19.09.2016 · IWW-Abrufnummer 188767
Arbeitsgericht Berlin: Urteil vom 31.08.2016 – 29 Ga 10636/16
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In Sachen
hat das Arbeitsgericht Berlin, 29. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 31.08.2016 durch den Richter am Arbeitsgericht St. als Vorsitzender sowie die ehrenamtliche Richterin Frau N. und den ehrenamtlichen Richter Herrn V.
für Recht erkannt:
I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
II. Der Verfügungskläger trägt die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens.
III. Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 4.814,16 EURO festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren um die Pflicht der Verfügungsbeklagten, den Verfügungskläger bis zur Entscheidung in der Hauptsache bzw. bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen.
Der Verfügungskläger ist seit dem 03. Juli 2006 für die Beklagte tätig. Nach dem letzten Arbeitsvertrag vom 02. Juli 2007 (Abl. Bl. 55 ff. d. A.) als „Sales – Representative“.
Der Verfügungskläger hat zuletzt eine Leitungsfunktion als sog. Stationsmanager der Verfügungsbeklagten am Flughafen in Berlin ausgeübt. Als solcher hatte er die typischen Managerfunktionen für die sog. Ground Operations der Luftverkehrsgesellschaft am Flughafen inne. Diese beinhalten u. a. die Leitung und Aufsicht über das Passagierticket und den Check-In, den Gepäckfrachtservice, die Organisation und Überwachung des Abfertigungsbereiches bei eingehenden und ausgehenden Flügen sowie Leitung und Organisation der Bodenabfertigung der Fluggeräte. Im Rahmen dieser Tätigkeit als Airline Station Manager leitete und managte der Verfügungskläger die ihm unterstellten Mitarbeiter und sorgte für die Einhaltung für Sicherheitsmaßnahmen.
Ziffer 13 des Arbeitsvertrages lautet wie folgt:
„13. Beendigung des Arbeitsverhältnisses:
Das unbefristete Arbeitsverhältnis endet ohne Kündigung spätestens im Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer das 65. Lebensjahr vollendet. Ebenso endet das Arbeitsverhältnis bei Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit; dabei ist der Zugang des Rentenbescheids beim Arbeitnehmer massgeblich.
Vorher kann das Arbeitsverhältnis beiderseits mit der jeweiligen gesetzlichen Mindestfrist gekündigt werden.
Eine Verlängerung der Kündigungsfrist zugunsten des Arbeitnehmers verlängert auch die Kündigungsfrist zugunsten des Arbeitgebers.
Der Arbeitgeber ist berechtigt, den Arbeitnehmer jederzeit unter Anrechnung des noch ausstehenden Urlaubs von der Arbeit freizustellen. Der Arbeitnehmer verzichtet auf eine Weiterbeschäftigung über das Ende der Kündigungsfrist hinaus. Etwaige Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers werden hiervon nicht berührt.
Das Recht zur fristlosen Kündigung bleibt unberührt.
Zur ordentlichen und der ausserordentlichen Kündigung ist der jeweilige Verkaufsdirektor befugt.
Das Recht der Generaldirektion zur ordentlichen und fristlosen Kündigung bleibt unberührt.
Dieses Recht der Generaldirektion verletzt nicht das Kündigungsrecht des Verkaufsdirektors.“
Wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf das Schriftstück Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 01. August 2016 kündigte die Verfügungsbeklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Verfügungskläger ordentlich fristgemäß zum 31. Dezember 2016 (Abl. Bl. 61 d. A.). Gleichzeitig stellte die Verfügungsbeklagte den Verfügungskläger ab sofort unter Fortzahlung der vertraglich vereinbarten Verfügung unwiderruflich von der Arbeitsleistung frei.
Gegen die Kündigung hat der Verfügungskläger unter dem Geschäftszeichen 29 Ca 10637/16 Kündigungsschutzklage erhoben.
Der Verfügungskläger behauptet, die Kündigung und Freistellung sei Teil der Säuberungs- und Verfolgungskampagne der türkischen Regierung. In diesem Zusammenhang beruft er sich auf eine Presseerklärung der Verfügungsbeklagten vom 25. Juli 2016 (Abl. Bl. 65 d. A.). Wegen der Einzelheiten wird auf das Schriftstück verwiesen.
Ergänzend reicht der Verfügungskläger als Anlagen 5 und 6 zur Antragsschrift Medienberichte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Agentur Reuters zu den Akten (Abl. Bl. 66 – 70 d. A.). Wegen der Einzelheiten wird wiederum auf die Presseberichte Bezug genommen. Ferner reicht der Kläger eine E-Mail und WhatsApp- Schriftverkehr zu den Akten (Abl. Bl. 71 – 73 d. A.). Ferner einen Bericht des türkischen Nachrichtenportals für Flughäfen in türkischer Sprache (Bl. 75 ff. d. A.).
Der Kläger bestreitet, Mitglied einer Bewegung oder politischen Organisation zu sein. Vielmehr lehne er den Putschversuch ab.
