22.07.2025 · IWW-Abrufnummer 249210
Landesarbeitsgericht Köln: Beschluss vom 16.06.2025 – 5 Ta 58/25
Der Vertrag zwischen einem Schiedsrichterassistenten und der DFB S GmbH über den Einsatz des Schiedsrichterassistenten in der 3. Profiliga begründet ein Arbeitsverhältnis.
Tenor: I. Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 12.02.2025 - 4 Ca 2061/24 - abgeändert: Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist zulässig. II. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 20.820 Euro festgesetzt. IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten in dem Verfahren über das Vorliegen einer Altersdiskriminierung und damit einhergehender Entschädigungs- und Schadenersatzansprüche nach §§ 15 Abs. 1 und 2 AGG.
Der bei Klageeinreichung 28-jährige Kläger ist Schiedsrichter im Fußballkreis B. Der Fußballkreis B ist eine Untergliederung des Landesverbandes Fußball-Verband Mittelrhein (FVM), der wiederum eine Untergliederung des Regionalverbandes Westdeutscher Fußballverband (WDFV) ist. Seit der Saison 2021/2022 wird der Kläger vom WDFV in der Regionalliga eingesetzt. Bei der nächsthöheren Spielklasse, der 3. Liga, handelt es sich um eine Profiliga. Ihr Spielbetrieb wird durch den Deutschen Fußballbund (DFB) organisiert. Die Beklagte ist für die Besetzung der Spiele der Profiligen der Deutschen Fußballliga einschließlich der 3. Liga des DFB mit geeigneten Schiedsrichtern zuständig. Hierfür führt sie sog. Schiedsrichterlisten. Zur Klarstellung wird darauf verwiesen, dass im Folgenden bei der Verwendung des Begriffs "Schiedsrichter" (auch) der Schiedsrichterassistent gemeint ist.
Die Aufnahme auf die Schiedsrichterliste der 3. Liga erfolgt unter anderem dadurch, dass Schiedsrichter der Regionalligen durch die Regionalverbände für sog. DFB-Schiedsrichter-Coaching-Plätze gemeldet werden. Im Rahmen dieses Coachings werden die Schiedsrichter für die Folgesaison neben den regulären Beobachtungen der Regionalverbände auch durch die Beklagte beobachtet und ihre Leistungen sowie die Persönlichkeit bewertet. Darüber hinaus werden auch die Plätze der Schiedsrichterassistenten der 3. Liga auf Vorschlag der Regionalverbände durch die Geschäftsführung der Beklagten besetzt.
Dem WDFV wurden von der Beklagten fünf DFB-SR-Coaching-Plätze und sechs Plätze für Assistenten in der 3. Liga für die Saison 2024/2025 zugewiesen. Intern wurden die Plätze auf die einzelnen Landesverbände aufgeteilt, wobei auf den FVM, dem der Kläger angehört, jeweils ein DFB-SR-Coaching-Platz und zwei Assistentenplätze in der 3. Liga entfielen. Der Verbandsschiedsrichterausschuss des FVM entschied sich dafür, den Schiedsrichter E für einen der fünf DFB-SR-Coaching-Plätze und damit auch einen der sechs Plätze als Schiedsrichterassistent in der 3. Liga vorzuschlagen. Der Kläger wurde nicht berücksichtigt.
Der Verbandsschiedsrichterausschuss des WDFV meldete sodann die fünf für die DFB-SR-Coaching-Plätze gemeldeten Schiedsrichter auch für fünf der sechs Plätze als Assistent der 3. Liga. Zudem wurde der Schiedsrichter D, der bereits in der vorherigen Saison als Schiedsrichterassistent in der 3. Liga tätig gewesen war und ebenfalls dem FVM angehört, als 6. Platz als Schiedsrichterassistent gemeldet. Alle gemeldeten Schiedsrichter wurden in der Saison 2024/2025 als Schiedsrichterassistenten in der 3. Liga eingesetzt und von der Beklagten für die DFB-SR-Coachings - mit Ausnahme des bereits in der Vorsaison tätigen D - vorgesehen.
Der zwischen einem Schiedsrichterassistenten der 3. Liga und der Beklagten geschlossene Vertrag lautet auszugsweise wie folgt (vgl. Anlage B 1, Bl. 139 d. A.):
Mit der vorliegenden Vereinbarung, die vom DFB und Vertretern der Schiedsrichter gemeinsam erarbeitet wurde, verständigen sich der DFB und der Schiedsrichter auf den Rahmen ihrer Zusammenarbeit im vorbezeichneten Bereich:
1. Grundlage der Zusammenarbeit
1.1 Grundlagen/Selbständigkeit
Zwischen den Parteien besteht Einigkeit darüber, dass die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Schiedsrichters prägend und unerlässlich für die Ausübung seiner Tätigkeit sind. Schon aus diesem Grunde sind sich die Vertragsparteien darüber einig, dass durch die vorliegende Vereinbarung zwischen ihnen kein Arbeitsverhältnis begründet werden soll und kann, da ein solches maßgeblich von der Einbindung in eine fremde Arbeitsorganisation und einer bestehenden Weisungsabhängigkeit bestimmt wäre. Dem Schiedsrichter soll vielmehr die volle Entscheidungsfreiheit bei der Verwertung seiner Arbeitskraft belassen werden. Der Schiedsrichter kann deshalb nur auf selbständiger Basis für den DFB tätig sein, was dem übereinstimmenden Willen beider Vertragsparteien entspricht.
Der Schiedsrichter ist daher zur Übernahme von Spielleitungen nicht verpflichtet. Umgekehrt besteht kein Anspruch des Schiedsrichters auf die Ansetzung von Spielleitungen.
Die Schiedsrichterordnung des DFB vom 30.09.2022 (SchO) lautet auszugsweise wie folgt (Anlage K 2, Bl. 27 ff. d. A.):
§ 7
Pflichten der Schiedsrichter
1. Schiedsrichter dürfen nur solche Spiele leiten, bei denen ihr Verein oder dessen Tochtergesellschaft nicht beteiligt ist. Eine Ausnahme ist nur mit dem Einverständnis beider Vereine oder Tochtergesellschaften zulässig, falls der eingeteilte Schiedsrichter nicht erscheint.
2. Schiedsrichter sind verpflichtet, die stattfindenden Lehrabende zu besuchen und sich durch sportliches Training leistungsfähig zu erhalten.
