würde er machen, wenn das Zinsniveau noch niedriger liegt. Dieser Ansatz kann mit Entscheidungsbäumen im Rahmen der flexiblen Planung umgesetzt werden.

     

    • Abb. 2: Prozentuale Restschulden bei 15 Jahren Laufzeit

    Zinsfestschreibungsdauer 15 Jahre

    Effektivzinssatz p. a.
    0,75 %
    1,00 %
    1,25 %
    1,50 %
    1,75 %
    2,00 %
    2,25 %
    2,50 %
    2,75 %
    3,00 %
    Monatsrate in % des alten Kredits

    0,20 %

    73,8 %

    77,3 %

    80,9 %

    84,7 %

    88,6 %

    92,7 %

    96,9 %

    101,3 %

    105,8 %

    110,5 %

    0,25 %

    64,3 %

    67,6 %

    71,0 %

    74,6 %

    78,4 %

    82,2 %

    86,3 %

    90,4 %

    94,7 %

    99,2 %

    0,30 %

    54,7 %

    57,9 %

    61,2 %

    64,6 %

    68,1 %

    71,8 %

    75,6 %

    79,5 %

    83,7 %

    87,9 %

    0,35 %

    45,2 %

    48,2 %

    51,3 %

    54,5 %

    57,8 %

    61,3 %

    64,9 %

    68,7 %

    72,6 %

    76,6 %

    0,40 %

    35,7 %

    38,5 %

    41,4 %

    44,4 %

    47,5 %

    50,8 %

    54,2 %

    57,8 %

    61,5 %

    65,3 %

    0,45 %

    26,2 %

    28,8 %

    31,5 %

    34,3 %

    37,3 %

    40,3 %

    43,6 %

    46,9 %

    50,4 %

    54,0 %

    0,50 %

    16,7 %

    19,1 %

    21,6 %

    24,2 %

    27,0 %

    29,9 %

    32,9 %

    36,0 %

    39,3 %

    42,7 %

    0,55 %

    7,1 %

    9,4 %

    11,7 %

    14,2 %

    16,7 %

    19,4 %

    22,2 %

    25,1 %

    28,2 %

    31,4 %

    0,60 %

    ‒ 2,4 %

    ‒ 0,3 %

    1,8 %

    4,1 %

    6,5 %

    8,9 %

    11,5 %

    14,2 %

    17,1 %

    20,1 %

    0,65 %

    ‒ 11,9 %

    ‒ 10,0 %

    ‒ 8,1 %

    ‒ 6,0 %

    ‒ 3,8 %

    ‒ 1,5 %

    0,9 %

    3,4 %

    6,0 %

    8,7 %

    0,70 %

    ‒ 21,4 %

    ‒ 19,7 %

    ‒ 17,9 %

    ‒ 16,1 %

    ‒ 14,1 %

    ‒ 12,0 %

    ‒ 9,8 %

    ‒ 7,5 %

    ‒ 5,1 %

    ‒ 2,6 %

    0,75 %

    ‒ 31,0 %

    ‒ 29,4 %

    ‒ 27,8 %

    ‒ 26,1 %

    ‒ 24,4 %

    ‒ 22,5 %

    ‒ 20,5 %

    ‒ 18,4 %

    ‒ 16,2 %

    ‒ 13,9 %

    0,80 %

    ‒ 40,5 %

    ‒ 39,1 %

    ‒ 37,7 %

    ‒ 36,2 %

    ‒ 34,6 %

    ‒ 32,9 %

    ‒ 31,2 %

    ‒ 29,3 %

    ‒ 27,3 %

    ‒ 25,2 %

    0,85 %

    ‒ 50,0 %

    ‒ 48,8 %

    ‒ 47,6 %

    ‒ 46,3 %

    ‒ 44,9 %

    ‒ 43,4 %

    ‒ 41,8 %

    ‒ 40,2 %

    ‒ 38,4 %

    ‒ 36,5 %

    0,90 %

    ‒ 59,5 %

    ‒ 58,5 %

    ‒ 57,5 %

    ‒ 56,4 %

    ‒ 55,2 %

    ‒ 53,9 %

    ‒ 52,5 %

    ‒ 51,0 %

    ‒ 49,5 %

    ‒ 47,8 %

    0,95 %

    ‒ 69,0 %

    ‒ 68,2 %

    ‒ 67,4 %

    ‒ 66,5 %

    ‒ 65,4 %

    ‒ 64,4 %

    ‒ 63,2 %

    ‒ 61,9 %

    ‒ 60,6 %

    ‒ 59,1 %

    1,00 %

    ‒ 78,6 %

    ‒ 77,9 %

    ‒ 77,3 %

    ‒ 76,5 %

    ‒ 75,7 %

    ‒ 74,8 %

    ‒ 73,9 %

    ‒ 72,8 %

    ‒ 71,7 %

    ‒ 70,4 %

     