Der Verfügungsanspruch ergebe sich ohne weiteres aus dem Arbeitsvertrag. Die Freistellungsklausel in Ziffer 13 des Arbeitsvertrages sei unwirksam. Sie gewähre eine Freistellungsbefugnis „jederzeit“, also nicht nur nach Ausspruch einer ordentlichen Kündigung.
Weiterhin habe der Kläger ein besonderes Beschäftigungsinteresse, da er unverhältnismäßig in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt werde, sein Ruf eine irreparable Beschädigung erleide und er durch die erzwungene Abwesenheit vom Arbeitsplatz als Unterstützer des Putsches gebrandmarkt werde. Dieser Rehabilitationseffekt bedinge den Verfügungsgrund. Hinzu komme, dass die Beschuldigung ohne jeden Beweis erfolgt sei. Nur durch die sofortige Rückkehr an den Arbeitsplatz könne der Kläger rehabilitiert werden und von dem Vorwurf reingewaschen werden. Der Kläger behauptet in diesem Zusammenhang, dass der Leiter der Berliner Direktion in einem Gespräch gegenüber dem Kläger am 25. Juli 2016 mitgeteilt habe, dass die Kündigung politische Gründe habe, da der Kläger der „Gülen-Bewegung“ nahe stehe.
Betriebsbedingte Gründe könnten deshalb nicht vorliegen, da in den vergangenen Monaten am Standort Berlin Personal aufgebaut worden sei.
Der Verfügungskläger beantragt,
der Verfügungsbeklagten unter Vermeidung eines Zwangsgeldes, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aufzugeben, den Verfügungskläger bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren, höchstens jedoch bis zum 31.12.2016, zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen als Station Manager am Flughafen Berlin zu beschäftigen.
Die Verfügungsbeklagte beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Es bestehe weder ein Verfügungsanspruch noch ein Verfügungsgrund. Dazu behauptet die Verfügungsbeklagte, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sei. Hierzu trägt sie einem Rekordverlust von 1,2 Milliarden türkische Lira im ersten Quartal 2016 vor. Aus diesem Grunde habe der Vorstandsvorsitzende der Verfügungsbeklagten am 14. Mai 2016 eine Dringlichkeitssitzung einberufen, um die Notwendigkeit der Kosteneinsparung zu besprechen. Bereits im Mai 2016 sei eine international agierende Rechtsanwaltskanzlei mit der Prüfung der Frage beauftragt worden, wie auf die wirtschaftliche Situation des Unternehmens durch Einsparungen im Bereich der Personalkosten reagiert werden könne – ggf. durch betriebsbedingte Kündigungen. Auch für das zweite Quartal 2016 sei ein massiver Verlust zu verzeichnen, nämlich 3,6 Milliarden türkische Lira. Insofern sei eine Reaktion erforderlich, um den Fortbestand des Unternehmens für die Zukunft zu sichern und den Großteil der Arbeitsplätze zu erhalten.
Ein Verfügungsanspruch liege deshalb nicht vor, da Ziffer 13 Satz 5 des Arbeitsvertrages nach Ausspruch der Kündigung zur Freistellung berechtige. Diese Klausel sei auch wirksam, da die Auslegung ergebe, dass die Freistellung nur im Zusammenhang mit einer Kündigung ausgesprochen werden könne. Die Kündigung sei nicht offensichtlich unwirksam und die Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses begründe die Freistellung. Die Arbeitsmotivation leide als Folge des Ausspruchs einer Kündigung. Ferner sei das Vertrauensverhältnis durch die Erhebung der unwahren Anschuldigungen durch den Verfügungskläger irreparabel zerrüttet. Die Behauptungen des Klägers, die Kündigung sei durch politische Gründe bedingt, bestreitet die Verfügungsbeklagte. Die Presseerklärung betreffe ausschließlich die Türkei und habe keinen Bezug zu dem Arbeitsverhältnis des Verfügungsklägers. Gleiches gelte für die Anlagen A 5 und A 6, da diese ausschließlich eine Berichtserstattung zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen in der Türkei beträfe. Insbesondere habe auch der Direktor der Beklagten den Kläger nicht beschuldigt, Mitglied der „Gülen-Bewegung“ zu sein oder Konsequenzen angedroht.
Ein Verfügungsgrund liege gleichfalls nicht vor, da das Interesse der Beklagten an der Freistellung überwiege und die Kündigung nicht offensichtlich wirksam sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31. August 2016 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist als Leistungsantrag zulässige, jedoch unbegründet.
Die begehrte einstweilige Verfügung war nicht zu erlassen.
Im vorliegenden Fall kann sich der Verfügungskläger nicht auf einen Verfügungsanspruch berufen.
Ziffer 13 Satz 5 des Arbeitsvertrages enthält eine Freistellungsklausel. Diese lautet: „Der Arbeitgeber ist berechtigt, den Arbeitnehmer jederzeit unter Anrechnung des noch ausstehenden Urlaubs von der Arbeit freizustellen.“
Der Verfügungskläger hält diese Klausel für unwirksam. Dem vermag die Kammer nicht zu folgen.
