06.05.2010 · IWW-Abrufnummer 101383
Finanzgericht München: Urteil vom 08.12.2009 – 13 K 2305/07
1. Die Ermäßigung nach § 33a Abs. 1 EStG für Unterhaltszahlungen an Kinder steht dem Steuerpflichtigen schon dann nicht zu, wenn zwar nicht er, aber eine andere Person im Veranlagungszeitraum Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder auf Kindergeld für die unterhaltene Person hat.
2. Dass Kosten des getrennt lebenden Elternteils für Besuche des Kindes durch den Familienleistungsausgleich abgegolten sind, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
3. Scheidungsfolgekosten sind auch dann nicht als zwangsläufig anzusehen, wenn ein Ehegatte die Aufnahme von Scheidungsfolgesachen in den Scheidungsverbund nicht verhindern kann, weil der andere Ehegatte dies beantragt. Denn nach dem derzeit geltenden Familienrecht können die Scheidungsfolgesachen (außer dem Versorgungsausgleich) wie die Auseinandersetzung über das gemeinsame Vermögen, Ehegatten- und Kindesunterhalt, Umgangs- und Sorgerecht auch ohne Mitwirkung des Familiengerichts geregelt werden.
4. Die zumutbare Belastung bestimmt sich nach § 33 Abs. 3 EStG mit einem Prozentsatz des Gesamtbetrags der Einkünfte. Dies ist verfassungsgemäß, soweit dem Steuerpflichtigen ein verfügbares Einkommen verbleibt, das über dem Existenzminimum liegt.
FG München v. 08.12.2009
13 K 2305/07
Tatbestand
Gründe:
Streitig ist, ob außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden können.
I.
Der Kläger lebt seit Mitte 2003 von seiner Ehefrau dauernd getrennt. Seit […] 2006 ist die Ehe geschieden. Für die beiden gemeinsamen Kinder [… A] (geboren […] 1999) und [… B] (geboren […] 2002) bestand im Streitjahr Anspruch auf Kindergeld. Der Kläger veräußerte mit notariellem Vertrag [… im Jahr] 2004 die in seinem Alleineigentum stehende Eigentumswohnung, die bis zur Trennung der Ehegatten gemeinsam genutzt wurde, und zog in eine günstigere Mietwohnung um. Die Ehefrau lebt seit der Trennung mit den gemeinsamen Kindern in Norddeutschland.
In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2005 machte der Kläger Aufwendungen in Höhe von 11.215 EUR als außergewöhnliche Belastungen geltend und zwar: Scheidungskosten in Höhe von 2.261 EUR, Fahrtkosten zur Kontaktpflege mit den Kindern in Höhe von 1.379 EUR, Kosten für den Sorgerechtsstreit in Höhe von 2.062 EUR, Unterhaltszahlungen für die gemeinsamen Kinder in Höhe von 4.980 EUR, Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Verkauf der Eigentumswohnung in Höhe von 291 EUR sowie Krankheitskosten in Höhe von 242 EUR. Der Beklagte – das Finanzamt (FA) – ließ im Einkommensteuerbescheid 2005 vom 20. September 2006 von diesen geltend gemachten Aufwendungen lediglich die Scheidungskosten in Höhe von 2.261 EUR, die Kosten für den Sorgerechtsstreit in Höhe von 2.062 EUR und die Krankheitskosten in Höhe von 242 EUR als außergewöhnliche Belastungen zum Abzug zu (Summe: 4.565 EUR). Die zumutbare Eigenbelastung wurde mit 1.414 EUR berücksichtigt.
