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  • · Fachbeitrag · Versicherung

    Sind Bündelpolicen für Apotheken geeignet?

    von Peter Grimm, PriAss GmbH & Co. KG, Altrip, www.sichere-apo.de

    | Verschiedene Versicherungssparten, also z. B. die Haftpflicht-, Gebäude-, Inhalts- oder Hausrat- und die Rechtsschutzversicherung, in einem Vertrag zusammenzufassen klingt gut und bringt auch einige offensichtliche Vorteile mit sich. So wird der Verwaltungsaufwand beider Vertragsparteien reduziert, da es nur noch einen Versicherungsvertrag gibt, in dem alles versichert ist. Durch eine Mischkalkulation kann der Beitrag reduziert werden. Gerade Apotheken mit ihrer durchaus speziellen Risikoexposition sollten Verträge dieser Art aber eingehend prüfen, denn es gibt auch Nachteile. |

    Mischkalkulation führt nicht unbedingt zu günstigen Beiträgen

    Eventuell ist es möglich, unerwünschte Risiken, für die es eigentlich keinen Versicherungsschutz gibt, über die Mischkalkulation im Rahmen von Bündelpolicen doch noch zu versichern. Doch nicht jede Versicherungsgesellschaft möchte jedes Risiko versichern. Risiken, die nicht zum „Risikoappetit“ einer Versicherung passen, werden dann entsprechend teuer kalkuliert. Eine solche Negativkalkulation ist in einer Bündelpolice aber nicht erkennbar. Dies kann durchaus dazu führen, dass Einzelverträge doch günstiger sind. Ein Vergleich verschiedener Absicherungskonzepte ist also notwendig und der reine Preisvergleich ist auch leicht durchführbar.

    Verträge sind unübersichtlich und kaum zu prüfen

    Wesentlich schwieriger, aber das Wichtigste vor dem Abschluss einer Versicherung überhaupt, ist der Leistungsvergleich. Bei Policen, in denen mehrere Versicherungssparten miteinander verknüpft sind, ist dieser Vergleich sogar nochmals komplizierter. Die Versicherungsbedingungen werden zwangsläufig äußerst umfangreich. Bei einigen Versicherern kommen hier mehr als 1.000 Seiten zusammen. Innerhalb dieser Bedingungen kann es zusätzlich zu Verweisen auf weitere spezielle Bedingungen kommen. Ein solcher Berg „Kleingedrucktes“ ist nicht mehr mit vertretbarem Aufwand zu überprüfen.

     

    Beachten Sie | Deckungslücken und Probleme im Schadenfall sind damit i. d. R. vorprogrammiert. Eine individuelle Anpassung der Verträge auf den jeweiligen Kunden ist durch diese Vertragsgestaltung damit nur sehr eingeschränkt oder gar nicht möglich.

    Leistungen oft nicht umfassend und keinesfalls individuell

    Das Verkaufsargument des reduzierten Verwaltungsaufwands gilt auf der Seite des Versicherers natürlich auch. Das bedeutet aber, dass der Versicherer ein Bedingungswerk erstellt, das für alle Kunden gilt. Dieses Bedingungswerk enthält die Stärken, aber auch die Schwächen des Versicherers. Denn selbst wenn die Haftpflichtversicherung beim gewählten Versicherer sehr gut abgedeckt ist, bietet für die Gebäudeversicherung sicherlich eine andere Gesellschaft bessere Leistungen.

     

    MERKE | Die „gesellschaftsbezogenen Versicherungsbedingungen“ sind notwendig, um den „Versicherungsschutz von der Stange“ zu einem günstigen Einheitspreis anbieten zu können. Die individuelle Anpassung an die Risikosituation des Kunden bleibt dabei aber zwangsläufig auf der Strecke.

     

    Automatische Vertragsanpassungen gibt es meist nicht

    Versicherungen müssen sich ständig anpassen. Neue Gesetze, aktuelle Gerichtsurteile oder Veränderungen im Tätigkeitsbild einer Berufsgruppe (Beispiel: Impfen in Apotheken) machen diese Anpassungen notwendig. Verbessern sich die Versicherungsleistungen oder werden diese an Veränderungen angepasst, gelten diese Änderungen bei einigen Versicherern auch automatisch für bestehende Verträge ‒ allerdings nur für Einzelverträge, meist nicht für Verträge mit mehreren Sparten. Hier muss der Versicherungskunde in den allermeisten Fällen selbst eine Umstellung der Verträge beantragen. Dies kann zu existenziellen Lücken im Versicherungsschutz führen.

    Die Kulanz ist kein Argument für einen Vertragsabschluss

    Ein Verkaufsargument des Versicherungsvertriebs für Bündelverträge ist immer auch die Kulanz. Denn wenn viele Verträge bei einer Gesellschaft bestehen, wird auch mal ein nicht versicherter Schaden gezahlt ‒ so die Argumentation. Damit bestätigt der Versicherer ja aber schon bei Vertragsabschluss, dass es im Vertrag Deckungslücken gibt. Wäre der Vertrag nämlich umfassend und risikogerecht, wären Kulanzzahlungen gar nicht notwendig.

     

    Beachten Sie | Über einen existenzbedrohenden, sehr hohen Schaden entscheidet immer die Schadenabteilung des Versicherers, nicht der Außendienst. Und diese Entscheidung wird rein formal und kaufmännisch getroffen. Die Hoffnung auf Kulanz bei einem großen Schaden sollte lieber durch belastbare und rechtssichere Vertragsbedingungen ersetzt werden.

     

    FAZIT | Umfassende und rechtssichere Verträge sind, gerade bei Apotheken mit ihrer hohen Individualität, von existenzieller Bedeutung. Diese Anforderung ist über eine Bündelpolice regelmäßig nicht darstellbar. Auch wenn Einzelverträge vielleicht etwas mehr Beitrag kosten, sind sie erfahrungsgemäß die bessere Wahl.

     

    Weiterführende Hinweise

    • „Apothekenrisiko trifft Gebäudeversicherung: Das müssen Apotheken bei der Absicherung beachten“, in AH 07/2023, Seite 19
    • „Pharmazieratsklausel: Warum Ihre Versicherung die Apothekenaufsicht kennen sollte“, in AH 01/2023, Seite 19
    Quelle: Ausgabe 09 / 2023 | Seite 19 | ID 49584262