Die Freistellungsklausel ist nach § 307 Abs. 1 BGB jedenfalls nicht offenkundig unwirksam.
§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB ordnet an, dass Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sind, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Ob Freistellungsklauseln eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen, ist umstritten.
Nur vereinzelt begegnet man der Ansicht, Freistellungsklauseln seien generell unzulässig (Fischer NZA 2004, 233). Häufiger wird die Auffassung vertreten, die vertraglich vereinbarte Freistellungsmöglichkeit nach dem Ausspruch einer Kündigung sei grundsätzlich rechtswirksam (LAG Hamburg, Urteil vom 22.10.2008, 5 SaGa 5/08; LAG Köln, Urteil vom 20.02.2006, 14 (10) Sa 1394/05; LAG Hamm, Urteil vom 03.02.2004, 19 Sa 120/04; LAG München, Urteil vom 14.03.2003, 6 Sa 184/03). Die erkennende Kammer folgt der letztgenannten Meinung. Es spricht jedenfalls einiges dafür, dass ein Freistellungsrecht des Arbeitgebers nach dem Ausspruch einer Kündigung jedenfalls dann auch formularmäßig vereinbart werden kann, wenn es sich beim Arbeitnehmer um einen Mitarbeiter in leitender Stellung handelt (so auch LAG Hamm, Urteil vom 13.02.2015, 18 SaGa 1/15, Juris). Für ein solches Freistellungsrecht nach dem Ausspruch einer Kündigung spricht, dass durch die Freistellung mögliche Loyalitätsprobleme und Interessenkollisionen verhindert werden. Die praktische Erfahrung zeigt, dass ein Arbeitsverhältnis nach dem Ausspruch einer Kündigung häufig belastet ist. Die Tatsache des Kündigungsausspruchs an sich führt beiderseitig in der Regel zu einer Vertrauenseinbuße und zu Spannungen. Dieser Umstand vermag jedenfalls das Arbeitsverhältnis eines Mitarbeiters in leitender Position, dass im besonderen Maße auf eine belastbare Vertrauensgrundlage angewiesen ist, nachhaltig zu stören, und zwar unabhängig davon, ob die Kündigung aus verhaltens-, betriebs- oder personenbedingten Gründen erklärt wurde. Ist die Freistellung – wie im Streitfall – ausdrücklich unter Vergütungsfortzahlung vorgesehen, tritt eine Gefährdung des Vertragszwecks gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht ein. Denn der Hauptvertragszweck, die Sicherung der Existenzgrundlage durch die Vergütungszahlung, wird durch die Freistellung nicht tangiert.
Die Kammer folgt vorliegend nicht der Rechtsansicht des Verfügungsklägers, die Freistellung könne quasi voraussetzungslos jederzeit erklärt werden. Zwar lässt der Wortlaut des isoliert betrachteten Satzes „Der Arbeitgeber ist berechtigt, den Arbeitnehmer jederzeit unter Anrechnung des noch ausstehenden Urlaubs von der Arbeit freizustellen“ nicht erkennen, dass Voraussetzung eine Kündigung ist. Diese Voraussetzung ergibt sich jedoch aus dem Sachzusammenhang dieses Satzes. Der erwähnte Regelungssatz kann nicht aus dem Sachzusammenhang gerissen werden. Ziffer 13 des Arbeitsvertrages steht eindeutig unter der Überschrift „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“. Der gesamte Abschnitt befasst sich sodann mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Befristung, Kündigung, sowohl außerordentlich als auch ordentlich. Daraus ist ohne weiteres zu schließen, dass die Freistellungsbefugnis nur für den Fall des Ausspruchs einer ordentlichen Kündigung gemeint ist. Diese Auslegung ist zwingend und führt nicht etwa zu einer Unklarheit, wie der Kläger meint.
Nachdem nach alledem die Klausel wirksam ist, war zu prüfen, ob die Freistellung des Verfügungsklägers die Grenzen des billigen Ermessens (§§ 106 S. 1 GewO, 315 Abs. 1 BGB) verletzt.
Der Arbeitgeber darf von einem vertraglich vereinbarten Freistellungsrecht nur nach billigem Ermessen Gebrauch machen. Die Ausübung billigen Ermessens setzt voraus, dass die wesentlichen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt werden. Im Streitfall ergibt sich aus der erforderlichen Abwägung, dass die Interessen der Verfügungsbeklagten an der Freistellung des Verfügungsklägers überwiegen.
Die Verfügungsbeklagte hat ein berechtigtes Interesse daran, den Verfügungskläger in der Kündigungsfrist nicht zu beschäftigen.