3. Jeder Schiedsrichter soll sich regelmäßig einer allgemeinen Sporttauglichkeitsuntersuchung unterziehen. 4. Jeder Schiedsrichter soll zur Leitung von Juniorenspielen zur Verfügung stehen. 5. Jeder Schiedsrichter soll die DFB-Schiedsrichter-Zeitung beziehen.
§ 8
Pflichten in Bezug auf das Spiel
1. Schiedsrichter haben bei ihrer Tätigkeit die nach der Anweisung Nr. 1 des DFB zur Regel 5 zugelassene Sportkleidung zu tragen.
2. Schiedsrichter müssen so rechtzeitig vor dem Spiel anwesend sein, dass das Spiel zur festgesetzten Zeit beginnen kann.
3. Schiedsrichter haben vor einem Spiel zu prüfen:
a) die Bespielbarkeit des Platzes,
b) den Aufbau des Spielfeldes,
c) die Spielerpässe bzw. Spielerlisten,
d) die Ordnungsmäßigkeit der Ausrüstung der Spieler gemäß Regel 4 der amtlichen Fußballregeln und den Bestimmungen der Spielordnung,
e) die Bälle.
4. Nach einem Spiel hat der Schiedsrichter einen Spielbericht auszufertigen und diesen in der vorgesehenen Form unverzüglich der spielleitenden Stelle zuzusenden.
§ 11
Ahndungsbefugnisse der Schiedsrichterausschüsse
1. Unbeschadet der Bestimmung des § 10 Absatz 2 können Verstöße der Schiedsrichter (vgl. § 13 Absatz 1, Satz 1), Schiedsrichter Coaches und Schiedsrichterbeobachter sowie Mitglieder und Mitarbeiter in Schiedsrichtergremien des DFB und seiner Mitgliedsverbände gegen die Schiedsrichterordnungen und Handlungen gegen das Ansehen des Schiedsrichterbereichs von den Schiedsrichterausschüssen der Mitgliedsverbände geahndet werden.
Hierzu gehören insbesondere:
a) wiederholtes unbegründetes Absagen von Spielleitungen,
b) verspätetes Absagen ohne ausreichenden Grund,
c) Missachtung von Anordnungen der Schiedsrichterausschüsse,
d) Missbrauch des Schiedsrichterausweises
e) wiederholtes unentschuldigtes Fernbleiben von den Lehrabenden,
f) Verstöße gegen die Kameradschaft,
g) Verstöße gegen § 1 Absatz 3.
2. Zur Ahndung derartiger Verstöße können Schiedsrichterausschüsse Verweise, befristete Nichtansetzung zu Spielen oder Streichung von der Schiedsrichterliste verfügen. Gegen derartige Entscheidungen ist dem Betroffenen eine zweite Instanz zu gewährleisten.
Die Beklagte vergibt die Spielaufträge über das sog. "DFBnet". Die Schiedsrichterassistenten tragen im Vorfeld - teilweise über einen Monat im Voraus - Termine, an denen sie keine Einsätze übernehmen können, in dem System als "Freistellungen" ein. Im Anschluss werden sie von der Beklagten für bestimmte Einsätze eingeteilt. Der Spieleinsatz kann nach der Einteilung von den Schiedsrichterassistenten noch abgelehnt werden. Die Schiedsrichterassistenten der 3. Liga erhalten keine monatliche Grundvergütung, sondern werden für jeden einzelnen Einsatz vergütet. Für die Tätigkeit als Schiedsrichterassistent wird pro Spieleinsatz ein Betrag in Höhe von 675 € gezahlt; der" Vierte Offizielle" erhält einen Betrag in Höhe von 330 €.
Für die Saison 2024/2025 standen der Beklagten 154 Schiedsrichter bzw. Schiedsrichterassistenten für alle drei Profiligen zur Verfügung.
Die Beklagte rügt den Rechtsweg vorab, da sie der Auffassung ist, dass der Kläger auch nach erfolgreicher Berücksichtigung nicht als Arbeitnehmer für die Beklagte tätig gewesen wäre. Er habe keine konkrete Weisung benannt, welche zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses hätte führen können. Weisungen gegenüber anderen Schiedsrichtern ließen zudem nicht den Rückschluss zu, dass diese gegenüber dem Kläger als Mitglied eines sog. Perspektivteams erfolgt wären. Jeder Schiedsrichter sei vollkommen frei darin, sich für einzelne Tage zu melden und im Folgenden auch weiterhin frei, diese Termine wieder abzusagen. Pönalisierungen im Sinne eines Nichtansetzens zu Spielen oder die Erhebung von Strafzahlungen erfolgten nicht. Das "Perspektivteam" für "Einsteiger" sei dabei gerade kein eigener Kader, sondern lediglich ein Schulungs- und Coaching Instrument.
In der letzten Saison habe es Schiedsrichter gegeben, die bei 38 Spieltagen nur neun Einsätze gehabt hätten, oder sogar keinen Einsatz. Aufgrund der Anzahl der Schiedsrichter ergebe sich eine Vielzahl von Einsatzoptionen. Eine Grundvergütung fehle vollkommen. Die Schiedsrichter hätten einen erheblichen inhaltlichen Entscheidungsspielraum. Die Ahndungsmaßnahmen nach der SchO seien ausschließlich sportrechtlicher Natur und begründeten keine rechtliche Verpflichtung zur Annahme eines Spielauftrags. Die Vorgabe nach Ort und Zeit richte sich auch bei einem Handwerker nach den Notwendigkeiten des Auftrags. Die regelmäßigen Fortbildungen zur Regelauslegung dienten neben der Qualitätssicherung einzig dem Zweck, eine einheitliche Regelauslegung zu gewährleisten. Daraus folge jedoch gerade keine fachliche Weisungsgebundenheit. Nicht nur bei Arbeitnehmern, sondern auch bei freien Dienstnehmern bestehe ein berechtigtes Interesse des Auftraggebers, diesen über eine Fortbildung die Kenntnisse zu vermitteln oder zu erhalten, die aus Sicht des Auftraggebers für eine erfolgreiche Zusammenarbeit erforderlich seien. Zwar sei die Tätigkeit persönlich zu erbringen. Dabei sei jedoch vor allem in den Blick zu nehmen, dass bei einer freien und ggf. auch kurzfristigen "Tauschmöglichkeit" für Schiedsrichter, Manipulationen geradezu "Tür und Tor" geöffnet würde. Ein Schiedsrichterassistent der 3. Liga könne auch in den Bezirken und Kreisen als Schiedsrichter(-assistent) tätig werden, in diesen Fällen dann für die Regional- bzw. Landesverbände, mithin andere Auftraggeber. Die Beklagte sei nicht auf den Einsatz von allen Schiedsrichtern angewiesen. Es komme in der Praxis vor allem im Bereich der 4. Offiziellen und Videoassistenten häufig vor, dass Schiedsrichter mehrere Einsätze - auch in verschiedenen Rollen - an einem Wochenende absolvierten.
