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  • · Fachbeitrag · Beratung in der Apotheke

    Das geht unter die Haut: Bei Kunden mit Hautproblemen ist besondere Sensibilität gefragt

    von Dr. Doortje Cramer-Scharnagl, Edewecht

    | Allein in Deutschland sind rund zehn Mio. Menschen von einer chronischen Hauterkrankung betroffen. Die Zielgruppe „Menschen mit Hautproblemen“ ist nicht nur hinsichtlich der soziodemografischen Daten heterogen, sondern auch in Bezug auf ihre Anliegen: Das Spektrum reicht von Sonnenschutz für sensible Haut über die Selbstbehandlung von Mykosen bis hin zur Hautpflege bei schwerer Neurodermitis. Diese Spannbreite macht die Apothekenberatung bei Hautproblemen ebenso anspruchsvoll wie abwechslungsreich. |

    Hautpatienten sind besondere Kunden

    Studien gehen davon aus, dass etwa 20 bis 40 Prozent aller dermatologischen Patienten zusätzlich unter psychosomatischen Beschwerden oder einer psychischen Erkrankung, z. B. einer Angststörung oder Depression, leiden. Reaktionen aus dem Umfeld auf sichtbare Hautveränderungen ‒ wie Vorurteile, Angst vor „Ansteckung“, Ekel und Stigmatisierung ‒ können bei den Betroffenen zu starken Belastungen und sozialem Rückzug führen. Im Umgang mit diesen Patienten ist aufgrund dieser mehrfachen Herausforderungen oftmals ein besonderes Maß an Sensibilität und Feingefühl erforderlich.

    Empfangen Sie Hautpatienten mit „offenen Armen“

    Menschen, die sich in ihrer Haut nicht wohlfühlen, sind oftmals verunsichert. Das kann daran liegen, dass Hautprobleme neu aufgetreten sind oder die Patienten mit einer Therapie nicht zurechtkommen. Gerade bei Anfangssymptomen prasseln gut gemeinte Ratschläge und Tipps zu Hausmitteln aus dem Umfeld nur so auf die Betroffenen ein. Die vielfältigen und oft unpassenden Informationen von „Dr. Google“ machen die Verwirrung komplett. Wer in die Apotheke kommt, hofft demgegenüber auf klare Hilfestellung und möchte Sicherheit gewinnen. Die Aufgabe der Apothekenmitarbeiter besteht dann darin, qualifizierte individuelle Empfehlungen zu geben und dabei verbal und nonverbal Sicherheit zu vermitteln. So legen sie die Grundlage für eine gute Beratung:

     

    • Aufrechte, entspannte und zugewandte Haltung
    • Freundlicher, direkter Blickkontakt und feste Stimme
    • Empathische Grundeinstellung, positive Formulierungen
    • Ruhige, strukturierte Gesprächsführung, auch bei Hektik in der Offizin
    • Gezielte Fragen
    • Wiederholung der wichtigsten Aussagen und Probleme des Kunden (aktives Zuhören)
    • Überzeugende Erklärungen und Empfehlungen
    • Ggf. das Angebot zusätzlichen Informationsmaterials zum Krankheitsbild
    • Ggf. Empfehlung weiterer Unterstützungsangebote von Selbsthilfegruppen und Patientenorganisationen

     

    PRAXISTIPP | Wer sich als Hautpatient in Ihrer Apotheke aufgefangen und angenommen fühlt, wird Sie auch bei anderen Krankheiten als vertrauenswürdigen Partner ansprechen und weiterempfehlen.

     

    Beratungsschwerpunkt Kosmetik und Hautpflege

    Beim Beratungsschwerpunkt „Haut“ spielen nicht nur akute und chronische Hautkrankheiten eine Rolle. Auch Kosmetik und Hautpflege sind schon seit Langem wichtige Bestandteile des Apothekensortiments. Viele Kunden bevorzugen für die alltägliche Hautpflege eine professionelle Apothekenberatung, z. B. bei Rasurbrand, unreiner Haut, Pigmentveränderungen oder ersten Fältchen ‒ oder zur Prävention solcher Probleme. In vielen Fällen ist es empfehlenswert, zu Beginn den Hautzustand mit einem professionellen Hautanalysegerät zu untersuchen. So können Sie den Fett- und Feuchtigkeitsgehalt sowie den pH-Wert der Haut (je nach Gerät auch andere Parameter) zuverlässig ermitteln und entsprechend gezielte Empfehlungen aussprechen.

     

    PRAXISTIPP | Achten Sie beim Kauf eines Hautanalysegeräts auf eine einfache Bedienung und kurze Messzeiten. Wenn Sie kein eigenes Gerät anschaffen möchten, können Sie die Angebote verschiedener Firmen zu Hautberatungstagen in Ihrer Apotheke nutzen ‒ natürlich mit entsprechenden Werbemaßnahmen!