Hier wird auf die oben stehenden Erwägungen verwiesen. Da die Tatsache des Kündigungsausspruchs an sich beiderseitig in der Regel zu einer Vertrauenseinbuße und zu Spannungen führt und dieser Umstand jedenfalls das Arbeitsverhältnis eines Mitarbeiters in leitender Position nachhaltig zerstören vermag, gelten diese Erwägungen auch für den vorliegenden Fall. Der Verfügungskläger ist zuletzt als Stationsleiter tätig gewesen. Als solcher bekleidet er eine verantwortungsvolle Position. Die von der Beklagten geschilderten Aufgaben des Verfügungsklägers sind unstreitig. U. a. hat der Kläger Leitungsfunktionen. Die Verfügungsbeklagte hängt von einer loyalen und engagierten Leistung des Station Managers ab.
Hinzu tritt, dass die ausgesprochene Kündigung jedenfalls nicht offensichtlich unwirksam ist. Wäre dies so, wäre die Freistellung des Klägers bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unbillig.
Vorliegend hat sich der Verfügungskläger darauf berufen, wahrer Kündigungsgrund sei politischer Natur. Hierzu hat er diverse Indizien beizubringen gesucht. Wäre dieser klägerische Vortrag zutreffend bzw. unstreitig, könnte die streitgegenständliche Kündigung als offensichtlich unwirksam angesehen werden, denn das Kündigungsschutzgesetz sieht solche Kündigungsgründe nicht vor. Da die vom Kläger vorgebrachten Gründe und Motive der Beklagten jedoch keinesfalls unstreitig sind, sondern vielmehr bestritten sind, kann der Kläger mit seinem Ansinnen nicht durchdringen. Die Beklagte trägt plausibel vor, dass tatsächlich wirtschaftliche Gründe – und damit dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 KSchG – Grund für die ausgesprochene Kündigung zum 31. Dezember 2016 waren. Damit steht in diesem Zusammenhang Aussage gegen Aussage.
Eine Entscheidung im Eilverfahren der einstweiligen Verfügung ist nicht geeignet, schwierige und grundsätzliche Fragen zu klären. Die Entscheidung im Eilverfahren dient nur der vorläufigen Sicherung von Rechten und ist auf eine summarische Prüfung beschränkt.
Nach summarischer Prüfung kann jedenfalls nicht festgestellt werden, dass die Kündigung offensichtlich unwirksam ist, denn die Beklagte hat ihrerseits betriebsbedingte Kündigungsgründe vorgetragen, die der Verfügungskläger jedenfalls nicht eindeutig zu widerlegen vermag. Ob die Kündigung tatsächlich aus dringenden betrieblichen Erfordernissen bedingt ist, muss letztlich das Kündigungsschutzverfahren klären. Für eine Prüfung dieser schwierigen Rechtsfrage im Einzelnen ist jedoch im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens kein Raum.
Nach alledem war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Auf ein besonderes Beschäftigungsinteresse oder ein Rehabilitationsinteresse des Verfügungsklägers kommt es danach nicht mehr an.
Die Kosten trägt der Verfügungskläger (§§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO). Der Streitwert ist auf ein Monatsbrutto festgesetzt worden (§ 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ff. ZPO).
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil kann von d. Verfügungskläger/in Berufung eingelegt werden.
Die Berufungsschrift muss von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt bzw. einer Vertreterin oder einem Vertreter einer Gewerkschaft, einer Arbeitgebervereinigung oder eines Zusammenschlusses solcher Verbände eingereicht werden.
Die Berufungsschrift muss innerhalb
einer Notfrist von einem Monat
bei dem
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg,
Magdeburger Platz 1, 10785 Berlin ,
eingegangen sein.
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass Berufung gegen dieses Urteil eingelegt werde.
Die Berufung ist gleichzeitig oder innerhalb
einer Frist von zwei Monaten
in gleicher Form schriftlich zu begründen.
Der Schriftform wird auch durch Einreichung eines elektronischen Dokuments im Sinne des § 46c ArbGG genügt. Nähere Informationen dazu finden sich auf der Internetseite unter www.berlin.de/erv.
Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgesetzten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
Dabei ist zu beachten, dass das Urteil mit der Einlegung in den Briefkasten oder einer ähnlichen Vorrichtung für den Postempfang als zugestellt gilt. Dies gilt nicht bei Zustellungen gegen Empfangsbekenntnis gemäß § 174 ZPO.
Wird bei der Partei eine schriftliche Mitteilung abgegeben, dass das Urteil auf der Geschäftsstelle eines Amtsgerichts oder einer von der Post bestimmten Stelle niedergelegt ist, gilt das Schriftstück mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung als zugestellt, also nicht erst mit der Abholung der Sendung.
Das Zustellungsdatum ist auf dem Umschlag der Sendung vermerkt.
Für d. Verfügungsbeklagte/n ist keine Berufung gegeben.
Von der Begründungsschrift werden zwei zusätzliche Abschriften zur Unterrichtung der ehrenamtlichen Richter erbeten.