Der dagegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg. Nachdem das FA die Verböserung angekündigt hatte, kürzte es die bisher anerkannten Kosten für den Sorgerechtsstreit teilweise um Fahrtkosten zum Institut für Gerichtspsychologie in Höhe von 53 EUR, da es der Auffassung war, dass die zurückgelegte Fahrtstrecke 780 km und nicht wie geltend gemacht 810 km betrage. Das FA erhöhte dementsprechend die Einkommensteuerfestsetzung für 2005 in der Einspruchsentscheidung vom 29. Mai 2007 und wies im Übrigen den Einspruch als unbegründet zurück. Die Unterhaltsleistungen für die gemeinsamen Kinder A und B […] könnten nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden, da für die gemeinsamen Kinder ein Anspruch auf Kinderfreibetrag oder Kindergeld bestehe. Die Fahrtkosten zur Kontaktpflege seien nicht abzugsfähig, da die Aufwendungen für die nicht im eigenen Haushalt lebenden Kinder durch das Kindergeld oder den Kinderfreibetrag abgegolten würden und deshalb nicht außergewöhnlich seien. Die Kosten aus dem Verkauf der Eigentumswohnung seien nicht außergewöhnlich, denn mit derartigen Aufwendungen habe jeder Steuerpflichtige zu rechnen, der eine Immobilie veräußere. Das FA berücksichtigte demgemäß noch Aufwendungen in Höhe von 4.512 EUR als außergewöhnliche Belastungen. Die zumutbare Eigenbelastung errechnete das FA mit 1.414 EUR (3% von 47.143 EUR).
Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, die Aufwendungen für die Besuchsfahrten, den Unterhalt und den Verkauf der Eigentumswohnung als außergewöhnliche Belastungen zum Abzug zuzulassen und die außergewöhnlichen Belastungen nicht durch eine zumutbare Belastung zu kürzen. Die Aufwendungen für die Unterhaltsleistungen an die gemeinsamen Kinder seien als außergewöhnliche Belastungen zum Abzug zuzulassen. Zwar sei Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit dieser Aufwendungen gemäß § 33a Abs. 1 EStG, dass weder der Steuerpflichtige noch eine andere Person Anspruch auf einen Kinderfreibetrag habe. Da der Kläger im Streitjahr aufgrund der mit der Trennung entstandenen zusätzlichen Belastungen nicht in der Lage gewesen sei, den Regelunterhalt zu zahlen, habe die Ehefrau auf eine Unterhaltsklage verzichtet. Da vom Kläger Mangelunterhalt geltend gemacht worden sei, habe er seinen Anspruch auf Kindergeld beziehungsweise auf den zumindest anteiligen Kinderfreibetrag verloren. Im Ergebnis bedeute dies, dass er seit dem Streitjahr Unterhaltszahlungen im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten leiste, jedoch keinen Anspruch mehr auf den ihm grundsätzlich zustehenden hälftigen Kinderfreibetrag habe. Im Streitfall sei deshalb seine Leistungsfähigkeit durch die geleisteten Unterhaltszahlungen vermindert. Eine steuerliche Entlastung, wie sie vom Bundesverfassungsgericht grundsätzlich in derartigen Fällen vorgesehen sei, könne jedoch aufgrund der speziellen rechtlichen und wirtschaftlichen Situation nicht erfolgen. Eine Versagung des Abzugs der geleisteten Unterhaltszahlungen würde deshalb im Widerspruch zu den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätzen und Vorgaben stehen. Die Kosten für die Besuchsfahrten zur Kontaktpflege seien als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen; dies zeige das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 20. Februar 2006 (Az. 2 K 3058/04). Die Kosten aus dem Verkauf der Eigentumswohnung seien als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig. Diese Kosten seien aufgrund der privaten Situation und der Scheidung zwangsläufig entstanden. Nach der Trennung von der Ehefrau hätten sich zusätzliche Kosten ergeben und außerdem habe sich sein Arbeitslohn wegen der Streichung des Kinderzuschlages vermindert. Bei einem monatlichen Nettoarbeitslohn von circa 2.600 EUR sei ein schnellstmöglicher Verkauf der Eigentumswohnung zwingend erforderlich gewesen. Aus diesem Notverkauf sei ein Veräußerungsverlust entstanden. Mit genügend Zeit für den Verkauf wäre mit großer Wahrscheinlichkeit dieser Verlust vermieden worden. Um die monatlichen Kosten weiter zu reduzieren, sei der Umzug in eine günstigere Wohnung zwangsläufig erforderlich gewesen. Da diese Kosten im Zusammenhang mit der Scheidung ständen, seien sie sowohl der Höhe als auch dem Grunde nach als außergewöhnlich anzusehen. Soweit das FA eine Abzugsfähigkeit mit der so genannten Gegenwerttheorie ablehne, sei dies nicht zutreffend. Da das Einkommen des Klägers für das Streitjahr unter dem gebotenen Existenzminimum liegen würde, käme der Abzug einer zumutbaren Belastung nicht in Betracht.
