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  • 05.06.2015 · IWW-Abrufnummer 144643

    Finanzgericht München: Urteil vom 26.06.2014 – 11 K 877/11

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht München

    Urt. v. 26.06.2014

    Az.: 11 K 877/11

    In der Streitsache
    1.
    2.
    Kläger
    gegen
    Finanzamt
    Beklagter
    wegen
    Einkommensteuer 2005 und 2006
    hat der 11. Senat des Finanzgerichts München durch
    die Richterin am Finanzgericht
    als Einzelrichterin
    auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 26. Juni 2014
    für Recht erkannt:
    Tenor:

    1.

    Die Klage wird abgewiesen.
    2.

    Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

    Gründe

    I.

    Streitig ist, ob durch Abzinsung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) der unverzinslichen Darlehen in Höhe von ... € und ... € in den Streitjahren Gewinne bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft sowie Gewerbebetrieb des Klägers zu besteuern sind.

    Der Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, sowie selbstständiger Arbeit und Kapitalvermögen, die Klägerin Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, Vermietung und Verpachtung (Pachteinnahmen für landwirtschaftliche Grundstücke) sowie aus privaten Veräußerungsgeschäften (2005).

    Die Klägerin stellte dem Kläger am 02. Januar 2006 Geldbeträge, welche sie aus privaten Verkäufen erzielt hatte, in Höhe von ... € für den Gewerbebetrieb und in Höhe von ... € für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zur Verfügung. In der Bilanz zum 30.06.2006 wurde letzterer Betrag als Einlage erfasst. In den Bilanzen des Gewerbebetriebs zum 31.12.2006 und des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs für das Wirtschaftsjahr 2006/07 sind die beiden Geldbeträge als Darlehen ausgewiesen worden.

    Mit Bescheid vom 30. Juli 2007 setzte der Beklagte (Finanzamt) die Einkommensteuer 2005 auf ... € fest. Die Kläger legten hiergegen Einspruch ein.

    Mit Bescheid vom 23. Juli 2008 wurde die Einkommensteuer 2006 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) auf € festgesetzt.

    Im Rahmen der endgültigen Veranlagung 2006 im Jahr 2008 ergab sich Folgendes:

    Die von den Klägern nachgereichten Darlehensverträge sind auf den 28.12.2005 datiert und haben folgenden, gleichlautenden Inhalt:

    1. Der Darlehensgeber gewährt dem Darlehensnehmer ein Darlehen in Höhe von € (... €) "zur Ablösung von Schulden in der Landwirtschaft" (Gastwirtschaft).

    2. Das Darlehen ist unverzinslich

    3. Die Auszahlung des Darlehens erfolgt am 02.01.2006

    4. Das Darlehen ist am 31.12.2015 in voller Höhe zur Rückzahlung fällig.

    Im Zuge weiterer Ermittlungen ergab sich, dass die Darlehensverträge erst im Jahr 2008 schriftlich fixiert wurden, aber bereits bei Hingabe der Beträge am 02. Januar 2006 eine Darlehensvereinbarung bestanden hatte.

    Anlässlich einer Befragung bei der Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts vom 09. Juni 2009 hatte die Klägerin erklärt, es habe sich bei den Geldzuwendungen nicht um Schenkungen, sondern um Darlehen an ihren Mann gehandelt. Zwar seien die Geldzuwendungen zunächst als Einlage verbucht worden, im folgenden Wirtschaftsjahr seien jedoch Berichtigungsbuchungen vorgenommen worden. Auch der damalige steuerliche Berater führte anlässlich einer Befragung aus, die Kläger hätten stets betont, dass es sich um Darlehen der Ehefrau gehandelt habe. Auf die in den Akten befindlichen Protokolle wird verwiesen.

    Das Finanzamt ging deshalb davon aus, dass die Geldbeträge als Darlehen zur Finanzierung der beiden Betriebe gewährt worden und auch steuerlich anzuerkennen seien. Wegen der Unverzinslichkeit seien die Darlehen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen. Dadurch ergäben sich Gewinnerhöhungen bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... € (2006), bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von ... € sowie eine Gewinnminderung in Höhe von ... € (Wirtschaftsjahr 2005/2006). Mit Änderungsbescheiden, zuletzt vom 11. November 2010, wurde die Einkommensteuer 2005 auf ... € und die Einkommensteuer 2006 auf ... € festgesetzt.