Weitere Statthaftigkeitsvoraussetzungen ergeben sich aus § 64 Abs.2 ArbGG :
"Die Berufung kann nur eingelegt werden,
a) wenn sie in dem Urteil zugelassen worden ist,
b) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c) in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d) wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall schuldhafter Versäumung nicht vorgelegen habe."
gez. St.
hat das Arbeitsgericht Berlin, 29. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 31.08.2016 durch den Richter am Arbeitsgericht St. als Vorsitzender sowie die ehrenamtliche Richterin Frau N. und den ehrenamtlichen Richter Herrn V.
für Recht erkannt:
I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
II. Der Verfügungskläger trägt die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens.
III. Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 4.814,16 EURO festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren um die Pflicht der Verfügungsbeklagten, den Verfügungskläger bis zur Entscheidung in der Hauptsache bzw. bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen.
Der Verfügungskläger ist seit dem 03. Juli 2006 für die Beklagte tätig. Nach dem letzten Arbeitsvertrag vom 02. Juli 2007 (Abl. Bl. 55 ff. d. A.) als „Sales – Representative“.
Der Verfügungskläger hat zuletzt eine Leitungsfunktion als sog. Stationsmanager der Verfügungsbeklagten am Flughafen in Berlin ausgeübt. Als solcher hatte er die typischen Managerfunktionen für die sog. Ground Operations der Luftverkehrsgesellschaft am Flughafen inne. Diese beinhalten u. a. die Leitung und Aufsicht über das Passagierticket und den Check-In, den Gepäckfrachtservice, die Organisation und Überwachung des Abfertigungsbereiches bei eingehenden und ausgehenden Flügen sowie Leitung und Organisation der Bodenabfertigung der Fluggeräte. Im Rahmen dieser Tätigkeit als Airline Station Manager leitete und managte der Verfügungskläger die ihm unterstellten Mitarbeiter und sorgte für die Einhaltung für Sicherheitsmaßnahmen.
Ziffer 13 des Arbeitsvertrages lautet wie folgt:
„13. Beendigung des Arbeitsverhältnisses:
Das unbefristete Arbeitsverhältnis endet ohne Kündigung spätestens im Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer das 65. Lebensjahr vollendet. Ebenso endet das Arbeitsverhältnis bei Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit; dabei ist der Zugang des Rentenbescheids beim Arbeitnehmer massgeblich.
Vorher kann das Arbeitsverhältnis beiderseits mit der jeweiligen gesetzlichen Mindestfrist gekündigt werden.
Eine Verlängerung der Kündigungsfrist zugunsten des Arbeitnehmers verlängert auch die Kündigungsfrist zugunsten des Arbeitgebers.
Der Arbeitgeber ist berechtigt, den Arbeitnehmer jederzeit unter Anrechnung des noch ausstehenden Urlaubs von der Arbeit freizustellen. Der Arbeitnehmer verzichtet auf eine Weiterbeschäftigung über das Ende der Kündigungsfrist hinaus. Etwaige Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers werden hiervon nicht berührt.
Das Recht zur fristlosen Kündigung bleibt unberührt.
Zur ordentlichen und der ausserordentlichen Kündigung ist der jeweilige Verkaufsdirektor befugt.
Das Recht der Generaldirektion zur ordentlichen und fristlosen Kündigung bleibt unberührt.
Dieses Recht der Generaldirektion verletzt nicht das Kündigungsrecht des Verkaufsdirektors.“
Wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf das Schriftstück Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 01. August 2016 kündigte die Verfügungsbeklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Verfügungskläger ordentlich fristgemäß zum 31. Dezember 2016 (Abl. Bl. 61 d. A.). Gleichzeitig stellte die Verfügungsbeklagte den Verfügungskläger ab sofort unter Fortzahlung der vertraglich vereinbarten Verfügung unwiderruflich von der Arbeitsleistung frei.
Gegen die Kündigung hat der Verfügungskläger unter dem Geschäftszeichen 29 Ca 10637/16 Kündigungsschutzklage erhoben.
Der Verfügungskläger behauptet, die Kündigung und Freistellung sei Teil der Säuberungs- und Verfolgungskampagne der türkischen Regierung. In diesem Zusammenhang beruft er sich auf eine Presseerklärung der Verfügungsbeklagten vom 25. Juli 2016 (Abl. Bl. 65 d. A.). Wegen der Einzelheiten wird auf das Schriftstück verwiesen.
Ergänzend reicht der Verfügungskläger als Anlagen 5 und 6 zur Antragsschrift Medienberichte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Agentur Reuters zu den Akten (Abl. Bl. 66 – 70 d. A.). Wegen der Einzelheiten wird wiederum auf die Presseberichte Bezug genommen. Ferner reicht der Kläger eine E-Mail und WhatsApp- Schriftverkehr zu den Akten (Abl. Bl. 71 – 73 d. A.). Ferner einen Bericht des türkischen Nachrichtenportals für Flughäfen in türkischer Sprache (Bl. 75 ff. d. A.).
Der Kläger bestreitet, Mitglied einer Bewegung oder politischen Organisation zu sein. Vielmehr lehne er den Putschversuch ab.