    Mit fünf weiteren festen Jahren reduziert sich die Restschuld wesentlich, wobei aber zu berücksichtigen ist, dass der Zinssatz höher liegen wird, um die Bank für die zusätzliche Risikoübernahme zu entlohnen. Wenn statt 1 % p.a. 1,25 % bezahlt werden muss, geht ein Teil der Restschuldreduktion an die Bank. Beträgt der Aufpreis sogar 0,5 Prozentpunkte, ist die Restschuld nach 15 Jahren kaum niedriger. Die Abb. 2 kann somit helfen, die Folgen unterschiedlicher Tilgungsstrategien abzuschätzen.

     

    Die sicherste Variante besteht natürlich darin, die Zinssätze bis zur Kompletttilgung festzuschreiben. Aber das ist sehr teuer, sodass ggf. eine Mischstrategie gefahren werden sollte.

     

    Am Rande sei noch erwähnt, dass die obigen Kalkulationen für den Fall von Ratenänderungen erweitert werden können, wenn von gleichen jährlichen Steigerungen oder Reduzierungen ausgegangen werden kann (vgl. z. B. Brealey/Myers/Marcus, S. 149 ff.).

    2. Verbleibende Laufzeit der Kreditrückzahlungen

    Nach Berechnung der Restschuld nach Phase 1, soll nun die Fragestellung bearbeitet werden, wie lange die Rückzahlungen in Phase 2 dauern werden, oder noch genauer: Wie viele Monate sind notwendig, bis der Kredit vollständig getilgt ist?

     

    Dieses Problem ist für viele Finanzierende entscheidend, weil sie die Rückzahlung ihrer Kredite weitgehend vor einem bestimmten Zeitpunkt wie z. B. dem Renteneintritt geschafft haben wollen. Es ist offensichtlich, dass Zinssatzerhöhungen die Dauer wesentlich in die Länge ziehen.

     

    Um aus der relativen Monatsrate und dem jährlichen Effektivzinssatz die verbleibende Dauer t* zu ermitteln, kann die folgende Formel (vgl. auch zur Ableitung Varnholt/Hoberg/Gerhards/Wilms, S. 91) angewendet werden, bei welcher die Restschuld auf 1 gesetzt wird:

     

    t* = ln(MR ÷ [MR - iM]) ÷ ln(1 + iM)

     

    Die Funktion der Formel sei anhand eines extremen Beispiels, das man aber für die Zukunft nicht ausschließen kann, gezeigt. Es wird dazu angenommen, dass der effektive Jahreszinssatz nach zehn Jahren auf 8 % gestiegen ist, was einem Monatszinssatz iM von 0,6434 % (dezimal 0,006434) entspricht. Durch diese extreme Zinssatzsteigerung muss die Monatsrate stark erhöht werden. Es wird eine Rate von 0,8 % des ursprünglichen Kredits angenommen: Trotz dieser extremen Belastung dauert die vollständige Rückzahlung sehr lange:

     

    t* = ln(0,008 ÷ [0,008 ‒ 0,006434]) ÷ ln(1,006434)

    t* = ln(5,109) ÷ ln(1,006534)

    t* = 1,6309 ÷ 0,00641 = 254 Monate

     

    Jetzt muss allerdings noch berücksichtigt werden, dass die Kredithöhe zum Anfang der Phase 2 anders, meistens geringer war. Im Beispiel betrug die Restschuld noch 85,2 %. Insofern beträgt die auf den Ursprungsbetrag bezogene Rate 0,8 % ÷ 0,852 = 0,939 %. Wenn diese Rate in die Formel eingesetzt wird, verkürzt sich Phase 2 auf 180 Monate.

