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  • 15.05.2019 · IWW-Abrufnummer 208889

    Finanzgericht Sachsen: Urteil vom 05.12.2018 – 4 K 1008/14

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    SÄCHSISCHES FINANZGERICHT

    Im Namen des Volkes

    URTEIL

    Az: 4 K 1008/14

    In dem Finanzrechtsstreit

    xxx
    ­­­ ­­­­­­­­    ­
    wegen ­Tabaksteuer

    hat der 4. Senat durch Richter am Finanzgericht … gemäß §§ 5 Abs. 3 Satz 1, 6 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung als Einzelrichter

    ­ohne mündliche Verhandlung am 05.12.2018

    für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.
    2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

    Tatbestand

    Gegenstand der Klage ist der Steuerbescheid vom 23.05.2012 (Behördenakte Teil 3 Bl. 18), mit dem – unter Berücksichtigung zeitlich nachfolgender Änderungsbescheide (Behördenakte Teil 3 Blatt 28, 36, 48) - gegen den Kläger zuletzt Tabaksteuer in Höhe von 22.996,22 € festgesetzt worden war. Die Klage richtet sich außerdem gegen die Einspruchsentscheidung vom 06.06.2014 (Behördenakte Teil 3 Blatt 134 ff.; Blatt 12 ff. der Akte), mit welcher der Beklagte den Einspruch des Klägers gegen den Steuerbescheid vom 23.05.2012 in Gestalt der oben erwähnten Änderungsbescheide wegen Nichteinhaltung der Einspruchsfrist als unzulässig verworfen hat.

    Am 17.03.2011 wurde durch Beamte der Kontrolleinheit Verkehrswege ein polnischer Autotransporter Fiat Ducato auf der BAB 4 in Fahrtrichtung D., einer Kontrolle unterzogen. Fahrzeugführer zum Zeitpunkt der Feststellung war der Kläger, Beifahrer war R.. Durch Einsatz eines Röntgengerätes wurde im Bereich der Ladefläche ein nicht bauartbedingter Hohlraum festgestellt, der mit insgesamt 163.000 Stück Zigaretten verschiedener Marken mit ukrainischen Steuerzeichen befüllt war. Im Verlauf der Kontrolle machten der Kläger und Herr R. gegenüber den aufgreifenden Beamten übereinstimmend die Aussage, von einem Versteck im Fahrzeug nichts gewusst zu haben und gaben an, erst kurz vor der Einreise nach Deutschland das Fahrzeug übernommen zu haben. Wegen der getroffenen Feststellungen wird verwiesen auf den Schlussbericht des Zollfahndungsamts vom 20.09.2011 sowie auf die Vernehmungen des Klägers vom 18.03.2011 und vom 01.06.2011 (Behördenakte Teil 2 Blatt 273 ff; Behördenakte Teil 1 Blatt 25 ff, 195 ff.).

    Aufgrund der Ermittlungen des Zollfahndungsamtes bestand der dringende Verdacht, dass die weiteren Beschuldigten B. sowie P. tatgemeinschaftlich insgesamt 163.000 Zigaretten mit ukrainischem Steuerzeichen aus der Ortschaft R. nach Z. und von dort in die Bundesrepublik verbracht haben, am 17.03.2011 seien der Kläger und sein Beifahrer R. mit dem Verbringen des Tatfahrzeuges in die Bundesrepublik Deutschland beauftragt worden, ohne dass sie wussten, dass sich unversteuerte Zigaretten darin befinden. Die Beschuldigten P. und B. hätten gemeinschaftlich als Täter im Sinne von § 25 Abs. 1 und 2 StGB gehandelt und die Tat durch den Kläger sowie Herrn R. begangen, welche keine Kenntnis von der Straftat gehabt hätten. Im Ergebnis regte das Zollfahndungsamt in seinem Schlussbericht vom 20.09.2011 eine Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen R. und den Kläger gemäß § 170 Abs. 2 StPO an. Der Anregung folgend hat die Staatsanwaltschaft  das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen Steuerhinterziehung gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt (Schreiben der Staatsanwaltschaft vom 07.05.2012, Blatt 10 der Akte).