Der Verfügungsanspruch ergebe sich ohne weiteres aus dem Arbeitsvertrag. Die Freistellungsklausel in Ziffer 13 des Arbeitsvertrages sei unwirksam. Sie gewähre eine Freistellungsbefugnis „jederzeit“, also nicht nur nach Ausspruch einer ordentlichen Kündigung.
Weiterhin habe der Kläger ein besonderes Beschäftigungsinteresse, da er unverhältnismäßig in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt werde, sein Ruf eine irreparable Beschädigung erleide und er durch die erzwungene Abwesenheit vom Arbeitsplatz als Unterstützer des Putsches gebrandmarkt werde. Dieser Rehabilitationseffekt bedinge den Verfügungsgrund. Hinzu komme, dass die Beschuldigung ohne jeden Beweis erfolgt sei. Nur durch die sofortige Rückkehr an den Arbeitsplatz könne der Kläger rehabilitiert werden und von dem Vorwurf reingewaschen werden. Der Kläger behauptet in diesem Zusammenhang, dass der Leiter der Berliner Direktion in einem Gespräch gegenüber dem Kläger am 25. Juli 2016 mitgeteilt habe, dass die Kündigung politische Gründe habe, da der Kläger der „Gülen-Bewegung“ nahe stehe.
Betriebsbedingte Gründe könnten deshalb nicht vorliegen, da in den vergangenen Monaten am Standort Berlin Personal aufgebaut worden sei.
Der Verfügungskläger beantragt,
der Verfügungsbeklagten unter Vermeidung eines Zwangsgeldes, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aufzugeben, den Verfügungskläger bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren, höchstens jedoch bis zum 31.12.2016, zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen als Station Manager am Flughafen Berlin zu beschäftigen.
Die Verfügungsbeklagte beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Es bestehe weder ein Verfügungsanspruch noch ein Verfügungsgrund. Dazu behauptet die Verfügungsbeklagte, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sei. Hierzu trägt sie einem Rekordverlust von 1,2 Milliarden türkische Lira im ersten Quartal 2016 vor. Aus diesem Grunde habe der Vorstandsvorsitzende der Verfügungsbeklagten am 14. Mai 2016 eine Dringlichkeitssitzung einberufen, um die Notwendigkeit der Kosteneinsparung zu besprechen. Bereits im Mai 2016 sei eine international agierende Rechtsanwaltskanzlei mit der Prüfung der Frage beauftragt worden, wie auf die wirtschaftliche Situation des Unternehmens durch Einsparungen im Bereich der Personalkosten reagiert werden könne – ggf. durch betriebsbedingte Kündigungen. Auch für das zweite Quartal 2016 sei ein massiver Verlust zu verzeichnen, nämlich 3,6 Milliarden türkische Lira. Insofern sei eine Reaktion erforderlich, um den Fortbestand des Unternehmens für die Zukunft zu sichern und den Großteil der Arbeitsplätze zu erhalten.
Ein Verfügungsanspruch liege deshalb nicht vor, da Ziffer 13 Satz 5 des Arbeitsvertrages nach Ausspruch der Kündigung zur Freistellung berechtige. Diese Klausel sei auch wirksam, da die Auslegung ergebe, dass die Freistellung nur im Zusammenhang mit einer Kündigung ausgesprochen werden könne. Die Kündigung sei nicht offensichtlich unwirksam und die Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses begründe die Freistellung. Die Arbeitsmotivation leide als Folge des Ausspruchs einer Kündigung. Ferner sei das Vertrauensverhältnis durch die Erhebung der unwahren Anschuldigungen durch den Verfügungskläger irreparabel zerrüttet. Die Behauptungen des Klägers, die Kündigung sei durch politische Gründe bedingt, bestreitet die Verfügungsbeklagte. Die Presseerklärung betreffe ausschließlich die Türkei und habe keinen Bezug zu dem Arbeitsverhältnis des Verfügungsklägers. Gleiches gelte für die Anlagen A 5 und A 6, da diese ausschließlich eine Berichtserstattung zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen in der Türkei beträfe. Insbesondere habe auch der Direktor der Beklagten den Kläger nicht beschuldigt, Mitglied der „Gülen-Bewegung“ zu sein oder Konsequenzen angedroht.
Ein Verfügungsgrund liege gleichfalls nicht vor, da das Interesse der Beklagten an der Freistellung überwiege und die Kündigung nicht offensichtlich wirksam sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31. August 2016 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist als Leistungsantrag zulässige, jedoch unbegründet.
Die begehrte einstweilige Verfügung war nicht zu erlassen.
Im vorliegenden Fall kann sich der Verfügungskläger nicht auf einen Verfügungsanspruch berufen.
Ziffer 13 Satz 5 des Arbeitsvertrages enthält eine Freistellungsklausel. Diese lautet: „Der Arbeitgeber ist berechtigt, den Arbeitnehmer jederzeit unter Anrechnung des noch ausstehenden Urlaubs von der Arbeit freizustellen.“
Der Verfügungskläger hält diese Klausel für unwirksam. Dem vermag die Kammer nicht zu folgen.
