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  • 01.09.2005 | Arzneimittelversorgung

    Was gilt bei der Abgabe nicht zugelassener/ zulassungsüberschreitender Arzneimittel?

    von RA Dr. Marion Wille und RA Sören Kleinke, Rechtsanwälte Wigge, Kleinke, Frehse, Osnabrück, www.ra-wigge.de

    Ein großer Anteil der von Ärzten verschriebenen Arzneimittel – zum Beispiel im Bereich der Onkologie – ist für die zu therapierende Erkrankung arzneimittelrechtlich nicht zugelassen. Stationär erfolgen derzeit bis zu 90 Prozent aller Arzneimittelverordnungen bei Kindern und Jugendlichen außerhalb (off-label) oder ohne eine formale Zulassung (unlicensed). Abgesehen davon, dass das Arzneimittelgesetz (AMG) die Abgabe von nicht zugelassenen und damit nicht verkehrsfähigen Arzneimittel unter bestimmten Umständen ordnungswidrigkeits- oder strafrechtlich sanktioniert, sollte sich der Apotheker über die Grundsätze der Erstattungsfähigkeit von nicht zugelassenen Arzneimittel im Klaren sein. Auch im Gespräch mit Patient und Arzt können diese Kenntnisse von Vorteil sein.  

    Erstattungsfähigkeit von Off-label-Arzneimitteln

    Unter Off-label-use versteht man die Verordnung eines zugelassenen Fertigarzneimittels außerhalb des in der Zulassung beantragten und von den nationalen oder europäischen Zulassungsbehörden genehmigten Gebrauchs. Dieser Zulassungsrahmen kann beispielsweise hinsichtlich der Anwendungsgebiete (Indikationen), der Dosierung oder der Behandlungsdauer begrenzt sein.  

     

    Die Erstattungspraxis der Krankenkassen basierte deshalb lange Zeit auf dem Grundsatz „Ohne Zulassung keine Erstattung“. Diese Anknüpfung an die Zulassung nach § 21 AMG beruhte darauf, dass das Sozialgesetzbuch (SGB) V in der Arzneimittelrichtlinie nach § 91 Abs. 1 keine Qualitätsanforderungen an Arzneimittel festlegt. Doch dies ist seit einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. März 2002 so nicht mehr haltbar (Off-label-use-Urteil, Az: B 1 KR 37/00). Die Richter führten vielmehr aus, dass auch ein zugelassenes Arzneimittel bei indikations- und damit zulassungsüberschreitendem Einsatz erstattungsfähig sein kann. Voraussetzungen hierfür sind,  

     

    • dass es sich um die Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung handelt,
    • für die keine andere Therapie verfügbar ist und
    • dass auf Grund der Datenlage die begründete Aussicht auf einen Behandlungserfolg besteht.