Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Erbrecht, Teil 1

    Gestaltung eines Apotheker-Testaments: Das gilt es bei der gesetzlichen Erbfolge zu beachten

    von RA, FA StR Theo Clotten, Dr. Schmidt und Partner, Koblenz/Dresden/München/Oberhausen

    | Der Vermögenswert einer Apotheke unterliegt umfangreichen apothekenrechtlichen Beschränkungen, die es bei jeglicher Vermögensnachfolgegestaltung zu berücksichtigen gilt. Demzufolge ist bereits frühzeitig eine Auseinandersetzung mit letztwilligen Gestaltungsmitteln, d. h. dem Apotheker-Testament, erforderlich, um den Ertrags- und Unternehmenswert der Apotheke zur Versorgung der Familie zu erhalten und Streitigkeiten zu vermeiden. AH stellt Ihnen in einer Beitragsserie denkbare Gestaltungsmodelle vor. Teil 1 beschäftigt sich mit der gesetzlichen Erbfolge. |

    Ausgangsfall

    Apotheker A (42 Jahre) ist mit Ehefrau E (42 Jahre) im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet und Inhaber von drei Apothekenbetrieben. Es existieren zwei gemeinschaftliche Kinder K1 (14 Jahre) und K2 (10 Jahre). Eine letztwillige Verfügung haben die Eheleute nicht erstellt. A verstirbt, sodass die gesetzliche Erbfolge zur Anwendung kommt.

     

    Ehegattenerbrecht (§ 1931 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB])

    Der überlebende Ehegatte, der mit seinem Ehepartner bei dessen Tod noch rechtsgültig verheiratet war, erhält bei der gesetzlichen Erbfolge ein eigenständiges gesetzliches Erbrecht. Gemäß § 1931 Abs. 1 S. 1 BGB ist dieser Ehegatte neben Verwandten der ersten Ordnung zu ¼ und neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern zu ½ als gesetzlicher Erbe berufen. Ein gleichlautendes gesetzliches Erbrecht stünde dem eingetragenen Lebenspartner gemäß § 10 Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) zu. Neben dieses Ehegattenerbrecht tritt gemäß § 1371 BGB der Zugewinnausgleich im Todesfalle, da die hier bestehende Zugewinngemeinschaft durch den Tod des Ehegatten A beendet wird. § 1371 Abs. 1 BGB sieht grundsätzlich einen Ausgleich des Zugewinns durch pauschale Erhöhung des gesetzlichen Erbteils des überlebenden Ehegatten um ein weiteres ¼ vor. Demzufolge beerbt E ihren verstorbenen Ehegatten A zu ½.

     

    Wird der überlebende Ehegatte weder Erbe noch Vermächtnisnehmer oder schlägt er die Erbschaft nach dem vorverstorbenen Ehegatten aus, kann er seinen gesetzlichen Pflichtteil sowie Zugewinnausgleich in tatsächlicher Höhe verlangen (gemäß den Regelungen der §§ 1373 bis 1383 und § 1390 BGB). Dies kann im Einzelfall sowohl aus zivilrechtlichen Gründen als auch aus steuerrechtlichen Gründen sinnvoll sein, da der Zugewinnausgleichsanspruch nicht der Erbschaftsteuer unterliegt.

    Erbrecht der Verwandten (§§ 1924 bis 1930 BGB)

    Die gesetzliche Erbfolge der Verwandten ist nach Ordnungen geregelt. Gesetzliche Erben der ersten Ordnung sind gemäß § 1924 Abs. 1 BGB die Abkömmlinge des Erblassers. Mehrere Abkömmlinge erben nach § 1924 Abs. 4 BGB zu gleichen Teilen. Gesetzliche Erben der zweiten Ordnung sind gemäß § 1925 Abs. 1 BGB die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge. Leben zur Zeit eines Erbfalls beide Eltern noch, so erben sie zu gleichen Teilen; sie schließen die Geschwister des Erblassers und deren Nachkommen gemäß § 1925 Abs. 2  BGB von der Erbfolge aus. Gesetzliche Erben der dritten Ordnung sind gemäß § 1926 Abs. 1 BGB die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge. Demzufolge beerben die Abkömmlinge des Apothekers, d. h. die Kinder K1 und K2 (als Erben erster Ordnung), ihren Vater je zu ¼ und schließen weitere Verwandte nachfolgender Ordnungen gemäß § 1930 BGB von der Erbschaft aus.

    Mehrheit von Erben (§§ 2032 bis 2063 BGB)

    Sind wie im hier gegebenen Fall mehrere Personen zu Erben bestimmt (Miterben), entsteht kraft Gesetzes eine Erbengemeinschaft. Sie ist eine Form der sogenannten „Gesamthandsgemeinschaft“, d. h., alle Rechte und Pflichten obliegen den Miterben gemeinsam. Hieraus folgt, dass keinem der Miterben ein bestimmter Nachlassgegenstand allein oder zu einem bestimmten Bruchteil zusteht und alle Miterben nur gemeinsam über einen Nachlassgegenstand verfügen können. Eine Ausnahme ist lediglich darin zu sehen, dass ein Miterbe über seinen vollständigen Erbteil als solchen gemäß § 2033 Abs. 1 BGB in notariell beurkundeter Form verfügen kann. Hauptaufgabe der Erbengemeinschaft ist die Auseinandersetzung, d. h., die Erbengemeinschaft hat alle Nachlassverbindlichkeiten zu erfüllen und sich im Anschluss ‒ durch Abwicklung aller Rechtsbeziehungen ‒ aufzulösen. Die Teilhabe minderjähriger Miterben in Erbengemeinschaften kann es erforderlich machen, Ergänzungspfleger für die Minderjährigen zu bestellen oder aber zumindest familiengerichtliche Genehmigungen nach § 1643 Abs. 1 i. V. mit § 1821 Nr. 1 BGB (im Falle einer Grundstücksveräußerung) bzw. § 1643 Abs. 1 i. V. mit § 1822 Nr. 1 und Nr. 3 BGB (im Falle einer Apothekenveräußerung) einzuholen, um die Vereinbarkeit der Interessen sorgeberechtigter Elternteile, die ebenfalls Miterben der Erbengemeinschaft sind, zu überprüfen. Ein solcher Fall läge hier vor.

     

    PRAXISTIPP | Die Entstehung von Miterbengemeinschaften, insbesondere unter Beteiligung minderjähriger Kinder, gilt es mittels Verfügung von Todes wegen aktiv zu vermeiden, um Einschränkungen in der Verwaltung und Auseinandersetzung eines Nachlasses, insbesondere der Veräußerung einzelner Nachlassgegenstände (z. B. Grundstücke oder Apothekenbetriebe), sowie meist langwierige Streitigkeiten im Rahmen der Auseinandersetzung zu verhindern.

     
    Quelle: Ausgabe 04 / 2019 | Seite 19 | ID 45772129