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  • 02.05.2018 · IWW-Abrufnummer 200963

    Finanzgericht Münster: Urteil vom 13.03.2018 – 15 K 832/15 U

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Münster

    15 K 832/15 U

    Tenor:

    Unter Änderung der Umsatzsteuerbescheide des Beklagten vom 03.04.2014 und der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 11.02.2015 wird die Umsatzsteuer für 2011 auf xxx € und die Umsatzsteuer für 2012 auf xxx € festgesetzt.

    Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

    Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    1

    Tatbestand:

    2

    Streitig ist, ob der vom pharmazeutischen Hersteller nach § 130a des Sozialgesetzbuches (SGB) V an die Arzneimittel ausliefernde Apotheke geleistete Rabatt (sog. Herstellerrabatt) beim innergemeinschaftlichen Erwerb von Arzneimitteln der gesetzlichen Krankenkasse als drittseitige Entgeltauffüllung im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) zuzurechnen ist.

    3

    Die Klägerin (Klin.) ist eine gesetzliche Betriebskrankenkasse, die ab 2011 mit ihren innergemeinschaftlichen Erwerben durch Bezug von Arzneimitteln die Erwerbsschwelle im Sinne des § 1 Abs. 1a UStG überschritt. Ohne dass die Klin. dies beanstandet hätte, lösten bei ihr Versicherte ärztliche Medikamentenverordnungen regelmäßig bei niederländischen Versandapotheken ein. Die Versandapotheken versandten die Medikamente entweder direkt an die Versicherten oder zwecks Abholung durch die Versicherten an eine inländische Apotheke. Die Versandapotheken machten von der Regelung des Abschnitts 1a.2. Abs. 14 des Umsatzsteueranwendungserlasses (UStAE) - Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs durch die ausländische Apotheke im Inland – keinen Gebrauch und führten die durch ihre Medikamentenlieferungen ausgelöste Umsatzsteuer (USt) nicht an den deutschen Fiskus ab.

    4

    Eine für die Streitjahre 2011 und 2012 bei der Klin. durchgeführte USt-Sonderprüfung (Sp, Bericht vom 16.10.2013, Tz. 2.2) stellte u.a. fest: Gemäß § 2 Abs. 2 SGB V gelte für die Klin. als gesetzlicher Krankenkasse das Sach- und Dienstleistungsprinzip, weshalb nicht die bei der Klin. Versicherten, sondern die Klin. als umsatzsteuerlicher Leistungsempfänger der von den Versandapotheken gelieferten Medikamente anzusehen sei. Die Belieferung der Versicherten über die Versandapotheken stelle steuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerbe der Klin. im Sinne des § 1 Abs. 1 a UStG dar. Unerheblich sei, dass die Klin. in Erfüllung ihrer hoheitlichen Aufgaben kein Unternehmer im Sinne des § 2 UStG sei. Auf Grund der von der Klin. vorgelegten Unterlagen sei der Besteuerung der innergemeinschaftlichen Erwerbe der Klin. eine Bemessungsgrundlage für 2011 von xxx € mit dadurch ausgelöster USt von xxx € und für 2012 von xxx € mit dadurch ausgelöster USt von xxx € zu Grunde zu legen, wobei die Sp die Bruttobeträge bereits um den Apothekerrabatt im Sinne des § 130a SGB V gemindert habe.

    5

    Gemäß diesen Feststellungen erteilte das beklagte Finanzamt (Bekl.) am 03.04.2014 der Klin. erstmalig USt-Bescheide. Der Bekl. besteuerte innergemeinschaftliche Erwerbe der Klin. für 2011 nach einer Bemessungsgrundlage von xxx € und für 2012 nach einer Bemessungsgrundlage von xxx € und setzte für 2011 die USt auf xxx € und für 2012 die USt auf xxx € fest. Er stellte in die Bemessungsgrundlage die von den Versandapotheken an die Klin. unter Berücksichtigung des Abschlages in Höhe des Herstellerrabatts nach § 130a SGB V bzw. des Apothekenrabatts nach § 130a SGB V berechneten Umsätze und zusätzlich die von den pharmazeutischen Herstellern direkt an die Versandapotheken gezahlten Herstellerrabatte ein.