Der Kläger ist der Auffassung, dass er als Schiedsrichterassistent der 3. Liga und 4. Offizieller die Tätigkeit nicht mehr ehrenamtlich, sondern als Arbeitnehmer ausgeübt hätte. Bei der Arbeitgeberin handele es sich vorliegend um die Beklagte. Denn diese führe die Schiedsrichterliste, teile die Schiedsrichter für die von ihr mit Schiedsrichtern zu besetzenden Spiele der 3. Liga ein und sei insbesondere die Vertragspartnerin der Schiedsrichterassistenten der 3. Liga. Zwar handele es sich bei den DFB-SR-Coaching-Plätzen um eine bloße Erweiterung der Beobachtungen durch Einbeziehung des DFB, mit der keine Veränderung des Status als Amateur-Schiedsrichter zum Profi-Schiedsrichter einhergehe. Allerdings finde bei der Tätigkeit als Schiedsrichterassistent in der 3. Liga ein Statuswechsel statt. Für diese Tätigkeit werde ein Arbeitsvertrag abgeschlossen. Mit der Vergabe der DFB-SR-Coaching-Plätze gehe faktisch zwingend auch eine Vergabe der Schiedsrichterassistentenplätze in der 3. Liga einher.
Für die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis bei der Ausübung der Tätigkeit als Profischiedsrichter bestehe, komme es nicht darauf an, ob sich aus der Schiedsrichtervereinbarung eine konkrete Arbeitspflicht ergebe. Diese sei - jedenfalls mit Blick auf das Urteil des BAG in Sachen Crowd-Working (vom 1. Dezember 2020 - 9 AZR 102/20 - Rn. 36 ff.) nicht zwingend erforderlich. Danach genüge es für die Annahme eines Arbeitsvertrages bereits, wenn auf Grund der organisatorischen Maßnahmen des Arbeitgebers der Auftragsnehmer zur kontinuierlichen Übernahme von Arbeitsaufträgen motiviert werde. An die Stelle der vertraglich vereinbarten Arbeitspflicht trete die tatsächliche regelmäßige Übernahme von Aufträgen. Ein starkes Indiz für eine tatsächlich gelebte persönliche Abhängigkeit liege zudem vor, wenn der Auftraggeber auf die regelmäßige Übernahme der Arbeitsaufträge angewiesen sei, da er andernfalls seinen Betrieb nicht aufrechterhalten könne. Der Einsatz von Profi-Schiedsrichtern in den Profiligen erfolge in der Regel an mehr als 50 % der Spieltage.
Die Spieleinteilungen erfolgten durch als "Ansetzer" bezeichnete Funktionäre der Beklagten. Dabei werde bereits darauf hingewiesen, dass sich eine übermäßige Anzahl an Freistellungen negativ auf die weitere Berücksichtigung für Spieleinsätze sowie die Aufnahme auf die Schiedsrichterliste in der Folgesaison auswirke. Selbiges gelte für den Fall, in dem die Schiedsrichter Einsätze, für die sie eingeteilt wurden, ablehnten. Dies sei sogar ausdrücklich in § 11 Nr. 1 lit. a SchO niedergeschrieben. Die Beklagte verfüge lediglich über eine begrenzte Anzahl an Schiedsrichtern, die in den Profiligen als Schiedsrichter und Schiedsrichterassistenten eingesetzt werden könnten. Mit diesen begrenzten Mitteln müsse sie sämtliche Spiele, die die Deutsche Fußball-Liga veranstalte, mit Schiedsrichtern besetzen. Gemäß § 13 SchO könne die Beklagte etwaige Einteilungen der Profischiedsrichter als Schiedsrichter auf unteren Spielebenen aufheben und die Profischiedsrichter für Einsätze in den Profiligen einplanen. Die Beklagte plane die Einsätze selbst, habe die alleinige Gestaltungsmacht über die Ausübung der Schiedsrichtertätigkeit im Rahmen der Schiedsrichtervereinbarung und habe eine Quasi-Monopolstellung hinsichtlich des Profi- und Amateurfußballs inne.
Die Tätigkeit sei hinsichtlich Zeit und Ort sowie der konkreten Ausübung weisungsgebunden aufgrund der Einteilung für bestimmte Spieleinsätze. Darüber hinaus werde die Regelauslegung bei regelmäßigen Fortbildungen thematisiert und Vorgaben gemacht, wie bestimmte Szenen zu bewerten seien. Aufgrund der gemeinsamen Fortbildungen und den gemeinsamen Trainingseinheiten mit den weiteren Schiedsrichtern seien die Schiedsrichter auch in eine Arbeitsstruktur eingegliedert. Die Teilnahme sei verpflichtend. Allein die Beklagte entscheide, in welchem Schiedsrichterteam, das heißt mit welchen weiteren Kollegen in den anderen Funktionen (Schiedsrichter, Schiedsrichterassistenten, Vierte Offizielle), der einzelne Schiedsrichter zusammenarbeite. Im Übrigen sei der Schiedsrichter auch nicht berechtigt, die ihm übertragene Spielleitung weiter zu übertragen, sondern es werde eine persönliche Leistung geschuldet.
Die Regelungen der Schiedsrichterordnung wirkten sich somit auf den Vertrag zwischen der Beklagten und dem Schiedsrichter aus und konkretisieren diesen. Die Beklagte sichere durch die Strafregelung ihr Direktionsrecht ab. Weiche der Schiedsrichter bei einer Spielleitung von den vorgegebenen Regelauslegungen ab, habe dies zur Folge, dass die Bewertung seiner Spielleitung schlechter ausfalle. Diese schlechtere Bewertung der Spielleitung könne zur Folge haben, dass der Schiedsrichter in der kommenden Saison keinen neuen Vertrag angeboten bekomme und somit nicht mehr für Spielleitungen eingesetzt werde. Die Verbindlichkeit der Auslegungsvorgaben und damit der fachlichen Weisungen werde auch durch den vor einiger Zeit eingeführten "Konformitätstest" abgesichert. Bei diesem würden den Schiedsrichtern Spielsituationen als Video vorgespielt, die sie dann bewerten sollten.
Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das LG Frankfurt a.M. verwiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c ArbGG Ansprüche eröffnet. Der Rechtsstreit betrifft eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit aus Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
1. § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c ArbGG begründet eine Zuständigkeit für Rechtsstreitigkeiten potentieller Arbeitsvertragsparteien vor Abschluss des Vertrags. Hierzu sind auch Ansprüche auf Schadensersatz oder Entschädigung nach § 15 AGG wegen einer benachteiligenden Nichteinstellung zu rechnen. § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c ArbGG setzt voraus, dass eine arbeitsvertragliche Beziehung zwischen den Streitparteien begründet werden sollte (BAG 27.02.2008 - 5 AZB 71/08 - Rn. 5).
2. Diese Voraussetzung ist erfüllt. Der Kläger hat den Abschluss eines Arbeitsvertrages mit der Beklagten angestrebt, weil der Vertrag zwischen einem Schiedsrichterassisten der 3. Liga und der Beklagten als Arbeitsvertrag anzusehen ist..
a) Nach § 611a Abs. 1 BGB wird ein Arbeitnehmer durch den Arbeitsvertrag im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet (Satz 1). Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen (Satz 2). Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (Satz 3). Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab (Satz 4). Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen (Satz 5). Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an (Satz 6).
Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich danach von dem Rechtsverhältnis eines selbstständig Tätigen durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit des Verpflichteten (BAG 17.12.2024 - 9 AZR 26/24 - Rn. 21).
Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Arbeitnehmer kann auch sein, wer aufgrund mehrerer privatrechtlicher Verträge beschäftigt wird. Grundsätzlich ist dabei jedes Vertragsverhältnis für sich zu betrachten. Reiht sich eine Vielzahl von Einsätzen aneinander und beruhen diese jeweils auf einer gesonderten Vereinbarung, ist der Dienstverpflichtete Arbeitnehmer, wenn die übrigen ein Arbeitsverhältnis kennzeichnenden Merkmale vorliegen. Ob infolge rechtlicher Verklammerung der einzelnen Vereinbarungen ein einheitliches Arbeitsverhältnis vorliegt, lässt sich erst im Anschluss an die Gesamtbetrachtung bestimmen (BAG 17.12.2024 - 9 AZR 26/24 - Rn. 22; 01.12.2020 - 9 AZR 102/20 - Rn. 52 ff.).
Die Begriffe der Weisungsgebundenheit und Fremdbestimmung sind eng miteinander verbunden und überschneiden sich teilweise. Eine weisungsgebundene Tätigkeit ist in der Regel zugleich fremdbestimmt. Das Merkmal der Fremdbestimmung kann in Bezug auf die Eingliederung des Arbeitnehmers in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers eigenständige Bedeutung erlangen. Beide Kriterien, die Bindung an Weisungen und die Fremdbestimmung, müssen einen Grad an persönlicher Abhängigkeit des Arbeitnehmers erreichen, der für ein Rechtsverhältnis iSd. § 611a BGB prägend ist. Die Weisungsgebundenheit ist das engere, den Vertragstyp im Kern kennzeichnende Kriterium, das durch § 611a Abs. 1 Sätze 2 bis 4 BGB näher ausgestaltet (BAG 17.12.2024 - 9 AZR 26/24 - Rn. 23).
Das Gesetz bestimmt die Weisungsgebundenheit des Dienstverpflichteten, indem es ihr die Freiheit des Selbstständigen gegenüberstellt. Nach § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB ist weisungsgebunden, wer seine Tätigkeit nicht im Wesentlichen frei gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers nach § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB korrespondiert dabei mit dem Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 611a Abs. 1 Satz 2 BGB, das Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen kann. Soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind, ist der Arbeitgeber gemäß § 106 Satz 1 GewO befugt, die Umstände, unter denen der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung erbringt, nach billigem Ermessen einseitig näher auszugestalten. § 106 Satz 2 GewO erkennt zusätzlich die Ordnung und das Verhalten des Arbeitnehmers im Betrieb als Gegenstand des Weisungsrechts an (BAG 17.12.2024 - 9 AZR 26/24 - Rn. 24).
Weisungsgebundenheit und damit korrelierende Weisungsrechte können auch außerhalb eines Arbeitsverhältnisses gegeben sein. Die arbeitsrechtliche Weisungsbefugnis ist daher gegenüber dem Weisungsrecht für Vertragsverhältnisse mit Selbstständigen, insbesondere Werkunternehmern (vgl. § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB), abzugrenzen. Die Anweisung gegenüber einem Selbstständigen ist typischerweise sachbezogen und ergebnisorientiert ausgestaltet und damit auf die zu erbringende Dienst- oder Werkleistung ausgerichtet. Im Unterschied dazu ist das arbeitsvertragliche Weisungsrecht personenbezogen und ablauforientiert geprägt. Das arbeitsvertragliche Weisungsrecht beinhaltet Anleitungen zur Vorgehensweise des Mitarbeiters, die nicht Inhalt des werkvertraglichen Anweisungsrechts sind. Wird die Tätigkeit durch den "Auftraggeber" geplant und organisiert und der Beschäftigte in einen arbeitsteiligen Prozess in einer Weise eingegliedert, die eine eigenverantwortliche Organisation der Erstellung des vereinbarten "Arbeitsergebnisses" faktisch ausschließt, liegt ein Arbeitsverhältnis nahe (BAG 17.12.2024 - 9 AZR 26/24 - Rn. 25).
Der Gegenstand, die Art und der Umfang des Weisungsrechts stehen in einem sachlichen Zusammenhang mit der persönlichen Abhängigkeit des Arbeitnehmers. Deren Grad hängt nach § 611a Abs. 1 Satz 4 BGB auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Danach beeinflussen die Art der Dienstleistung und die Zugehörigkeit der Tätigkeit zu einem bestimmten Berufsbild den Vertragstyp. Bestimmte Tätigkeiten lassen sich sowohl in einem Arbeitsverhältnis als auch in einem Werk- oder freien Dienstverhältnis verrichten, während andere regelmäßig im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausgeübt werden. Bei untergeordneten, einfachen Arbeiten besteht eher eine persönliche Abhängigkeit als bei gehobenen Tätigkeiten (BAG 17.12.2024 - 9 AZR 26/24 - Rn. 26).