    Im anschließenden Einspruchsverfahren trugen die die Kläger vor, seit der Übernahme von Gaststätte und land- und forstwirtschaftlichem Betrieb durch den Kläger habe die Schuldzinsenbelastung jährlich ca. ... € betragen. In den Jahren 1992-1997 habe der Kläger deshalb Teilflächen des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes an die Klägerin verkauft. Dennoch habe die Schuldzinsenbelastung nicht vermindert werden können. Auf Drängen der Bank habe die Klägerin mit notariellem Vertrag vom 21. Juli 2005 Teilflächen der zuvor vom Ehemann erworbenen Grundstücke veräußert. Ein Teil des Veräußerungserlöses in Höhe von ... € sei Anfang 2006 als Darlehen an den Kläger für die Gastwirtschaft überwiesen worden, ein weiterer Teilbetrag in Höhe von ... € als Darlehen für die Land- und Forstwirtschaft.

    Andererseits habe die Klägerin 1997 ein Baugrundstück in erworben. Zur Finanzierung

    dieses Grundstück seien Darlehen in Höhe von ... DM aufgenommen worden, welche im Jahre 1999 in Höhe von ... DM getilgt worden seien. Dieser Betrag sei durch Verkäufe des Klägers erlöst worden. Hierbei habe es sich um eine Darlehensgewährung gehandelt, schriftliche Vereinbarungen hierfür gebe es nicht. Die Kläger seien somit der Ansicht, die am 02. Januar 2006 gewährten Darlehensbeträge seien um die genannten Gegenansprüche des Klägers an die Klägerin in Höhe von ... DM zu mindern.

    Die Einsprüche blieben erfolglos. Wegen der Begründung wird auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 04. März 2011 verwiesen.

    Die vorliegende Klage begründen die Kläger im Wesentlichen wie folgt:

    Die auf § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG gestützten Abzinsungsgewinne seien rückgängig zu machen. Würden Rückstellungen abgezinst (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG), führe dies dazu, dass Aufwendungen in die Zukunft verlagert würden und zwar im Umfang des Abzinsungsbetrages. Ein solches Ergebnis sei nachvollziehbar, dies bedeute, dass sich die Aufwendungen auf mehrere Wirtschaftsjahre verteilen.

    Bei zinslosen Verbindlichkeiten, die laufenden Aufwand beträfen, trete das gleiche nachvollziehbare Ergebnis ein. Bei länger als 12 Monate zinslosen Kaufpreisschulden verringerten sich durch die Abzinsung die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des erworbenen Wirtschaftsgutes, dafür ergäben sich zukünftige Zinsaufwendungen. Auch hier handele es sich lediglich um eine Verschiebung von Anschaffungs-/Herstellungskosten, Abschreibungen und Zinsaufwand. Dieser Zweck der Abzinsungsregelung sei nachvollziehbar und gerechtfertigt.

    Im Streitfall werde hingegen ein zinsloses Darlehen abgezinst, wodurch sich ein außerordentlicher Ertrag ergebe. Ein aufgenommenes Darlehen, das in voller Höhe zurückgezahlt werden müsse, solle dazu führen, dass wegen der Zinslosigkeit ein Betriebsertrag generiert werde und zwar in maßloser Höhe. Nicht nur die ersparten Zinsen führten zu einer Erhöhung, sondern es werde zusätzlich ein fiktiver Gewinn errechnet, der in Höhe der Abzinsung später vollständig zurückgezahlt werden müsse und deshalb in der Folgezeit wieder Aufwand sei. Auf Gelddarlehen bezogen führe die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu einem rein fiktiven Gewinn, der volkswirtschaftlich und betriebswirtschaftlich nicht nachvollziehbar sei.

    Im Ergebnis lasse sich die Schlussfolgerung ziehen, dass § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG auf die Hingabe zinsloser Gelddarlehen nicht angewendet werden dürfe, zumindest nicht zwischen nahen Angehörigen, denn sonst trete eine Übermaßbesteuerung ein. Auch derjenige, der zinslose Darlehen hingebe, müsse keinen fiktiven Zins versteuern. Andererseits habe der Darlehensschuldner keinen Zinsaufwand. Den Darlehensnehmer zusätzlich mit einem Abzinsungsgewinn zu überziehen, sei unverhältnismäßig.