    Aufgrund der getroffenen zollfahndungsrechtlichen Feststellungen erging der Steuerbescheid vom 23.05.2012 (Behördenakte Teil 3 Blatt 18), mit welchem gegenüber dem Kläger Zoll in Höhe von 3.286,08 Euro, Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 1.708,31 Euro und Tabaksteuer in Höhe von 22.996,22 Euro festgesetzt wurde. Der Bescheid wurde ausweislich eines Empfangsbekenntnisses vom 24.05.2012 (Behördenakte Teil 3 Blatt 25) – unleserliche Unterschrift – einem Empfangsbevollmächtigten übergeben. Der Kläger hatte – offenbar im Rahmen seiner ersten Beschuldigtenvernehmung – eine Empfangsvollmacht gemäß § 123 AO erteilt, in deren Rahmen er die beim Hauptzollamt  dienstansässige S. oder einen Vertreter im Amt zur Entgegennahme u. a. aller im Zusammenhang mit dem Besteuerungsverfahren anfallenden Schreiben des Hauptzollamtes bevollmächtigt hatte (Behördenakte Teil 1 Blatt 29). Der Bescheid vom 23.05.2012 wurde übermittelt mit Einschreiben/Rückschein an die polnische Wohnanschrift des Klägers. Ausweislich des Rückscheins wurde die Sendung am 01.06.2012 an  Z. übergeben, bei der es sich um die Ehefrau des Klägers handelt (vgl. die entsprechenden Angaben des Klägers zur Person im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung, Vernehmungsniederschrift vom 18.03.2011, Behördenakte Teil 1 Blatt 25). Mit zwei weiteren Bescheiden vom 02.05.2013 erhob das Hauptzollamt zusätzlich zur bereits festgesetzten Steuer weitere Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 4.466,90 Euro nach (Behördenakte Teil 3 Blatt 28) und erließ den festgesetzten Zollbetrag in Höhe von 3.286,08 Euro auf der Grundlage von Artikel 867 a Zollkodex – Durchführungsverordnung (Behördenakte Teil 3 Blatt 36). Die beiden Bescheide vom 02.05.2013 wurden ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 03.05.2013 übermittelt an die Empfangsbevollmächtigte S. (Behördenakte Teil 3 Blatt 37). Die Postsendung mit den Bescheiden wurde durch Einschreiben/Rückschein an die polnische Wohnanschrift des Klägers übermittelt, wo sie ausweislich des internationalen Rückscheins am 10.05.2013 wiederum an Z. übergeben worden ist (Behördenakte Teil 3 Blatt 38). Mit einem weiteren Bescheid, datiert auf den 20.03.2013 (richtig: 20.03.2014, vgl. Behördenakte Teil 3 Blatt 48) wurde die erhobene Einfuhrumsatzsteuer aus dem Ursprungsbescheid vom 23.05.2012 und dem Nachhebungsbescheid vom 02.05.2013 insgesamt gemäß Artikel 236 Zollkodex erlassen. Der Bescheid wurde dem Kläger unter seiner zwischenzeitlich bekanntgewordenen deutschen Wohnanschrift bekanntgegeben.