     

    Beachten Sie | Mit dem Angebot, nach einigen Wochen eine erneute Analyse in Ihrer Apotheke durchführen zu lassen, binden Sie die Kunden und unterstreichen Ihre Fachkompetenz, indem das Ergebnis Ihrer Empfehlungen überprüfbar wird.

    Bei unklaren Beschwerden nachfragen

    Bei der Suche nach den Ursachen neu aufgetretener Hautprobleme ist ein Hautanalysegerät jedoch nicht die alleinige Lösung. Manchmal ist regelrechtes detektivisches Gespür gefragt:

     

    • War die Haut großer Kälte oder viel Sonne ausgesetzt?
    • Hat der Kunde das Waschmittel gewechselt?
    • Legt die Kundin ihre heiße Wärmflasche immer direkt auf die Haut?
    • Gab es Kontakt mit phototoxischen oder anderweitig reizenden Pflanzen, z. B. mit Thuja oder Wolfsmilchgewächsen?
    • Standen außergewöhnliche Speisen, Getränke oder Zutaten auf dem Speiseplan?

     

    PRAXISTIPP | Fragen Sie Ihre Kunden stets auch nach ihren bisherigen Hautpflegegewohnheiten und berücksichtigen Sie bei Ihrer Empfehlung eines Präparats möglichst deren Vorlieben ‒ beispielsweise, wenn eine Wahlmöglichkeit zwischen Salbe, Gel und Spray besteht. Umso größer wird die Compliance sein. Begründen Sie Ihre Ratschläge mit fachlichen Informationen, z. B., indem Sie die Funktion bestimmter Inhaltsstoffe erläutern.

     

    Beachten Sie | Unter Umständen kann es empfehlenswert sein, bestimmten Kunden einen Termin beim Hautarzt nahezulegen. Oft ist die Wartezeit für einen Termin dort lang. Weisen Sie bei Bedarf auf die Möglichkeit eines Online-Hautchecks verschiedener Krankenkassen hin.

    Die große Welt der Hautkrankheiten und -probleme

    Neurodermitis, Psoriasis, Akne, Warzen, Fußpilz, Lippenherpes, Wundversorgung, Pflasterallergie, Toasted-Skin-Syndrom, die besondere Hautpflege bei Diabetes oder vor und nach Operationen: Die Haut als unser größtes Organ kann auf verschiedenste Weise Probleme bereiten oder besondere Aufmerksamkeit erfordern. Neben der oben beschriebenen Grundhaltung, die Sicherheit gibt und Kompetenz vermittelt, sind folgende Tipps bei allen Krankheitsbildern hilfreich:

     

    • Fragen Sie auch bei regelmäßig angewendeten Präparaten gelegentlich nach, wie der Patient (inzwischen) damit zurechtkommt.
    • Gehen Sie auch auf Nebeneffekte der Erkrankung ein, z. B. auf die starken Schmerzen, die Akne mit sich bringen kann, oder auf Schlaflosigkeit und Konzentrationsprobleme bei Neurodermitis.
    • Zusatzempfehlungen wie Komplexmittelhomöopathika oder Nahrungsergänzungsmittel können die Therapie sinnvoll ergänzen.
    • Berücksichtigen Sie die zum Teil hohen Kosten, die Patienten mit chronischen Hauterkrankungen tragen müssen, und empfehlen Sie auch günstige Präparate.
    • Geben Sie Tipps, wie Ihre Kunden ihre Hautgesundheit selbst unterstützen können, z. B. durch Stressbewältigungsmaßnahmen.
    • Produktproben sind in der Beratung bei Hautproblemen sehr wichtig! Sparen Sie nicht daran, suchen Sie aber sorgfältig die passenden Proben aus.

    Tipps für das Kompetenzprofil Ihrer Apotheke

    Heben Sie Ihre unabhängige, qualifizierte Hautberatung mit maßgeschneiderten Konzepten hervor:

     

    • Werben Sie mit einer qualifizierten pharmazeutischen Hautberatung. Damit sich die Kunden darunter etwas vorstellen können, nennen Sie Beispiele (z. B. Sonnenschutz, Anti-Aging, Wundversorgung, Allergien, chronische/akute Hauterkrankungen).
    • Machen Sie deutlich, dass Sie firmenunabhängig beraten.
    • Lassen Sie Ihre Mitarbeiter regelmäßig an Fortbildungen teilnehmen und kommunizieren Sie dies.
    • Bieten Sie individuell abgestimmte Pflegekonzepte an, die auf Wunsch schriftlich festgehalten werden.
    • Stellen Sie heraus, dass Sie Individualrezepturen anfertigen, und weisen Sie ggf. auf eigene Rezepturen hin.
    • Nutzen Sie Veranstaltungen (z. B. Hautanalysen durch Firma XY, Vorträge) und Aktionstage wie den Welt-Psoriasis-Tag am 29. Oktober als Anlass für Ihre Marketingmaßnahmen.
    Quelle: Ausgabe 10 / 2025 | Seite 9 | ID 50376225