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  • 20.06.2012 · IWW-Abrufnummer 121882

    Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen: Urteil vom 18.11.2010 – 13 A 899/10

    Die Werbung eines Apothekers unter Hinweis auf seine „Discount-Apotheke“
    ist irreführend und damit berufsrechtlich verboten.
    Es liegt ein Verstoß gegen das Verbot übertrieben wirkender Werbung vor, wenn ein Apotheker bei der Neueröffnung seiner Apotheke auf Gewinnspiele und auf Dudelsack-Musik mit einem aufspielenden „echten Schotten“ hinweist.


    OVG NRW, Urteil vom 18.11.2010 - 13 A 899/10.T
    I. Instanz: VG Köln - 36 K 6179/08.T -.

    Der Beschuldigte ist Apotheker und eröffnete im April 2008 die N.-Apotheke in T. In der Lokalpresse erschien folgende Anzeige: „Neueröffnung der 1. Discount-Apotheke in T.! Das wollen wir mit Ihnen feiern, am Donnerstag, dem 24., am Freitag, dem 25. und am Samstag, dem 26. April 2008. Gewinnen Sie an unserem Glücksrad, genießen Sie unser Gratis-Popcorn, lauschen Sie unserem echten Schotten mit Dudelsack und lassen Sie sich mit ihm fotografieren - wir schenken ihnen das Foto. … Alles reduziert! Bis zu 50 % Rabatt“. In weiteren Werbeanzeigen wurde auf die „Neueröffnung der 1. Discount-Apotheke in T.“ hingewiesen. Die Antragstellerin die zuständige Apothekerkammer - wies den Beschuldigten darauf hin, dass die Werbung gegen das Verbot irreführender und übertrieben wirkender Werbung verstoße. Die Werbeaussage „1. Discount-Apotheke“ sei irreführend, weil der Kunde die Discounter aus dem Einzelhandel kenne und damit ein durchgehend preisgünstiges Sortiment verbinde. Mit dem uneingeschränkten Hinweis „Alles reduziert“ werde verschwiegen, dass verschreibungspflichtige Arzneimittel und damit große Teile des Sortiments von Gesetzes wegen preisgebunden seien und daher nicht unter die Rabattgewährung fallen könnten. Die Werbung für die Veranstaltung einschließlich des Aufstellens eines Glücksrades, der Abgabe von Gratis-Popcorn etc. verstoße in ihrer Gesamtheit gegen das Verbot übertrieben wirkender Werbung.

    Nach entsprechendem Beschluss des Vorstands der Antragstellerin beantragte die Antragstellerin im September 2008 beim Berufsgericht für Heilberufe beim Verwaltungsgericht Köln die Eröffnung des berufsgerichtlichen Verfahrens und legte dem Beschuldigten zur Last, seine Berufspflichten dadurch verletzt zu haben, in den Zeitungsanzeigen irreführend und übertrieben geworben zu haben. In dem eröffneten berufsgerichtlichen Verfahren ließ sich der Beschuldigte dahin ein, dass die Angabe „Discount-Apotheke“ in den vier Zeitungsanzeigen im April und Mai 2008 nicht irreführend sei. Den durchschnittlich gebildeten und informierten Kunden sei bewusst, dass die von Apotheken in Werbeanzeigen angesprochenen Rabatte sich nicht auf verschreibungspflichtige Arzneimittel bezögen. Der Patient, der ein ärztliches Rezept einlöse, mache sich in aller Regel überhaupt keine Gedanken über den Preis des betreffenden Arzneimittels, da dieser für ihn unerheblich sei. Privat Versicherte müssten den Kaufpreis zwar entrichten, bekämen ihn jedoch von ihrer Krankenversicherung erstattet, so dass auch sie sich im Regelfall keine Gedanken über den Arzneimittelpreis machten. Hinsichtlich des Anschuldigungspunkts der Veranstaltung mit Glücksrad, Gratispopcorn etc. liege vor dem Hintergrund der Entwicklungen im Apothekenbereich in den vergangenen Jahren keine übertriebene Werbung vor. Er habe zudem bereits im Juni 2008 gegenüber der Antragstellerin deutlich gemacht, dass er eine Veranstaltung in dieser Form in Zukunft nicht noch einmal durchführen werde. Das Berufsgericht eröffnete das berufsgerichtliche Verfahren, legte dem Beschuldigten eine irreführende und übertriebene Werbung zur Last und erkannte wegen Verletzung der Berufspflichten des Beschuldigten auf eine Geldbuße von 2.000, Euro. Die Berufung des Beschuldigten blieb ohne Erfolg.