    Mit seinem am 25.02.2014 bei der Vollstreckungsstelle des HZA P. eingegangen Schreiben unter der Betreffzeile "Steuerschulden-Widerspruch" wendet sich der Kläger unter Bezugnahme auf eine vorgenommene Pfändung vom 19.02.2014 unter Bezugnahme auf beigefügte Rechenschaftsberichte gegen die Forderungen aus den Vollstreckungsvorgängen, insbesondere mit Bezug auf eine am 06.06.2012 fällig gewordene Tabaksteuerfestsetzung. Er legte "gegen die gegenständlichen Rechenschaftsberichte Widerspruch ein", und wies darauf hin, dass ihm weder unter seiner Meldeadresse in Polen noch unter seiner Meldeadresse in Deutschland ein Zahlungsbescheid zugestellt worden sei (vgl. Behördenakte Teil 3 Blatt 3 ff.). Mit einem weiteren Schreiben vom 27.03.2014 legte der Kläger erneut ausdrücklich Einspruch gegen den Steuerbescheid vom 23.05.2012 ein (Behördenakte Teil 3 Blatt 118). Der Beklagte verwarf den Einspruch des Klägers gegen den Steuerbescheid vom 23.05.2012 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 02.05.2013 und vom 20.03.2013 (richtig: 2014) wegen Nichteinhaltung der Einspruchsfrist als unzulässig (vgl. Einspruchsentscheidung vom 06.06.2014, Behördenakte Teil 3 Blatt 134 ff.; Blatt 12 ff. der Akte).

    Mit der fristgerecht erhobenen Klage begehrt der Kläger die Aufhebung der gegen ihn ergangenen Tabaksteuerfestsetzung.

    Er macht geltend, das Hauptzollamt habe zu Unrecht den Einspruch als verfristet verworfen. Die Bekanntgabe des Steuerbescheides vom 23.05.2012 sei nicht wirksam, da die Bestellung eines Empfangsbevollmächtigten am 17.03.2011 nicht wirksam gewesen sei. Die an die polnische Adresse in xx-xxx S. versandten Bescheide habe der Kläger nicht erhalten. Die streitgegenständlichen Bescheide seien über die Deutsche Post AG als Brief mit Einschreiben/Rückschein verschickt worden. Eine Unterschrift des Klägers sei auf den Rückscheinen nicht enthalten, sondern lediglich unstreitig die Unterschriften Dritter. Empfangsbevollmächtigt seien diese indes nicht. Die Zustellung sei daher unwirksam. Die Wirksamkeit der behaupteten Zustellung ergebe sich auch nicht aus den Vorschriften des VwVfG bzw. aus der ZPO. Insbesondere gälten die Regelungen über die Ersatzzustellung (§§ 178 bis 181 ZPO) nur für Zustellungen durch die Post mit Zustellungsurkunde bzw. für Zustellungen durch die Behörde gegen Empfangsbekenntnis. Die Wirksamkeit der Zustellung könne auch nicht aus den AGB des Postdienstleisters (hier: Deutsche Post AG) abgeleitet werden. Selbst wenn danach der Postdienstleister berechtigt sein sollte, das Schriftstück an "Ersatzempfänger" auszuhändigen, wozu u. a. Angehörige des Empfängers oder andere in den Räumen des Empfängers anwesende Personen zählten (§ 4 Abs. 3 AGB), sei diese Regelung für die Wirksamkeit einer Zustellung ohne Bedeutung. Denn der Kläger brauche sich die AGB der Deutschen Post AG nicht entgegenhalten zu lassen, da er an dem der Zustellung zugrundeliegenden Vertragsverhältnis nicht beteiligt sei. AGB hätten nur Wirkung in dem Vertragsverhältnis, in das sie als Bestandteil einbezogen worden seien. Der Postbeförderungsvertrag sei aber nur zwischen dem beklagten Hauptzollamt und der Deutschen Post AG geschlossen worden, der Kläger als Adressat sei am Postbeförderungsvertrag nicht beteiligt. Deshalb brauche er sich die Übergabe des Bescheides an den im Postvermerk angegebenen Dritten nicht als wirksame Zustellung entgegenhalten zu lassen. Es sei nicht einmal eindeutig feststellbar, ob der Brief tatsächlich an einen erwachsenen Familienangehörigen in der Wohnung des Klägers übergeben oder nur in einem Haus mit mehreren Wohnungen abgegeben worden sei. Auch könne nicht § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB herangezogen werden, denn eine Zustellungsvermutung unter normalen Umständen sei hier nicht anzunehmen. Scheinbar habe der Postbote selbst nicht um die Wichtigkeit der Zustellung gewusst, da dieser das Rückscheinformular nur unvollständig ausgefüllt habe, noch hätten die tatsächlichen "Empfänger" die Wichtigkeit der Briefe einschätzen können, da das Rückscheinformular nur in Deutsch, Englisch und Französisch gehalten sei. Sie hätten daher noch nicht einmal gewusst, was überhaupt quittiert worden sei. Dafür spreche auch, dass der Kläger erstmals bei Einleitung der Vollstreckungsmaßnahmen überhaupt von einer Steuerfestsetzung erfahren habe. Selbst wenn man von einer Zustellung unter der Wohnanschrift in S. ausgehe, sei darauf hinzuweisen, dass die betreffenden dritten Personen nicht mit fristwahrenden Handlungen beauftragt gewesen seien und nur als Hilfspersonen gehandelt hätten. Damit seien sie keine Vertreter, so dass sich der Steuerpflichtige ihr Verschulden nicht zurechnen lassen müsse. Hier hätten die "Empfänger" der Bescheide bereits aufgrund der Sprachbarriere diese nicht zuordnen können, so dass zumindest ein Wiedereinsetzungsgrund nach § 110 AO vorliege. Dieser Wiedereinsetzungsantrag sei spätestens in dem vom Kläger verfassten Schreiben anzusehen, in dem er mitgeteilt habe, dass er die Bescheide gar nicht erhalten habe und die Festsetzung nicht verstehe.