     

    Die hohe Rate der Phase 2 wäre bei den Beispielszahlen also noch ca. 15 Jahre zu zahlen, was mit den zehn Jahren der Phase 1 einem Rückzahlungszeitraum von 25 Jahren entspricht. Wenn sich die Finanzierenden vorgenommen haben, in 20 Jahren schuldenfrei zu sein, würden sie ihr Ziel verfehlen.

     

    Im zweiten Beispiel wurde eine Rate von 0,4 % (statt 0,2 %) angenommen. Wenn diese Rate gehalten wird, ergibt sich aufgrund der auf 60 % gesunkenen Restschuld eine Rate von 0,4 %/0,6 = 0,667 % von der ursprünglichen Kreditsumme. Mit diesen Daten und wieder 8 % Effektivverzinsung würde Phase 2 immer noch 521 Monate dauern. Damit müsste trotz der viel höheren Anfangsrate auch eine Erhöhung der absoluten Rate in Phase 2 erfolgen.

    3. Tabellen zur Dauer der Kreditrückzahlungen

    Um die Frage nach der Abzahlungsdauer auch für andere Parameterkonstellationen beantworten zu können, wurde die folgende Tabelle entwickelt:

     

    • Abb. 3: Anzahl Monate bis zur vollständigen Rückzahlung eines Kredits
    Effektivzinssatz p. a.
    1,0 %
    2,0 %
    3,0 %
    4,0 %
    5,0 %
    6,0 %
    7,0 %
    8,0 %
    9,0 %
    10,0 %
    Monatsrate in % des alten Kredits

    0,200 %

    646,1

    1058,9

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    0,250 %

    486,2

    654,9

    1748,0

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    0,300 %

    390,3

    484,6

    700,9

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    0,350 %

    326,2

    386,9

    495,1

    838,0

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    0,400 %

    280,3

    322,7

    389,2

    522,0

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    0,450 %

    245,7

    277,1

    322,4

    397,8

    579,9

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    0,500 %

    218,8

    243,0

    276,0

    325,4

    414,8

    747,8

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    0,550 %

    197,2

    216,4

    241,5

    276,7

    332,0

    445,4

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    0,600 %

    179,4

    195,1

    214,9

    241,4

    279,5

    343,4

    506,1

    n. a.

    n. a.

    n. a.

    0,650 %

    164,7

    177,6

    193,7

    214,3

    242,4

    284,6

    361,7

    715,7

    n. a.

    n. a.

    0,667 %

    160,2

    172,4

    187,4

    206,5

    232,1

    269,5

    333,8

    521,0

    n. a.

    n. a.

    0,700 %

    152,1

    163,1

    176,3

    192,9

    214,5

    244,8

    292,4

    392,2

    n. a.

    n. a.

    0,750 %

    141,4

    150,7

    161,9

    175,5

    192,7

    215,6

    248,7

    304,2

    451,7

    n. a.

    0,800 %

    132,0

    140,1

    149,6

    161,0

    175,1

    193,1

    217,6

    254,3

    321,9

    722,0

    0,850 %

    123,8

    130,9

    139,1

    148,8

    160,5

    175,1

    194,1

    220,5

    262,3

    350,4

    0,900 %

    116,6

    122,9

    130,0

    138,3

    148,2

    160,3

    175,5

    195,7

    224,7

    273,4

    0,939 %

    111,5

    117,2

    123,7

    131,2

    139,9

    150,5

    163,5

    180,2

    203,2

    238,2

    0,950 %

    110,2

    115,7

    122,0

    129,3

    137,8

    147,9

    160,4

    176,3

    197,9

    230,2

    1,000 %

    104,4

    109,4

    115,0

    121,3

    128,7

    137,4

    147,8

    160,8

    177,6

    201,0

     

    In der Spalte mit einem effektiven Jahreszinssatz von 8 % finden sich die Zahlen des obigen Beispiels. Sie sind fett gedruckt. Bei gleicher Schuldenhöhe muss 254 Monate gezahlt werden, bei einer Restschuld von 85,2 % (= 0,939 % relative Rate) sind es 180 Monate.