    Im Streitfall könne es schon deshalb zu keinem Abzinsungsgewinn kommen, weil die beiden Darlehen nicht als Betriebsvermögen berücksichtigt werden dürften. Das Finanzamt erkenne die Darlehen, die alle Voraussetzungen für eine Nichtanerkennung erfüllten, nur deshalb als Betriebschuld an, damit die Abzinsung durchgeführt werden könne. Zinslose Darlehen zwischen Familienangehörigen würden in der Regel nicht anerkannt. Dies ergebe sich ohne Weiteres aus dem jetzt geltenden BMF-Schreiben vom 23.12.2010. Bei Hingabe der Darlehen seien zunächst keinerlei Vereinbarungen über Verzinsung, Absicherung und Rückzahlung getroffen worden. Eine schriftliche Fixierung habe erst im Jahre 2008 stattgefunden. Es sei keine Besicherung der Darlehen vorgesehen gewesen, ein Zinssatz von 0 % sei unter Fremden unüblich. Auch seien die Kläger wirtschaftlich nicht voneinander unabhängig. Schließlich zeige der Umstand, dass der Kläger 1999 der Klägerin ca. ... DM zur Schuldentilgung zur Verfügung gestellt habe, ein Hin und Her von Geldbewegungen, wobei es sich keineswegs um fremdübliche Darlehen gehandelt habe.

    Was die Gewährung von zinslosen Gelddarlehen angehe, verstoße § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG gegen alle überkommenen Grundsätze der Einkunftserzielung und diskriminiere nahe Angehörige. Eine Ungleichbehandlung bestehe auch insoweit, als im Privatvermögen und bei der betrieblichen Überschussrechnung keine Einkünfte gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 20 EStG konstruiert würden, sondern nur bilanzierende Steuerpflichtige davon betroffen seien. Dem könne begegnet werden, indem die Ehegattendarlehen steuerrechtlich unberücksichtigt blieben.

    Die Kläger beantragen,

    unter Änderung der geänderten Bescheide, jeweils vom 11. November 2010, und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 04. März 2011 die Einkommensteuer 2005 und 2006 neu festzusetzen und dabei die Abzinsung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG im Gewerbebetrieb und land- und forstwirtschaftlichen Betrieb rückgängig zu machen, sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Das Finanzamt beantragt,

    die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Es verweist zur Begründung auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt es vor, einkommensteuerrechtlich werde unabhängig davon der Zinsvorteil allein deswegen gegengerechnet, weil und wenn die Laufzeit mindestens ein Jahr betrage. Das Abzinsungsgebot diene dem Ausweis des ertragsteuerlich für zutreffend gehaltenen Aufwands. Die im Jahr der Darlehensgewährung vorzunehmende Abzinsung führe in diesem Jahr zu einem außerordentlichen Ertrag in Höhe der Differenz zwischen Nennwert und Teilwert der Darlehensverbindlichkeit. Während der Laufzeit des Darlehensverhältnisses seien die Rückzahlungsbeträge entsprechend aufzuzinsen, hierdurch ergebe sich ein entsprechender außerordentlicher Aufwand im Sinne eines Zinsaufwands. So komme es zu einer Neutralisierung bzw. Kompensation des im Jahr der Darlehensgewährung entstandenen außerordentlichen Ertrags.

    Der Gesetzgeber habe weder im Rahmen des Gesetzeswortlauts noch in den Ausführungen im BMF-Schreiben vom 26. Mai 2005 (BStBl I 2005,699) Einschränkungen dahingehend getroffen, dass eine Anwendung der Vorschrift auf nahe Angehörige unterbleiben solle, noch dass zinslose Gelddarlehen ausgenommen werden sollten. Der BFH habe keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG geäußert.

    Mit Beschluss vom 03. Juni 2014 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

    Auf den Akteninhalt, die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 26. Juni 2014 wird ergänzend Bezug genommen.

    II.

    Die Klage ist unbegründet.

    Zu Recht hat das Finanzamt eine Abzinsung der Darlehensverbindlichkeiten des Klägers vorgenommen und den sich ergebenden außerordentlichen Ertrag der Besteuerung zugeführt.