    In der Sache sei fraglich, ob der Kläger überhaupt im Besitz der Zigaretten gewesen sei. Seine Aufgabe sei lediglich gewesen, den LKW zum Ziel zu bringen bzw. zurückzufahren. Da die Zigaretten fachmännisch versteckt gewesen seien, hätte der Kläger von der Zigarettenladung auch nichts wissen müssen bzw. können. Fraglich sei zudem, so das Vorbringen der neuen Prozessbevollmächtigten, ob der Auftraggeber des Klägers als Hintermann des Zigarettenschmuggels, für welchen der Kläger die steuerschuldrechtliche Verantwortung trage, ebenfalls Schuldner der Tabaksteuer geworden sei und ggf. neben dem Kläger hätte in Anspruch genommen werden können bzw. sogar vorrangig in Anspruch genommen hätte werden müssen. Bei der Ermessensentscheidung sei zu beachten, dass sich der Kläger gerade keine Steuerstraftat vorwerfen lassen müsse.

    Der Kläger beantragt sinngemäß,

    den Steuerbescheid vom 23.05.2012 in Gestalt der Bescheide vom 02.05.2013 und des Bescheides vom 20.03.2013 – richtig: 20.03.2014 – sowie die Einspruchsentscheidung vom 06.06.2014 aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt sinngemäß,

    die Klage abzuweisen.

    Der angefochtene Steuerbescheid vom 23.05.2012 sei dem Kläger bereits am 24.05.2012 wirksam durch Übermittlung an die von ihm am 17.03.2011 bevollmächtigte Empfangsbevollmächtigte S. rechtswirksam bekanntgegeben worden. Die einmonatige Einspruchsfrist habe mit Ablauf des 25.06.2012 geendet mit der Folge, dass der Einspruch nach Ablauf der Einspruchsfrist beim zuständigen Hauptzollamt eingegangen und daher unzulässig sei.

    Der Rechtsstreit wurde mit Senatsbeschluss vom 04.12.2018 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (vgl. Schriftsätze des Klägervertreters vom 09.12.2014 sowie des Beklagten vom 25.11.2014, Bl. 41 und 37 dA).


    Entscheidungsgründe


    Die Klage ist unbegründet.