Der Kläger beantragt
unter Änderung des Einkommensteuerbescheids für 2005 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 29. Mai 2007 weitere Aufwendungen in Höhe von 6.650 EUR als außergewöhnliche Belastungen zum Abzug zuzulassen sowie eine zumutbare Eigenbelastung in Höhe von 1.414 EUR nicht zu berücksichtigen und die Einkommensteuer entsprechend festzusetzen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das Finanzamt beantragt
die Klageabweisung.
Das Finanzamt verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die ausgetauschten Schriftsätze verwiesen.
Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Gründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
1. Das FA hat zu Recht die Aufwendungen für die Unterhaltszahlungen an die beiden Kinder in Höhe von 4.980 EUR nicht als außergewöhnliche Belastungen zum Abzug zugelassen.
Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG i.d.F. des Streitjahres 2005 auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zu 7.680 EUR im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Voraussetzung ist, dass weder der Steuerpflichtige noch eine andere Person Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld für die unterhaltene Person hat und die unterhaltene Person kein oder nur ein geringes Vermögen besitzt (§ 33a Abs. 1 Satz 3 EStG). Die Ermäßigung nach § 33a Abs. 1 EStG steht dem Steuerpflichtigen folglich schon dann nicht zu, wenn zwar nicht er, aber eine andere Person im Veranlagungszeitraum Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder auf Kindergeld für die unterhaltene Person hat ( BFH-Urteile vom 22. August 1996 III R 105/93 , BFH/NV 1997, 282; vom 19. Mai 2004 III R 28/02, BFH/NV 2004, 1631; Schmidt/Loschelder, EStG, 28. Aufl. 2009, § 33a Rz. 11 m.w.N.).
Unstreitig haben damit im Streitfall die Voraussetzungen des § 33a Abs. 1 EStG schon deshalb nicht vorgelegen, weil – wie auch der Kläger vorträgt – für die Kinder ein Anspruch auf Kindergeld bestand. Da es nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut allein darauf ankommt, dass ein Anspruch auf Kindergeld besteht, ist es ohne Bedeutung, dass die Ehefrau des Klägers, die Mutter der Kinder, das Kindergeld erhalten hat, nicht aber der Kläger. Im Übrigen wurde das Einkommen des Klägers in der angegriffenen Einkommensteuerfestsetzung für 2005 – zu Recht – um die Kinderfreibeträge für zwei Kinder vermindert.
2. Das FA hat zu Recht die Aufwendungen für die Fahrten zur Kontaktpflege zu den Kindern in Höhe von 1.379 EUR nicht als außergewöhnliche Belastungen zum Abzug zugelassen.
Nach § 33 Abs. 1 EStG wird auf Antrag die Einkommensteuer ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Die Aufwendungen entstehen gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG zwangsläufig, wenn der Steuerpflichtige sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (Zwangsläufigkeit dem Grunde nach) und soweit sie den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (Zwangsläufigkeit der Höhe nach).
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Aufwendungen außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die typischen Aufwendungen der Lebensführung sind dagegen ungeachtet ihrer Höhe im Einzelfall aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen. Sie werden durch den Grundfreibetrag (§ 32a EStG) berücksichtigt (z.B. BFH-Urteil vom 10. Mai 2007 III R 39/05, BStBl II 2007, 764). Familienbedingte Aufwendungen sind ab 1996 durch die Regelungen des Familienleistungsausgleichs (im Streitjahr 2005 Kinderfreibetrag oder Kindergeld – § 32 Abs. 6, § 31 EStG –) abgegolten (BFH-Urteil vom 27. September 2007 III R 28/05, BStBl II 2008, 287). Zu den nicht außergewöhnlichen, bei typisierender Betrachtungsweise abgegoltenen Aufwendungen gehören in der Regel die Kosten für Fahrten, um nahe Angehörige zu besuchen, es sei denn, die Fahrten werden ausschließlich zum Zwecke der Heilung oder Linderung einer Krankheit unternommen. Durch die Regelungen des Familienleistungsausgleichs sind nach der Rechtsprechung des BFH auch die Kosten eines alleinstehenden Elternteils für Wochenendfahrten zu einem von ihm getrennt lebenden Kind in Erfüllung der elterlichen Pflicht zur Personensorge abgegolten. Die Entscheidung des Gesetzgebers, dass Kosten des getrennt lebenden Elternteils für Besuche des Kindes durch den Familienleistungsausgleich abgegolten sind, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BFH-Urteil in BStBl II 2008, 287; Schmidt/Loschelder, EStG, 28. Aufl. 2009, § 33 Rz. 35 Stichwort: Kinder).
