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  • · Fachbeitrag · Interview

    Bürokratie lässt sich mit klaren Zuständigkeiten und standardisierten Prozessen meistern

    | Julia Wittwer ist Steuerberaterin mit Erfahrung im Gesundheitsbereich und kennt die bürokratischen Fallstricke des Apothekenalltags. Im Interview mit AH-Autorin Constanze Elter spricht sie über unnötige Zeitfresser, die Rolle der digitalen Buchhaltung und warum Qualitätsmanagement mehr ist als nur ein Ordner im Regal. |

     

    Frage: Mit welchen besonderen bürokratischen Herausforderungen sehen sich Apotheken heutzutage konfrontiert?

     

    Antwort: Apotheken sehen sich einer Reihe äußerst komplexer und sich ständig ändernder Regelwerke gegenüber. Neben den klassischen Themen wie der Rezeptabrechnung oder der Lagerdokumentation gewinnen insbesondere die Digitalisierung, der Datenschutz, die Arzneimittelsicherheit und die Einhaltung von Rabattverträgen zunehmend an Bedeutung. Die sich ständig verändernden gesetzlichen Vorgaben stellen dabei zusätzliche Herausforderungen dar. Apotheken müssen sich daher kontinuierlich anpassen, um rechtskonform zu bleiben. Oft wird unterschätzt, wie viel Zeit das alles in Anspruch nimmt.

     

    Frage: Können Sie ein Beispiel für den häufig unterschätzten Zeitaufwand in den Prozessen einer Apotheke nennen?

     

    Antwort: Betrachten wir die Rezepte. Einige Apotheker haben ein kontinuierliches Vier-Augen-Prinzip eingeführt, um Rezepte vor der Weiterleitung noch einmal zu kontrollieren. Andere machen das einmal im Monat. Der Aufwand ist bei einer monatlichen Kontrolle einfach viel größer, als wenn man diese Aufgabe in den Arbeitsalltag integriert. Wir empfehlen, solche zusätzlichen organisatorischen Aufgaben an das Team weiterzugeben oder dafür Mitarbeiter abzustellen.

     

    Frage: Gibt es denn aktuell ‒ auch mit Blick auf die Organisation ‒ gesetzliche Vorgaben, die besonders hervorzuheben sind?

     

    Antwort: Die datenschutzrechtlichen Bestimmungen werden immer wichtiger. Als Apotheker bin ich angehalten, die zu dokumentierenden Daten auf das Minimum zu begrenzen, also wirklich nur das zu erfassen, was gesetzlich oder fachlich erforderlich ist. Ich muss die Zweckbindung einhalten, d.  h., personenbezogene Daten dürfen wirklich nur für den vorgesehenen Zweck verwendet werden, beispielsweise für die Beratung oder die Rezeptabrechnung. Außerdem muss ich dafür sorgen, dass Zugriffsbeschränkungen eingerichtet sind, sodass nur befugtes Personal auf diese sensiblen Daten zugreifen kann. Generell muss ich sicherstellen, dass von außen keine Zugriffe möglich sind, also dass die Datensicherheit gewährleistet ist.

     

    Frage: Kommen wir noch einmal auf das Thema Dokumentation zurück. Welche praktischen Tipps geben Sie den Apothekern unter Ihren Mandanten, um diese Dokumentationspflicht effizienter zu erfüllen, ohne die Qualität der Arbeit zu beeinträchtigen?

     

    Antwort: Der Schlüssel liegt in klaren Zuständigkeiten. Es sollten standardisierte Prozesse aufgesetzt werden, die regeln, was wann zu erledigen ist. Um nicht am Ende des Monats vor einem Haufen organisatorischer Arbeiten zu stehen, ist es auch hilfreich, feste regelmäßige Zeiträume in den Dienstplan zu schreiben, in denen diese Aufgaben erledigt werden. Das Team sollte dabei kontinuierlich einbezogen und geschult werden. Es ist außerdem ratsam, sich den Arbeitsablauf mit dem Team anzusehen und dann eine individuelle Checkliste anzufertigen, um herauszufinden, welche To-dos für einzelne Arbeitsschritte bzw. Prozesse sinnvoll sind.

     

    Frage: Welche Rolle sollten digitale Tools dabei spielen?

     

    Antwort: Als Steuerberaterin spielt für mich die Digitalisierung rund um die Buchhaltung natürlich eine große Rolle. Inzwischen gibt es zahlreiche Tools, mit denen Rechnungen dem Steuerberater direkt digital zur Verfügung gestellt werden können. Das spart Apothekern definitiv viel Zeit und Kosten, wenn die Prozesse klar definiert sind. Wenn eine Rechnung eingeht, wird sie eingescannt oder ‒ wenn sie per E-Mail kommt ‒ direkt weitergeleitet. Klare Prozesse rund um die Belegverarbeitung schaffen somit große Vorteile im Apothekenalltag.

     

    Frage: Wenn wir nun noch etwas tiefer in das Thema Qualitätsmanagement einsteigen: Welche Schritte sind hier am wichtigsten, um ein effektives Qualitätsmanagementsystem zu etablieren?

     

    Antwort: Ein Qualitätsmanagementsystem bringt nicht nur mehr Dokumentation mit sich, sondern vor allem auch mehr Klarheit ‒ sofern es richtig umgesetzt wird. Es passieren weniger Fehler. Das sorgt langfristig natürlich auch für mehr Wirtschaftlichkeit. Dafür ist eine klare Struktur notwendig. Es müssen Ziele definiert werden: Was möchte ich mit einem Qualitätsmanagementsystem in meiner Apotheke erreichen? Welche Prozesse möchte ich standardisieren? Wer ist für das Qualitätsmanagementsystem verantwortlich? Dafür sollte ein Mitarbeiter benannt werden, der die Federführung übernimmt. Anschließend sollte das System in den Alltag integriert und regelmäßig gepflegt werden. Es ist wichtig, das gesamte Team mit einzubinden, damit am Ende nicht einfach ein Qualitätsmanagementhandbuch als Ordner im Regal steht. Es muss ein Qualitätsmanagement aufgesetzt werden, das in den Alltag passt und gelebt werden kann.

     

    Weiterführende Hinweise

    • QM ‒ vom Fluch zum Segen: Theoretische Vorgaben mithilfe von Arbeitsblättern praktisch umsetzen, in AH 07/2025, Seite 2
    Quelle: Ausgabe 11 / 2025 | Seite 7 | ID 50453973