    6

    Gegen die Bescheide legte die Klin. Einspruch ein: Zu Unrecht habe der Bekl. die Bemessungsgrundlage für ihre innergemeinschaftliche Erwerbe unter Einbeziehung des Herstellerrabatts nach § 130a SGB V als ihr nach § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG von dritter Seite zugewendetes Entgelt ermittelt. Die Klin. stehe in einer Leistungsbeziehung zur die Arzneimittel ausliefernden Apotheke. Für die Klin. sei es bedeutungslos, wie die Apotheke ihren Preis ermittelt habe. Nicht die Klin., sondern die pharmazeutischen Hersteller gewährten auf Grund der Anordnung des § 130a SBG V den sog. Herstellerrabatt an die das ärztliche Rezept einlösende Apotheke. Dieser Herstellerrabatt wirke sich nur auf die Rechtsbeziehungen in der Handelsstufe „pharmazeutischer Hersteller – Versandapotheke“, nicht aber auf die Rechtsbeziehungen in der nachfolgenden Handelsstufe „Versandapotheke – Klin.“ aus. Die von § 130a SGB V angeordnete Minderung des Abgabepreises von Arzneimitteln auf der Herstellerstufe werde konterkariert, wenn die Klin. gleichwohl auf den gewährten Herstellerrabatt USt zu entrichten hätte. In seiner abschlägigen Einspruchsentscheidung (EE) vom 11.02.2015 nahm der Bekl. an, dass der gewährte Herstellerrabatt auf Grund der Formulierung des § 130a SGB V eine nach § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG in die Bemessungsgrundlage für den von der Klin. getätigten innergemeinschaftlichen Erwerb einzustellende Entgeltauffüllung darstelle.

    7

    Mit ihrer vorliegenden Klage vom 12.03.2015 begehrt die Klin. die Kürzung der Bemessungsgrundlage für ihre innergemeinschaftlichen Erwerbe um den sog. Herstellerrabatt nach § 130a SGB V. Die Bemessungsgrundlage sei für 2011 auf xxx € mit darauf entfallender USt von xxx € und für 2012 auf xxx € mit darauf entfallender USt für 2012 von xxx € festzusetzen. Bezüge von Arzneimitteln über ausländische Versandapotheken stellten grundsätzlich einen von der Klin. im Inland zu versteuernden innergemeinschaftlicher Erwerb im Sinne des § 1a Abs. 1 UStG i.V.m. § 3a Abs. 1 UStG dar. Der von § 130a SGB V angeordnete Händlerrabatt sei kein ihr zuzurechnendes drittseitiges Entgelt. Die Versandapotheke erhalte den Herstellerrabatt nicht deshalb vom pharmazeutischen Hersteller, weil der Arzneimittelpreis anteilig vom pharmazeutischen Hersteller bezahlt werden solle, sondern weil die mit der Gewährung des Herstellerrabatts verbundene wirtschaftliche Belastung den pharmazeutischen Hersteller und nicht die Apotheke treffen solle. Die Finanzverwaltung beurteile das Vorliegen von Entgelten von dritter Seite danach, ob der Rabatt in der Lieferkette von jedem beteiligten Unternehmer an seinen Leistungsempfänger weitergereicht werde. Nach Auffassung der Finanzverwaltung liege nur dann keine Zuzahlung von dritter Seite vor, wenn der Rabatt in der Kette durchgereicht werde. § 130a SGB V stelle aber explizit auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Herstellers und nicht auf den Abgabepreis der Apotheke ab. Die Klin. stehe als Steuerschuldnerin der USt aus dem innergemeinschaftlichen Erwerb nur in einer Lieferbeziehung zur Apotheke. Sie wisse nicht, wie viele Händlerstufen die Arzneimittel vor ihrer Lieferung an die Klin. durch Abgabe an die bei ihr Versicherten durchlaufen habe und wie die Erstattung des Händlerrabatts abgewickelt worden sei. Zudem verstießen die USt-Bescheide gegen die Art. 73 und 79 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL). Der deutsche Gesetzgeber habe für eine Vielzahl von medizinischen Produkten eine Rabattierung mittels Regelungen im Sozialrecht angeordnet. Die Rabattierungen hätte er im nationalen Steuerrecht gemäß den Vorgaben der MwStSystRL dergestalt beachten müssen, dass der Herstellerrabatt als Minderung der Bemessungsgrundlage auch für den Fall zu berücksichtigen sei, dass der pharmazeutische Hersteller der Arzneimittel den Rabatt ohne Zwischenschaltung eines Großhändlers direkt dem Einzelhändler, der Apotheke, gewähre. Bereits in seinem Urteil vom 15.10.2002 C-427/98 (Slg. 2002, I 8315, BStBl II 2004, 328) habe der EuGH die deutsche Gesetzeslage als unionsrechtswidrig gerügt. Die Klin. berufe sich auf das für sie günstigere Unionsrecht, das eine Minderung der Bemessungsgrundlage für ihren innergemeinschaftlichen Erwerb um den Händlerrabatt vorschreibe.

