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  • 06.08.2020 · IWW-Abrufnummer 217229

    Finanzgericht Münster: Urteil vom 04.05.2020 – 5 K 546/17 U

    Diese Entscheidung enhält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.



    Tenor:

    Der Umsatzsteuerbescheid 2015 vom 12.10.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.02.2017 wird dahingehend geändert, dass die Umsatzsteuer 2015 in Höhe von -29.590,13 € festgesetzt wird.

    Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

    Die Revision wird zugelassen.

    Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
     
    1

    T a t b e s t a n d
    2

    Die Beteiligten streiten über die Höhe des Vorsteuererstattungsanspruchs aus den Rechnungen des Insolvenzverwalters an die Insolvenzschuldnerin.
    3

    Am 01.08.2005 wurde durch Beschluss des Amtsgerichts E (Az. xyz) über das Vermögen der T GmbH & Co.KG (Insolvenzschuldnerin) wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung das Insolvenzverfahren eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde der Kläger bestellt.
    4

    Im Rahmen des Insolvenzverfahrens wurden Insolvenzforderungen in einer Höhe von insgesamt 6.096.900,32 €, die ausschließlich aufgrund der Unternehmenstätigkeit der Insolvenzschuldnerin entstanden waren, angemeldet. Davon wurden nach Berichtigung 4.636.726,71 € als Schlussergebnis festgestellt (siehe Gläubigerschlussverzeichnis im Insolvenzverfahren, Bl. 64 der Gerichtsakte).
    5

    Der Kläger führte das Unternehmen zunächst fort und erzielte in den Jahren 2005 bis 2015 steuerpflichtige und steuerfreie Umsätze in folgender Höhe:
    6

    Jahr
       

    Steuerpflichtige Umsätze
       

    Steuerfreie Umsätze

    2005
       

    1.848.519 €
       

    2006
       

    317.340 €
       

    2007
       

    65.373 €
       

    2008
       

    47.131 €
       

    300.770 €

    2009
       

    21.766 €
       

    2010
       

    0
       

    2011
       

    0
       

    2012
       

    0
       

    2013
       

    0
       

    2014
       

    0
       

    2015
       

    0
       

    Summe
       

    2.300.129 €
       

    300.770 €
    7

    Bei den steuerfreien Umsätzen handelte es sich um Umsätze aus der Grundstücksveräußerung des Betriebsgrundstücks G-Straße in M.
    8

    Am 09.07.2015 übersandte der Kläger in seiner Funktion als Insolvenzverwalter die Umsatzsteuerjahreserklärung der Insolvenzschuldnerin für das Jahr 2015 für den Zeitraum 01.01.2015 bis 07.07.2015 (Bl. 18 ff. der Gerichtsakte). Er erklärte dabei keine Umsätze, sondern lediglich Vorsteuern aus Rechnungen des Insolvenzverwalters in Höhe von 29.590,13 €, die sich wie folgt zusammensetzen:
    9

    Datum
       

    Re-Nummer
       

    Betrag (netto)
       

    USt
       

    Betrag (brutto)

    30.06.2015
       

    15/1298
       

    139.453,37 €
       

    26.496,14 €
       

    165.949,51 €

    30.06.2015
       

    15/1299
       

    16.284,18 €
       

    3.093,99 €
       

    19.378,17 €
       

    Summe
       

    155.737,55 €
       

    29.590,13 €
       

    185.327,68 €
    10

    Die Rechnung Nummer 15/1298 wies dabei als Leistungsgegenstand „Vergütung für den Insolvenzverwalter für die Zeit vom 28.07.2005 bis zum 28.05.2015“ aus. Mit der Rechnung Nummer 1299/15 machte der Kläger „Auslagen für den Insolvenzverwalter für die Zeit vom 28.07.2005 bis 28.05.2015“ geltend.
    11

    Mit Schreiben vom 15.07.2015 (Bl. 21 der Gerichtsakte) teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass ein Vorsteuerabzug nur insoweit in Betracht komme, als dass die Leistungen bei der Schuldnerin für den unternehmerischen Bereich bezogen worden seien. Der Beklagte bat den Kläger zugleich um Übersendung einer entsprechenden Aufstellung.
    12

    Hierauf erwiderte der Kläger mit Schreiben vom 10.08.2015 und teilte mit, dass eine Aufteilung nicht erforderlich sei, da die Insolvenzschuldnerin während ihrer aktiven Geschäftstätigkeit ausschließlich zum Vorsteuerabzug berechtigende steuerpflichtige Umsätze getätigt habe (Bl. 21 R ff. der Gerichtsakte).
    13

