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  • · Fachbeitrag · Leasing

    In drei Schritten zur sicheren Zurechnung des Leasinggegenstands

    von StB Dipl.-Bw. (FH) Thorsten Normann, Olsberg

    | In der Bilanzierungspraxis stellt sich immer wieder die Frage, ob der Leasinggegenstand beim Leasinggeber oder beim Leasingnehmer zu bilanzieren ist. Der Beitrag gibt einen Überblick über die vier grundlegenden Leasingerlasse und geht insbesondere auf die Besonderheiten des Finanzierungsleasings bei beweglichen Wirtschaftsgütern ein. Darüber hinaus wird veranschaulicht, wie durch eine dreistufige Prüfung deutlich mehr Rechtssicherheit bei der Zurechnung erlangt werden kann. |

    1. Vorbemerkungen

    Wird ein Leasingvertrag abgeschlossen, muss insbesondere entschieden werden, wem der Leasinggegenstand zuzurechnen ist. Die Aktivierung des Leasinggegenstands kann nämlich - je nach Vertragsgestaltung - entweder beim Leasinggeber oder beim Leasingnehmer erfolgen. Bei dieser Beurteilung ist es entscheidend, wer das wirtschaftliche Eigentum erlangt.

     

    Für die handelsrechtliche Betrachtung wird mangels präziser Abgrenzungskriterien auf die detaillierten steuerlichen Unterscheidungsmerkmale zurückgegriffen (vgl. Beck‘scher Bilanzkommentar, § 246 HGB, Rz. 37). Hierdurch kommt es grundsätzlich nicht zu einem Auseinanderfallen von Handels- und Steuerbilanz.

     

    PRAXISHINWEIS | Bei der Erstellung von Abschlüssen nach IFRS kann es hingegen zu Abweichungen kommen, da hier die detaillierten Regelungen des IAS 17 zur Klassifizierung von Leasingverträgen vorrangig zu beachten sind.

     

     

    Hinsichtlich der unterschiedlichen Leasingvarianten ist grundsätzlich zwischen Operating-Leasing und Finanzierungsleasing zu unterscheiden. Die folgende Differenzierung beruht u.a. auf den Ausführungen des Bundesverbands Deutscher Leasing-Unternehmen (unter bdl.leasingverband.de):

     

    • Nach deutschem Verständnis steht das Operating-Leasingfür Leasing-Verträge, bei denen der Leasinggeber das Risiko der Vollamortisation trägt. Die Vollamortisation tritt hier erst durch nachfolgende Leasing-/Mietzeiten oder Objektverwertungen ein. Dieser Sektor ist gegenwärtig verstärkt im IT- und Pkw-Leasing-Bereich anzutreffen.

     

    • Finanzierungsleasing ist insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass der Leasingvertrag über eine feste Grundmietzeit abgeschlossen wird. Durch die Leasingzahlungen während der Grundmietzeit werden grundsätzlich die Anschaffungskosten des Leasinggegenstands sowie alle Nebenkosten einschließlich der Finanzierungskosten des Leasinggebers gedeckt (Vollamortisation).

    2. Die vier Leasingerlasse des BMF

    Die rechtliche Grundlage für die Zurechnung von Leasinggegenständen bilden vier Leasingerlasse des BMF. Hierbei wird zum einen danach differenziert, ob es sich bei dem Leasinggut um ein bewegliches oder ein unbewegliches Wirtschaftsgut handelt. Zum anderen werden die Leasingverträge in Teilamortisations- und Vollamortisationsverträge unterteilt.

     

    Nachfolgend werden die vier Leasingerlasse des BMF in chronologischer Reihenfolge vorgestellt und auf wichtige Aspekte hingewiesen:

     

    2.1 Vollamortisation/Mobilien-Leasing (BMF 19.4.71, IV B/2 - S 2170 - 31/71)

    Der Vollamortisations-Erlass zum Mobilien-Leasing aus 1971 klärt zunächst den Begriff des Finanzierungsleasings. Anschließend stellt der Erlass verschiedene Vertragstypen vor, wobei insbesondere eine Unterscheidung von Leasingverträgen mit und ohne Kauf- bzw. Mietverlängerungsoption vorgenommen wird. Je nach Vertragsgestaltung erfolgt eine Zurechnung beim Leasinggeber oder Leasingnehmer. Abschließend wird die bilanzielle Darstellung beschrieben.