    8

    Die Klin. beantragt,

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    unter Änderung der Bescheide vom 03.04.2014 und der EE vom 11.02.2015 die

    10

    USt für 2011 auf xxx € und die USt für 2012 auf xxx € festzusetzen.

    11

    Der Bekl. beantragt,

    12

    die Klage abzuweisen,

    13

    hilfsweise, die Revision zuzulassen.

    14

    Er verweist auf seine Verwaltungsentscheidungen. Das mit richterlichem Hinweis vom 20.12.2017 angezogene Urteil des EuGH vom 20.10.2017 C-462/16 (DStR 2018, 75; UR 2018, 166) sei nicht anzuwenden, weil es nicht der Auffassung der Finanzverwaltung entspreche.

    15

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

    16

    Entscheidungsgründe

    17

    Die Klage, über die der Senat auf Grund der Zustimmung der Klin. mit Schriftsatz vom 08.01.2018 und des Bekl. mit Schriftsatz vom 09.01.2018 gemäß § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet.

    18

    Antragsgemäß ist die USt für 2011 auf xxx € und ist die USt für 2012 auf xxx € festzusetzen. Die USt-Bescheide für 2011 und für 2012 vom 03.04.2014 und die EE vom 11.02.2015 sind rechtswidrig und verletzen die Klin. in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Zwar führte die Klin. mit den Arzneimittelbezügen der bei ihr Versicherten über im innergemeinschaftlichen Ausland ansässige Versandapotheken innergemeinschaftliche Erwerbe aus. Der Bekl. war aber nicht berechtigt, den sog. Herstellerrabatt nach § 130a SGB V in die Bemessungsgrundlage für die innergemeinschaftlichen Erwerbe der Klin. einzustellen.

    19

    Nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG unterliegt der USt der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt, wobei nach § 13a Abs. 1 Nr. 5 UStG Steuerschuldner für diesen Umsatz der Erwerber ist.

    20

    Ein innergemeinschaftlicher Erwerb gegen Entgelt liegt nach § 1a Abs. 1 UStG vor, wenn ein Gegenstand bei der Lieferung an den Abnehmer (Erwerber) aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates verbracht wird, und eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, der Erwerber ist, sowie die Lieferung an den Erwerber durch einen Unternehmer gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausgeführt wird, und die Lieferung nach dem Recht des Mitgliedstaates, der für die Besteuerung des Lieferers zuständig ist, nicht aufgrund der Sonderregelung für Kleinunternehmer steuerfrei ist.