    Der Beklagte hat zu Recht den Einspruch des Klägers gegen den Steuerbescheid vom 23.05.2012 in Gestalt der nachfolgenden Änderungsbescheide als unzulässig verworfen. Dabei kann dahingestellt bleiben ob, wovon das Hauptzollamt – wohl zurecht – in der Einspruchsentscheidung ausgegangen ist, bereits das Schreiben des Klägers an das Hauptzollamt P. (Posteingang dort am 25.02.2014) als Einspruchseinlegung gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid zu werten ist, oder ob der Kläger erstmals mit dem Schreiben vom 27.03.2014 (Posteingang beim Beklagten am 28.03.2014) Einspruch gegen den Steuerbescheid vom 23.05.2012 eingelegt hat. Denn der Einspruch war in jedem Fall unzulässig, weil bei Einspruchseinlegung – am 25.02.2014 bzw. am 28.03.2014 – die einmonatige Einspruchsfrist bereits abgelaufen war. Das gilt auch dann, wenn man mit dem Kläger davon ausgeht, dass die Bekanntgabe an die von ihm bevollmächtigte Mitarbeiterin des Hauptzollamts als Empfangsbevollmächtigte im Sinne von § 123 AO unwirksam war mit Blick darauf, dass es sich bei der Empfangsbevollmächtigten um eine in der Sphäre der Behörde stehende Person handelt (vgl. FG München, Urteil vom 08.01.2010 14 K 1298/08, Juris; LG Berlin, Beschluss vom 03.11.2011 526 Qs 22/11, NStZ 2012, 334; Klein AO, 14. Auflage 2018, § 123 Rn. 4; ebenso im Anschluss an FG München: Beermann/Gosch, AO, § 123 Rn. 8; Tipke/Kruse, AO § 123 Rn. 10).

    Denn der Steuerbescheid vom 23.05.2012 ist dem Kläger jedenfalls am 01.06.2012 zugestellt worden. Die Zustellung war entgegen der Auffassung des Klägers wirksam.

    Wird wie im Streitfall die Zustellung des Verwaltungsaktes behördlich angeordnet, richtet sich die Zustellung nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG). Im hier einschlägigen Fall einer Zustellung im Ausland erfolgt die Zustellung durch Einschreiben mit Rückschein, soweit die Zustellung von Dokumenten unmittelbar durch die Post völkerrechtlich zulässig ist, § 9 Abs. 1 Nr. 1 VwZG; zum Nachweis der Zustellung genügt dann der Rückschein, § 9 Abs. 2 Satz 1 VwZG. Diese Zustellungsart hat der Beklagte im vorliegenden Fall gewählt. Die Zustellung von Dokumenten unmittelbar durch die Post war im Streitfall auch völkerrechtlich zulässig, weil nicht ersichtlich ist, dass die Republik Polen eine Zustellung deutscher Bescheide durch Einschreiben mit Rückschein nicht toleriert (anders als z. B. im Falle der Schweiz, vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 20.05.2014 III B 82/13, BFH/NV 2014, 1505; sowie Tz 3.1.4.1 AEAO zu § 122). Ausweislich des vorliegenden internationalen Rückscheins wurde die Sendung mit dem verfahrensgegenständlichen Steuerbescheid vom 23.05.2012 am 01.06.2012 unter der polnischen Wohnanschrift des Klägers an Z.  übergeben, die Ehefrau des Klägers. Diese im Rückschein beurkundete Übergabe an seine Ehefrau hat der Kläger nicht substantiiert in Abrede gestellt. Er lässt zwar pauschal vorbringen, die an seine polnische Wohnanschrift versandten Bescheide habe er „nicht erhalten“, führt aber in der Folge weiter aus, dass der Rückschein nicht von ihm unterschrieben sei, sondern "lediglich – unstreitig – die Unterschriften Dritter" trage, und dass diese als "Dritte" bezeichneten Personen – wozu er offenbar auch seine in der Wohnung anwesende Ehefrau zählt, welcher die Postsendung übergeben worden ist - seien „nicht empfangsbevollmächtigt“, weshalb die Übergabe an sie letztlich ihm gegenüber nicht wirksam sei. Soweit die Prozessbevollmächtigte darüber hinaus vorbringt, es sei nicht einmal eindeutig feststellbar, ob der Brief tatsächlich an einen erwachsenen Familienangehörigen in der Wohnung des Klägers übergeben wurde oder nur in einem Haus mit mehreren Wohnungen abgegeben wurde, reicht eine derartige unsubstantiierte und durch nichts belegte Behauptung nicht aus, die Richtigkeit der Angaben auf dem Rückschein in Abrede zu stellen.