Die Freistellungsklausel ist nach § 307 Abs. 1 BGB jedenfalls nicht offenkundig unwirksam.
§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB ordnet an, dass Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sind, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Ob Freistellungsklauseln eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen, ist umstritten.
Nur vereinzelt begegnet man der Ansicht, Freistellungsklauseln seien generell unzulässig (Fischer NZA 2004, 233). Häufiger wird die Auffassung vertreten, die vertraglich vereinbarte Freistellungsmöglichkeit nach dem Ausspruch einer Kündigung sei grundsätzlich rechtswirksam (LAG Hamburg, Urteil vom 22.10.2008, 5 SaGa 5/08; LAG Köln, Urteil vom 20.02.2006, 14 (10) Sa 1394/05; LAG Hamm, Urteil vom 03.02.2004, 19 Sa 120/04; LAG München, Urteil vom 14.03.2003, 6 Sa 184/03). Die erkennende Kammer folgt der letztgenannten Meinung. Es spricht jedenfalls einiges dafür, dass ein Freistellungsrecht des Arbeitgebers nach dem Ausspruch einer Kündigung jedenfalls dann auch formularmäßig vereinbart werden kann, wenn es sich beim Arbeitnehmer um einen Mitarbeiter in leitender Stellung handelt (so auch LAG Hamm, Urteil vom 13.02.2015, 18 SaGa 1/15, Juris). Für ein solches Freistellungsrecht nach dem Ausspruch einer Kündigung spricht, dass durch die Freistellung mögliche Loyalitätsprobleme und Interessenkollisionen verhindert werden. Die praktische Erfahrung zeigt, dass ein Arbeitsverhältnis nach dem Ausspruch einer Kündigung häufig belastet ist. Die Tatsache des Kündigungsausspruchs an sich führt beiderseitig in der Regel zu einer Vertrauenseinbuße und zu Spannungen. Dieser Umstand vermag jedenfalls das Arbeitsverhältnis eines Mitarbeiters in leitender Position, dass im besonderen Maße auf eine belastbare Vertrauensgrundlage angewiesen ist, nachhaltig zu stören, und zwar unabhängig davon, ob die Kündigung aus verhaltens-, betriebs- oder personenbedingten Gründen erklärt wurde. Ist die Freistellung – wie im Streitfall – ausdrücklich unter Vergütungsfortzahlung vorgesehen, tritt eine Gefährdung des Vertragszwecks gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht ein. Denn der Hauptvertragszweck, die Sicherung der Existenzgrundlage durch die Vergütungszahlung, wird durch die Freistellung nicht tangiert.
Die Kammer folgt vorliegend nicht der Rechtsansicht des Verfügungsklägers, die Freistellung könne quasi voraussetzungslos jederzeit erklärt werden. Zwar lässt der Wortlaut des isoliert betrachteten Satzes „Der Arbeitgeber ist berechtigt, den Arbeitnehmer jederzeit unter Anrechnung des noch ausstehenden Urlaubs von der Arbeit freizustellen“ nicht erkennen, dass Voraussetzung eine Kündigung ist. Diese Voraussetzung ergibt sich jedoch aus dem Sachzusammenhang dieses Satzes. Der erwähnte Regelungssatz kann nicht aus dem Sachzusammenhang gerissen werden. Ziffer 13 des Arbeitsvertrages steht eindeutig unter der Überschrift „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“. Der gesamte Abschnitt befasst sich sodann mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Befristung, Kündigung, sowohl außerordentlich als auch ordentlich. Daraus ist ohne weiteres zu schließen, dass die Freistellungsbefugnis nur für den Fall des Ausspruchs einer ordentlichen Kündigung gemeint ist. Diese Auslegung ist zwingend und führt nicht etwa zu einer Unklarheit, wie der Kläger meint.
Nachdem nach alledem die Klausel wirksam ist, war zu prüfen, ob die Freistellung des Verfügungsklägers die Grenzen des billigen Ermessens (§§ 106 S. 1 GewO, 315 Abs. 1 BGB) verletzt.
Der Arbeitgeber darf von einem vertraglich vereinbarten Freistellungsrecht nur nach billigem Ermessen Gebrauch machen. Die Ausübung billigen Ermessens setzt voraus, dass die wesentlichen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt werden. Im Streitfall ergibt sich aus der erforderlichen Abwägung, dass die Interessen der Verfügungsbeklagten an der Freistellung des Verfügungsklägers überwiegen.
Die Verfügungsbeklagte hat ein berechtigtes Interesse daran, den Verfügungskläger in der Kündigungsfrist nicht zu beschäftigen.