    21

    Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Durch die entgeltliche Belieferung der bei der Klin. versicherten Personen durch die in den Niederlanden geschäftsansässigen Versandapotheken wurden im Rahmen des von den Versandapotheken ausgeübten Unternehmens der Belieferung von Abnehmern mit Arzneimitteln die an die Versicherten gelieferten Arzneimittel aus den Niederlanden ins Inland, d.h. vom Gebiet eines Mitgliedsstaats in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats verbracht. Wovon auch die Beteiligten zu Recht ausgehen, war Erwerber der gelieferten Arzneimittel im Sinne des § 1a Abs. 1 UStG die Klin. und nicht die bei ihr Versicherten. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 20.05.2015 XI R 2/13, BFHE 250, 546, BFH/NV 2015, 1775) ist Leistungsempfänger derjenige, der aus dem der Leistung zu Grunde liegenden Schuldverhältnis als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet wird. Leistungsempfänger der im abgekürzten Lieferweg von den Versandapotheken an die Versicherten ausgelieferten Arzneimittel war die Klin. auf Grund des mit der Einlösung des zu Lasten der Klin. ausgestellten Rezepts für und gegen die Klin. als Leistungsempfängerin abgeschlossenen Liefervertrages. Diese Auslegung berücksichtigt auch das der Belieferung mit Arzneimitteln zu Grunde liegende, in § 2 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 SGB V verankerte Naturalleistungsprinzip, wonach zu ihren finanziellen Lasten die gesetzlichen Krankenkassen den Versicherten Sach- und Dienstleistungen zu verschaffen haben (vgl. dazu Becker/Kingreen SGB V 3. Aufl. 2012 § 2 Rdn. 11 ff). Für die Richtigkeit der gefundenen Auslegung spricht auch, dass die Versandapotheken die gelieferten Arzneimittel an die Klin. als Leistungsempfängerin und Schuldnerin der durch die Lieferungen ausgelösten Entgelte abrechneten, ohne dass die Klin. der an sie gerichteten Rechnungstellung widersprochen und auf die bei ihr versicherten Personen als Leistungsempfänger und Entgeltschuldner verwiesen hätte (insoweit im Ergebnis wie hier LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 06.07.2017 L 5 KR 105/16, juris; OFD Karlsruhe, Vfg. vom 12.12.2013 VW BW OFD Karlsruhe 2013-12-12 S 7330, juris). Als Erwerber der an ihre Versicherten ausgelieferten Arzneimittel handelte die Klin. im Streitfall als juristische Person im Sinne des § 1a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG, weil sie nach § 4 Abs.1 SGB V eine rechtsfähige Körperschaft des öffentliches Rechts mit Selbstverwaltung ist (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 13.09.2005 2 BvR 2/03, BVerfGE 114, 196). Der Senat hat schließlich auch keine Anhaltspunkte dafür festgestellt, dass die Versandapotheken nach den Regeln des Mitgliedsstaats ihres Betriebssitzes als von der Steuer befreite Kleinunternehmer tätig wurden.

    22

    Entgegen der Annahme des Bekl. bemisst sich die Bemessungsgrundlage für die innergemeinschaftlichen Erwerbe der Klin. ohne Berücksichtigung des sog. Herstellerrabatts nach § 130a SGB V.

    23

    Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG umfasst das die Bemessungsgrundlage im Sinne des § 10 UStG bestimmende Entgelt alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der USt, § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG. Zum Entgelt gehört auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt, § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG.