    Der Umstand, dass der Postmitarbeiter die Sendung nicht dem Kläger persönlich, sondern seiner Ehefrau übergeben hat, steht der Wirksamkeit der Zustellung nicht entgegen. Keiner abschließenden Klärung bedarf, ob die Wirksamkeit der Zustellung durch Aushändigung des Einschreibebriefes an die Ehefrau des Klägers als sogenannte Ersatzempfängerin aufgrund der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutschen Post bzw. des von ihr als Subunternehmen eingeschalteten polnischen Postunternehmens beruht, und ob diese allgemeinen Geschäftsbedingungen, obwohl nur Bestandteil des Beförderungsvertrags zwischen dem Beklagten und der Deutschen Post bzw. des von ihr eingeschalteten Subunternehmens, gleichwohl Wirksamkeit dem Kläger gegenüber entfalten. Diese Auffassung wird hinsichtlich der innerdeutschen Zustellung durch Einschreiben mit Rückschein gemäß § 175 ZPO im Schrifttum teilweise vertreten (z. B. Zöller, ZPO 32. Auflage 2018, § 175 Rn. 3 m.w.N.), und ließe sich auch hinsichtlich der Auslandszustellung durch Einschreiben mit Rückschein vertreten, weil § 9 Abs. 1 Nr. 1 VwZG für die Zustellung im Ausland das Einschreiben mit Rückschein zulässt und diese Zustellungsart damit den Regeln der Post über den Einschreibe-Briefverkehr unterstellt. Diese Frage bedarf aber keiner abschließenden Klärung. Denn auch wenn man der Gegenmeinung folgend den Kläger als nicht am Beförderungsvertrag beteiligten Dritten nicht für verpflichtet hielte, sich aufgrund der Regelungen in den AGB des Postunternehmens die Übergabe an seine Frau als wirksame Zustellung entgegenhalten zu lassen, so folgt die Wirksamkeit der Zustellung gleichwohl aus einer direkten oder jedenfalls entsprechenden Anwendung von § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. BSG-Beschluss vom 07.10.2004 B 3 KR 14/04 R, NJW 2005, 1303).

    Danach wird eine empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber einem Abwesenden in dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie dem Empfänger zugeht. Zugegangen ist die Willenserklärung, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen (vgl. Palandt, BGB, 76. Auflage 2017, § 130 Rn. 5; BSG-Beschluss vom 07.10.2004 a.a.O.). Vorliegend ist die Ehefrau des Klägers als Empfangsbotin anzusehen. Hierbei handelt es sich um eine Person, die vom Empfänger zur Entgegennahme von Erklärungen bestellt worden ist oder nach der Verkehrsanschauung als bestellt anzusehen ist. Dazu zählen bei schriftlichen Erklärungen zumindest alle Personen, die von § 178 ZPO (Regelung über die Ersatzzustellung in der Wohnung und anderen Räumen) erfasst werden, also auch die in der Wohnung des Empfängers lebenden Angehörigen und Haushaltsmitglieder, somit auch die Ehefrau des Klägers. (vgl. BSG-Beschluss vom 07.10.2004 a.a.O.; BGH-Urteil vom 24.06.1998 XII ZR 195/96, BGHZ 139, 123). Bestätigt wird dies durch den Befund, dass auch die später erlassenen Bescheide vom 02.05.2013 ausweislich des Rückscheins unter der Wohnanschrift des Klägers ebenfalls der Ehefrau übergeben worden sind. Aus der jedenfalls entsprechenden Anwendung des § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt sich hier, dass der Steuerbescheid vom 23.05.2012 dem Kläger am 01.06.2012 wirksam zugestellt worden ist; denn eine Erklärung, die ein Empfangsbote entgegennimmt, geht dem Adressaten in dem Zeitpunkt zu, in dem nach den regelmäßigen Verlauf der Dinge die Weiterleitung an den Adressaten zu erwarten war. Übermittelt der Empfangsbote die Erklärung verspätet, falsch oder überhaupt nicht, so geht das zu Lasten des Empfängers (vgl. Palandt, BGB, 76. Auflage 2017, § 130 Rn. 9).