     

    2.2 Vollamortisation/Immobilien-Leasing (BMF 21.3.72, F/IV B 2 - S 2170 - 11/72)

    Der Erlass zur ertragsteuerlichen Behandlung von Finanzierungsleasingverträgen über unbewegliche Wirtschaftsgüter aus 1972 stellt zunächst klar, dass die Ausführungen im Erlass vom 19.4.71 im Wesentlichen auch für die Bilanzierung von unbeweglichen Wirtschaftsgütern gelten. Zu beachten ist aber insbesondere, dass die Zurechnung von Grund und Boden sowie Gebäude auseinanderfallen kann.

     

    2.3 Teilamortisation/Mobilien-Leasing (BMF 22.12.75, IV B 2 - S 2170 - 161/75)

    Das BMF-Schreiben aus 1975 zu Teilamortisationsverträgen über bewegliche Wirtschaftsgüter geht ausschließlich auf Zurechnungsfragen ein, wobei grundsätzlich drei Vertragstypen unterschieden werden:

     

    • Verträge mit Andienungsrecht
    • Verträge mit Aufteilung des Mehrerlöses
    • Kündbare Verträge

     

    Hinweis | Grundsätzlich erfolgt hier eine Zurechnung beim Leasinggeber. Wurde ein Vertrag mit Aufteilung des Mehrerlöses geschlossen und ist der Verkaufserlös größer als die Restamortisation, bilanziert der Leasingnehmer, sofern der Leasinggeber weniger als 25 % erhält.

     

    2.4 Teilamortisation/Immobilien-Leasing (BMF 23.12.91, IV B 2- S 2170 - 115/91)

    Der Erlass vom 23.12.91 zu Teilamortisationsverträgen bei Immobilien rundet das Quartett an Leasingerlassen ab. Er verweist u.a. auf die anderen Leasingerlasse und wiederholt unter Tz. 6 die Kernaussage, dass bei Teilamortisationsverträgen grundsätzlich der Leasinggeber den Leasinggegenstand bilanziert. Darüber hinaus stellt das Schreiben aber auch spezielle Vertragsgestaltungen vor, wonach der Gegenstand dem Leasingnehmer zuzurechnen ist (z.B. beim Spezial-Leasing).

    3. Drei Schritte zur sicheren Beurteilung

    Der für die Praxis wichtigste Erlass ist sicherlich der Vollamortisations-Erlass zu beweglichen Gegenständen aus 1971. Für die Zurechnungsentscheidung bietet sich eine dreistufige Prüfung an:

     

    3.1 Liegt Spezial-Leasing vor?

    Zunächst ist zu prüfen, ob ein Vertrag über Spezial-Leasing vorliegt. In diesen Fällen ist der Leasinggegenstand auf die besonderen Anforderungen und Bedürfnisse des Leasingnehmers zugeschnitten (z.B. eine bestimmte Produktionsmaschine). Eine wirtschaftlich sinnvolle Verwendung ist für andere Leasingnehmer nicht möglich. Demzufolge ist der Leasinggegenstand beim Leasingnehmer zu bilanzieren (wirtschaftlicher Eigentümer).

     

    3.2 Beträgt die Grundmietzeit weniger als 40 % oder mehr als 90 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer?

    In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob die Grundmietzeit entweder weniger als 40 % oder mehr als 90 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer (bND) beträgt. Dabei ist als betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der in den amtlichen AfA-Tabellen angegebene Zeitraum zugrunde zu legen (Erlass vom 19.4.71, Kapitel 1 „Allgemeines“). In beiden Fällen ist der Leasinggegenstand dem Leasingnehmer zuzurechnen - und zwar unabhängig davon, welcher Vertragstyp vorliegt:

     

    • Grundmietzeit < 40 % der bND: Bei einem solchen kurzen Zeitraum wird typisierend ein Ratenkauf unterstellt. In der Praxis kommen diese Vertragsgestaltungen allerdings eher selten vor.

     

    • Grundmietzeit > 90 % der bND: Hier wird davon ausgegangen, dass der Leasinggegenstand nach Ablauf der Grundmietzeit für den Leasinggeber keinen Wert mehr besitzt. Darüber hinaus kann der Leasingnehmer den Leasinggeber fast für die gesamte Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Leasinggut ausschließen.

     

    3.3 Wurde eine Kauf- oder Mietverlängerungsoption vereinbart?

    Liegt die Grundmietzeit zwischen 40 % und 90 % der bND, muss geprüft werden, ob eine Kauf- oder Mietverlängerungsoption vereinbart wurde. Ist dies nicht der Fall, erfolgt die Zurechnung beim Leasinggeber.

