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  • · Fachbeitrag · Apothekenrecht

    Niederländische Versandapotheke darf Arzneien unter Marktpreisen an deutsche Ärzte verkaufen

    von RA, FA für MedR Philip Christmann, Berlin/Heidelberg, www.christmann-law.de

    | Ein niederländischer Versandapotheker durfte einem deutschen Gynäkologen Applikationsarzneimittel verkaufen, die der Arzt abholen (lassen) kann, um sie dann bei seinen selbstzahlenden Patienten anzuwenden. (Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 26.04.2018, Az. I ZR  121/17 ). |

     

    Sachverhalt

    Eine niederländische Versandapotheke warb dafür, dass deutsche Gynäkologen verschreibungspflichtige Applikationsarzneimittel aus der Gruppe der Verhütungsmittel (also solche, die der Arzt an dem Patienten anwendet, wie z. B. Pessare), zu günstigen Preisen erwerben können, um so die Kosten der selbstzahlenden Patienten deutlich zu reduzieren. Nach Bestellung sollten die Ärzte die Arzneimittel selbst bei der im Grenzgebiet der Niederlande residierenden Versandapotheke abholen oder von einem Dienstleister abholen lassen. Gegen diese Werbung der Versandapotheke klagte der Verband Sozialer Wettbewerb. Das Modell verstoße gegen das Zuweisungsverbot, die deutschen versandarzneimittelrechtlichen Preisvorschriften, die Apothekenpflicht von Arzneimitteln und das Verbringungsverbot von Arzneimitteln. Der BGH wies die Klage ab.

     

    Entscheidungsgründe

    Ein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 Apothekengesetz (ApoG, Verbot über Absprachen bezüglich der Zuweisung von Patienten) liege nicht vor. Dieses Verbot gelte nicht für die niederländische Versandapotheke, weil diese nicht Inhaberin einer Apothekenerlaubnis nach deutschem Apothekengesetz sei. Ein Verstoß gegen die deutschen Preisschutzvorschriften des § 78 Abs. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) liege nicht vor, weil diese für den niederländischen Händler nicht anwendbar sind. Denn die nationalen Preisvorschriften verstoßen gegen Artikel 34 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), wonach mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den EU-Mitgliedstaaten verboten sind.

     

    Auch die Apothekenpflicht von Arzneimitteln (§ 43 AMG), wonach Arzneimittel nur durch die Hände eines Apothekers in die Hände des Patienten gelangen dürfen, beschränke die Tätigkeit des niederländischen Versandhändlers nicht. Denn ein Verbot des Vorrätighaltens von Applikationsarzneimitteln durch den Arzt zum Zwecke der Anwendung am Patienten sei in § 43 AMG nicht ausdrücklich vorgesehen. Es liege auch kein Verstoß des niederländischen Apothekers gegen das Verbringungsverbot nach § 73 Abs. 1 S. 1 AMG vor. Bei „Abholmodellen“ liege der Ort der Abgabe grundsätzlich dort, wo die vom Empfänger mit der Abholung beauftragte Person das Mittel abholt. Da dieser Ort in den Niederlanden liege und keine unmittelbare Abgabe an den Arzt an seinem Sitz in Deutschland erfolge, liege kein Verbringen des Arzneimittels vom Apotheker zum Arzt vor. Der Gynäkologe verstößt jedoch gegen das Verbringungsverbot, wenn er die Arzneimittel nach Deutschland befördert.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2019 | Seite 14 | ID 45688110