Um die Rechtsnatur des Rechtsverhältnisses im konkreten Fall festzustellen, bedarf es nach § 611a Abs. 1 Satz 5 BGB einer Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls. Von einem Arbeitsverhältnis kann erst dann ausgegangen werden, wenn den Umständen, die für eine persönliche Abhängigkeit sprechen, im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung hinreichendes Gewicht beizumessen ist oder sie dem Rechtsverhältnis ihr Gepräge geben (BAG 17.12.2024 - 9 AZR 26/24 - Rn. 27; 01.12.2020 - 9 AZR 102/20 - Rn. 38).
Bei den Umständen, die Gegenstand der nach § 611a Abs. 1 Satz 5 BGB anzustellenden Gesamtbetrachtung sind, kommt es nicht auf die vertraglich vereinbarten Umstände an, wenn der Beschäftigte abweichend von den getroffenen Vereinbarungen tatsächlich weisungsgebundene, fremdbestimmte Arbeit leistet (BAG 17.12.2024 - 9 AZR 26/24 - Rn. 29).
Für diesen Fall erklärt § 611a Abs. 1 Satz 6 BGB die Bezeichnung im Vertrag für unbeachtlich und löst den Widerspruch zwischen Vertragsbezeichnung und Vertragsdurchführung zugunsten letzterer. Die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass die Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben. Sie sind an die unabdingbaren Vorgaben des § 611a Abs. 1 BGB gebunden (BAG 17.12.2024 - 9 AZR 26/24 - Rn. 30; 01.12.2020 - 9 AZR 102/20 - Rn. 38).
Die gesetzliche Anordnung in § 611a Abs. 1 Satz 6 BGB bedingt eine abgestufte Prüfung. Zunächst ist der Vertrag der Parteien nach § 157 BGB auszulegen. Ergibt sich bereits daraus, dass die Parteien ein Arbeitsverhältnis begründen wollten, wird der Arbeitnehmerstatus allein hierdurch verbindlich festgelegt, ohne dass es auf die Vertragsdurchführung ankommt. Führt die Auslegung des Vertrags zu dem Ergebnis, dass der Dienstverpflichtete als Selbstständiger tätig werden sollte, ist in einem zweiten Schritt die tatsächliche Durchführung des Vertrags in den Blick zu nehmen. Stimmt die Vertragspraxis mit den vertraglichen Vorgaben überein, liegt kein Arbeitsverhältnis, sondern Selbstständigkeit vor. Weicht die tatsächliche Durchführung des Vertrags von den Vertragsbestimmungen ab, richtet sich die Rechtsnatur des Vertragsverhältnisses allein nach der Vertragsdurchführung, die für sich anhand der Vorgaben des § 611a Abs. 1 BGB zu würdigen ist. Dabei sind einzelne Vorgänge der Vertragsabwicklung zur Feststellung eines vom Vertragswortlaut abweichenden Geschäftsinhalts nur geeignet, wenn es sich dabei nicht um untypische Einzelfälle, sondern um beispielhafte Erscheinungsformen einer durchgehend geübten Vertragspraxis handelt. Dafür ist nicht die Häufigkeit, sondern sind Gewicht und Bedeutung der Vertragsabweichung entscheidend (BAG 17.12.2024 - 9 AZR 26/24 - Rn. 31).
Eine Rahmenvereinbarung, welche der einen Partei das Recht zubilligt, frei über die Annahme künftiger Einzelverträge zu entscheiden, erfüllt nicht die Anforderungen eines Arbeitsvertrages. Anders verhält es sich, wenn einer Partei ein Weisungsrecht zustehen soll, infolge dessen sie die zu erbringende Leistung einseitig und für die andere Partei verbindlich festzulegen berechtigt ist. Erfolgt die Ausführung der übernommenen Aufträge im bereits begründeten Rechtsverhältnis, ohne dass der Auftragnehmer noch über nennenswerte Entscheidungsspielräume verfügte, spricht dies für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses (BAG 01.12.2020 - 9 AZR 102/20 - Rn. 42 f.).
Auch tatsächliche Zwänge durch eine vom Auftraggeber geschaffene Organisationsstruktur können geeignet sein, den Beschäftigten zu dem gewünschten Verhalten zu veranlassen, ohne dass dazu konkrete Weisungen ausgesprochen werden müssen. So ist von einem Arbeitsverhältnis auszugehen, wenn der Auftraggeber in der Lage ist, Art und Umfang der Beschäftigung maßgeblich zu steuern und dadurch über eine Planungssicherheit verfügt, wie sie bei einem Einsatz eigener Arbeitnehmer typisch ist. Dafür genügt es allerdings nicht, dass sich zufällig eine feste Personengruppe findet, die immer wieder - frei und selbstbestimmt - angebotene Aufträge annimmt. Eine langfristige und kontinuierliche Zusammenarbeit führt für sich gesehen nicht zu einer persönlichen, sondern allenfalls zu einer wirtschaftlichen Abhängigkeit, die für sich genommen ein Arbeitsverhältnis nicht zu begründen vermag. Der Auftraggeber muss für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses vielmehr organisatorische Maßnahmen ergriffen haben, durch die der Beschäftigte - wenn auch nicht unmittelbar angewiesen, aber doch mittelbar gelenkt - angehalten wird, kontinuierlich Arbeitsaufträge anzunehmen und diese in einem bestimmten Zeitrahmen nach präzisen Vorgaben persönlich zu erledigen. Auf diese Weise kann eine persönliche Abhängigkeit i S v. § 611a BGB auch durch das Anreizsystem einer Plattform gegeben sein (BAG 01.12.2020 - 9 AZR 102/20 - Rn. 36).
