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  • · Fachbeitrag · Interview

    „Corona-Antigenschnelltests in Apotheken sind ein wichtiger Baustein im Kampf gegen die Pandemie“

    | In vielen Städten und Gemeinden kann man sich auf SARS-CoV-2 testen lassen, ohne die Falldefinitionen des Robert Koch-Instituts zu erfüllen. Doch es geht auch dezentraler. Wer sich in einer Apotheke in der Nähe des Wohnorts testen lässt, spart die lange Anreise und bekommt sein Ergebnis schnell und diskret. Dr. Robert Besch, Inhaber der Forellen-Apotheke in München und Privatdozent an der Ludwig-Maximilians-Universität München, gehört zu den ersten Apothekern, die mit Antigenschnelltests auf COVID-19 testen. Ursula Katthöfer ( www.textwiese.com ) fragte ihn nach seinen Erfahrungen. |

     

    Frage: Wer kommt zu Ihnen, um sich auf SARS-CoV-2 testen zu lassen?

     

    Antwort: Wir haben kurz vor Weihnachten angefangen, genau gesagt am 19.12.2020. Damals ließen sich primär Personen testen, die ältere Verwandte besuchen wollten. Am Vormittag von Heiligabend kamen 60 Leute, das war extrem. Inzwischen ist das Publikum sehr gemischt. Es kommen Menschen, die ins Ausland reisen oder ein Heim besuchen möchten und einen negativen Test vorweisen müssen. Andere haben leichte Symptome oder sind einfach neugierig, ob sie sich infiziert haben.

     

    Frage: Wie sorgen Sie für die nötige Diskretion?

     

    Antwort: In unserer Apotheke liegt ein Informationsflyer, mit dem jeder sich über die Abfolge informieren kann. Wir testen pro Tag eine Stunde lang, der Kunde spricht seinen Termin telefonisch ab. Der Abstrich findet im Freien in der Anlieferzone hinter der Apotheke statt. Dort haben wir mit einem Schirm und einem Paravent eine Teststation eingerichtet, die nicht einsehbar ist. Gleichzeitig sorgt die Zugluft dafür, dass die Aerosole weggeblasen werden.

     

    Frage: Muss der Kunde eine Einwilligungserklärung unterschreiben?

     

    Antwort: Ja, sicherheitshalber. Er stimmt dem Abstrich durch die Nase zu. Wir lassen uns bestätigen, dass der Test von einer medizinisch geschulten Person gemacht wird, also nicht von einem Arzt. Auch eine Datenschutzklausel ist enthalten. Auf der Rückseite der Einwilligungserklärung befinden sich die Kontaktdaten des Kunden. Alles zusammen geht mit der Probennummer ins eigene Apothekenlabor. Liegt das Ergebnis vor, erhält der Kunde ein Bestätigungsformular. Auf dessen Rückseite stehen Verhaltensregeln, was im Falle eines negativen oder positiven Ergebnisses zu tun ist.

     

    Frage: Wo wartet der Kunde auf das Ergebnis?

     

    Antwort: Nicht bei uns in der Apotheke, sondern in den meisten Fällen zu Hause. Wir rufen sofort an, falls das Ergebnis positiv ist. Das ist bei drei bis vier Prozent unserer Tests der Fall. Dann besteht akuter Handlungsbedarf. Der Kunde muss sich sofort beim Gesundheitsamt melden und in die Isolation. Wir weisen darauf hin, dass die Person in den nächsten Tagen hochinfektiös ist und erläutern den Unterschied zwischen Quarantäne und Isolation. Zusätzlich muss ein PCR-Test gemacht werden. Falsch positive Testergebnisse sind bei den Antigenschnelltests zwar selten, doch sie kommen vor. Außerdem bekommen die Kunden von uns FFP2-Masken, die wir in einer Tüte vor die Apotheke stellen, sodass sie abgeholt werden können. Zudem melden auch wir dem Gesundheitsamt per E-Mail den positiven Befund.

     

    Fällt der Test negativ aus, rufen wir nicht an. Dann holt der Kunde sich das Ergebnis nach etwa einer halben Stunde in der Apotheke ab.

     

    Frage: Worauf achten Sie, wenn Sie jemandem ein positives Ergebnis mitteilen müssen?

     

    Antwort: Wir sind einfühlsam, doch wir gehen nicht ausdrücklich psychologisch vor. Schließlich sprechen wir keine Hiobsbotschaft aus. Die Leute reagieren sehr gefasst. Wir hatten ein junges Paar Anfang 20, das zufällig das Schild draußen an unserer Apotheke gesehen hatte. Die beiden wollten ihre Oma besuchen und ließen sich spontan testen. Beide waren satt positiv. Sie hatten keine Symptome und wären nie zum Arzt gegangen. Das ist genau der Punkt, der für die Antigenschnelltests in der Apotheke spricht.

     

    Frage: Was müssen die Kunden für den Test bezahlen?