    Mit gem. § 164 Abs. 1 AO unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenem Umsatzsteuerbescheid 2015 vom 12.10.2015 erkannte der Beklagte den geltend gemachten Vorsteuerabzug nur in Höhe von 26.169,52 € (88,44%) an. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass sich im Vermögen der Insolvenzschuldnerin Grundstücke befunden hätten, deren Veräußerungen nach § 4 Nr. 9a UStG steuerfrei erfolgt seien. Der Vorsteuerabzug sei ausgeschlossen, soweit er auf diese Umsätze entfalle. Für seine Berechnung setzte der Beklagte die steuerfreien Umsätze aus der Veräußerung des Betriebsgeländes (300.770 €) ins Verhältnis zu den steuerpflichtigen Umsätzen der Jahre 2005 bis 2015 (2.300.129 €).
    14

    Hiergegen legte der Kläger am 22.10.2015 Einspruch ein. Er trug vor, dass für die Höhe des Vorsteuerabzugs ausschließlich die frühere Unternehmertätigkeit der Insolvenzschuldnerin maßgeblich und somit ein vollständiger Vorsteuerabzug möglich sei. Unerheblich seien demgegenüber die Verwertungsumsätze im Rahmen des Insolvenzverfahrens.
    15

    Mit Einspruchsentscheidung vom 01.02.2017 wies der Beklagte den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Im vorliegenden Fall sei nicht allein die frühere unternehmerische Tätigkeit für die Gewährung des Vorsteuerabzugs maßgeblich, da das Unternehmen der Insolvenzschuldnerin über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinaus fortgeführt worden sei. Diese Fallkonstellation habe der BFH noch nicht entschieden. Im Streitfall müsse eine Aufteilung der abziehbaren Vorsteuern nach § 15 Abs. 4 UStG erfolgen.
    16

    Mit seiner am 21.02.2017 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Maßgeblich im Rahmen des § 15 Abs. 4 UStG sei der unmittelbare Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsleistungen. Nur wenn ein solcher unmittelbarer Zusammenhang nicht gegeben sei, seien auch weitere Ausgangsumsätze heranzuziehen. Auf die einzelnen Verwertungshandlungen des Insolvenzverwalters komme es nicht an. Der BFH habe zwar in seiner Entscheidung die Frage offen gelassen, ob es für den Vorsteuerabzug von Bedeutung sei, dass das Unternehmen noch fortgeführt werde. Die Grundsätze müssten jedoch auch für fortgeführte Unternehmen gelten. Die Fortführung habe der Ausproduktion gedient, wodurch weitere Mittel für die Befriedigung der Insolvenzgläubiger erwirtschaftet worden seien. Der Hauptzweck der einheitlichen Leistung des Insolvenzverwalters ‒ die Befriedigung der Insolvenzgläubiger ‒ sei im Streitfall noch deutlicher ausgeprägt als im Urteilsfall.
    17

    Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
    18

    den Umsatzsteuerbescheid 2015 vom 12.10.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.02.2017 dahingehend abzuändern, dass die Umsatzsteuer 2015 entsprechend der abgegebenen Umsatzsteuererklärung 2015 vom 09.07.2015 in Höhe von -29.590,13 € festgesetzt wird.
    19

    Der Beklagte beantragt,
    20

    die Klage abzuweisen.
    21

    Der Insolvenzverwalter erbringe an den Insolvenzschuldner eine einheitliche Leistung gegen Entgelt. Es könne daher nicht ausschließlich ein Bezug der einheitlichen Leistung des Insolvenzverwalters zu den im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen hergestellt werden.
    22

    E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
    23

    Die Klage hat Erfolg.
    24

    Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid vom 2015 vom 12.10.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.02.2017 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
    25

    Der Beklagte hat dem Kläger zu Unrecht den geltend gemachten Vorsteuerabzug in Höhe von 29.590,13 € nicht in voller Höhe gewährt.
    26

    Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Unionsrechtlich beruht die Vorschrift auf den Art. 167 ff. der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Nach Art. 168 Buchst. a) MwStSystRL ist der Steuerpflichtige berechtigt, soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze „verwendet“ werden, die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen.
    27

    Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist gem. § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG jedoch die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet.
    28

    Der Unternehmer ist nach diesen Vorschriften zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 UStG, Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL) und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeiten) zu verwenden beabsichtigt. Das in Art. 167, 168 MwStSystRL vorgesehene Recht auf Vorsteuerabzug entsteht nur, wenn die bezogenen Gegenstände oder Dienstleistungen direkt und unmittelbar mit Ausgangsumsätzen, die das Recht zum Vorsteuerabzug eröffnen, zusammenhängen (EUGH, Urt. vom 29.10.2009 ‒ C-29/08, BFH/NV 2009, 2099, „SKF“; EuGH, Urt. vom 27.09.2001 ‒ C/16/00, HFR 2001, 1213 „Cibo Participations“; EuGH, Urt. vom 22.02.2001 ‒ C-408/98, HFR 2001, 514 „Abbey National“; EuGH, Urt. vom 08.06.2000 ‒ C-98/98, HFR 2000, 684 „Midland Bank“; BFH, Urt. vom 15.10.2009 ‒ XI R 82/07, BStBl. II 2010, 247; Heidner, in: Bunjes, UStG, § 15 Rdn. 368).
    29