b) Danach ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c ArbGG eröffnet. Die geltend gemachten Ansprüche betreffen eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit aus Verhandlungen über die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
Dies ergibt die Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls. Es liegt ein Arbeitsverhältnis vor, weil den Umständen, die für eine persönliche Abhängigkeit sprechen, im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung ein höheres Gewicht beizumessen ist als den Umständen, die gegen die Annahme einer persönlichen Abhängigkeit sprechen.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der hier zu beurteilende Sachverhalt erhebliche Unterschiede zu der von beiden Parteien mehrfach angezogenen "Crodworker-Entscheidung" des BAG (01.12.2020 - 9 AZR 102/20) aufweist. Hierauf hat die Beklagte zutreffend hingewiesen. Es ging - anders als hier - um eine einfach gelagerte Tätigkeit, um sog. "Mikroaufträge" und ein über eine APP gesteuertes Anreizsystem. Diese Unterschiede schließen es jedoch nicht aus, auf die vom BAG dargelegten Rechtsgrundsätze, die der 9. Senat auch seiner Entscheidung vom 17.12.2024 (9 AZR 26/24) zugrunde gelegt hat, insoweit zurückzugreifen, als sie für das hiesige Verfahren relevant sind. Dies gilt insbesondere für die Rechtsprechung des 9. Senats zu den sog. Rahmenverträgen. Danach kommt es darauf an, ob dem Auftraggeber ein Weisungsrecht zustehen soll, infolge dessen er die zu erbringende Leistung einseitig und für die andere Partei verbindlich festzulegen berechtigt ist.
Der als Rahmenvereinbarung konzipierte Vertrag zwischen einem Schiedsrichterassistenten der 3. Liga und der Beklagten (Mustervertrag) begründet keine rechtliche Verpflichtung. Aus ihr lässt sich weder eine Verpflichtung des Klägers zur Leistung von Diensten für die Beklagte noch eine Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger Spielleitungen zuzuweisen, ableiten. Das Gegenteil ist der Fall. Der Vertrag sieht ausdrücklich vor, dass der Schiedsrichter zur Übernahme von Spielleitungen nicht verpflichtet ist und der Schiedsrichter keinen Anspruch auf die Ansetzung von Spielleitungen hat. Diese Umstände sprechen dafür, dass kein Arbeitsverhältnis gegeben ist.
Auch wenn der Mustervertrag für beide Seiten keine unmittelbaren Verpflichtungen vorsieht, ist zu berücksichtigen, dass beide Parteien den Vertrag in der Absicht schließen, dass der Schiedsrichterassistent von der Beklagten tatsächlich eingesetzt wird und er Spielleitungen auch tatsächlich durchführt. Wäre es anders, wäre der Vertrag sinnlos. Es kann nicht angenommen werden, dass die Parteien eine sinnlose Vereinbarung treffen wollten. Hinzu kommt, dass beide Seiten ein erhebliches Interesse daran haben, den Vertrag wie vorgesehen tatsächlich auch umzusetzen. Die Beklagte kann die Durchführung der Spiele in den Profiligen nur gewährleisten, wenn sie über eine ausreichende Anzahl an qualifizierten Schiedsrichtern verfügt, die einsatzbereit sind. Sie kann den Kreis der in Betracht kommenden Schiedsrichter nicht während einer Saison beliebig austauschen. Dies gilt schon deswegen, weil die Schiedsrichter mit erheblichem zeitlichem und finanziellem Aufwand geschult werden, damit die Beklagte die Qualitätsanforderungen für das Schiedsrichterwesen im Profifußball sicherstellen kann.
Die Regelungen im Vertrag eines Schiedsrichterassistenten der 3. Liga sind nicht isoliert zu betrachten. Vielmehr ist die Schiedsrichterordnung des DFB in die Betrachtung einzubeziehen. Diese enthält mehrere Regelungen, die den Schiedsrichten Pflichten auferlegen und für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses sprechen.
Zu nennen ist zunächst § 7 SchO. § 7 Nr. 2 SchO sieht vor, dass Schiedsrichter verpflichtet sind, die stattfindenden Lehrgänge zu besuchen und sich durch sportliches Training fitzuhalten. Damit werden dem Schiedsrichter Pflichten auferlegt, die bis in seine private Lebensgestaltung reichen. § 8 Abs. 1 SchO verpflichtet den Schiedsrichter, eine von der Beklagten vorgegebene Kleidung zu tragen.
Von besonderer Bedeutung für die Annahme, dass es sich bei dem abzuschließenden Vertrag um einen Arbeitsvertrag handelt, ist § 11 SchO. Die Regelung sieht Ahndungsbefugnisse gegenüber Schiedsrichtern für Fälle vor, in denen sich der Schiedsrichter eigentlich vertragsgerecht verhält. Sie schränkt insbesondere den obigen Befund, dass der Schiedsrichter frei entscheiden kann, ob er der Zuweisung einer Spielleitung nachkommt, derart erheblich ein, dass von einer "Freiwilligkeit" nicht gesprochen werden kann.
Wie ausgeführt, besagt Ziff. 1.1. des zwischen einem Schiedsrichterassistenten und der Beklagten geschlossenen Vertrags ohne weiteren Zusatz, dass der Schiedsrichter zur Übernahme von Spielleitungen nicht verpflichtet ist. Insbesondere wird dem Schiedsrichterassistenten keine Frist zur Ablehnung der Einteilung für ein Spiel und auch keine Pflicht zur Begründung seiner Entscheidung vorgegeben.
Dagegen werten § 11 Nr. 1a), b) und e) SchO das wiederholte unbegründete Absagen von Spielleitungen und das verspätete Absagen ohne ausreichenden Grund sowie das wiederholte unentschuldigte Fernbleiben von den Lehrabenden als Verstöße gegen die Schiedsgerichtsordnung, die geahndet werden können. Die ahndungsberechtigten Schiedsrichterausschüsse haben gemäß § 11 Abs. 2 SchO die Möglichkeit, eine befristete Nichtansetzung oder sogar die Streichung von der Schiedsrichterliste anzuordnen.
Die Möglichkeit zur Ahndung des Verhaltens des Schiedsrichters wird dadurch verstärkt, dass mehrfach unbestimmte Rechtsbegriffe verwandt werden, ohne dass diese definiert worden sind. Es bleibt unklar, wann eine Absage unbegründet und wann sie verspätet und in welchen Fällen der Grund ausreichend und in welchen Fällen er nicht ausreichend ist. Gleiches gilt für die Frage, welche Konstellationen gemeint sind, die als unentschuldigtes Fernleiben von den Lehrabenden gewertet werden. Zudem wird der Schiedsrichter verpflichtet, Anordnungen der Schiedsrichterausschüsse Folge zu leisten.