     

    Antwort: Wir verlangen 30 Euro für alles insgesamt. Die Testzentren verlangen etwas mehr. Ich bin aber der Meinung, dass die Kosten möglichst niedrig sein müssen.

     

    Frage: Sie testen diese Kunden persönlich. Was hat Sie dazu bewogen?

     

    Antwort: Bevor ich mich als Apotheker niedergelassen habe, war ich 15 Jahre in der Forschung tätig. Molekularbiologische Techniken, Viruserkennung, Immunantwort und -abwehr waren Kern meiner Forschung. Aufgrund dieser Vorgeschichte habe ich mich intensiv mit der Pandemie auseinandergesetzt. Mir wurde früh klar, dass der Antigentest neben der Maske entscheidend ist, um die Pandemie einzudämmen. Deshalb dachte ich, das probiere ich einfach mal aus.

     

    Frage: Sind Sie offene Türen eingerannt?

     

    Antwort: Nein. Vom Bayerischen Apothekerverband und der Bayerischen Landesapothekerkammer (LAK) kamen Bedenken. Es war nicht einfach, einen Zuständigen beim Staatsministerium für Gesundheit oder der Regierung Oberbayern zu finden. Niemand konnte mein Vorhaben einordnen, obwohl die rechtlichen Grundlagen bereits im Dezember mit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes vorlagen. Schließlich bin ich bei der Regierung Oberbayern im Referat Gesundheit fündig geworden. Hier gab es keine Bedenken, nach einer ärztlichen Unterweisung die Tests zu machen. Ich habe dort meine Tätigkeit angezeigt.

     

    Frage: Das klingt, als hätten Politik und Verwaltung die Apotheken als Stütze in der Pandemie nicht auf dem Radar. Wie sehen Sie das?

     

    Antwort: Wir Apotheken leisten mit den Informationen, die wir weitergeben, extrem wichtige Grundsatzarbeit. Die Leute fragen ohne Ende. Wir beraten niederschwellig auch diejenigen, die gar nicht zum Arzt gehen würden. Für Politiker mag das Tragen einer Maske einfach sein, für 80-jährige multimorbide Patienten ist es das nicht. Doch die Apotheke wird als Gesundheitsinstanz von der Politik kaum gesehen oder gar genutzt.

     

    Frage: Sie gehören zu den Pionieren. Stellen Sie fest, dass andere Apotheken folgen?

     

    Antwort: Es gibt bei einigen Apotheken den Vorbehalt, dass die Infektionsgefahr in der Apotheke steige, wenn Schnelltests angeboten werden. Kranke würden durch die Tests angezogen. Das ist nicht richtig. Von den Personen, die wir positiv getestet haben, hatte kaum jemand Symptome. Sie wären in keiner anderen Apotheke als krank aufgefallen. Die Klientel, die zum Testen kommt, unterscheidet sich nicht von der übrigen. Andere Apotheken haben diese Vorbehalte nicht. Sie sehen den wichtigen Beitrag im Kampf gegen die Pandemie.

     

    Frage: Was könnte die ABDA leisten?

     

    Antwort: Leider ist die Kommunikation seitens der ABDA nicht gut. Sie informierte erst über die Möglichkeit, in der Apotheke testen zu können, als das Gesetz bereits geändert war. Es gab keinen Vorlauf, keine Information über die laufenden Verhandlungen. Dann kam plötzlich ein Schreiben am Wochenende vor Weihnachten, dass Schnelltests in Apotheken nun erlaubt seien. Durch die mangelnde Kommunikation gab es keine Vorbereitungszeit, viele Apotheken blieben zunächst außen vor.

     

    Frage: Empfinden Ärzte Sie als unerwünschten Wettbewerber?

     

    Antwort: Es gibt sehr viele SARS-CoV-2-Infizierte, die zusätzlich zum Praxisalltag versorgt werden müssen. Die meisten Praxen sind sehr gut ausgelastet und sind froh darüber, dass wir die niedrigschwelligen Tests übernehmen. Natürlich ist eine ärztliche Diagnose qualitativ etwas ganz anderes als ein Schnelltest in der Apotheke.

     

    Frage: Werfen wir noch einen Blick in die Zukunft. Könnten Sie sich auch vorstellen, als Apotheker gegen COVID-19 zu impfen?

     

    Antwort: Vorstellbar ist das schon, aber es wird technisch nicht umsetzbar sein. Zwar können in Nordrhein nun einige Apotheken gegen Grippe impfen, doch den Grippeimpfstoff gibt es schon seit Langem. Damit hat man große Erfahrung. Der COVID-Impfstoff basiert auf einer ganz anderen Technologie. Er wurde im Schnellverfahren entwickelt und bisher nur bedingt zugelassen. Er wird aus Sicherheitsgründen sicherlich nicht in die Hände von Apothekern kommen. Außerdem haben die wenigsten Apotheken einen Kühlschrank, der bei minus 70 Grad kühlt.

    Quelle: Ausgabe 03 / 2021 | Seite 2 | ID 47061320