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  • · Fachbeitrag · Betriebswirtschaftliche Apothekensteuerung

    Kennzahlen für Apotheken ‒ welche und warum?

    von Prof. Dr. Hendrik Schröder, Universität Duisburg-Essen

    | Kennzahlen eignen sich nicht nur für eine Bestandsaufnahme der eigenen Apotheke, sondern auch, um Längsschnittanalysen durchzuführen: Wie hat sich die Apotheke im letzten Monat, im letzten Jahr oder in den letzten drei Jahren entwickelt? So lassen sich Schwachpunkte identifizieren, wie z. B. der überproportionale Anstieg bestimmter Kosten, oder Stärken erkennen, wie z. B. die Zunahme von Stammkunden. Des Weiteren lassen sich Kennzahlen für Querschnittanalysen einsetzen (Benchmarking, Betriebsvergleiche). Aber welche Kennzahlen helfen der Apotheke nun wirklich weiter? |

    Quantitative und qualitative Größen

    Um eine Apotheke analysieren und bewerten, sie steuern und kontrollieren zu können, stehen viele Kennzahlen zur Verfügung. Man kann sie in quantitative und qualitative Größen unterteilen. Quantitative Größen sind direkt messbar, z. B. in Mengen-, Zeit- oder Geldeinheiten. Qualitative Größen sind nicht direkt messbar, wie z. B. Convenience, Zufriedenheit und Einstellungen. Um solche Größen messen zu können, sind Beobachtungen und Befragungen erforderlich, für die geeignete Messapparate und Skalen auszuwählen sind.

     

    Viele quantitative Größen sind inhaltlich miteinander verbunden. So ergibt sich aus der Differenz von Umsatz und Kosten der Gewinn, aus der Differenz von Umsatz und Wareneinsatz der Rohertrag sowie aus dem Quotienten von Gewinn und Umsatz die Umsatzrendite. Viele qualitative Größen weisen ebenfalls Beziehungen auf. So kann mehr Convenience zu mehr Zufriedenheit führen und mehr Zufriedenheit zu besseren Einstellungen. Schließlich können auch qualitative mit quantitativen Größen verbunden sein: Mehr Kunden- und mehr Mitarbeiterzufriedenheit können zu mehr Umsatz und möglicherweise kann mehr Umsatz auch zu mehr Mitarbeiterzufriedenheit führen.

     

    MERKE | Wer qualitative Größen ignoriert, vernachlässigt die Ursachen des Erfolgs bzw. Misserfolgs. Wenn der Umsatz sinkt und die Ursachen nicht bekannt sind, wie z. B. eine gesunkene Kundenzufriedenheit oder eine niedrige Convenience, wird die Steuerung der Apotheke zum Flug ohne Instrumente und ohne Sicht. Dann kann es manchmal schon zu spät sein.

     

    Systematischer Umgang mit Kennzahlen ist hilfreich

    Eine Systematik kann hilfreich sein, um Ordnung in die Kennzahlen und so in den Umgang mit ihnen zu bringen. Hier bestehen verschiedene Möglichkeiten:

     

    • Kennzahlen können nach den Instrumenten des Marketings zusammengefasst werden. Unter Marketing ‒ exakt müsste es hier Absatzmarketing heißen ‒ sind alle Instrumente zu verstehen, um die Verhaltensweisen der aktuellen und potenziellen Kunden im Sinne der Ziele der Apotheke zu beeinflussen. Es gibt spezielle Kennzahlen für den Standort, das Sortiment, den Preis, die Warenpräsentation, die Werbung usw. So lassen sich diese Fragen beantworten: Was kosten die einzelnen Maßnahmen und welche Wirkungen lassen sich mit ihnen erzielen?

     

    • Kennzahlen können nach den Einsatzfaktoren gebildet werden: Ware, Personal, Fläche, Kapital etc. Die zentralen Fragen lauten hier: In welcher Relation stehen die Kosten der einzelnen Einsatzfaktoren zueinander und wie entwickeln sich diese Kosten?

     

    • Betrachtet man Größen, die für den Vertrieb relevant sind, z. B. Apotheken (Hauptapotheke, Filialen), Absatzkanäle (stationär, online) und Kunden, lässt sich z. B. erkennen, welche Potenziale an einzelnen Standorten, in einzelnen Kanälen oder bei einzelnen Kundengruppen vorhanden sind.

     

    • Schließlich lässt sich der Gesamterfolg der Apotheke nach mehreren Größen aufschlüsseln. Verwendet werden können z. B.
      • die Gewinn- und Verlustrechnung,
      • das DuPont-Schema, das die Einflussgrößen des Return on Investment (Gesamtkapitalrentabilität) abbildet, und
      • die Berechnung des Leverage-Effekts, der die Auswirkung der Verschuldung auf die Eigenkapitalrentabilität untersucht.

     

      • Beispiel

      Bei der Betrachtung des Gesamterfolgs einer Apotheke sind zunächst der Umsatz und die Kosten zu ermitteln. Bei den Umsätzen dürfte in einem weiteren Schritt interessant sein, welchen Anteil verschreibungspflichtige, nicht verschreibungs-, aber apothekenpflichtige und frei verkäufliche Arzneimittel sowie das apothekenübliche Ergänzungssortiment haben. Bei den Kosten bieten sich verschiedene Perspektiven für weitergehende Betrachtungen an, z. B.

      • a) die Unterteilung in Warenkosten und Handlungskosten (worunter sämtliche Kosten fallen, die keine Warenkosten sind),
      • b) die Betrachtung von variablen und fixen Kosten oder
      • c) die Betrachtung von Einzelkosten und Gemeinkosten.

       

      Wenn man diese drei Perspektiven anwendet, gelangt man immer zu demselben Endergebnis ‒ also Gewinn oder Verlust. Es zeigen sich, je nach Bedarf, aber unterschiedliche Ansatzpunkte für die Analyse:

       

      • a) Gewinn = Umsatz ./. Warenkosten ./. Handlungskosten
      • b) Gewinn = Umsatz ./. variable Kosten ./. fixe Kosten
      • c) Gewinn = Umsatz ./. Einzelkosten ./. Gemeinkosten

       

      Wer daran interessiert ist, zu erfahren, welchen Rohertrag seine Apotheke erwirtschaftet, wird die erste Sichtweise einnehmen. Wer wissen möchte, welche Kosten er abbauen kann oder welche Kosten sich durch seine Entscheidungen verändern, die zweite. Und wen interessiert, welchen Warengruppen oder Kunden welche Kosten als Einzelkosten zugerechnet werden können, die dritte.

       

    FAZIT | Welche Kennzahlen interessant sind, hängt von der Fragestellung ab, die man beantworten möchte.

     
    Quelle: Ausgabe 11 / 2023 | Seite 7 | ID 49662673