    Aus den Gründen:

    Das Berufsgericht hat zu Recht erkannt, dass der Beschuldigte ein Berufsvergehen begangen hat. Auch zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Beschuldigte mit den Werbeanzeigen im April sowie im Mai 2008 in der Lokalpresse in T. im Zusammenhang mit der Eröffnung seiner Apotheke seine Berufspflichten verletzt hat. Die gegen den Beschuldigten festgesetzte Maßnahme begegnet ebenfalls keinen Bedenken.

    1. Die Überzeugung des Gerichts bildet sich grundsätzlich in freier Beweiswürdigung und aus dem Inbegriff der Verhandlung; Gegenstand der Urteilsfindung ist die Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt (§ 112 des Heilberufsgesetzes NRW HeilBerG -; §§ 261, 264 der Strafprozessordnung StPO ). Bei der Überzeugungsbildung darf dabei nur das verwertet werden, was an Erkenntnissen durch die Verhandlung und in der Verhandlung gewonnen wurde. Die richterliche Überzeugung ist deshalb eine aus dem Inbegriff der Verhandlung erwachsene subjektive Gewissheit von der objektiven Wahrheit. Sie setzt nicht eine absolute, das Gegenteil denknotwendig ausschließende und von niemandem anzweifelbare Gewissheit voraus, vielmehr genügt ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit, das vernünftige und nicht bloß denktheoretisch mögliche Zweifel nicht zulässt. Zur Freiheit der richterlichen Überzeugung, an deren Zustandekommen keine überspannten Anforderungen gestellt werden dürfen, gehört dabei auch, dass nicht vorgeschrieben werden kann, unter welchen Voraussetzungen eine bestimmte Schlussfolgerung geboten ist.
    Vgl. Krekeler/Löffelmann, StPO, § 261 Rn. 4 ff.; Schoreit, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 5. Aufl., § 261 Rn. 2 ff.; Meyer-Goßner, Kommentar zur StPO, 52. Aufl., Rn. 2 ff.; vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 23.7.2009 - 1 A 2084/07 -, juris, zu § 96 Abs. 1 VwGO.

    Unter Zugrundelegung dieser Kriterien ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass ein Berufsvergehen des Beschuldigten gegeben ist.

    Gemäß § 29 HeilBerG sind die Kammerangehörigen verpflichtet, ihren Beruf gewissenhaft auszuüben und dem ihnen im Zusammenhang mit dem Beruf entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen. Hierzu gehört auch die Beachtung der in der Berufsordnung der Antragstellerin geregelten Berufspflichten.

    Nach § 18 Abs. 1 der Berufsordnung für Apothekerinnen und Apotheker der Apothekerkammer Nordrhein vom 13.6.2007 (BO) ist Wettbewerb verboten, wenn er unlauter ist (Satz 1). Nicht erlaubt ist eine Werbung, die irreführend oder nach Form, Inhalt oder Häufigkeit übertrieben wirkt, sowie eine Werbung, die einen Mehrverbrauch oder Fehlgebrauch von Arzneimitteln begünstigt (Satz 2). Die Werbung der Apothekerin und des Apothekers darf ihrem beruflichen Auftrag, die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherzustellen, nicht widersprechen (Satz 3).

    Das Verbot berufswidriger Werbung ist verfassungsrechtlich unbedenklich.

    Es greift allerdings in die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) des Apothekers ein. Dieses Grundrecht schützt die Freiheit der Berufsausübung. Zu dieser gehört nicht nur die berufliche Praxis selbst, sondern auch jede Tätigkeit, die mit der Berufsausübung zusammenhängt und dieser dient. Sie schließt die Außendarstellungen von selbständig Berufstätigen ein, soweit sie auf die Förderung des beruflichen Erfolges gerichtet ist. Staatliche Maßnahmen, die geschäftliche oder berufliche Werbung beschränken, sind Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung.
    Vgl. BVerfG, Beschluss vom 22.5.1996 - 1 BvR 744/88 u. a. , BVerfGE 94, 372, 389 = NJW 1996, 3067.

    Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung bedürfen gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt. Die gesetzlichen Grundlagen sind nur dann mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt werden und wenn sie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen, wenn also das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist.
    Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.7.1987 - 1 BvR 362/79 , BVerfGE 76, 196, 207 = NJW 1988, 194; Ruffert, in: Epping/Hillgruber, GG, Kommentar, 2009, Art. 12 Rn. 75, 79 ff., 86 ff.

    Diese Voraussetzungen sind bei den hier anzuwendenden Vorschriften erfüllt.

    Werbeverbote und Werbeeinschränkungen für freie Berufe sollen als Teil der Berufsordnung mit dazu beitragen, dass der Berufsstand seine Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt. Sie sollen das berufliche Verantwortungsgefühl ebenso stärken wie das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Berufsstand. Dem Apotheker ist die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung überantwortet (§ 1 Abs. 1 des Apothekengesetzes - ApoG -; § 1 der Bundes-Apothekerordnung BApO ). Die Bevölkerung soll darauf vertrauen dürfen, dass der Apotheker - obwohl auch Gewerbetreibender - sich nicht von Gewinnstreben beherrschen lässt, sondern seine Verantwortung im Rahmen der Gesundheitsberufe wahrnimmt. In diesem Sinn sollen die Werbeverbote dem Arzneimittelfehlgebrauch entgegenwirken und die ordnungsgemäße Berufsausübung stärken. Insbesondere soll das Vertrauen der Bevölkerung in die berufliche Integrität der Apotheker erhalten und gefördert werden.
    Vgl. BVerfG, Beschluss vom 22.5.1996 - 1 BvR 744/88 u. a. , a. a. O.

    Soweit § 18 Abs. 1 Satz 2 BO eine Werbung untersagt, die irreführend oder nach Form, Inhalt oder Häufigkeit übertrieben wirkt, verbietet sie unlautere Werbung sowie solche, die zu übermäßigem Arzneimittelverbrauch verleitet. Diese Regelungen sind geeignet und auch erforderlich, dem beschriebenen Gemeinwohlbelang zu dienen. Dies gilt auch für § 18 Abs. 1 Satz 3 BO, der eine Werbung nur ohne Widerspruch zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln erlaubt. Es ist auch nicht erkennbar, dass solche Verbote den Apotheker unverhältnismäßig belasten. Beschränkungen, die darauf abzielen, die Werbung auf sachangemessene Informationen zu beschränken, die keinen Irrtum erregen können, sind vielmehr allgemein zulässig.
    Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.3.2003 - 3 C 23.02 -, DVBl. 2003, 729.

    Auch das Verbot, übertrieben zu werben, ist angemessen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Apotheker nicht nur Angehöriger eines freien Berufs, sondern zugleich Kaufmann ist. Er steht hinsichtlich der apothekenfreien Arzneimittel und des Randsortiments im allgemeinen Wettbewerb und muss werbend auf sich aufmerksam machen dürfen. Setzt das Verbot allein an der Form der Werbung an, schwächt sich die Beziehung zum rechtfertigenden Gemeinwohlbelang ab. Aus dem Werbeträger unmittelbar auf eine Gefährdung der Arzneimittelversorgung oder mittelbar auf einen Schwund des Vertrauens der Öffentlichkeit in die berufliche Integrität der Apotheker zu schließen, ist schwerlich möglich, solange sich die Werbemittel im Rahmen des Üblichen bewegen. Nur übertriebene und marktschreierische Werbung, die auf eine Vernachlässigung der Pflichten hindeuten könnte, soll vermieden werden.
    Vgl. BVerfG, Beschluss vom 22.5.1996 - 1 BvR 744/88 u. a. , a. a. O.

    Bei Anwendung dieser Maßstäbe hat der Beschuldigte gegen das Verbot irreführender und übertrieben wirkender Werbung gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 BO verstoßen.