     

    Es zeigt sich, dass kurze Rückzahlungszeiträume nur realistisch sind, wenn die Monatsraten erhöht werden und die Zinssätze nicht sehr stark steigen. Erfolgt jedoch eine Erhöhung der Zinssätze auf 8 % und mehr, muss die Monatsrate auf ein Vielfaches steigen. Es ist zu bezweifeln, ob viele Haushalte das stemmen können.

    4. Schlussfolgerungen

    Die schnell steigenden Kreditzinssätze erschweren in Verbindung mit den noch hohen Kaufpreisen die Finanzierungen von Immobilien. Daher zieht sich die Rückzahlung der Kredite sehr lange hin, sodass teilweise die letzten Rückzahlungen in Zeiten fallen, in denen das notwendige Einkommen nicht mehr vorhanden ist.

     

    Die richtige Strategie ist schwierig festzulegen, weil das Zinsniveau am Ende der Phase 1 kaum eingeschätzt werden kann.

     

    Folgende Gegenmaßnahmen müssen ggf. geprüft werden:

     

    • Verlängerung die Rückzahlungsdauer entgegen den früheren Zielen
    • Verkauf der Immobilie, auch wenn sie eigentlich als Alterssicherung dienen sollte
    • Zinsfestschreibung über die ganze Laufzeit, obwohl das sehr teuer werden kann (wie oben erwähnt, sollte dabei die Möglichkeit zur Kündigung nach zehn Jahren im Auge behalten werden).

     

    Die erwähnten Möglichkeiten sind keine schönen Alternativen, aber angesichts der Unsicherheiten besser als eine böse Überraschung nach Phase 1.

     

    Zudem muss festgehalten werden, dass nur die gut situierten Finanzierenden mit kurzen Laufzeiten sparen können, weil sie in Phase 2 notfalls höhere Monatsraten aufbringen können. Nur dann können sie das Risiko von Zinssatzerhöhungen eingehen. Wenn sie sich kurz festlegen (z. B. fünf oder zehn Jahre), profitieren sie von viel niedrigeren Effektivverzinsungen.

     

    Umgekehrt gilt: Je enger das Budget ist, umso weniger Risiken dürfen eingegangen werden. Sehr lange Zinsfestschreibungsdauern sind dann Pflicht. Es bleibt in diesem Fall nur die Hoffnung, dass z. B. nach zehn Jahren das Kündigungsrecht in Anspruch genommen werden kann, wenn zu diesem Zeitpunkt das Zinsniveau niedriger liegt.

     

    Weiterführende Literatur

    • Brealey, R., Myers, S., Marcus, A.: Fundamentals of Corporate Finance, Global Edition, 10. Edition, McGraw-Hill 2020
    • Hoberg, P. (2018): Einheiten in der Investitionsrechnung, in: Wisu, 47. Jg., 4/2018, S. 468 bis 474
    • Hoberg, P. (2020): Controllers Trickkiste: Die sichere Auswahl von finanzmathematischen Faktoren, in: www.iww.de/s6492, 8.5.20
    • Hoberg, P. (2022): Kaufkraftausgleich bei Anlagen und Löhnen, in: Wisu, 51. Jg., 4/2022, S. 402 bis 404
    • Varnholt, N., Hoberg, P., Gerhards, R., Wilms, S.: Investitionsmanagement ‒ Betriebswirtschaftliche Grundlagen und Umsetzung mit SAP®, Berlin/Boston 2018
    Quelle: Ausgabe 09 / 2022 | Seite 248 | ID 48314459

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