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  • · Nachricht · Arbeitsrecht

    Impfen in der Apotheke: Wie weit geht das Weisungsrecht?

    | Müssen angestellte Approbierte im Rahmen von Modellvorhaben zur Grippeschutzimpfung Apothekenkunden impfen, wenn die Apothekenleitung dies wünscht? Das Impfen war bis zur Änderung des Sozialgesetzbuchs (SGB) V am 19.06.2020 ausschließlich Ärzten vorbehalten. Wer also bis zu diesem Datum seine Ausbildung abgeschlossen hatte, war mit dem Thema „Impfen“ nicht befasst. Wie sieht es aber jetzt aus? |

     

    Der Aufgabenbereich ist im Arbeitsvertrag in den allermeisten Fällen nur pauschal mit „wird als Apotheker angestellt“ vereinbart. Im Rahmen dessen, was zum Berufsbild eines Apothekers gehört, kann die Apothekenleitung ein Weisungsrecht ausüben. Nach § 106 Gewerbeordnung (GewO) bestimmt der Arbeitgeber nach billigem Ermessen näher über Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung. Der Inhalt der Arbeitsleistung ergibt sich u. a. aus dem Berufsbild ‒ und dieses scheint im Wandel begriffen zu sein. Wenn die Apothekenleitung Aufgaben zuweist, muss sie sich an die arbeitsvertraglichen, tarifvertraglichen und gesetzlichen Regelungen halten.

     

    In bestehenden Arbeitsverträgen findet sich keine Vereinbarung wie „Impfungen müssen nicht durchgeführt werden“, weil es bislang für Apotheker gar nicht zulässig war, Impfungen durchzuführen. Demzufolge gibt es im bestehenden Bundesrahmentarifvertrag ebenfalls keine entsprechende Regelung. Die gesetzliche Grundlage für Modellvorhaben zur Grippeschutzimpfung in Apotheken ist mit dem neuen § 132j SGB V eingeführt worden, sodass eine Apothekenleitung angestellte Approbierte verpflichten dürfte, Impfungen vorzunehmen, soweit die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind. Bei der Ausübung des Weisungsrechts muss die Apothekenleitung allerdings die Grenzen billigen Ermessens einhalten. Das bedeutet, dass die wesentlichen Umstände des Einzelfalls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt werden müssen.

     

    Die Apothekenleitung dürfte im weitesten Sinn wirtschaftliche Ziele verfolgen, auch wenn der Einstieg noch nicht unbedingt lukrativ ist. Ein Arbeitnehmer, der nicht impfen möchte, müsste konkret darlegen, warum er dies nicht tun will. Wenn seine nachvollziehbaren Gründe schwerer wiegen als die Interessen der Apothekenleitung, dürfte keine entsprechende Weisung erfolgen. So kann es sein, dass man überzeugte Impfgegner nicht wirksam anweisen kann, Impfungen durchzuführen.

     

    Quelle

    • Rechtsanwältin Minou Hansen, Leiterin der ADEXA-Rechtsabteilung
    Quelle: ID 46821507