    Zutreffend hat das Berufsgericht eine irreführende Werbung im Sinne von § 18 Abs. 1 Satz 2 BO bejaht, weil der Beschuldigte für seine neueröffnete Apotheke Werbeanzeigen im April und im Mai 2008 mit dem Hinweis „Die Discount-Apotheke“ und „1. Discount-Apotheke in T.“ veröffentlichen ließ. Dabei hat das Berufsgericht es als maßgeblich erachtet, was die maßgebenden Verbraucherkreise mit dieser Bezeichnung verbinden; abzustellen sei insoweit auf die mutmaßliche Erwartung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers. Dieser Ausgangspunkt entspricht der in Rechtsprechung und Literatur allgemein anerkannten Definition irreführender Werbung und ist daher rechtlich nicht zu beanstanden.
    Vgl. EuGH, Urteil vom 12.3.1998 - Rs. C-210/96 - Slg. 1998 I-4657, 4691, 4693 f. „Gut Springenheide“; BVerwG, Urteil vom 17.1.2008 3 C 1.07 -, NJW 2008, 1686.

    Ein solcher Durchschnittsverbraucher verbindet mit dieser Bezeichnung eine Niedrigpreispolitik des Einzelhändlers. Als Discounter (von engl. discount = Preisnachlass, Rabatt), Discounthäuser oder Discounthandel bezeichnet man nämlich Unternehmen des stationären Einzelhandels, die sich tendenziell durch ein relativ schmales und flaches Warensortiment, einfache Warenpräsentation, relativ kleine Verkaufsflächen und durch geringere Verkaufspreise als bei Mitbewerbern anderer Betriebsform auszeichnen (http://de.wikipedia.org/wiki/Discounter). Wie das Berufsgericht, ohne dass dies vom Beschuldigten näher angezweifelt worden ist, ausgeführt hat, ist der Begriff des Discounters vor allem im Einzelhandel gebräuchlich, wo fast alle Preise des Sortimentes eines Discounters erheblich unter den Preisen liegen, die für gleiche Waren im regulären Handel gefordert werden. Der Verbraucher darf deshalb ein durchgehend preisgünstiges Sortiment des Anbieters erwarten. Damit lässt sich die Werbe- und Preispolitik des Beschuldigten nicht vereinbaren. Denn im Hinblick auf verschreibungspflichtige Arzneimittel kommt eine Preisreduzierung nicht in Betracht, denn nach der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) ist die Preisbildung für verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel bei der Abgabe durch öffentliche Apotheken an den Endverbraucher vorgeschrieben.

    Dem kann der Beschuldigte nicht mit dem Einwand begegnen, die Kunden seiner Apotheke unterlägen keinem Irrtum, weil sie wegen fehlender Vorstellungen über die Höhe der Preise für rezeptpflichtige Arzneimittel kein Preisbewusstsein hätten. Hierzu beruft er sich auf die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Arzneimitteln, so dass Patienten letztlich abgesehen von gesetzlich vorgesehenen Zuzahlungen - keine finanziellen Aufwendungen bei dem Erwerb von Arzneimitteln zu tragen hätten. Demgegenüber weist die Antragstellerin zutreffend darauf hin, dass das Sortiment einer Apotheke unterschiedliche verschreibungspflichtige Medikamente enthalte, die nicht erstattungsfähig seien, mithin vom Verbraucher selbst zu zahlen seien. Dies gelte etwa für die „Antibabypille“ (vgl. § 24a Abs. 2 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch SGB V) oder für Medikamente, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund stehe, was etwa bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, Mitteln zur Raucherentwöhnung, Appetitzüglern oder Arzneimitteln zur Gewichtsreduktion der Fall sei. Auch der Beschuldigte bestreitet nicht, dass der Verbraucher beim Kauf solcher Arzneimittel ein Preisbewusstsein habe. Vielmehr beruft er sich auf einen geringen Umfang von etwa 1 % des Gesamtumsatzes für den Verkauf von solchen Medikamenten. Diesem Umstand misst der Senat indes keine entscheidende Bedeutung zu, da eine etwaige geringe Umsatzrelevanz an der Fehlvorstellung des Verbrauchers nichts zu ändern vermag. Abgesehen hiervon überzeugt die Argumentation des Beschuldigten nicht. Denn der Patient, der privat versichert ist, wird durchaus ein Preisbewusstsein haben und einen Vergleich seiner Aufwendungen mit der Höhe etwaiger Beitragsrückzahlungen vornehmen. Dies folgt schon daraus, dass private Krankenversicherungen Beitragsrückzahlungen leisten, wenn der Versicherungsnehmer keine oder nur wenige Erstattungen gegenüber der Krankenversicherung im Beitragsjahr geltend macht. Der Höhe der finanziellen Aufwendungen für den Erwerb von verschreibungspflichtigen Medikamenten kommt in diesem Fall praktische Bedeutung zu. Auch Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen können ein entsprechendes Preisbewusstsein haben. Dies wird nicht nur ein ideelles Interesse an niedrigen Arzneimittelpreisen und nicht weiter steigenden Beiträgen für die gesetzlichen Krankenkassen sein, sondern in gewissem Umfang auch Ausdruck eines wirtschaftlichen Interesses an angemessenen Beiträgen für die gesetzlichen Krankenkassen sein. Schließlich geht der Beschuldigte selbst von einem Preisbewusstsein seiner Kunden aus, sonst wäre die Bezeichnung als „Discount-Apotheke“ wirtschaftlich nicht verständlich.

