| Bewertung Vereinfachte Immobilienwertermittlung   von Dipl. Finw. Günter Müller, Bad Gandersheim    In Heft 4/03 haben wir drei praxisrelevante Bewertungsverfahren (Vergleichswertverfahren, Ertragswertverfahren gemäß Wertermittlungsverordnung und Discounted Cash Flow-Verfahren) vorgestellt. Da diese Methoden recht aufwendig sind, stellen wir Ihnen heute eine vereinfachte Immobilienwertermittlung vor. Diese Verfahrensweise ist insbesondere angezeigt, wenn bei kleineren und mittleren Unternehmen Verkehrswerte für steuerliche Zwecke (z.B. bei Entnahmen aus dem Betriebsvermögen) ermittelt werden müssen und sich aufwendige Ermittlungen / Gutachten nicht lohnen.   1. Verkehrswerte müssen häufig geschätzt werden   Der Wert der bei einer Geschäftsaufgabe bzw. aus sonstigen Gründen in das Privatvermögen überführten Immobilie wird nach den steuerrechtlichen Bestimmungen durch den Preis bestimmt, der "im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit bei einer Veräußerung zu erzielen wäre".  Bei Grundstücken und Gebäuden ist das der Verkehrswert. Steuerlich gilt dies auch für Immobilienteile - zum Beispiel das ausschließlich beruflich genutzte häusliche Arbeitszimmer, das künftig wieder privat genutzt werden soll. Deren Verkehrswert ist aus dem Wert der Gesamtimmobilie abzuleiten (zum Beispiel anhand der Nutzfläche), da einzelne Immobilienteile zivilrechtlich nicht verkehrsfähig sind. Da bei Immobilienentnahmen entsprechende Gegenwerte fehlen, können Verkehrswerte regelmäßig nur im Wege der Schätzung ermittelt werden.    2. Ermittlung des Bodenwertes   Nach der Rechtsprechung des BFH  ist der Verkehrswert für den Grund und Boden entweder unmittelbar aus den Verkaufspreisen für benachbarte Grundstücke oder auf der Grundlage von Durchschnittswerten (Richtwerten) zu ermitteln.   Eine unmittelbare Wertermittlung aus Verkaufspreisen scheitert jedoch vielfach, weil eine ausreichende Zahl repräsentativer und stichtagsnaher Verkaufsfälle in der näheren Umgebung nicht vorliegt. Die Katasterämter stellen daher aus den dort zu führenden Kaufpreissammlungen Bodenwerte für einzelne Ortschaften, Stadtteile etc. des entsprechenden Bereichs in Bodenrichtwertkarten zusammen.    Der für das Grundstück maßgebende Bodenrichtwert kann auch bei der Bewertungsstelle des FA erfragt werden. Ist das Grundstück besonders tief zugeschnitten, muss die Grundstücksfläche in Vorder- und Hinterland aufgeteilt werden. Hierbei sollten dann die unterschiedlichen Bodenrichtwerte eingeholt werden. In der Regel sind die Erschließungskosten für das Grundstück in dem vom Gutachterausschuss festgelegten Bodenrichtwert bereits enthalten.   3. Ermittlung des Gebäudewertes   Auch der Verkehrswert des Gebäudes kann exakt oder näherungsweise ermittelt werden.  3.1 Sicher und teuer - Gutachten eines Bausachverständigen  Soll der Gebäudewert genau ermitteln werden, bedarf es eines Bau-sachverständigen. Erspart bleibt dann zwar ein möglicher Streit mit dem FA, nicht aber das Honorar für das Gutachten. Kleiner Trost: Diese Kosten sind steuerlich abzugsfähig.   Auch vom Gutachterausschuss der Landkreise oder kreisfreien Städte - diesen erreicht man über das zuständige Katasteramt - kann ein kos-tenpflichtiges Gutachten in Auftrag gegeben werden. Der Vorteil dieses Gutachtens ist häufig, dass hier auch das Interesse der Stadt, die Grundstückspreise nicht zu sehr in die Höhe zu treiben, einfließt.  Die FÄ folgen den Gutachten des Gutachterausschusses in der Regel ohne weitere Prüfung  und nehmen dabei meistens auch eine Begünstigung des Grundstückseigentümers in Kauf.    Auch die FinVerw beschäftigt Bausachverständige. Ohne die Sachkunde der hauseigenen Sachverständigen anzuzweifeln, fungieren sie jedoch als Interessenvertreter und nicht als neutrale Gutachter, weil sie den FÄ gegenüber weisungsgebunden bleiben. Finanzgerichte werten ihre Gutachten nur als Parteigutachten und Arbeitsvorlage für einen unabhängigen vereidigten Sachverständigen.    Die in den Gutachten des Bausachverständigen oder des Gutachterausschusses ausgewiesenen Gebäudewerte sind regelmäßig das Ergebnis von Ertrags- und Sachwertverfahren. Beim Sachwertverfahren wird der Gegenwartswert des Gebäudes sowie der Außenanlagen und der Betriebseinrichtungen unter Berücksichtigung der technischen und wirtschaftlichen Wertminderungen ermittelt. Beim Ertragswertverfahren geht man vom nachhaltig erzielbaren Mietertrag aus und mindert ihn um die Bewirtschaftungskosten und Abschreibungen.  