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  • 15.11.2012

    Bundesfinanzhof: Beschluss vom 05.09.2012 – X B 129/11


    Gründe

    1

    Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

    2

    Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sowie zur Fortbildung des Rechts gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO sind zum Teil nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend dargelegt worden, teils liegen sie nicht vor.

    3

    1. Macht der Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend, so muss er u.a. substantiiert darauf eingehen, weshalb die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Zur schlüssigen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit muss er außerdem begründen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und streitig ist. Dazu gehört auch, dass sich der Beschwerdeführer mit der zu dieser Rechtsfrage bereits vorhandenen Rechtsprechung auseinandersetzt und substantiiert darlegt, weshalb nach seiner Ansicht diese Rechtsprechung keine Klärung herbeigeführt habe.

    4

    Hat der Bundesfinanzhof (BFH) bereits früher über die Rechtsfrage entschieden, muss der Beschwerdeführer begründen, weshalb er gleichwohl eine erneute Entscheidung zu dieser Frage für erforderlich hält. Hierzu muss er substantiiert vortragen, inwiefern und aus welchen Gründen die höchstrichterlich beantwortete Frage weiterhin umstritten ist, insbesondere welche neuen und gewichtigen, vom BFH noch nicht geprüften Argumente in der Rechtsprechung der Finanzgerichte (FG) und/oder in der Literatur gegen die Rechtsprechung des BFH vorgebracht worden sind (ständige BFH-Rechtsprechung, siehe z.B. Beschluss vom 20. April 2009 I B 213/08, nicht veröffentlicht, [...]; vgl. auch Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 33, m.w.N.).

    5

    a) Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist der Meinung, der Fall werfe --über den konkreten Sachverhalt hinausgehend-- die grundsätzliche Frage auf, ob die Rechtsprechung zur "absoluten Dominanz der gewerblichen Zuordnung von Wirtschaftsgütern", die nicht im Eigentum eines Gewerbetreibenden oder eines Mitunternehmers, sondern einer vermögensverwaltenden Gesellschaft stünden, welcher der Gewerbetreibende oder Mitunternehmer zufällig angehöre, in allen Fällen zwingend sei. Das FG habe die These vertreten, der Gesellschaftsanteil werde zwingend und ausnahmslos Teil des notwendigen Betriebsvermögens des Gesellschafters, sobald Privatvermögen, welches zur Erzielung von Überschusseinkünften genutzt werde und im Eigentum einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft stehe, auch nur mittelbar einem der Gesellschafter in seiner steuerlichen gewerblichen Sphäre Nutzen bringen könne.

    6

    aa) Eine solche These ist dem finanzgerichtlichen Urteil nicht zu entnehmen. Das FG hat vielmehr --unter Zugrundelegung der Grundsätze der ständigen BFH-Rechtsprechung (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Februar 2009 X B 44/08, BFH/NV 2009, 771, m.w.N.)-- dargelegt, warum der Miteigentumsanteil des Klägers an den Arztpraxen in dem Gebäudekomplex X aufgrund der Umstände des Einzelfalls dem Betrieb der Apotheke des Klägers diente. Im Rahmen seiner Gesamtwürdigung hat das FG
    -die räumliche Nähe der Arztpraxen und der Apotheke im selben Gebäude
    -die vor allem auf der Expertise des Klägers beruhende Gesamtplanung des Objektes zur Optimierung der Standortqualität der Apotheke
    -das Bemühen und finanzielle Engagement des Klägers in Bezug auf den Einbau eines Personenaufzugs
    -die Verpflichtung des Klägers, den früheren Eigentümern des Grundstücks X die Differenz zwischen der ortsüblichen Miete und der tatsächlich für die Räume der Arztpraxen vereinbarten Miete zu erstatten
    -der Abschluss von langfristigen Mietverträgen
    -die Erfassung der Mietausgleichszahlungen aus dem Betrieb der Apotheke in A bei den gewerblichen Einkünften des Klägers
    berücksichtigt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass im Streitfall ein bestimmungsgemäßer Funktionszusammenhang zwischen den Arztpraxen und der im Erdgeschoss gelegenen Apotheke des Klägers besteht.

    7

    bb) Die gebotene Würdigung aller Umstände des Einzelfalls obliegt grundsätzlich dem FG als Tatsacheninstanz (Senatsurteil vom 26. Juni 1996 X R 155/94, BFH/NV 1997, 182, m.w.N.). Der BFH hat als Revisionsinstanz lediglich zu prüfen, ob das FG die dargelegten rechtlichen Grundsätze und Erfahrungssätze berücksichtigt hat (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15. Dezember 1982 I R 73/79, BFHE 138, 40, BStBl II 1983, 409, m.w.N.) und ob das Ergebnis seiner tatrichterlichen Würdigung zumindest möglich ist (siehe z.B. BFH-Urteil vom 27. August 1991 VIII R 84/89, BFHE 165, 330, BStBl II 1992, 9). Der angerufene Senat sieht keinerlei Anhaltspunkte, warum das Urteil des FG insoweit beanstandet werden könnte.

    8

    cc) Mit seinem Vorbringen wendet sich der Kläger im Kern gegen die Wertung des FG, das Miteigentum des Klägers an den als Arztpraxen genutzten Räumen sei notwendiges Betriebsvermögen seiner Apotheke. Die Rüge der falschen Rechtsanwendung und tatsächlichen Würdigung des Einzelfalls durch das FG ist im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren indes grundsätzlich unbeachtlich (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. z.B. Beschluss vom 1. April 2011 XI B 75/10, BFH/NV 2011, 1372, m.w.N.).