Auch wenn eine Pflicht des Schiedsrichters, seine Entscheidung zu begründen, nicht ausdrücklich geregelt ist, ergibt sich eine derartige Pflicht gleichwohl aus § 11 SchO. Denn die Prüfung, ob eine Absage unbegründet bzw. ohne ausreichenden Grund erfolgt, kann ebenso wie die Prüfung, ob ein Fernbleiben von Lehrabenden unentschuldigt ist, nur erfolgen, wenn der Schiedsrichter hierzu seinem Vertragspartner und damit der Beklagten Auskunft erteilt.
Aus alledem folgt, dass der Schiedsrichter doch nicht "einfach so" absagen darf. Er muss, wenn er die Absage nicht (ausreichend) begründet, sogar mit der Streichung von der Schiedsrichterliste rechnen. Da § 11 Abs. 2 SchO diesbezüglich keine Einschränkung enthält, ist davon auszugehen, dass als "ultima ratio" die sofortige Streichung möglich ist. Damit wird den Schiedsrichterausschüssen die Befugnis verliehen, Sanktionen auszusprechen, die in ihrer Wirkung der fristlosen Kündigung eines Dienstverhältnisses gleichkommen (vgl. § 626 BGB).
Die Indizwirkung des § 11 SchO für ein Arbeitsverhältnis kann nicht mit der Begründung verneint werden, die vorgesehenen Ahndungsmöglichkeiten seien "ausschließlich sportrechtlicher Natur" (so aber das LAG Niedersachsen 12.02.2020 - 2 Sa 172/19 - Rn. 45). Es bleibt unklar, was mit dieser Formulierung gemeint ist. Die vorgesehenen Sanktionen treffen den Schiedsrichter jedenfalls mit der gleichen Härte, unabhängig davon, ob sie als "sportrechtlich" oder als "nicht sportrechtlich" bezeichnet werden. Zudem ist erneut darauf hinzuweisen, dass Schiedsrichterausschüsse die Möglichkeit haben, den Schiedsrichter fristlos von jeglicher Einteilung auszunehmen.
Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, dass "umgekehrt" keine derartigen Pflichten bestehen. Es ist ein Indiz für die persönliche Abhängigkeit des Klägers von der Beklagten, dass sie Einteilungen des Klägers unterlassen kann, ohne dies ihm gegenüber begründen zu müssen.
Gegen ein Arbeitsverhältnis spricht nicht, dass eine Grundvergütung nicht vorgesehen ist und die Beklagte nach dem Vertrag die Möglichkeit hat, den Schiedsrichter gar nicht einzusetzen. Diese Regelungen führen entgegen der Auffassung der Beklagten nicht dazu, dass es sich nicht um eine entgeltliche Tätigkeit handelt. Sie sprechen eher dafür, dass es geboten ist, die Schiedsrichter dem Schutz des Arbeitsrechts zu unterstellen. Zudem ist der Vertrag - wie bereits ausgeführt - darauf angelegt, dass die Beklagte den Schiedsrichter zu Spielen einteilt und der Schiedsrichter nicht absagt. Erfolgt dies, erwirbt der Schiedsrichter Zahlungsansprüche gegen die Beklagte.
Der Einbeziehung dieser Regelungen in die Gesamtbetrachtung steht nicht entgegen, dass die Schiedsrichterausschüsse nicht mit der Beklagten identisch sind. Aus der Sicht des Schiedsrichters macht es keinen Unterschied, ob er von der Beklagten oder von einem Ausschuss sanktioniert wird, dessen Zuständigkeit ihm bei Beginn des Vertragsverhältnisses vorgegeben wird.
Nicht entscheidend ist, ob die vorgesehenen Sanktionen in der Praxis überhaupt oder nur in geringem Umfang verhängt werden. Die diesbezüglichen Vorschriften erreichen die angestrebte Verhaltenssteuerung bereits durch ihre Existenz. Ein Schiedsrichter, der sein Ziel erreicht hat, in den Kreis der Profischiedsrichter aufgenommen zu werden, hat kein Interesse daran, zugewiesene Spiele abzusagen, weil er damit sogleich seinen gerade erreichten Status gefährden würde.
Der Umstand, dass dem Profischiedsrichter Ort und Zeit seiner Tätigkeit von der Beklagten vorgegeben wird, spricht weder für noch gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses. Es ergibt sich aus der "Natur" der Tätigkeit, dass der Schiedsrichter spätestens zur nicht von der Beklagten bestimmten Anstoßzeit an dem nicht von der Beklagten festgelegten Ort anwesend sein muss.
Auch aus der für den Schiedsrichter bestehenden Verpflichtung, rechtzeitig vor dem Spiel anwesend zu sein (§ 8 Abs. 1 SchO) und schon vor dem Spiel bestimmte Umstände zu prüfen (§ 8 Abs. 3 SchO), ergibt sich keine Indizwirkung in die eine oder andere Richtung. Aus ihr ergibt sich lediglich, dass die Tätigkeit des Schiedsrichters schon vor dem Spiel beginnt. Damit enthält § 8 SchO Vorgaben für den Schiedsrichter, die sowohl gegenüber Arbeitnehmern als auch gegenüber Selbständigen erfolgen können.
Ebenfalls ohne Aussagekraft für die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt oder nicht, ist der Umstand, dass es sich regelmäßig um eine Nebentätigkeit, die zusätzlich zum Hauptberuf ausgeübt wird, handelt. Eine Nebentätigkeit kann als Arbeitnehmer und als Selbständiger ausgeübt werden.
Ohne Relevanz ist entgegen der Auffassung der Beklagten, dass der Kläger nicht dargelegt hat, die Voraussetzungen des § 13a SchO (sportliche Leistungsprüfungen, theoretische Regeltests, Vorlage bestimmter Unterlagen) erfüllt zu haben. Dies mag für die (Un)Begründetheit der Klage eine Rolle spielen. Hier geht es allein um die Frage, ob es sich bei dem vom Kläger ursprünglich angestrebten Vertrag um einen Arbeitsvertrag gehandelt hätte.