    Auch liegt ein Verstoß gegen das Verbot übertrieben wirkender Werbung (§ 18 Abs. 1 Satz 2 und 3 BO) vor, indem der Beschuldigte in der Werbeanzeige vom 23. April 2008 auf die Neueröffnung seiner Apotheke hinwiesen und auf ein Gewinnspiel am Glücksrad, auf Gratis-Popcorn und auf Dudelsack-Musik mit der Möglichkeit eines gemeinsamen Fotos mit aufspielenden „echten Schotten“ hingewiesen hat. Denn die Ankündigung der Werbeveranstaltungen zur Eröffnung der neuen Apotheke des Beschuldigten bewegte sich nicht im Rahmen des bei Apotheken Üblichen einer solchen Veranstaltung. Soweit in anderen Branchen die Ankündigung und Durchführung derartiger Vergnügungen Einzug gehalten hat, ist dies mit dem Handelsgewerbe einer Apotheke nicht vergleichbar. Der entscheidende Unterschied folgt trotz bestehender Gemeinsamkeiten hinsichtlich des Verkaufs von Waren aus der dem Apotheker gesetzlich auferlegten Arzneimittelversorgung. Hieraus leitet sich das Berufsbild des der Gesundheit des Patienten verpflichteten und sich nicht vom eigenen Gewinnstreben beherrschten Apothekers ab. Deshalb ist auch das Argument der Antragstellerin überzeugend, dass die Erfüllung des Versorgungsauftrags bei Durchführung einer solchen Veranstaltung beeinträchtigt ist. Das in Frage stehende Eröffnungsszenario würde jedenfalls die Kunden, die - unter Umständen schwer erkrankt - die Apotheker aufsuchten und ggf. eine vertrauliche Beratung wünschten, erheblich stören. Dass eine angemessene Beratung gleichwohl gewährleistet wäre, ist außerdem kaum anzunehmen. Der Senat kann auch nicht erkennen, dass der Beschuldigte nur auf diese von ihm gewählte Art und Weise wirksam auf seine neu eröffnete Apotheke aufmerksam machen konnte. Aber auch wenn dies der Fall wäre, könnte dies die übertriebene Werbung nicht rechtfertigen.

    2. Im Rahmen des Maßnahmenkatalogs des § 60 HeilBerG hält der Senat ebenfalls - wie das Berufsgericht - in Abwägung aller insoweit relevanten Umstände, zu denen auch die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten ebenso zählen wie die Begleitumstände des Berufsvergehens und das bisherige unauffällige Verhalten des Beschuldigten in berufsrechtlicher Hinsicht, eine Geldbuße in Höhe von 2.000 Euro (§ 60 Abs. 1 lit. d HeilBerG) gegen den Beschuldigten für angemessen und ausreichend.

    Vorschriften§ 18 Abs. 1 Satz 2 der Berufsordnung für Apothekerinnen und Apotheker der Apothekerkammer Nordrhein