     

    3.3.1 Kaufoption

    Wurde dem Leasingnehmer eine Kaufoption eingeräumt, ist zu prüfen, ob der Kaufpreis eine echte Gegenleistung darstellt. Liegt der Kaufpreis unter dem fortgeführten Buchwert (unter Zugrundelegung der linearen AfA) bzw. unter dem gemeinen Wert, wird unterstellt, dass der Leasingnehmer das Optionsrecht am Ende der Grundmietzeit ausüben und den Leasinggeber somit auf Dauer von der Verfügungsmacht ausschließen wird. In diesem Fall hat der Leasingnehmer den Gegenstand als wirtschaftlicher Eigentümer zu bilanzieren. Anderenfalls aktiviert der Leasinggeber.

     

    3.3.2 Mietverlängerungsoption

    Bei einer Mietverlängerungsoption ist der Leasinggegenstand dem Leasingnehmer zuzuordnen, wenn die Anschlussmiete so bemessen ist, dass sie den Wertverzehr für den Leasinggegenstand nicht deckt. Der Wertverzehr ergibt sich auf der Basis des unter Berücksichtigung der linearen AfA nach der amtlichen AfA-Tabelle ermittelten Buchwerts oder des niedrigeren gemeinen Werts und der Restnutzungsdauer laut AfA-Tabelle. Entspricht die Anschlussmiete hingegen dem zukünftigen Wertverzehr oder übersteigt diesen sogar, hat die Bilanzierung beim Leasinggeber zu erfolgen.

     

    Die folgende Übersicht fasst die dreistufige Prüfung zusammen:

     

     

     

    4. Bilanzielle Darstellung

    Bei der bilanziellen Behandlung ist danach zu unterscheiden, ob der Leasinggegenstand dem Leasingnehmer oder dem Leasinggeber zuzurechnen ist.

     

    4.1 Zurechnung beim Leasingnehmer

    Erfolgt die Aktivierung beim Leasingnehmer, muss er den Leasinggegenstand mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bilanzieren. Als Anschaffungs- oder Herstellungskosten gelten die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Leasinggebers, die der Berechnung der Leasingraten zugrunde gelegt worden sind, zuzüglich etwaiger weiterer Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die nicht in den Leasingraten enthalten sind. Die Abschreibung erfolgt über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Leasinggegenstands. Darüber hinaus hat der Leasingnehmer eine Verbindlichkeit gegenüber dem Leasinggeber in Höhe der Anschaffungs- oder Herstellungskosten auszuweisen.

     

    Beachten Sie | Die Leasingraten sind in einen Zins- und Kostenanteil sowie in einen Tilgungsanteil aufzuschlüsseln. Bei der Aufteilung ist zu berücksichtigen, dass sich infolge der laufenden Tilgung der Zinsanteil verringert und sich der Tilgungsanteil erhöht. Der Zins- und Kostenanteil stellt sofort abzugsfähige Betriebsausgaben dar, wohingegen der Tilgungsanteil erfolgsneutral zu behandeln ist (vgl. Erlass vom 19.4.71, Kapitel 5).

     

    Der Leasinggeber aktiviert eine Kaufpreisforderung gegenüber dem Leasingnehmer in Höhe der den Leasingraten zugrunde gelegten Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Dieser Betrag ist somit grundsätzlich mit der vom Leasingnehmer ausgewiesenen Verbindlichkeit identisch. Analog der Darstellung beim Leasingnehmer muss der Leasinggeber die Leasingraten in einen Zins- und Kostenanteil sowie einen ergebnisneutralen Tilgungsanteil aufteilen.

     

    4.2 Zurechnung beim Leasinggeber

    Ist der Leasinggegenstand dem Leasinggeber zuzurechnen, hat er den Leasinggegenstand mit seinen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu aktivieren und über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzuschreiben. Die Leasingraten stellen bei ihm Betriebseinnahmen dar.

     

    Der Leasingnehmer kann die Leasingraten in diesem Fall als Betriebsausgaben erfassen.

     

    FAZIT | Leasingverträge sind aus Zweckmäßigkeitsgründen oftmals so gestaltet, dass der Leasinggeber sowohl das zivilrechtliche als auch das wirtschaftliche Eigentum innehat. Nichtsdestotrotz ist stets zu prüfen, ob das Wirtschaftsgut in der Bilanz des Leasingnehmers zu aktivieren ist. Anhand der vier Leasingerlasse des BMF und der vorgestellten dreistufigen Prüfung sollte die richtige Zuordnung in der Praxis gelingen.

    Quelle: Ausgabe 12 / 2014 | Seite 326 | ID 43037334

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