Die Frage, ob und inwieweit der Kläger fachlichen Weisungen der Beklagten ("Konformitätstest") unterliegt, ist ebenfalls für die Entscheidung nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Fachliche Weisungen können sowohl gegenüber Arbeitnehmern als auch gegenüber Selbständigen erfolgen. Die Verpflichtung, an Schulungen teilzunehmen, kann im Rahmen der Vertragsfreiheit sowohl gegenüber Arbeitnehmern als auch gegenüber Selbständigen begründet werden. Es kommt auch nicht entscheidend darauf an, dass der Kläger während des Spiels Entscheidungen treffen kann, auf die die Beklagte keinen Einfluss hat. Auch hier gilt, dass sich dieser Umstand aus der Art der Tätigkeit ergibt. Er besagt nicht, dass ein Arbeitsverhältnis nicht vorliegt, weil eine derartige "partielle Weisungsfreiheit" in beiden Vertragsarten möglich ist. So kann etwa ein Krankenhaus seinem angestellten Arzt keine konkreten Anweisungen erteilen, wie er sich konkret bei der Durchführung einer Operation zu verhalten hat. Das Krankenhaus ist ebenso wie die Beklagte darauf beschränkt, ihm vorab Vorgaben zu machen, wie er sich in bestimmten Situationen zu verhalten hat.
Ohne Relevanz ist entgegen der Ansicht des Klägers der Umstand, dass die Schiedsrichter keine Möglichkeit haben, unternehmerische Chancen und Risiken wahrzunehmen. Dieser könnte - wie der Kläger selbst zutreffend erkannt hat - allenfalls zu einer wirtschaftlichen Abhängigkeit führen. Das Vorliegen einer wirtschaftlichen Abhängigkeit erscheint angesichts dessen, dass es sich - wie ausgeführt - regelmäßig um eine Nebentätigkeit handelt, fraglich. Einer Aufklärung bedarf es insoweit nicht, weil eine wirtschaftliche Abhängigkeit nicht zu den konstitutiven Merkmalen eines Arbeitsvertrags zählt. Für diesen kommt es nach den obigen Ausführungen auf die persönliche Abhängigkeit an.
Es kommt auch nicht darauf an, welche Sanktionsmöglichkeiten im Amateurbereich bestehen. Dies ist nicht Gegenstand des Verfahrens.
Ohne entscheidungserhebliche Bedeutung ist des Weiteren die von den Parteien aufgeworfene Frage, ob § 13 SchO einen Eingriff in die Freizeitgestaltung des Schiedsrichters ermöglicht oder nicht. Der Zusammenhang zu der Abgrenzung zwischen einem Arbeitsverhältnis und einem "freien" Dienstverhältnis ist nicht erkennbar.
Der Umstand, dass die Leistung höchstpersönlich zu erbringen ist, spricht für ein Arbeitsverhältnis. Dieser für das Arbeitsverhältnis kennzeichnende Umstand ist ein Indiz für eine persönliche Abhängigkeit. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte hierfür gut nachvollziehbare Gründe angeführt hat. Diese schränken die Bindung der Vertragserfüllung an die Person des Schiedsrichters nicht ein.
Ein Indiz für ein Arbeitsverhältnis folgt aus der Monopolstellung der Beklagten. Den Schiedsrichtern ist selbstverständlich klar, dass sie ihre Tätigkeit nur ausüben können, wenn sie einen Vertrag mit der Beklagten schließen. Andere Anbieter gibt es in diesem Bereich nicht.
Nach alledem führt die nach § 611a Abs. 1 Satz 5 BGB durchzuführende Gesamtbetrachtung zu dem Ergebnis, dass der zwischen einem Schiedsrichter der 3. Liga und der Beklagten zu schließende Vertrag als Arbeitsvertrag einzustufen ist. Dies führt zur Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Gerichten für Arbeitssachen.
Für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht entscheidend, dass die in dem sog. Rahmenvertrag vorgesehene freie Entscheidung des Schiedsrichters, ob er überhaupt als Schiedsrichter tätig wird, nur scheinbar besteht. Abgesehen davon, dass mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass die vertragsschließenden Parteien einen abgeschlossenen Vertrag auch mit "Leben" erfüllen möchten, wird die vermeintliche Entscheidungsfreiheit des Schiedsrichters durch die genannten Bestimmungen der Schiedsordnung derart weitgehend eingeschränkt, dass sie in ihrer Konsequenz einer Verpflichtung des Schiedsrichters, ihm zugewiesene Einsätze tatsächlich wahrzunehmen, gleichkommt. Es ist somit der für ein Arbeitsverhältnis notwendiger Grad der persönlichen Abhängigkeit erreicht. Die Eigenart der Tätigkeit eines Schiedsrichters bringt es mit sich, dass die Beklagte ihre selbst gestellte Aufgabe, einen ordnungsgemäßen Spielbetrieb zu gewährleisten, nur erfüllen kann, wenn sie sich darauf verlassen kann, dass die für ein Spiel ausgesuchten Schiedsrichter die Aufgabe tatsächlich wahrnehmen und nicht eine häufige Neubesetzung erfolgen muss. Sie hat zudem ein berechtigtes Interesse an einer einheitlichen Auslegung der Regeln für ein Fußballspiel. So kann es nicht in ihrem Sinne sein, wenn vergleichbare Sachverhalte von dem einen Schiedsrichter als ein zum Elfmeter führenden Verstoß gegen die Regeln angesehen wird, von einem anderen dagegen nicht. Die angestrebte Einheitlichkeit bei der Regelauslegung kann die Beklagte nur dann erreichen, wenn sie die Schiedsrichter dazu verpflichtet, an internen Fortbildungsmaßnahmen teilzunehmen.
Demgegenüber kommt den gegen ein Arbeitsverhältnis sprechenden Umständen ein deutlich geringeres Gewicht zu. Der Bezeichnung im Vertrag kommt kein entscheidendes Gewicht zu. Gegen ein Arbeitsverhältnis spricht die in dem Mustervertrag vorgesehene Freiwilligkeit. Die Freiwilligkeit besteht allerdings nur in der rechtlichen Möglichkeit, Spieleinsätze abzulehnen. Aus der Schiedsrichterordnung des DFB ergibt sich, dass das Verhalten des Schiedsrichters, der dieses vertragliche Recht in Anspruch nimmt, unter den in § 11 SchO genannten Voraussetzungen als Verstoß gegen die auf das Vertragsverhältnis anwendbare Schiedsordnung des DFB und damit als rechtswidrig eingestuft wird. Angesichts dieser Bestimmungen in der Schiedsordnung kann eine Freiwilligkeit nicht angenommen werden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf § 63 GKG.
4. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen erfolgt (§ 17a Abs. 2 Satz 5 GVG).