Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 28.07.2010 | Der praktische Fall

    „AGG-Hopping“ ist nicht grenzenlos möglich

    von RA Dr. Tobias Eickmann, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

    Spätestens seit Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zum 18. August 2006 ist bei Stellenausschreibungen Vorsicht geboten. Unter anderem müssen die Anzeigen zwingend geschlechts- und altersneutral ausgeschrieben werden (§ 11, § 7 Abs. 1 AGG). Denn immer wieder gibt es Personen, die sich serienmäßig gezielt auf Stellen mit diskriminierender Ausschreibung bewerben. Ziel der Bewerbung ist nicht die Einstellung, sondern die Absage, an die sich eine Klage auf Entschädigung - in aller Regel in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern (§ 15 Abs. 2 AGG) - anschließt.  

    Fall

    Dazu ein realer Fall, über den das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz entschieden hat (Urteil vom 11.1.2008, Az: 6 Sa 522/07, Abruf-Nr.: 082492): Eine internistische Gemeinschaftspraxis suchte mittels Anzeige „eine Arzthelferin mit mehrjähriger Berufserfahrung in Vollzeitbeschäftigung“. Auf die Stelle bewarb sich ein Krankenpfleger, der in fester Anstellung bei einem Krankenhaus stand und 2.400 Euro brutto verdiente. Eingestellt wurde eine Arzthelferin mit neunjähriger Berufspraxis. Der Krankenpfleger klagte auf eine angemessene Entschädigung wegen diskriminierender Nichteinstellung.  

    Entscheidungsgründe

    Das Gericht entschied zugunsten der Gemeinschaftspraxis, weil der Krankenpfleger aufgrund seiner Ausbildung für die ausgeschriebene Stelle einer Arzthelferin objektiv nicht geeignet war und sich nicht ernsthaft auf die Stelle beworben hat. Der Stellenwechsel hätte Gehaltseinbußen von mehr als 1.000 Euro brutto bedeutet. Die Bewerbung sei ganz offensichtlich nur zum Zwecke des Erwerbs von Entschädigungsansprüchen erfolgt und daher rechtsmissbräuchlich.  

    Praxishinweise

    Auch Apotheker/innen sind wie Ärzte oder andere Arbeitgeber vor „AGG-Hoppern“ nicht gefeit. Es bleibt gegen „AGG-Hopper“ oft nur der Einwand des Rechtsmissbrauchs. Den Beweis, dass es der Bewerbung an Ernsthaftigkeit mangelt, muss der Arbeitgeber führen, der dabei oft in Beweisnot gerät. Die begrüßenswerte Rechtsprechung sollte den Blick daher nicht trüben: Sicherheit vor AGG-Hoppern bietet nur eine rechtskonforme Stellenausschreibung. In Verdachtsfällen kann eventuell eine Anfrage beim bundesweiten AGG-Archiv (www.agg-hopping.de) helfen, einen AGG-Hopper zu entlarven.  

    Quelle: Ausgabe 08 / 2010 | Seite 16 | ID 137442