    Im Hinblick auf den erforderlichen direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsumsatz ist dabei nach der Rechtsprechung des BFH (BFH-Urt. vom 09.12.2010 - V R 17/10, BFH/NV 2011, 717; vom 13.01.2011 - V R 12/08, BFH/NV 2011, 721, vom 27.01.2011 - V R 38/09, BFH/NV 2011, 727, und vom 03.03.2011 ‒ V R 23/10, BStBl. II 2012, 74), der der erkennende Senat folgt, wie folgt zu differenzieren:
    30

    a) Besteht der direkte und unmittelbare Zusammenhang zu einem einzelnen Ausgangsumsatz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit, der steuerpflichtig ist, kann der Unternehmer den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen. Die für den Leistungsbezug getätigten Aufwendungen gehören dann zu den Kostenelementen dieses Ausgangsumsatzes.
    31

    b) Bei einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang zu einem Ausgangsumsatz, der mangels wirtschaftlicher Tätigkeit nicht dem Anwendungsbereich der Steuer unterliegt (nicht steuerbarer Umsatz) oder - ohne Anwendung von § 15 Abs. 3 UStG (Art. 169 Buchst. b MwStSystRL) - steuerfrei ist, besteht keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug. Dies gilt auch, wenn der Unternehmer eine Leistung für einen z.B. steuerfreien Ausgangsumsatz bezieht, um mittelbar seine zum Vorsteuerabzug berechtigende wirtschaftliche Gesamttätigkeit zu stärken, da der von ihm verfolgte endgültige Zweck unerheblich ist (BFH-Urteil vom 9.12.2010 - V R 17/10, BStBl. II 2012, 53 mit weiteren Nachweisen aus der EuGH-Rechtsprechung).
    32

    c) Fehlt ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, kann der Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt sein, wenn die Kosten für die Eingangsleistung zu seinen allgemeinen Aufwendungen gehören und - als solche - Bestandteile des Preises der von ihm erbrachten Leistungen sind. Derartige Kosten hängen direkt und unmittelbar mit seiner wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zusammen und berechtigen nach Maßgabe dieser Gesamttätigkeit zum Vorsteuerabzug (BFH, Urt. vom 24.04.2013 ‒ XI R 25/10, BStBl. II 2014, 346). In diesem Fall sind die Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 4 UStG aufzuteilen (Kraeusel, in: Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 15 Rdn. 643, Beispiel 3).
    33

    d) Beabsichtigt der Unternehmer eine von ihm bezogene Leistung zugleich für seine wirtschaftliche und seine nichtwirtschaftliche Tätigkeit zu verwenden, kann er den Vorsteuerabzug grundsätzlich nur insoweit in Anspruch nehmen, als die Aufwendungen hierfür seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen sind. Beabsichtigt der Unternehmer daher eine teilweise Verwendung für eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit, ist er insoweit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (EuGH, Urt. vom 13.03.2008 ‒ C-437/06, BStBl. II 2008, 727, „Securenta“, und vom 12.02.2009 ‒ C-515/07, HFR 2009, 421, „VNLTO“; BFH-Urt. vom 09.12.2010 ‒ V R 17/10, BFH/NV 2011, 717; vom 13.01.2011 ‒ V R 12/08, BFH/NV 2011, 721; vom 03.03.2011 ‒ V R 23/10, BStBl. II 2012, 74). Bei der dann erforderlichen Vorsteueraufteilung für Leistungsbezüge, die einer wirtschaftlichen und einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmers dienen, ist § 15 Abs. 4 UStG analog anzuwenden (ständige Rechtsprechung, BFH, Urt. vom 09.02.2012 ‒ V R 40/10, BStBl. II 2012, 844, Rdn. 25; BFH, Urt. vom 02.12.2015 ‒ V R 15/15, BStBl. II 2016, 486, Rdn. 16).
    34

    Es ist dabei Sache des nationalen Gerichts, das Kriterium des direkten und unmittelbaren Zusammenhangs auf den Sachverhalt des bei ihm anhängigen Rechtsstreits anzuwenden (EuGH, Urt. vom 08.06.2000 ‒ C-98/98, HFR 2000, 684 „Midland Bank“).
    35