    Der Kläger ermittelt seinen Gewinn aus Gewerbebetrieb und Land- und Forstwirtschaft durch Vermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG). Er muss dabei das Betriebsvermögen ansetzen, das sich nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung ergibt (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG). Dabei sind die steuerrechtlichen Vorschriften über die Bewertung von Wirtschaftsgütern zu befolgen (§ 5 Abs. 6 EStG); sie gehen insoweit den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung vor.

    Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG sind Verbindlichkeiten unter sinngemäßer Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG anzusetzen und mit einem Zinssatz von 5,5 v.H. abzuzinsen. Ausgenommen von der Abzinsung sind Verbindlichkeiten, deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als 12 Monate beträgt und Verbindlichkeiten, die verzinslich sind oder auf einer Anzahlung oder Vorauszahlung beruhen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG). Die Verpflichtung zur Abzinsung gilt für Sachleistungsverpflichtungen ebenso wie bei Geldleistungsverpflichtungen (BFH-Urteil vom 05. Mai 2011 IV R 32/07, BStBl II 2012, 98). Die Voraussetzungen dieser Abzinsungsvorschriften sind im Streitfall erfüllt.

    Unstreitig handelt es sich bei den von der Klägerin an den Kläger überlassenen Geldmitteln um die Hingabe von unverzinslichen Darlehen. Auch wenn der Überlassung der Geldbeträge am 02. Januar 2006 zunächst keine schriftliche Vereinbarung zu Grunde lag, besteht nach Ansicht des Gerichts kein Zweifel, dass der Kläger von Anfang an zur Rückzahlung der Darlehensbeträge verpflichtet war sowie Zeitpunkt und Rückzahlungsmodalitäten der im Jahr 2008 schriftlich fixierten Vereinbarung entsprachen.

    Entgegen der Auffassung der Kläger sind die Darlehensverbindlichkeiten sowohl im Gewerbebetrieb als auch im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des Klägers als notwendige Betriebsschulden zu erfassen. Eine notwendige Betriebsschuld liegt vor, wenn der auslösende Vorgang einen tatsächlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Betrieb aufweist (vgl. z.B. Schmidt / Heinicke, EStG, § 4, Rz. 226). Demgemäß stellen Darlehensschulden dann Betriebsschulden dar, wenn die Darlehensvaluta für betriebliche Zwecke verwendet wird. Darlehensschulden, welche zur Ablösung betrieblicher Schulden eingesetzt werden, stellen ihrerseits Betriebsschulden dar.

    Da die von der Klägerin gewährten Darlehen zur Tilgung von Betriebsschulden im Gewerbebetrieb bzw. land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des Klägers verwendet werden sollten und auch verwendet wurden, stellen sie jeweils notwendiges Betriebsvermögen dar. Es handelt sich bei den Geldmitteln nicht etwa um Eigenkapital des Klägers, sondern um Fremdkapital; die Darlehensschulden sind damit als "Verbindlichkeit" im Sinn des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG anzusehen. Die im Einzelfall getroffenen Darlehensmodalitäten ändern nichts an der Qualifikation der Darlehen als Betriebsschuld.

    Die Darlehensverträge sind nach Ansicht des Gerichts auch steuerlich zu berücksichtigen.

    Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind Darlehensverträge zwischen nahen Angehörigen steuerlich anzuerkennen, wenn sie bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen sowie klar und eindeutig und entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt sind, sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung der Vereinbarung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen und auch anhand der tatsächlichen Durchführung einwandfrei von einer Unterhaltsgewährung oder verschleierten Schenkung abgrenzbar sind. Die höchstrichterliche Rechtsprechung differenziert bei der Anwendung des Fremdvergleichs auf Darlehensverträge zwischen nahen Angehörigen nach dem Anlass der Darlehensgewährung. Maßgebend für die Beurteilung, ob Verträge zwischen nahen Angehörigen durch die Einkunftserzielung (§ 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 EStG) veranlasst oder aber durch private Zuwendungs- oder Unterhaltsüberlegungen (§ 12 Nr. 1 und 2 EStG) motiviert sind, ist seit der Neuausrichtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Anschluss an den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 07. November 1995 2 BvR 802/90 (BStBl II 1996,34) die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten. Zwar ist weiterhin Voraussetzung, dass die vertraglichen Hauptpflichten klar und eindeutig vereinbart sowie entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt werden, jedoch schließt nicht mehr jede geringfügige Abweichung einzelner Sachverhaltsmerkmale vom Üblichen die steuerliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses aus. Vielmehr sind einzelne Kriterien des Fremdvergleichs im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung unter dem Gesichtspunkt zu würdigen, ob sie den Rückschluss auf eine privat veranlasste Vereinbarung zulassen. (BFH-Urteile vom 04. Juni 1991 IX R 150/85, BStBl II 1991,838 und vom 22. Oktober 2013 X R 26/11, BFH/NV 2014, 231 m.w.N.).