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    Zur Besteuerungsgrundlage im Sinne der vorgenannten Vorschriften zählt angesichts der unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 73 der MwStSystRL alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger oder einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen (vgl. BFH, Urteil vom 22.02.2017 XI R 17/15, BFHE 257, 169, BStBl II 2017, 812; EuGH, Urteil vom 20.12.2017 C-462/16 „Boehringer Ingelheim Pharma“ DStR 2018, 75, UR 2018, 166). Bei unionsrechtskonformer Auslegung ist nach der Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 30.08.2017 XI R 37/14, BFHE 259, 175, BFH/NV 2017, 1689; vom 31.05.2017 XI R 2/14, BFHE 258, 191, BStBl II 2017, 1024; vgl. auch das der Rechtsprechung des BFH folgende Senatsurteil vom 14.11.2017 15 K 281/14 U, EFG 2018, 318) eine Aufwendung (Zahlung) grundsätzlich (nur) dann Entgelt (Gegenleistung) für eine bestimmte Leistung, wenn sie „für die Leistung“ bzw. „für diese Umsätze“ gewährt wird bzw. wenn der Leistende sie dafür erhält. Entscheidend ist, dass zwischen Leistung und Gegenleistung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, der sich regelmäßig aus dem „Rechtsverhältnis“ ergibt. Diese Grundsätze gelten sinngemäß auch für die Beurteilung der Frage, ob die Zahlung eines Dritten für eine bestimmte Leistung des Leistenden gewährt wird, oder ob der Leistende die Zahlung für diese Leistung erhält. Denn die Entrichtung der Gegenleistung für Lieferungen oder sonstige Leistungen kann auch durch einen „anderen als den Leistungsempfänger“, § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG, bzw. durch „einen Dritten“ im Sinne des Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG bzw. im Sinne der Nachfolgevorschrift des Art. 73 der MwStSystRL erfolgen, d.h. durch einen nicht mit dem Leistungsempfänger identischen Zahlenden (vgl. EuGH, Urteil vom 25.02.1993 Bally, Slg. 1993, I-2871, DB 1994, 25). § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG setzt nicht die Übernahme einer Schuld durch denjenigen voraus, der dem Unternehmer ein Entgelt für die Leistung an den Leistungsempfänger gewährt. Maßgebend ist vielmehr allein, dass die Zahlung des Dritten für die fragliche Leistung des Unternehmers an den Leistungsempfänger gewährt wird, bzw. dass er, der Unternehmer, die Zahlung hierfür erhält. Ob die Zahlung des Dritten zugleich Teil eines anderen Geschäftsvorgangs ist, ist unerheblich. Bei der Zahlung des Dritten darf es sich nur nicht um ein Entgelt für eine an ihn erbrachte Leistung handeln (vgl. BFH, Urteile vom 22.02.2017 XI R 17/15, BFHE 257, 169, BStBl II 2017, 812; vom 22.07. 2010 V R 14/09, BFHE 231, 273, BStBl II 2012, 428).