    Nach der Rechtsprechung des BFH erbringt der Insolvenzverwalter eine einheitliche Leistung, die mittels Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse des Gemeinschuldners der Befriedigung der Insolvenzgläubiger als Hauptziel des Insolvenzverfahrens dient (BFH, Urt. vom 15.04.2015 ‒ V R 44/14, BStBl. II 2015, 679, Rdn. 16). Der für den Vorsteuerabzug maßgebliche direkte und unmittelbare Zusammenhang besteht dabei zwischen der einheitlichen Leistung des Insolvenzverwalters und den im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen der Insolvenzgläubiger. Auf die einzelnen Verwertungshandlungen des Insolvenzverwalters kommt es nach Auffassung des BFH nicht an (BFH, Urt. vom 15.04.2015 ‒ V R 44/14, BStBl. II 2015, 679, Rdn. 17; BFH, Urt. vom 02.12.2015 ‒ V R 15/15, BStBl. II 2016, 486, Rdn. 17).
    36

    Soweit es sich um ein Insolvenzverfahren einer unternehmerisch tätigen natürlichen Person handelt, ist ein Vorsteuerabzug nur im Verhältnis der unternehmerischen zu den privaten Verbindlichkeiten (die jeweils als Insolvenzforderungen angemeldet worden sind) möglich (BFH, Urt. vom 15.04.2015 ‒ V R 44/14, BStBl. II 2015, 679, Rdn. 12). Im Falle der Insolvenz einer KG sind demgegenüber alle geltend gemachten Insolvenzforderungen regelmäßig aufgrund der Unternehmenstätigkeit der KG entstanden, so dass in diesem Fall ein vollständiger Vorsteuerabzug möglich ist (BFH, Urt. vom 02.12.2015 ‒ V R 15/15, BStBl. II 2016, 486, Rdn. 18).
    37

    Der BFH hat jedoch offen gelassen, ob es auf die im Verfahren angemeldeten Forderungen auch dann ankommt, wenn der Insolvenzverwalter - anders als in den von ihm entschiedenen Fällen - das Unternehmen fortführt oder ob es im Falle einer Unternehmensfortführung durch den Insolvenzverwalter zu einer Vorsteueraufteilung nach Maßgabe der fortgesetzten unternehmerischen unter Vernachlässigung ‒ einer nur teilweisen unternehmerischen Begründung ‒ von Insolvenzforderungen kommen könnte (BFH, Urt. vom 15.04.2015 ‒ V R 44/14, BStBl. II 2015, 679, Rdn. 20; BFH, Urt. vom 02.12.2015 ‒ V R 15/15, BStBl. II 2016, 486, Rdn. 18; Michel jM 2016, 258).
    38

    Nach Ansicht von Heuermann soll es in diesen Fällen nicht nur auf das Verhältnis der angemeldeten Verbindlichkeiten zueinander ankommen. Denn der Insolvenzverwalter werde für den Schuldner-Unternehmer tätig, indem er Lieferungen und sonstige Leistungen ausführe. Hier liege es nahe, diese Tätigkeiten, die über bloße Verwertungshandlungen hinausgingen, bei der Aufteilung entsprechend dem ausgeführten Umsatz zu berücksichtigen, was regelmäßig zu einer Erhöhung des unternehmerisch veranlassten Anteils führen werde (Heuermann, jM 2015, 384, 387).
    39

    Nach Auffassung des Senates ändert die Tatsache, dass der Kläger die Tätigkeit der Insolvenzschuldnerin für einen gewissen Zeitraum (Ausproduktion) fortgeführt hat, nichts daran, dass es sich bei der Veräußerung des Grundstücks G-Straße lediglich um einen Verwertungsumsatz handelt, der nach der Rechtsprechung des BFH (BFH, Urt. vom 02.12.2015 ‒ V R 15/15, BStBl. II 2016, 486) nicht im Rahmen der Aufteilung zu berücksichtigen ist.
    40

    Die vom BFH offen gelassene Streifrage, ob neben den Insolvenzforderungen (oder statt diesen) auch die Lieferungen und sonstigen Leistungen des Insolvenzverwalters im Rahmen der Vorsteueraufteilung zu berücksichtigen sind, kann vor diesem Hintergrund im Streitfall ebenfalls offen bleiben, da sowohl die Insolvenzforderungen zu 100% unternehmerisch veranlasst sind als auch die vom Insolvenzverwalter ausgeführten Umsätze ‒ wenn man die steuerfreie Grundstücksveräußerung als Verwertungsumsatz außer Betracht lässt ‒ zu 100% steuerpflichtig waren.
    41

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
    42

    Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts hinsichtlich des Vorliegens und der Behandlung von durch den Insolvenzverwalter bewirkten Verwertungsumsätzen zugelassen.
    43

    Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO (Brandt, in: Gosch, FGO, § 151 Rdn. 31, 33).

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