    Bei der Prüfung, ob zwischen nahen Angehörigen abgeschlossene Darlehensverträge der Einkünfteermittlung zu Grunde zu legen sind, ist nach dem Anlass der Darlehensgewährung zu differenzieren. So beanstandet die Rechtsprechung beispielsweise bei Darlehen, die der Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern dienen, die Darlehensaufnahme also eindeutig betrieblich veranlasst ist, nicht, wenn das dem Anlass nach wie von einem Fremden gewährtes Darlehen unter im Einzelnen anderen Bedingungen als unter Fremden überlassen wird (hierzu auch: BMF-Schreiben vom 23. Dezember 2010, IV C 6-S 2144/07/10004,2010/0862046, BStBl I 2011,37). So ist einer Darlehensvereinbarung nicht zwingend deshalb die einkommensteuerliche Anerkennung zu versagen, weil weder eine Abrede über die Tilgung getroffen noch die vereinbarte Sicherheit bestellt wurde (grundlegend: BFH-Urteil vom 04. Juni 1991 IX R 150/85, BStBl II 1991,838). Darlehensverträge zwischen nahen Angehörigen sind auch dann ertragsteuerlich anzuerkennen, wenn das Vertragsverhältnis zwischen wirtschaftlich voneinander unabhängigen Angehörigen geschlossen und auf eine Besicherung verzichtet wird, vorausgesetzt der Darlehensvertrag ist zweifelsfrei von einer verschleierten Schenkung abgrenzbar (BFH-Urteil vom 25. Januar 2000 VIII R 50/97, BStBl II 2000,393). Der grundsätzlich anzustellende Fremdvergleich darf nicht dazu führen, dass die Vertrags- und Gestaltungsfreiheit unter nahen Angehörigen in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt oder aber auch erweitert wird. Ob die Vertragsabrede dem Fremdvergleich standhält ist vielmehr nach der Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten zu entscheiden.

    Im Streitfall wurden in den später schriftlich fixierten Darlehensverträgen Hingabe und Rückzahlung sowie deren Fälligkeit eindeutig festgelegt. Damit ist klar geregelt, dass es sich nicht etwa um eine Schenkung handeln sollte. Daran besteht auch deshalb kein Zweifel, weil die Kläger selbst im Rahmen der schenkungssteuerlichen und strafrechtlichen Ermittlungen stets vorgetragen haben, die Geldbeträge sollten dem Kläger nicht schenkungsweise überlassen werden; eine verschleierte Schenkung ist zweifelsfrei auszuschließen.

    Ausweislich des Akteninhalts steht nach Ansicht des Gerichts fest, dass die Darlehensgewährung aus betrieblichen Gründen erfolgte. Der Kläger hatte sowohl in seinem Gewerbebetrieb als auch bei der Land- und Forstwirtschaft stets Verluste erlitten, die Bank drängte offensichtlich auf anderweitige Beschaffung von Geldmitteln, und im Zuge dessen wurden die Darlehensvereinbarungen getroffen. Die Annahme, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Darlehensgewährung und der Schuldensituation in den Betrieben des Klägers bestand, wird dadurch bekräftigt, dass laut vertraglicher Vereinbarung explizit die Darlehensgewährung "zur Ablösung von Schulden" erfolgte.