Soweit sich der Kläger auf die Grundsätze des Urteils des Hessischen Finanzgerichts vom 20. Februar 2006 (2 K 3058/04, EFG 2006, 1249) beruft, vermag der erkennende Senat dieser Argumentation nicht zu folgen. Im Übrigen wurde dieses Urteil auf die Revision in Übereinstimmung mit der ständigen BFH-Rechtsprechung vom BFH aufgehoben (durch BFH-Urteil vom 27. September 2007 III R 30/06, BFH/NV 2008, 539).
3. Das FA hat zu Recht die Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Verkauf der Eigentumswohnung in Höhe von 291 EUR nicht als außergewöhnliche Belastungen zum Abzug zugelassen.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist für die Entscheidung, ob Aufwendungen zwangsläufig i.S. des § 33 EStG angefallen sind, auf die wesentliche Ursache abzustellen, die zu den Aufwendungen geführt hat. Liegt diese in der vom Einzelnen gestaltbaren Lebensführung, kommt ein Abzug nicht in Betracht (BFH-Urteil vom 18. März 2004 III R 31/02, BStBl II 2004, 867). Bei den Kosten eines Zivilprozesses spricht nach der ständigen Rechtsprechung des BFH eine Vermutung gegen deren Zwangsläufigkeit (BFH-Urteil vom 18. März 2004 III R 24/03, BStBl II 2004, 726). Durch Ehescheidungsverfahren entstandene Prozesskosten hat der BFH in seiner neueren Rechtsprechung nur dann als zwangsläufig betrachtet, wenn es sich um die Kosten handelt, die aus dem Gerichtsverfahren für die Scheidung und den Versorgungsausgleich als den sog. Zwangsverbund i.S. des § 623 Zivilprozessordnung (ZPO) resultieren. Alle weiteren mit der Ehescheidung zusammenhängenden Prozesskosten für die Scheidungsfolgesachen sind dagegen nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar. Denn nach dem derzeit – auch für den Kläger – geltenden Familienrecht können die Scheidungsfolgesachen (außer dem Versorgungsausgleich) wie die Auseinandersetzung über das gemeinsame Vermögen, Ehegatten- und Kindesunterhalt, Umgangs- und Sorgerecht auch ohne Mitwirkung des Familiengerichts geregelt werden. Werden sie auf Antrag zusammen mit der Scheidung durch das Familiengericht entschieden, sind dadurch entstehende Prozesskosten somit nicht zwangsläufig. Die Scheidungsfolgekosten sind deshalb nach der Rechtsprechung des BFH auch dann nicht als zwangsläufig anzusehen, wenn ein Ehegatte die Aufnahme von Scheidungsfolgesachen in den Scheidungsverbund nicht verhindern kann, weil der andere Ehegatte dies beantragt (vgl. zum Ganzen BFH-Urteil vom 30. Juni 2005 III R 27/04, BStBl II 2006, 462; Schmidt/Loschelder, EStG, 28. Aufl. 2009, § 33 Rz. 35 Stichwort: Ehescheidung m.w.N.).
Ferner hat der BFH in mehreren Entscheidungen den Abzug von Aufwendungen versagt, die im Zusammenhang mit dem Erwerb oder der Veräußerung eines Grundstücks entstanden sind, weil solche Kosten typischerweise das Existenzminimum nicht berührten und deshalb steuerlich als Vorgang der normalen Lebensführung i.S. von § 12 EStG anzusehen seien (BFH-Urteile vom 19. Mai 1995 III R 12/92, BStBl 1995 II S. 774 und vom 3. März 2005 III R 12/04, BFH/NV 2005, 1287). Auch Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Löschung einer Sicherungshypothek mit dem Ziel des freihändigen Verkaufs des Grundstücks entstanden sind, gehören als Folge einer frei getroffenen Entscheidung zur Lebensgestaltung und Lebensführung und sind daher mangels Außergewöhnlichkeit und Zwangsläufigkeit nicht abziehbar (BFH-Beschluss vom 16. März 2007 III B 99/06, BFH/NV 2007, 1304). Dieselben Rechtsgrundsätze gelten für die im Streitfall geltend gemachten Kosten aus der Veräußerung der Eigentumswohnung wie die im Streitjahr geltend gemachten Gerichtskosten.