    Hier ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die Ehefrau das von ihr am 01.06.2012 entgegengenommene Einschreiben noch am gleichen Tag – "regelmäßiger Verlauf der Dinge" - an den Kläger weitergereicht hat. Die Prozessbevollmächtigte macht insoweit sinngemäß geltend, dass die Ehefrau nicht empfangsbevollmächtigt gewesen sei, worauf es im vorliegenden Zusammenhang jedoch nicht ankommt. Ebenso wenig zum Erfolg führt das weitere Vorbringen der Prozessbevollmächtigten, die Zustellungsvermutung unter "normalen Umständen" komme hier nicht zum Tragen, weil der Postbote das Rückscheinformular nur unvollständig ausgefüllt habe und auch die vermeintlichen Empfänger die Wichtigkeit der Briefe nicht einschätzen konnten, weil das Rückscheinformular nur auf Deutsch, Englisch und Französisch gehalten sei. Denn entscheidend ist nur, dass die Sendung an die Ehefrau übergeben wurde, und nach der Verkehrsauffassung nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge eine Weiterleitung an den Kläger als den eigentlichen Adressaten zu erwarten war. Ob der Kläger tatsächlich von dem zugestellten Bescheid Kenntnis genommen hat ist unerheblich. Ebenso stünde es dem Zugang nicht entgegen, wenn der Kläger ggf. durch Krankheit oder durch Ortsabwesenheit daran gehindert gewesen sein sollte, vom Inhalt des Bescheides Kenntnis zu nehmen (vgl. z. B. BGH-Urteil vom 23.04.1996 II ZR 65/95, NJW-RR 1996, 866). Anhaltspunkte für eine lang andauernde Ortsabwesenheit des Klägers, die ggf. der Annahme einer Zustellung bzw. der Qualifikation der Ehefrau als Empfangsbotin entgegenstehen könnte, sind nach Aktenlage nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht substantiiert vorgebracht. In diesem Zusammenhang unerheblich ist der außergerichtliche Einwand des Klägers, zum Zeitpunkt der Zustellung habe er sich nachweislich nicht unter der angegebenen polnischen Meldeadresse aufgehalten, und sei vielmehr unter der "oben angegebenen deutschen Meldeadresse anwesend" gewesen (Schriftsatz vom 10.05.2014, Behördenakte Teil 3 Blatt 131). Dieses Vorbringen ist außerdem unzutreffend. Denn ausweislich der vom Beklagten eingeholten Melderegisterauskunft der Stadt H. war der Kläger unter seiner damaligen deutschen Wohnanschrift in H. erst seit dem 15.09.2013 angemeldet; frühere Wohnanschriften bestanden nicht (Auskunft der Stadt H. vom 26.02.2014, Behördenakte Teil 3 Blatt 64). Im Übrigen stünde auch eine deutsche Wohnanschrift des Klägers weder der Wirksamkeit einer am Familienwohnsitz in Polen vorgenommenen Zustellung entgegen noch würde dieser Umstand etwas an der Stellung seiner Ehefrau als Empfangsbotin ändern.

    Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war nicht zu gewähren, weil bei Einlegung des Einspruchs – am 25.02.2014 bzw. 28.03.2014 – die Jahresfrist gemäß § 110 Abs. 3 AO bereits verstrichen war.

