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  • · Fachbeitrag · Arzneimittel-Abrechnung

    Verordnungen zur künstlichen Befruchtung: Diese Details sind wichtig!

    von RAin und Apothekerin Isabel Kuhlen, Vellmar, kanzlei-kuhlen.de

    | Eine Schwangerschaft ist keine Krankheit! Diese Feststellung ist unbestritten. Dennoch führt sie im Rahmen der Versorgung von Versicherten zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) dazu, dass Sonderregelungen notwendig wurden. Dabei stellt sich die Frage, welche Prüfpflichten die Apotheke in Bezug auf die Abrechnung von verordneten Arzneimitteln zulasten der GKV treffen. |

    Voraussetzungen der Verordnungsfähigkeit

    § 27a Sozialgesetzbuch (SGB) V beschäftigt sich mit der Verordnungsfähigkeit von Leistungen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft. Darin werden dezidiert die Voraussetzungen geregelt, die vorliegen müssen, damit Maßnahmen der künstlichen Befruchtung zumindest zum Teil als Kassenleistung verordnungsfähig sind (die Voraussetzungen werden durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses [G-BA] näher konkretisiert):

     

    • Die Maßnahmen müssen nach ärztlicher Feststellung erforderlich sein.

     

    • Es muss eine hinreichende Aussicht bestehen, dass durch die Maßnahmen eine Schwangerschaft herbeigeführt wird (dies ist zu verneinen, wenn bereits drei Maßnahmen ohne Erfolg durchgeführt wurden).

     

    • Die Maßnahmen müssen im homologen System durchgeführt werden (d. h. die betroffenen Personen müssen miteinander verheiratet sein).

     

    • Es dürfen nur Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden.

     

    • Die Ehegatten müssen sich vorab durch einen ‒ nicht mit der Maßnahme befassten ‒ Arzt über die medizinischen und psychosozialen Gesichtspunkte unterrichten lassen und dann an einen Arzt mit Genehmigung zur Durchführung der Maßnahmen überwiesen sein.

     

    MERKE | Der Anspruch besteht nur für Versicherte, die das 25. Lebensjahr vollendet haben. Darüber hinaus dürfen männliche Versicherte das 50. Lebensjahr und weibliche Versicherte das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

     

    Dies muss der Apotheker nicht prüfen

    Erfolgt seitens des Arztes eine Verordnung von Arzneimitteln zulasten der GKV, entsteht in der Apotheke die Frage, ob bzw. in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen eine Abrechnung zulasten der GKV möglich ist. Grundsätzlich ist es Sache des Arztes zu überprüfen, ob eine künstliche Befruchtung zumindest zum Teil zulasten der GKV veranlasst werden darf. Der Apotheker muss daher in keinem Fall z. B. das Alter der Ehegatten oder gar die Frage klären, ob diese miteinander verheiratet sind und der wievielte Versuch einer künstlichen Befruchtung vorliegt.

    Dies muss der Apotheker prüfen

    Bezogen auf die im Einzelfall verordneten Arzneimittel und den Umfang der Kostentragungspflicht kann den Apotheker jedoch eine Prüfpflicht treffen. Dementsprechend hat er ‒ sofern die Verordnung einen ausdrücklichen medizinischen Hinweis darauf enthält, dass eine „Verordnung nach § 27a SGB V“ vorliegt ‒ die Kosten der verordneten Arzneimittel hälftig zu teilen. Die Krankenkassen sind in diesem Fall verpflichtet, die Hälfte der Kosten zu tragen. Die Patienten müssen die zweite Hälfte des Arzneimittelpreises bezahlen, aber keine weitere Zuzahlung leisten.

     

    PRAXISTIPP | Fehlt ein Hinweis auf § 27a SGB V auf der Verordnung, kommt es darauf an, ob eine weitergehende Prüfpflicht im jeweils anwendbaren Arzneiliefervertrag vorgesehen ist. Dann muss der Apotheker prüfen, in welchem Umfang die Kosten von der GKV zu tragen sind. Der ‒ bundesweit geltende ‒ Arzneiliefervertrag der Ersatzkassen sieht keine solche Prüfpflicht vor. Die Arzneilieferverträge der Primärkassen sind aber regional unterschiedlich und könnten daher eine solche Prüfpflicht vorsehen.

     

    Soweit diese Prüfpflicht besteht, muss der Apotheker z. B. bei der Verordnung von Ovulationsauslösern durch Rücksprache mit dem verordnenden Arzt in Erfahrung bringen, ob ein Fall des § 27a SGB V vorliegt. Denn Ovulationsauslöser können im Rahmen der künstlichen Befruchtung, aber auch in anderen Fällen eingesetzt werden. Ist Ersteres der Fall, müssen der Patient und die Krankenkasse die Kosten des Arzneimittels jeweils hälftig tragen. Im letzteren Fall sollte das Ergebnis der Rücksprache auf der Verordnung z. B. durch die Notiz „kein Fall des § 27a SGB V“ dokumentiert werden. Dem Patienten werden in diesem Fall nur die Rezeptgebühr und eventuell anfallende Mehrkosten in Rechnung gestellt. Der Arzneimittelpreis wird vollständig der Krankenkasse in Rechnung gestellt.

    Arzneimittel außerhalb der zugelassenen Indikation

    Werden Arzneimittel außerhalb der zugelassenen Indikation eingesetzt, ist eine Verordnung zulasten der GKV ‒ unabhängig von den Regelungen des § 27a SGB V ‒ nur zulässig, wenn die vom G-BA festgelegten Voraussetzungen für einen Off-Label-Use vorliegen. Da der Apotheker insoweit jedoch keine Kenntnis über die im Einzelnen vorliegende Indikation hat, trifft ihn in diesem Punkt keine Prüfpflicht. Das Regressrisiko trifft in diesem Fall den verordnenden Arzt.

     

    Weiterführender Hinweis

    • „Schwerpunktapotheke Kinderwunsch: Verhelfen Sie Ihren Kunden zum gewünschten Nachwuchs“, in AH 06/2015, Seite 9
    Quelle: Ausgabe 10 / 2019 | Seite 10 | ID 45959303