3.2 Schätzung der Verkehrswerte   Für die Schätzung der Verkehrswerte sind in der Vergangenheit mehrere vereinfachte Modelle in Anlehnung an Erfahrungswerte aus der Praxis entwickelt worden, um insbesondere Gebäudewerte zu ermitteln, ohne in jedem Fall gleich einen Bausachverständigen einzuschalten. Sollte die Schätzung beim FA nicht durchgesetzt werden können, kann ein Bausachverständigen-Gutachten später immer noch angefordert werden.  3.2.1 Erste Variante: Verkehrswert nach der "Makler-Berechnung"   Bei der "Makler-Berechnung" wird der Verkehrswert eines Grundstücks mit einem Vervielfältiger für die Jahresmieten ermittelt. Der Vervielfältiger beträgt derzeit für Praxisimmobilien etwa 15 und für Wohnhäuser 13 bis 14. Mit Hilfe des Vervielfältigers erhält man natürlich nur eine sehr grobe Schätzung des Verkehrswertes. Die Faustformel gibt aber einen ersten Anhaltspunkt über die Höhe des Verkehrswertes und kann zumindest vor überzogenen Vorstellungen des FA schützen. Die Lage der Immobilie ist bei der Bemessung des Vervielfältigers von untergeordneter Bedeutung, weil sich der Standort bereits in der Miethöhe niedergeschlagen hat. Lediglich bei Topplagen im Innenstadtbereich der Ballungsgebiete ergeben sich für Büro- und Geschäftshäuser höhere Vervielfältiger.   
  3.2.2 Zweite Variante: Verkehrswert mit dem Bauindex schätzen  Wird der bisher beruflich genutzte Immobilienteil nach Aufgabe der Tätigkeit künftig als Wohnraum genutzt, ist ebenfalls die Übernahme in das Privatvermögen mit dem Verkehrswert sowie die Versteuerung der stillen Reserve erforderlich. Ein Mietwert fehlt dann aber und eine ortsübliche Miete für Geschäftsräume in einem vergleichbaren Objekt wird oft nur schwer festzustellen sein. Dann besteht die Möglichkeit, den Verkehrswert für den entnommenen Gebäudeteil anhand der vom Statistischen Bundesamt ermittelten Bauindizes zu errechnen. Dabei werden die ursprünglichen Baukosten mit dem in der folgenden Tabelle aufgeführten Bauindex auf die heutigen Verhältnisse hochgerechnet (Dabei bezieht sich der Bauindex auf den DM-Wert aus 1962).    
   Je nach Gebäudealter können die folgenden Abschläge vorgenommen werden, die mit den steuerlichen Abschreibungen nicht übereinstimmen:   
   Für den Grund und Boden muss noch der Bodenrichtwert beim Katasteramt oder FA erfragt werden.   
  3.2.3 Dritte Variante: Schätzung mit dem Versicherungswert   Sind die Baukosten für das Gebäude nicht mehr bekannt, kann auch auf den Feuerversicherungswert zurückgegriffen werden. Dem Versicherungsschein für die Gebäudeversicherung kann die Versicherungssumme entnommen werden. Dabei sollte man sich nicht über die geringe Höhe der Versicherungssumme wundern - diese ist nach den Baupreisen von 1914 ermittelt worden. Im Schadensfall wird bei Neuwertversicherung zu der nach der niedrigen Versicherungssumme errechneten Entschädigung ein jährlich angepasster Zuschlag gezahlt, der den Baupreissteigerungen entspricht. Derzeit entspricht der Zuschlag etwa dem Zwanzigfachen (Tabellenwert für 2002 geteilt durch 100). Für die Schätzung des Verkehrswertes eines Gebäudes kann die Umrechnung der Feuerversicherung von Nutzen sein. Die dabei verwendeten Vervielfältiger sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt.    
   Zusätzlich zu berücksichtigen ist der Verkehrswert für den Grund und Boden, der im Gebäudewert der Versicherung natürlich nicht enthalten ist. Auch bei diesem Schätzverfahren können die oben genannten Abschläge für das Gebäudealter vorgenommen werden.   
   4. Fazit   Auch ohne Beteiligung eines Bausachverständigen kann mit einer überschlägigen Berechnung der Verkehrswert einer Immobilie oder eines Immobilienteils ermittelt werden. Stimmt die eigene Wertfindung nicht mit der des FA überein, kann immer noch ein Bausachverständigen-Gutachten eingeholt werden.      | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
| Quelle: Betriebswirtschaftliche Mandantenbetreuung - Ausgabe 05/2003, Seite 123 | 
Quelle: Ausgabe 05 / 2003 | Seite 123 | ID 109437