    Doch auch bei Annahme einer rechtzeitigen Einlegung des Einspruchs wäre die Klage in der Sache unbegründet. Zutreffend geht das Hauptzollamt von der Rechtmäßigkeit der Tabaksteuerfestsetzung aus, weil der Kläger den LKW, in dem die versteckt untergebrachten Zigaretten vorgefunden wurden, von der Republik Polen nach Deutschland gefahren hat. Durch sein Handeln hat der Kläger den Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 TabStG erfüllt. Danach entsteht die Tabaksteuer, wenn Tabakwaren in anderen als den in § 22 Abs. 1 TabStG genannten Fällen entgegen § 17 Abs. 1 TabStG aus dem steuerrechtlich freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaats in das Steuergebiet verbracht werden, in dem Zeitpunkt, in dem die Tabakwaren erstmals zu gewerblichen Zwecken in Besitz gehalten werden. Die Grundsätze, die der BFH zur Auslegung der Vorgängervorschrift des § 19 TabStG a.F. aufgestellt hat (vgl. BFH-Urteil vom 10.10.2007 VII R 49/06, BFH/NV 2008, 499), lassen sich auch auf die Auslegung des § 23 TabStG n.F. und damit auf den Streitfall übertragen. Danach hat der Führer eines Fahrzeugs die Möglichkeit der Sachherrschaft über sein Fahrzeug und alle in ihm befindlichen Gegenstände, somit auch über die im Fahrzeug versteckten Zigaretten, und zwar unabhängig davon, ob es sich bei dem Fahrzeug um einen PKW oder einen LKW handelt (vgl. BFH-Beschluss vom 25.03.2013 VII B 232/12, BFH/NV 2013, 1131; vgl. auch FG München, Beschluss vom 12.06.2012 14 V 592/12, Juris). An der Entstehung der Tabaksteuerschuld ändert sich nichts dadurch, dass das Strafverfahren gegen den Kläger nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist.

    Nach diesen Grundsätzen ist der Kläger als Verbringer Schuldner der entstandenen Abgaben. Nach der Rechtsprechung des BFH ist das Verbringen i.S.d. § 19 Satz 2 TabStG a.F. als reine Tathandlung zu verstehen, d.h. als ein Tun, das bewirkt, dass Waren in das Steuergebiet eines anderen Staates gelangen. Auf Vorstellungen oder ein Verschulden des Handelnden kommt es dabei nicht an. Ebenso ist es unerheblich, dass die betreffenden Waren durch Dritte möglicherweise ohne Wissen des Fahrzeugführers, wie hier durch den Führer eines LKW, in dem Fahrzeug untergebracht oder versteckt worden sind (vgl. EuGH-Urteil vom 04.03.2004, Rs. C-238/02 und 246/02, Slg. 2004, I-2141). Der BFH hat zudem betont, dass der Begriff des Verbringens zoll- und verbrauchsteuerrechtlich in gleicher Weise auszulegen ist, so dass die vorgenannte Rechtsprechung auch für den Begriff des Verbringens gilt (BFH-Urteil vom 10.10.2007 VII R 49/06, BFH/NV 2008, 499; vgl. auch FG München, Urteil vom 13.10.2011 14 K 3642/08, DStRE 2012, 640).

    Ermessensfehler bei der Ausübung des Auswahlermessens sind nicht erkennbar. Insbesondere hat der Beklagte ausweislich des Bescheids den Kläger als Gesamtschuldner mit seinem Mitfahrer R. und B. als mutmaßlichem Hintermann in Anspruch genommen, was nicht zu beanstanden ist.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen gemäß § 115 Abs. 2 FGO nicht erfüllt sind.

    Rechtsmittelbelehrung

    Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.

    Die Beschwerde ist bei dem Bundesfinanzhof, Postfach 86 02 40, 81629 München, Hausanschrift: Ismaninger Straße 109, 81675 München, Telefax-Anschluss 089/9231-201, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder auf elektronischem Weg einzulegen.

    Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des angefochtenen Urteils beigefügt werden.

    Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder auf elektronischem Weg zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. Die Frist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) dargelegt werden.

    Für den elektronischen Weg gelten § 52a FGO und die Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) vom 24. November 2017, BGBl. I S. 3803, mit späteren Änderungen.

    Vor dem Bundesfinanzhof muss sich jeder Beteiligte durch einen in § 62 Abs. 4 FGO genannten Prozessbevollmächtigten vertreten lassen.