    Zwar wurden zwischen den Klägern keine verkehrsüblichen Sicherheiten vereinbart, gleichwohl sind Darlehen, die nach ihrem Anlass wie von einem Fremden gewährt werden, trotz fehlender Besicherung steuerlich anzuerkennen, wenn das Rechtsgeschäft von volljährigen und voneinander wirtschaftlich unabhängigen Angehörigen geschlossen wurde (BFH-Urteile vom 25. Januar 2000, VIII R 50/97, BStBl II 2000, 393; vom 04. Juni 1991 IX R 150/85, BStBl II 1991, 838; vom 18. Dezember 1990 VIII R 1/88, BStBl II 1991, 911; vom 04. März 1993 X R 70/91, BFH/NV 1994, 156). So verhält es sich im Streitfall. Dem Vortrag der Kläger, sie seien nicht voneinander wirtschaftlich unabhängig, vermag das Gericht nicht zu folgen. Die Klägerin - selbst Eigentümerin diverser Grundstücke - hatte ihrem Ehemann zur Minderung finanzieller Engpässe die Geldmittel darlehensweise überlassen. Ebenso hatte der Kläger bereits in früheren Jahren seine Ehefrau finanziell unterstützt. Schließlich waren der Klägerin, wie das Finanzamt in der Einspruchsentscheidung zu Recht ausführt, die steuerlichen Vorgänge in den Betrieben ebenso wie die Vermögenssituation ihres Ehemanns, des Klägers, bekannt. Wenn sie unter diesen Umständen bei einem frei vereinbarten Darlehen nicht auf der Stellung von Sicherheiten bestand, steht dies der steuerlichen Berücksichtigung der Darlehensvereinbarung nicht entgegen. Unter Abwägung der im außergerichtlichen Verfahren vorgetragenen Umstände kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Darlehen nicht betrieblich, sondern privat veranlasst waren.

    Dass schließlich im Streitfall keine Verzinsung der Darlehen vereinbart worden war, ist - bezogen auf den Anlass der Darlehensgewährung - nach Ansicht des Gerichts nachvollziehbar und für sich gesehen nicht zu beanstanden. Dass auch unter Fremden bzw. im Verhältnis Gesellschafter/Gesellschaft die Hingabe eines zinslosen Darlehens denkbar und steuerlich zu berücksichtigen ist, bestätigt gerade der Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG und die hierzu ergangene Rechtsprechung.

    Die Darlehensverbindlichkeiten des Klägers waren in den Streitjahren in voller Höhe gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG mit 5,5 % abzuzinsen.

    Das Gericht hat keine Bedenken, als Grundlage für die Abzinsung von den vereinbarten Darlehensbeträgen in Höhe von ... € und ... € auszugehen. Soweit die Kläger dem sinngemäß entgegenhalten, im Jahr 1999 habe der Kläger seiner Ehefrau Geldbeträge zukommen lassen, welche den Darlehensforderungen nunmehr gegenzurechnen seien, ist dem nicht zu folgen. Zum einen ergibt sich aus den vorgelegten Darlehensverträgen, dass das jeweilige Darlehen in voller Höhe am 31.12.2015 zurückzuzahlen ist, eine Saldierung wurde somit gerade nicht vereinbart. Zum andern ist weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht, dass es sich bei den vom Kläger gezahlten Beträgen um Darlehensgewährungen gehandelt hat. Schriftliche Vereinbarungen darüber sind nach Angaben der Kläger nicht vorhanden.

    Das Gebot der Abzinsung von Verbindlichkeiten beruht auf der typisierenden Vorstellung, dass eine erst in der Zukunft zu erfüllende Verpflichtung den Schuldner weniger belastet als eine sofortige Leistungspflicht. Die Regelung bewirkt die Vorwegnahme des aus der Unverzinslichkeit künftig entstehenden Minderaufwands (= Mehrertrags) für die gesamte Laufzeit (vgl. Schmidt/Kulosa, EStG, § 6 Rz 454). Daher ist es sachgerecht, die Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG vorrangig am Gesichtspunkt der tatsächlichen wirtschaftlichen Belastung auszurichten. Diese aber hängt nicht nur von der zivilrechtlichen Ausgangslage, sondern in erster Linie davon ab, auf eine wie lange Zeit der Schuldner nach den tatsächlichen Verhältnissen mit einer Überlassung des Kapitals rechnen kann (BFH-Urteil vom 06. Oktober 2009, I R 4/08, BStBl II 2010, 177). Eine Verbindlichkeit, deren Laufzeit mehr als ein Jahr beträgt und welche zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig wird, ist stets mit 5,5 % abzuzinsen (BFH-Urteil vom 27. Januar 2010 I R 35/09, BStBl II 2010, 478).