Aus diesen Rechtsgrundsätzen folgert der erkennende Senat für den Streitfall, dass der Kläger auch die Aufwendungen in Zusammenhang mit der Veräußerung der Eigentumswohnung nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehen kann. Daran ändert sich auch nichts, weil der Kläger die Eigentumswohnung verkaufen musste, um die wirtschaftlichen (Mehr-)Belastungen in Zusammenhang mit seiner Trennung und Scheidung meistern zu können. Im Übrigen ergibt sich aus diesen Rechtsgrundsätzen auch, dass das FA Kosten für die Scheidungsfolgesache Sorgerecht in Höhe von 2.009 EUR zu Unrecht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt hat.
Zwar waren nach den im Streitjahr geltenden Verwaltungsvorschriften ( BMF-Schreiben vom 25. September 1980 IV B 5 – S 2284 – 42/80 III, juris aufgehoben durch BMF-Schreiben vom 26. Februar 2007 IV C 6 – O 1000/07/0018 – DOK 2007/0088203, BStBl I 2007, 369; H 33.1-33.4 Einkommensteuerhinweise – EStH – (Scheidung) 2005) die unmittelbaren und unvermeidbaren Kosten des Scheidungsprozesses als zwangsläufig erwachsen anzusehen und ausdrücklich sind nur die Aufwendungen für die Auseinandersetzung des gemeinsamen Vermögens anlässlich der Scheidung davon ausgeschlossen. Da das FA an diese Verwaltungsvorschriften gebunden ist, musste es auch die Kosten für den Sorgerechtsstreit als außergewöhnliche Belastungen zum Abzug zulassen. Jedoch besteht für den erkennenden Senat ein Bindung an diese – nach der angegebenen BFH-Rechtsprechung unzutreffende – Verwaltungsvorschriften nicht. Das FG kann aber wegen des im finanzgerichtlichen Verfahren geltenden Verböserungsverbots keine Änderung der außergewöhnlichen Belastungen zu Lasten des Klägers vornehmen (vgl. BFH-Urteile vom 22. September 1999 XI R 98/97, BStBl 2000 II S. 115 unter II.2., und vom 17. Dezember 2008 XI R 23/08, BFH/NV 2009, 1041, unter II.2.; vom 24. Juni 2009 IV R 26/06, BStBl 2009 II S. 781 unter II.3.d).
4. Die außergewöhnlichen Belastungen wurden zu Recht um die zumutbare Belastung in Höhe von 1.414 EUR vermindert.
Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer aber bei außergewöhnlichen Belastungen nur soweit ermäßigt, dass vom Gesamtbetrag der Einkünfte der Teil der Aufwendungen abgezogen wird, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung übersteigt. Die zumutbare Belastung bestimmt sich nach § 33 Abs. 3 EStG mit einem Prozentsatz des Gesamtbetrags der Einkünfte. Die Regelung über die zumutbare Belastung hat ihre Grundlage darin, dass der Steuerpflichtige entsprechend seiner steuerlichen Leistungsf ähigkeit einen Teil der Belastung selbst tragen muss. Dies ist verfassungsgemäß, soweit dem Steuerpflichtigen ein verfügbares Einkommen verbleibt, das über dem Existenzminimum liegt (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 29. Oktober 1987 1 BvR 672/87, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung – HFR – 1989, 152, und vom 14. März 1997 2 BvR 861/92, Die Information über Steuer und Wirtschaft – Inf – 1997, 543; BFH-Urteil vom 13. Dezember 2005 X R 61/01, BStBl II BStBl 2001 II S. 2008, BStBl 2001 II S. 16 unter II.4.b).
Bei einem zu versteuernden Einkommen des Klägers von 35.644 EUR steht es nach Auffassung des erkennenden Senats außer Zweifel, dass dies über dem Existenzminimum liegt.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war nicht zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO).