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  • 01.09.2007 | Apothekenentwicklung

    Ist die „reine“ OTC-Apotheke ein machbares Konzept oder nur Fiktion?

    von Apotheker Dr. Reinhard Herzog, Tübingen

    Viele Apotheken möchten sich lieber heute als morgen vom GKV-Markt emanzipieren, da dieser immer unberechenbarer wird und die Fremdbestimmtheit durch Verordnungen wie ein Mühlstein um den Hals hängt. So schießen die Spekulationen ins Kraut und es wird die Frage aufgeworfen, ob eine „reine“ Barverkaufsapotheke überhaupt möglich ist. Neben den Diskussionen um möglichen Fremdbesitz wird zurzeit die Aufhebung der Apothekenpflicht für Teile des OTC-Sortiments kolportiert, zumal es in anderen EU-Ländern insofern bereits liberale Regelungen gibt.  

    Basiswerte: Umsatz und mögliche Rohgewinne

    Manche Discount-Apotheken streben 80 Prozent OTC-Anteil an ihrem Umsatz an. Diese Zahl ist im stationären Apothekengeschäft ein Novum, wenn man von extremen Ausnahmen wie Mega-Einkaufsparks abseits von Ballungszentren auf der grünen Wiese absieht. Im Versandgeschäft sind solche Relationen allerdings nicht unbekannt. Der Selbstzahleranteil ist hier hoch. Das liegt daran, dass die Rezept-Einlösung oft eher kompliziert und mit Verzögerungen für den Patienten verbunden ist. Auch Nachlässe sind hier problematisch. Dagegen lassen sich bei Selbstmedikationspräparaten und dem hochwertigen Randsortiment (wie Kosmetik) leicht einige Euro sparen.  

     

    Demgegenüber ist die Betrachtung der Rohgewinne ernüchternd. Ein durchschnittliches GKV-Rezept bringt – trotz Erhöhung des Kassenrabattes und bei angespannter Rabattsituation – etwa 11 bis 12,50 Euro Rohgewinn ein. Der Stückertrag setzt sich aus 1,3 bis 1,4 verschreibungspflichtigen Medikamenten je Rezeptblatt mit einem Rohgewinn von mindestens 7 Euro je Packung (= 6,17 Euro netto) Festvergütung zuzüglich 3 Prozent variable Komponente (= rund 0,75 Euro bei heutigen Packungswerten) plus Großhandelsrabatte zusammen. Hinzu kommen Nicht-Rx-Verordnungen, Hilfsmittel sowie Rezepturen.  

     

    Bei Privatrezepten ist die Situation ähnlich; hier entfällt zudem der Kassenrabatt. Barverkäufe kranken dagegen an zumeist niedrigen Packungswerten: Der Netto-Verkaufswert einer durchschnittlichen, apothekenpflichtigen Arzneipackung liegt bei 7,50 Euro. Die „Barkörbe“ – also das, was der durchschnittliche Kunde erwirbt – bewegen sich in einem Bereich um 10 Euro, da statistisch gesehen mehr als eine Packung je Kunde gekauft wird. Zwar können im Freiwahlbereich mit einem geschickten Produktemix sogar etwas höhere Packungswerte als im klassischen OTC-Segment erzielt werden. Nichtsdestotrotz ergeben sich je Barkunde bloß 4 Euro an Rohgewinn (= 10 Euro Barkorb x 40 Prozent Spanne). Grob gerechnet benötigen Sie für einen Rezeptkunden also drei Barkunden, um auf denselben Rohgewinn zu kommen.  

    Kalkulation einer reinen OTC-Apotheke