    9

    b) Der Kläger hat keine Gesichtspunkte vorbringen können, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage im Grundsätzlichen durch den BFH erforderlich machen und die Zulassung der Revision rechtfertigen würden.

    10

    aa) Die Ausführungen des Klägers zur zwangsweisen Zurechnung von Wirtschaftsgütern zu einem Betriebsvermögen, insbesondere seine Erläuterungen in Bezug auf das Sonderbetriebsvermögen I und II bei Mitunternehmern und zur Auslegung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes, können nicht zur Zulassung der Revision führen. Die von ihm angesprochenen Probleme könnten im konkreten Revisionsverfahren nicht geklärt werden, da der Kläger seine Apotheke als Einzelunternehmen betreibt und sein Miteigentumsanteil an dem Gebäude notwendiges Betriebsvermögen dieses Einzelunternehmens ist.

    11

    bb) Auch die vom Kläger aufgeworfenen Fragen in Bezug auf die BFH-Rechtsprechung, nach der Wirtschaftsgüter dann nicht dem Betriebsvermögen zuzurechnen sind, wenn deren Erwerb für das Unternehmen nachteilig ist, stellen sich im Streitfall nicht, da die im selben Gebäude gelegenen Arztpraxen für den klägerischen Apothekenbetrieb erhebliche Vorteile brachten.

    12

    cc) Kein substantiiertes Vorbringen i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO stellen die --wie der Kläger selbst ausführt-- eher generellen Ausführungen zum Hintergrund der Rechtsprechung zur steuerlichen Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum Betriebsvermögen dar, deren hauptsächlichen Grund er darin sieht, ein höheres Steueraufkommen --insbesondere an Gewerbesteuer-- zu erzielen.

    13

    2. Der Kläger erkennt eine gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG) verstoßende Benachteiligung darin, dass bei einem Gewerbetreibenden die seinem Betrieb nutzenden Wirtschaftsgüter, die im Eigentum einer vermögensverwaltenden Gesellschaft stehen, in Höhe der Beteiligung zwangsweise seinem Betriebsvermögen zuzurechnen seien, während dies bei Wirtschaftsgütern einer gewerblich tätigen Gesellschaft nicht der Fall wäre.

    14

    Die Darlegung eines Verfassungsverstoßes im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde erfordert eine substantiierte, an den Vorgaben des GG sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) orientierte rechtliche Auseinandersetzung (BFH-Beschluss vom 4. Februar 2003 VIII B 182/02, BFH/NV 2003, 1059, m.w.N.). Hierzu muss der Beschwerdeführer sich insbesondere mit der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BFH befassen (BFH-Beschlüsse vom 9. Oktober 2003 III B 139/02, BFH/NV 2004, 187, 188, m.w.N.; vom 19. Dezember 2003 II B 152/02, BFH/NV 2004, 533).

    15

    Der Kläger hat zwar die Rechtsprechung des BVerfG zur Bedeutung des Art. 3 GG im Steuerrecht dargestellt; seinem Vorbringen ist aber eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BFH zur steuerlichen Zuordnung von Wirtschaftsgütern (vgl. z.B. Senatsurteil vom 6. März 1991 X R 57/88, BFHE 164, 246, BStBl II 1991, 829; Schmidt/ Heinicke, EStG, 31. Aufl., § 4 Rz 104 und 143) nicht zu entnehmen. Ebenso fehlt seinen Darlegungen ein Hinweis darauf, welche Autoren im Schrifttum die Rechtsprechung ebenfalls als verfassungswidrig ansehen.

    16

    3. Für den Fall, dass eine Zuordnung der Anteile an den Arztpraxen unvermeidbar sei, ist der Kläger der Meinung, dass eine Ausnahme von der Zuordnung der Wirtschaftsgüter zu einem Betriebsvermögen dann möglich sein müsse, wenn die Wirtschaftsgüter einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft nur zufällig dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters von Nutzen seien.

    17

    Auch diese Frage ist im vorliegenden Streitfall nicht klärungsfähig, da der Nutzen der Arztpraxen für den Betrieb der Apotheke nicht zufällig ist, sondern vom Kläger gezielt hergestellt wurde. Die Ausgestaltung des Gebäudekomplexes zugunsten einer optimalen Nutzung der Apotheke beruhte auf seiner Initiative und Erfahrung. Dass der Kläger seine ursprünglichen Planungen in Bezug auf die Nutzung der Apotheke an die neuen Gegebenheiten (Ausfall des ersten Mieters) anpassen musste, ist ebenfalls kein Zufall, sondern vielmehr das Ergebnis eines Abwägungsprozesses zwischen den verschiedenen Möglichkeiten, die dem Kläger noch verblieben waren.

    18

    4. Eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO setzt voraus, dass über bisher ungeklärte Rechtsfragen "zur Fortbildung des Rechts" zu entscheiden ist. Dieser Zulassungsgrund konkretisiert den der Nr. 1 und gebietet eine Zulassung, wenn über bisher ungeklärte abstrakte Rechtsfragen zu entscheiden ist (BFH-Beschluss vom 10. November 2010 VIII B 159/09, BFH/NV 2011, 300). Es gelten insoweit die zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO höchstrichterlich entwickelten Darlegungsanforderungen (Senatsbeschluss vom 22. März 2011 X B 165/10, BFH/NV 2011, 985). Ein diesen Vorgaben genügendes klägerisches Vorbringen fehlt.