    25

    Unter Anwendung dieser Grundsätze vermag der Senat den sog. Herstellerrabatt nach § 130a SGB V nicht als ein Entgelt zu qualifizieren, das ein Dritter, der pharmazeutische Hersteller, dafür entrichtet, dass die Versandapotheke die Klin. mit Arzneimittel beliefert. Die Klin. weist zu Recht darauf hin, dass zwischen der an sie erbrachten Lieferung der Arzneimittel und dem Herstellerrabatt der erforderlichen unmittelbare Zusammenhang fehlt, der sich aus dem zu beurteilenden Rechtsverhältnis ergeben muss (zum erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung vgl. insbesondere BFH, Urteil vom 30.08.2017 XI R 37/14, BFHE 259, 175, BFH/NV 2017, 1689). Im Zeitpunkt der Lieferung des pharmazeutischen Herstellers an seinen Abnehmer war dem pharmazeutischen Hersteller nicht bekannt, ob auf der Stufe des Endverbrauchers, der mit der USt belastet werden soll, eine und welche gesetzliche Krankenkasse oder ein Privatversicherter Erwerber der von ihm produzierten Arzneimittel sein würde. Bereits dieser Umstand spricht gegen die Annahme des Bekl. für eine Entgeltauffüllung durch einen Dritten im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG. Die umsatzsteuerrechtlich dem Händlerrabatt nach § 130a SGB V zukommende Funktion ist nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 28.05.2009 V R 2/08 BFHE 226, 166, BStBl II 2009, 870) allein umsatzsteuerrechtlich zu bestimmen. Umsatzsteuerrechtlich betrachtet führt die Gewährung des Herstellerrabatts nur in der Person des pharmazeutischen Herstellers zu einer umsatzsteuerrechtlichen Folge in der Form einer Minderung der Bemessungsgrundlage im Sinne des Art. 90 Abs. 1 der MwStSystRL bzw. des § 17 Abs. 1 UStG für seine auf seiner Handelsstufe - Lieferung an den Großhändler oder an die Apotheke - ausgeführte Lieferleistung (vgl. BFH, Urteil vom 28.05.2009, V R 2/08 BFHE 226, 166, BStBl II 2009, 870 für den Fall gesetzlich Versicherter; EuGH, Urteil vom 20.12.2017 C-462/16 DStR 2018, 75, UR 2018, 166 für den Fall Privatversicherter). § 130a SGB V erschöpft sich entgegen der Annahme des Bekl. nach Maßgabe der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 28.05.2009 V R 2/08 BFHE 226, 166, BStBl II 2009, 870) umsatzsteuerrechtlich betrachtet allein darin, die Frage zu beantworten, wie der Händlerrabatt zu berechnen ist. Davon geht offenkundig auch die OFD Karlsruhe in ihrer Vfg. vom 12.12.2013 VW BW OFD Karlsruhe 2013-12-12 S 7330 (juris) aus, indem sie dem Herstellerrabatt im Gegensatz zu dem ebenfalls in § 130a SGB V geregelten Apothekerrabat keine entgeltauffüllende Funktion im Verhältnis zwischen dem Letztverbraucher, im Streitfall der Klin., und ihrem Lieferanten, im Streitfall den Versandapotheken, zuweist. Vielmehr vertritt die OFD Karlsruhe stattdessen die Auffassung, dass für den Apotheker die Erstattung des Abschlags durch den pharmazeutischen Hersteller ein Entgelt von dritter Seite für die Lieferung der Arzneimittel durch den Apotheker an seinen Leistungsempfänger darstellt. Bei Beachtung der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 30.08.2017 XI R 37/14, BFHE 259, 175, BFH/NV 2017, 1689) ist umsatzsteuerrechtlich betrachtet der Herstellerrabatt nur deshalb zu leisten, weil der pharmazeutische Hersteller eine Leistung an seinen Abnehmer – Großhändler oder Apotheke – ausführt, d.h. mangels einer Rechtsbeziehung zwischen dem pharmazeutischen Hersteller und der Klin. der Herstellerrabatt gerade keine als Entgelt zu erfassende Preissubvention darstellt. Von dieser Konzeption geht offenkundig auch der EuGH in seinem Urteil vom 20.12.2017 C-462/16 (DStR 2018, 75, UR 2018, 166) aus, in dem er unter Rdn. 32 des Urteils ausführt, dass die Steuerminderung regelnde Vorschrift des Art. 90 der MwStSystRL Ausdruck des fundamentalen Grundsatzes der MwStSystRL ist, dass die Steuerverwaltung als MwSt keinen Betrag erheben darf, der den dem Steuerpflichtigen gezahlten übersteigt. Ob diese Rechtsauffassung – wie der Beklagte vorträgt – der Auffassung der Finanzverwaltung entspricht, ist unerheblich, denn der Beklagte hat diese höchstrichterliche Rechtsprechung aufgrund der Bindung an Recht und Gesetz gemäß Artikel 20 Abs. 3 des Grundgesetzes zu befolgen. Bezogen auf den Streitfall des innergemeinschaftlichen Erwerbs folgt aus der genannten Rechtsprechung, dass der Herstellerrabatt nicht in die Bemessungsgrundlage für die gegenüber der Klin. festzusetzende USt einzubeziehen ist, weil der Herstellerrabatt gewährt wird, um auf der Handelsstufe pharmazeutischer Hersteller – Abnehmer Apotheke die Bemessungsgrundlage zu mindern. Dass die Vertragspartner des pharmazeutischen Händlers, im Falle der direkten Belieferung einer Apotheke die Apotheke, oder im Falle der Lieferung der Arzneimittel an einen Großhändler, der Großhändler, im Falle der Belieferung eines anderen Zwischenhändlers oder der Apotheke, der Zwischenhändler oder die Apotheke, ihre Vorbezüge zu einem um den Händlerrabatt gemindertes Entgelt weiterlieferten, führt nicht zu der vom Bekl. gezogenen Schlussfolgerung. Die Regelung in § 130a SGB V soll eine Minderbelastung der gesetzlichen Krankenversicherung bei den Arzneimittelkosten und eine Stabilisierung der finanziellen Situation der gesetzlichen Krankenkassen vor dem Hintergrund überdurchschnittlicher Ausgabensteuerungen für Arzneimittel bewirken (vgl. Hauck SGB V § 130a Rdn. 2; Becker/Kingreen SGB V 3. Aufl. 2012 § 130a Rdn. 1). Ihr kommt damit nur eine sozialrechtliche Funktion zu. Aus der sozialrechtliche Funktion kann aber - wie dargelegt – keine umsatzsteuerrechtliche Wirkung abgeleitet werden.

    26

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    27

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

    28

    Gründe für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO liegen angesichts der höchstrichterlich bereits geklärten Rechtslage nicht vor.