Hier wird auf die oben stehenden Erwägungen verwiesen. Da die Tatsache des Kündigungsausspruchs an sich beiderseitig in der Regel zu einer Vertrauenseinbuße und zu Spannungen führt und dieser Umstand jedenfalls das Arbeitsverhältnis eines Mitarbeiters in leitender Position nachhaltig zerstören vermag, gelten diese Erwägungen auch für den vorliegenden Fall. Der Verfügungskläger ist zuletzt als Stationsleiter tätig gewesen. Als solcher bekleidet er eine verantwortungsvolle Position. Die von der Beklagten geschilderten Aufgaben des Verfügungsklägers sind unstreitig. U. a. hat der Kläger Leitungsfunktionen. Die Verfügungsbeklagte hängt von einer loyalen und engagierten Leistung des Station Managers ab.
Hinzu tritt, dass die ausgesprochene Kündigung jedenfalls nicht offensichtlich unwirksam ist. Wäre dies so, wäre die Freistellung des Klägers bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unbillig.
Vorliegend hat sich der Verfügungskläger darauf berufen, wahrer Kündigungsgrund sei politischer Natur. Hierzu hat er diverse Indizien beizubringen gesucht. Wäre dieser klägerische Vortrag zutreffend bzw. unstreitig, könnte die streitgegenständliche Kündigung als offensichtlich unwirksam angesehen werden, denn das Kündigungsschutzgesetz sieht solche Kündigungsgründe nicht vor. Da die vom Kläger vorgebrachten Gründe und Motive der Beklagten jedoch keinesfalls unstreitig sind, sondern vielmehr bestritten sind, kann der Kläger mit seinem Ansinnen nicht durchdringen. Die Beklagte trägt plausibel vor, dass tatsächlich wirtschaftliche Gründe – und damit dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 KSchG – Grund für die ausgesprochene Kündigung zum 31. Dezember 2016 waren. Damit steht in diesem Zusammenhang Aussage gegen Aussage.
Eine Entscheidung im Eilverfahren der einstweiligen Verfügung ist nicht geeignet, schwierige und grundsätzliche Fragen zu klären. Die Entscheidung im Eilverfahren dient nur der vorläufigen Sicherung von Rechten und ist auf eine summarische Prüfung beschränkt.
Nach summarischer Prüfung kann jedenfalls nicht festgestellt werden, dass die Kündigung offensichtlich unwirksam ist, denn die Beklagte hat ihrerseits betriebsbedingte Kündigungsgründe vorgetragen, die der Verfügungskläger jedenfalls nicht eindeutig zu widerlegen vermag. Ob die Kündigung tatsächlich aus dringenden betrieblichen Erfordernissen bedingt ist, muss letztlich das Kündigungsschutzverfahren klären. Für eine Prüfung dieser schwierigen Rechtsfrage im Einzelnen ist jedoch im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens kein Raum.
Nach alledem war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Auf ein besonderes Beschäftigungsinteresse oder ein Rehabilitationsinteresse des Verfügungsklägers kommt es danach nicht mehr an.
Die Kosten trägt der Verfügungskläger (§§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO). Der Streitwert ist auf ein Monatsbrutto festgesetzt worden (§ 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ff. ZPO).
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil kann von d. Verfügungskläger/in Berufung eingelegt werden.
Die Berufungsschrift muss von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt bzw. einer Vertreterin oder einem Vertreter einer Gewerkschaft, einer Arbeitgebervereinigung oder eines Zusammenschlusses solcher Verbände eingereicht werden.
Die Berufungsschrift muss innerhalb
einer Notfrist von einem Monat
bei dem
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg,
Magdeburger Platz 1, 10785 Berlin ,
eingegangen sein.
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass Berufung gegen dieses Urteil eingelegt werde.
Die Berufung ist gleichzeitig oder innerhalb
einer Frist von zwei Monaten
in gleicher Form schriftlich zu begründen.
Der Schriftform wird auch durch Einreichung eines elektronischen Dokuments im Sinne des § 46c ArbGG genügt. Nähere Informationen dazu finden sich auf der Internetseite unter www.berlin.de/erv.
Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgesetzten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
Dabei ist zu beachten, dass das Urteil mit der Einlegung in den Briefkasten oder einer ähnlichen Vorrichtung für den Postempfang als zugestellt gilt. Dies gilt nicht bei Zustellungen gegen Empfangsbekenntnis gemäß § 174 ZPO.
Wird bei der Partei eine schriftliche Mitteilung abgegeben, dass das Urteil auf der Geschäftsstelle eines Amtsgerichts oder einer von der Post bestimmten Stelle niedergelegt ist, gilt das Schriftstück mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung als zugestellt, also nicht erst mit der Abholung der Sendung.
Das Zustellungsdatum ist auf dem Umschlag der Sendung vermerkt.
Für d. Verfügungsbeklagte/n ist keine Berufung gegeben.
Von der Begründungsschrift werden zwei zusätzliche Abschriften zur Unterrichtung der ehrenamtlichen Richter erbeten.
Weitere Statthaftigkeitsvoraussetzungen ergeben sich aus § 64 Abs.2 ArbGG :
"Die Berufung kann nur eingelegt werden,
a) wenn sie in dem Urteil zugelassen worden ist,
b) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c) in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d) wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall schuldhafter Versäumung nicht vorgelegen habe."
gez. St.