    Die Einwendungen der Kläger geben keine Veranlassung, im Streitfall von dieser Rechtsprechung abzurücken. Der Gesetzeswortlaut enthält insbesondere keine Einschränkungen hinsichtlich der Sonderbehandlung der vorliegenden Darlehensverbindlichkeiten. Denn bei einem Darlehen zwischen Ehegatten mindert der Aufschub der Rückzahlungspflicht die wirtschaftliche Belastung des Darlehensnehmers nicht anders als bei einem von einem Dritten gewährten Darlehen oder in den vom BFH entschiedenen Fällen zu Gesellschafterdarlehen (vgl. hierzu: BFH-Urteile vom 06. Oktober 2009 I R 4/08, BStBl II 2010, 177; vom 27. Januar 2010 I R 35/09, a.a.O. m.w.N.; BFH-Beschluss vom 22. Juli 2013 I B 183/12, BFH/NV 2013, 1779).

    Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG bestehen nicht. Gründe für eine teleologische Reduktion, unverzinsliche Darlehen vom Abzinsungsgebot auszunehmen, greifen nach Ansicht des Gerichts nicht durch. Die Abzinsung bewirkt, dass eine unentgeltliche Leistung des Darlehensgebers im Jahr der Abzinsung zu steuerpflichtigen Einkünften des Darlehensnehmers führt. Das ist die vom Gesetzgeber gewollte Konsequenz des generell alle langfristigen unverzinslichen Verbindlichkeiten erfassenden Abzinsungsgebots in § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Diese Rechtsfolge gilt infolge der bewussten Entscheidung des Gesetzgebers für alle Fälle. Der Gesetzgeber kann, ohne gegen das Willkürverbot zu verstoßen, im Interesse einer einfachen Erhebung typisierend bewerten und damit die Berufung auf besondere Umstände des Einzelfalles - wie etwa den marktüblichen Zinssatz und eine fehlende Möglichkeit zinsgünstiger Anlageformen - ausschließen (BFH-Urteile vom 20. September 1995 X R 86/94, BStBl II 1996, 53 zu § 233a Abgabenordnung; vom 05. Juni 1996 X R 234/93, BStBl II 1996, 503). Die Lösung vom Maßgeblichkeitsgrundsatz des Handelsrechts (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) ist aufgrund des steuerrechtlichen Bewertungsvorbehaltes in § 5 Abs. 6 EStG zulässig (Kiesel in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 6 Tz. 1141 ff., 1142). Der Gesetzgeber war sich bewusst, dass sich bei dieser Regelung "die Steuerbilanz von der Handelsbilanz löst" (Schmidt/Kulosa, EStG, § 6 Tz. 454; BT- Drs. 14/23,172). Weder finden sich verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Abzinsungsgebot in der Großkommentarliteratur zum Einkommensteuergesetz, noch in den neueren Finanzgerichtsurteilen (vgl. Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 06. Februar 2009 2 V 108/08, DStRE 2009, 1225; ebenso Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17. November 2008, 6 V 6154/08 -[...]; Beschluss vom 08. September 2008, 12 V 12115/07, EFG 2008, 1947; vgl. auch Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Dezember 2007, 6 K 446/06; vergleichbar zu § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG: Finanzgericht Niedersachsen, Urteil vom 18. April 2007, 3 K 11463/05, BB 2007,1550).

    Soweit die Kläger im Schriftsatz vom 19. Juli 2011 hinsichtlich der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift auf Diskriminierungen von Angehörigen betreffend die Abgeltungssteuer verweist und insoweit Parallelen sieht, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Denn betreffend die Abzinsung in § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG ist gerade keine willkürliche Unterscheidung zwischen der Abzinsungspflicht bei unverzinslichen Darlehen unter Fremden bzw. nahen Angehörigen zu erkennen. Dabei kann dahinstehen, ob zinslose Darlehen häufiger von nahen Angehörigen gewährt werden, denn auf die Frage, in welcher Beziehung der Darlehensgeber zum Darlehensnehmer steht, kommt es bei der Beurteilung der Abzinsungspflicht nicht an, sondern allein auf die in beiden Fällen gleichermaßen bestehende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Finanzgerichtsordnung.

    Die Revision zum Bundesfinanzhof war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO im Streitfall nicht vorliegen.

    RechtsgebietEStGVorschriften§ 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG